20. Türchen – No one else II

Ich war persönlich unten an die Haustür gegangen, um die Bianchis zu empfangen. Der Junior war etwas misstrauisch, sein Blick fiel auf die Carabinieris.

„Schön haben sie es hier, man sollte nicht denken, man ist mitten in der Stadt“, kam es vom Senior.

„Ja hier im Hof ist es recht ruhig, man hört nicht viel vom Straßenlärm. Früher war hier die Ledermanufaktur der Familie Romano untergebracht, bevor sie vergrößert wurde, da ist sie ja nach Mailand umgezogen.“

„Mr. Romano ist in Mailand aufgewachsen?“

„Nein hier, bei seiner Großmutter und die förderte ihn, sein Zeichenstudium anzufangen.“

Ich hörte hinter mir Schritte die Treppe herunter kommen. Placido.

„Mr. Bianchi Senior“, kam es von ihm, „es freut mich sie in unserem Haus begrüßen zu dürfen.

Es faszinierte mich immer wieder, wenn er statt mein uns sagte, unserem Haus, es rührte mich. Es war sein Haus und sein Vermögen, aber er machte sich wegen mir keinerlei Gedanken.

Ich hatte auch eine Kreditkarte von ihm bekommen, damit ich jederzeit Zugriff auf sein Geld hatte. Davon Gebrauch hatte ich bis jetzt noch nicht gemacht. Placido schob sich lächelnd an mir vorbei, seine Augen funkelten mich an. Mr. Bianchi und er schüttelten sich die Hände.

Der formvollendete Gastgeber! Er bat die beiden zunächst in die Räume des Cafés und Galerie. Er erklärte dem Senior sehr genau, was er sich vorstellte und machen wollte. Die beiden Bianchis hingen ihm förmlich an den Lippen.

„Das ist eine schöne Sache, an der meine Frau auch sicherlich Gefallen finden würde“, meinte Bianchi Senior.

Placido lächelte ihn an.

„Die Zeichenschule und alles was dazu gehört, ist finanziell bereits abgesichert! Mit dem Geld meiner Familie, wird das Haus und die Schule durch eine Stiftung überwacht und getragen.“

Bianchi Senior nickte anerkennend.

„Wenn ihre Frau natürlich dazu zu begeistern wäre, so etwas in New York zu starten, wäre mir jede Hilfe willkommen!“

Lachend klopfte Bianchi Senior Placido auf die Schultern.

„Also wegen dem Geld machen sie sich also keine Sorgen. Darf ich erfahren, welche Gedanken sie sonst hegen, sie uns mit ihrer Stiftung zu verbinden?“

„Ihren Sohn!“, sagte ich, der die ganze Zeit geschwiegen hatte.

Placido nickte mir fast unmerklich zu, also übernahm nun ich das reden.

„Mein Sohn?“

Emiliano schaute auf.

„Ja; ich hörte, dass ihr Sohn gerne hierin Italien bleiben möchte.“

Bianchi Senior nickte mir zu.

„… und wir fänden es klasse, wenn ihr Sohn einen Vorstandssitz der Stiftung übernehmen würde.“

Emiliano schaute mich mit großen Augen an, zeigte auf sich und ich nickte.

„Wir brauchen jemand, der sich um die Presse kümmert, die Öffentlichkeitsarbeit übernimmt, sich natürlich um die Computerseite aktuell hält.

„Interessant!“, meinte Bianchi Senior.

„Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich für so etwas geeignet bin“, kam es von Emiliano.

„Wieso nicht?“, fragte ich, „du kennst dich bestens mit der Presse aus, kannst mit Computern umgehen, du gehst bei deinen Interviews auf Menschen zu, was dir sehr behilflich sein wird, wenn es um die Öffentlichkeitsarbeit geht.“

„Das klingt überzeugend“, sagte sein Vater.

Er wandte sich an seinen Sohn.

„Würde dir so etwas nicht Spaß machen? Dann trägst du nicht nur für dich Verantwortung, sondern auch für deine Arbeit, den Kindern und der Schule.

Dass der Vater davon leicht zu überzeugen war, wusste ich sofort. Welcher Vater wünschte sich es nicht, dass der Sohn eine führende Stellung inne hatte.

„… und Mama?“

„Ich denke nicht, dass deine Mutter etwas dagegen hätte, naja vielleicht die Entfernung, das ist etwas, was sie beanstanden könnte. Du weißt wie gerne sie dich um sich hat!“

„Du meinst wirklich, ich soll das machen?“

Der Senior nickte. Emiliano drehte sich zu uns.

„Könnte ich da eine Nacht noch drüber schlafen?“

„Kein Problem Emiliano, es hat ja auch noch etwas Zeit“, meinte Placido, „bevor wir den Vorsitz der Stiftung bestimmen.“

Man sah deutlich, wie es in Emilianos Kopf arbeitete.

„Mr. Bianchi Senior, hätten sie Lust auf eine Tasse Kaffee?“

„Gerne, aber ihr Café hat noch nicht eröffnet!“

„Es gibt auch noch andere Stellen, wo man in diesem Haus Kaffee zu sich nehmen kann“, meinte Placido lächelnd.

*-*-*

Jetzt saß ich schon drei Stunden am Computer, um mehr über Stiftungen heraus zubekommen. Leider war ich nicht so bei der Sache, wie ich das wollte. Immer wieder spukte mir Emilios Gesicht im Kopf herum.

Was hatte Ethan davon, Emilio verprügeln zu lassen. Klar, er hatte Ethan gesehen, aber ihn fälschlicherweise für Placido gehalten. Das hatte ihn verwirrt und aus diesem Grund hat er wirres Zeug gesagt.

Er war untergetaucht, klar, er wollte nicht gefunden werden. Krampfhaft überlegte ich, wo sich Emilio verstecken könnte. Ich fuhr zusammen, weil ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spürte.

„Entschuldigung Schatz, ich wollte dich nicht erschrecken“, hörte ich Placidos Stimme hinter mir.

„Nicht schlimm, ich war nur so im Gedanken, dass ich dich nicht hörte.“

„… immer noch wegen der Stiftung?“

„Auch… ja… nein, nicht nur?“

Er stellte neben mir einen Pott Kaffee ab und drehte meinen Stuhl, damit ich ihn anschauen konnte.

„Du hast wieder viel zu viel in deinem Köpfchen!“

Dabei tippte er mit dem Zeigefinger sanft gegen meinen Kopf.

„Wundert dich das? Es ist alles so ein Chaos.“

„Die Stiftung?“

„Nein…, die ist eher das kleinste Problem. Ich meine die Sache mit Ethan. Das man so Geldgeil sein muss. Ich verstehe das nicht.“

„Er will nur seine Position im Syndikat festigen Und dafür braucht man nun mal Geld.“

„Aber wenn seine Familie so angesehen ist, ist sie sicher nicht minderbemittelt“

Placido lief mit seiner Tasse zur Couch und setzte sich, dann klopfte er leicht auf die Sitzfläche neben sich. Ich lächelte, nahm meinen Kaffee und setzte mich zu ihm.

„Stell dir vor, die Zeitung für die du arbeitest, gehört deinem Vater…“

„Das kann ich mir nicht vorstellen!“

„Rein hypothetisch“, meinte Placido leicht genervt.

„Okay…“

„Du willst bei dieser Zeitung anfangen, durchläufst das Vorstellungsgespräch und alles was dazu gehört und bekommst die Stelle. Was wirst du sicherlich zu hören bekommen?“

Es machte Klick.

„Das ich die Stelle nur bekommen habe, weil mein Vater der Boss ist!“

„Genau und bei Ethan ist es genauso, deswegen das Geld, dass er die Familie nicht anpumpen muss, sich sein Geld selbst beschafft, auf was für Wegen auch immer und sich so sein Respekt verdient, in Augen anderer, die für ihn, oder die Familie arbeiten.“

„Aber er muss doch langsam in sein kleines Spatzengehirn hinein bekommen, dass er keinerlei Chancen hat, das Geld zu kriegen. Jedenfalls nicht auf legale Art!“

„Und das ist etwas, was mir Sorgen macht. Er ist hier in Italien und du somit in der Schusslinie.“

„Jetzt mal nicht gleich schwarz!“

Placido stellte seine Tasse ab und nahm mich in seinen Arm.

„Ich möchte nur nicht, dass dir etwas passiert, Davide.“

„Wird es schon nicht. Ich mache auch nichts Unüberlegtes! Versprochen!“

*-*-*

Jakob kam zu mir ins Büro.

„Du Davide, ich hätte da ein kleines Problem.“

„Womit kann ich helfen?“

„Es geht um ein Termin von Placido. Er hat mir eine Liste gegeben, wo er dich gerne dabei hätte. Aber Ende Februar hast du bereits einen Termin bei einer Skulpturenthüllung dabei zu sein und kannst Placido nicht zur Preisverleihung des Kunsthandels, ebenso an diesem Termin, begleiten.“

Um es zu vereinfachen, mich mit Placidos Terminen kurzzuschließen, hatte Jakob von mir ebenso eine Liste bekommen, an denen ich entweder an irgendwelchen Veranstaltungen teilnehmen wollte, über die ich berichtete, oder ich wegen irgendwelcher Recherchen nicht zu Hause war.

„Gib mal her“, meinte ich.

Ich sah auf meinen Terminkalender und ja, Jakob hatte Recht. Letizia hielt es für eine gute Idee, über diese Skulptur einen Artikel zu bringen, weil es im Vorfeld schon viel Ärger wegen dieser Skulptur gegeben hatte.

Ich hatte absolut keine Ahnung, warum das nackte Abbild eines Mannes Ärger verursachen konnte, standen in Florenz genug Figuren im Adamskostüm herum, ganz zu schweigen von Michelangelos David, mit etwas über fünf Metern, der größte nackte Mann in Florenz.

„Hm, das kann ich weder verschieben, noch absagen. Der Artikel, den ich darüber schreiben soll ist wichtig!“

Jakob nickte verstehend.

„Gut, dann werde ich ihn alleine anmelden, ohne Begleitung.“

„Mach das, auch wenn es mir leid tut, nicht mitgehen zu können.“

„Okay, das war es schon, man sieht sich später beim Abendessen.“

„Ist etwas Besonderes geplant?“

„Nicht dass ich wüsste. Placido hat jedenfalls nichts gesagt.“

„Gut, dann bis nachher.“

Jakob verschwand wieder. Mein Blick fiel auf die Uhr. Um diese Zeit müsste Dana eigentlich Feierabend haben, so hatte sie es jedenfalls gesagt. Ich griff nach meinem Handy. Schnell hatte ich sie an der Strippe.

„Hi Davide, alles klar? Etwas passiert?“

„Nicht immer rufe ich an, wenn etwas passiert ist. Vielleicht wollte ich auch nur die Stimme meiner heißgeliebten Schwester hören?

Dana fing laut an zu lachen.

„Entschuldige, wenn ich dir das nicht ganz abnehme!“

„Eigentlich wollte ich nur fragen, ob du schon Feierabend hast.“

„Habe ich, besser gesagt, ich will nur noch kurz etwas einräumen, dann werde ich von Letizia abgeholt und wir kommen zu euch.“

„Gut! Das wollte ich hören, dann sehen wir uns später.“

„Okay bis später!“

Das Gespräch war beendet. Dann brauchte ich mir darüber keine großen Gedanken mehr machen. Ich musste lächeln, denn früher war sie es, die sich immer sorgte, dass ich sicher daheim ankam. Egal ob es ein Schulausflug, oder Zeltlager war, Dana sorgte immer dafür, dass ich wohlbehalten heim kam.

Naja, bis auf das eine Mal, wo wir an der alten Mühle waren, aber da war auch Emilio dabei, der auf mich aufpasste. Ich hatte mir da nie groß Gedanken gemacht, dass meine älteren Geschwister, immer über mich wachten.

Ich hatte keine Lust mehr, am Computer zu sitzen und fuhr ihn herunter. Danach lief ich rüber in die Küche, weil ich dort Placido vermutete, aber weit und breit kein Mann, den ich so liebte.

So schaute ich in den Kühlschrank und stellte fest, dass er is obenhin gefüllt war. Da Placido nicht anwesend war und die zwei Damen und Jakob sicher Hunger hatten, beschloss ich das Abendessen zu zubereiten.

Ich ließ die Kühlschranktür zugleiten und griff nach der Schürze, bevor ich mich wieder total bekleckerte. Danach ging ich zum Vorratsschrank, denn ich hatte ungefähr eine Vorstellung, was ich kochen wollte.

Ich wurde sofort fündig und zog die Tüte mit den Tagliatelle aus dem Schrank. Schnell war

das Wasser aufgesetzt und die Gasflamme darunter entzündet. Ich salzte das Wasser gleich, bevor ich es später wieder vergaß.

Das Öl sparte ich mir, weil ich es unsinnig fand. Öl schwamm auf dem Wasser oben und die Nudeln waren unter Wasser, also total unnötig. Dann widmete ich mich der Sauce. Wieder am Kühlschrank zog ich mir das Gemüse heraus, was ich wollte.

Die Zucchini und der Paprika waren schnell geputzt und geschnitten, ebenso der Knoblauch und die Zwiebeln. Waren da nicht frische Tomaten gewesen? Zurück am Kühlschrank wurde ich nach längeren Suchen endlich fündig.

Schnell waren sie auch gewaschen und kleingeschnitten. Ich holte unter dem Ceranfeld die große Pfanne heraus und stellte sie darauf. Das Wasser begann zu kochen und ich riss die Nudelpackung auf und ließ sie langsam ins kochende Nass gleiten.

Mittlerweile hatte die Pfanne ihre Temperatur erreicht und ich ließ etwas Olivenöl hineinfließen. Wenig später konnte ich dann schon den Paprika, die Zwiebeln und auch die Zucchini hinein werfen und andünsten.

Danach folgten noch der Knoblauch und die Tomaten. Da ich keine Würzmischungen mochte, würzte ich den Pfanneninhalt nur mit Salz und Pfeffer. Kräftig rührte ich in der Pfanne, schwenkte es ein paar Mal, bevor es anfing Farbe zu bekommen.

Ich griff nach dem Rotwein und löschte es ab. Die feine Note des Weines stieg mir in die Nase und beschloss, etwas davon zu trinken. Schnell war ein Glas geholt und es halb befüllt. Doch bevor ich in den Genuss kam, musste ich in der Pfanne und auch im Nudeltopf herum rühren.

„Du kochst?“, hörte ich plötzlich Placido von der Tür her und schaute auf.

„Es war niemand in der Küche und da Letizia und Dana bald heim kommen werden und sicher Hunger haben, dachte ich, koch etwas!“

„Hätte ich auch machen können.“

Mittlerweile war Placido an mich herangetreten und gab mir einen kleinen Kuss.

„Du weißt doch, beim Kochen kann ich immer abschalten.“

Er lächelte und zog den Duft von der Pfanne ein.

„Gibt es auch Salat?“

„Hm, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Dann lass mich den machen.“

Er griff sich die andere Schürze und machte sich an den Salat.

*-*-*

Lachend saßen wir am Tisch und Letizia erzählte, wie sich Vasco heute mal wieder total daneben benommen hatte.

„Davide, bevor ich es vergesse, Letizia wird mich die nächsten Tage immer abholen, weil wir den gleichen Weg hier her haben.“

„Gut!“

Placido schaute mich fragend an.

„Ich wollte nur nicht, dass Dana alleine fährt, nicht dass noch etwas passiert.“

„Brüderliche Liebe!“, sagte Placido und grinste.

„Früher habe ich immer auf ihn aufpassen müssen“, erzählte Dana.

Ich grinste.

„Heute nicht mehr?“, kam es von Letizia, „ich denke er hat noch genauso viel Unfug im Kopf wie früher.“

„Glaube ich nicht“, widersprach Dana, „im Gegensatz zu heute, war Davide damals klein und zierlich und sehr schüchtern.“

„Kann ich mir gar nicht vorstellen!“, kicherte Letizia.

Ich streckte ihr die Zunge heraus. Allgemeines Lachen folgte.

„Ab und zu war es schon nervig, immer auf den Kleinen aufpassen zu müssen.“

„Bei der Alten Mühle war immer Emilio dabei, da hast du nie aufpassen müssen!“

„Ja, bei der alten Mühle, waren ja auch keine Mädchen erlaubt!“

Ich ließ meine Gabel fallen, weil mir eine Idee kam.

„Ich weiß wo Emilio ist!“

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1 Kommentar

    • Andi auf 20. Dezember 2017 bei 01:33
    • Antworten

    Hey Pit, es bereitet mir immer wieder eine Freude, eine weitere Folge zu lesen. Und so langsam geht’s Richtung Finale, auf das ich sehr gespannt bin.

    VlG Andi

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