Badezimmerspiele
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, wie Marvin uns, Igor und mich, am Grill überrascht hatte. Ich wusste nicht, was er alles mitbekommen hatte, aber ich war ehrlich froh, durch seinen Einwurf um eine Antwort herum gekommen zu sein. Dem Deutschrussen erschien es ähnlich zu gehen. „Aber ich darf doch noch für mein Essen sorgen? Ich hab bis jetzt ja noch nichts abgekriegt, da drinnen ist nämlich eine ziemlich hungrige Meute!“
„Das geht gerade noch! Wer jetzt noch was zum Beißen haben will, soll sich selber was auf den Grill schmeißen.“
„Wie du willst, Marvin, ich werd dann gleich ausmachen. Soll ich dir auch noch was auf den Grill schmeißen, Stefan?“
„Danke nein! Ich krieg keinen Bissen mehr herunter, wir waren ja vorher beim Griechen und da gibt es immer reichlich. Aber ich besorge dir erst einmal einen Teller und ne Portion Krautsalat.“ Zusammen mit Marvin ging ich zurück in Richtung Partykeller zum Buffettisch.
„Was hat Igor denn?“ Er hatte den ersten Teil der Unterhaltung wohl doch nicht mitbekommen.
„Probleme, die jeder haben kann! Er ist verlassen worden.“
„Aha! Aber wieso wendet er sich an dich, wenn ihm seine Freundin den Laufpass gegeben hat? Du bist doch … Du hast doch von Frauen soviel Ahnung wie eine Ameise von der Relativitätstheorie!“
„Wenn es um das Verlassen geht, mein Lieber, dann ist es egal, wer dich verlässt, ob Männlein oder Weiblein! Der Schmerz ist der gleiche!“
„Stimmt auch wieder! Na dann wünsch ich dir viel Spaß bei der Seelenmassage. Ach, und übrigens Danke! Deine Überraschung ist dir wirklich gelungen!“
Ich grinste. „Das schwerste war die Geheimhaltung.“
„Kann ich mir vorstellen, aber darin sind wir ja Meister! In Sachen Geheimnissen!“ Sein Lachen war verschwunden.
„Junger Mann! Jetzt nur nicht sentimental werden! Du hast in letzter Zeit schon genug Scheiße erlebt, jetzt gilt es: Kopf hoch, Augen zu und durch! Es kann nur besser werden! Du hast Geburtstag, also freu dich und feier ihn mit deinen Freunden. Und jetzt ab!“
Er gab mir noch einen Kuss auf die Wange und verschwand im Getümmel. Ich ging nach draußen, wo Igor schon auf mich wartete. „Da bist ja endlich! Ich dachte schon, ich müsste hier einen Stehimbiss aufmachen.“
„Sorry, aber irgendjemand hatte den Senf versteckt. Können wir?“
Er nickte und wir machten uns auf den Weg in die Wohnung. Während er sich im Wohnzimmer schon breit machte, ging ich in die Küche, um mit Besteck und Getränken für uns wieder zu kommen. Während er aß, beobachtete ich ihn vom Sessel aus. Sein Körper war wohl definiert, die Gesichtszüge ziemlich fein, die dunkelblonden Haare ziemlich kurz geschnitten. Im Gegensatz zu den anderen Malen, wo ich ihn gesehen hatte, trug er heute Brille. Er sah damit noch niedlicher aus, so richtig zum Knuddeln!
Als er fertig war, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Die Brotkrumen hatte er dadurch zwar alle entsorgt, aber ein kleiner Senffleck zierte seinen linken Mundwinkeln. „Du hast da noch etwas Senf!“
„Wo?“
Spiegelbildlich tippte ich an meinem Mundwinkel, er wischte prompt über die falsche Seite. Ich grinste ihn an. „Immer noch!“
„Dann leckte es ab!“
„Wenn dich meine Knoblauchfahne nicht stört?“
„Das einzige, was mich stört, ist, dass du so weit weg sitzt. Komm jetzt endlich hier neben mich. Ich brauch gleich eine Schultern zum Anlehnen!“ Ich tat, wie mir geheißen, und die ging auf ihn zu. Meine Zunge spielte in seinem Mundwinkel, der sich bereitwillig vergrößerte. Sein Waschlappen sagte meinen Hallo und unsere Lippen vereinigten sich, den herben Druck im Kusse zu versüßen.
„Tja, wo soll ich anfangen?“
„Am besten ist es, am Anfang zu beginnen. Aber bitte nicht bei Adam und Eva! Du solltest ein paar Jahrhunderte überspringen!“
Er lachte und begann mit seiner Lebensgeschichte. Seine Vorfahren waren Wolgadeutsche, die während des Zweiten Weltkrieges – gemäß Stalins Erlass – in die Steppen Kasachstans umgesiedelt worden waren. Irgendwann hätten seine Eltern einen Ausreiseantrag gestellt und die gesamte Familie, Mama, Papa und drei ältere Brüder, wären dann nach einer ziemlich lange Reise hier im hiesigen Aussiedlerwohnheim gelandet. Es folgten die üblichen Schritte der versuchten Integration in das Leben hier. Sein ältester Bruder Wadim, der sich noch kurz vor der Übersiedlung mit einer Russin verlobt hatte, war nach einem Jahr Deutschland wieder zu seiner Liebsten zurückgekehrt. Der Zweite Bruder Anatol würde hier wegen verschiedener Delikte hinter schwedischen Gardinen sitzen und erst in fünf Jahren wieder normale Luft atmen können. Nur Alexander und er hätten – nach etlichen Schwierigkeiten – die Kurve gekriegt. Alex, zwei Jahre älter als er, würde hier in der Stadt einen russischen Supermarkt betreiben und hätte mittlerweile sechs Angestellte. Außerdem würde er im Kirchenchor singen und mit unserem Oberbürgermeister per Du sein. Nachdem Realschulabschluss hatte er seine Lehre zum Fitness-Kaufmann mit Erfolg absolviert und zwei Jahre im größten Studio der Stadt gearbeitet. Dann ging es für vier Jahre zur Bundeswehr und nach der Anerkennung als Unteroffiziersanwärter hatte er sich entschlossen, auf der Abendschule sein Abitur nachzuholen. Zwei Tage nach seiner Entlassung bekam er auch das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife. Kurz nach seinem 26. Geburtstag hat er sich dann als Lehramtsstudent für Sport, Mathematik und Russisch für die Sekundarstufe II an der Uni Münster eingeschrieben. Das Examen würde kurz bevor stehen. Ich war mehr als erstaunt, hatte ich ihn doch, nur vom Äußeren her, auf knapp Mitte 20 geschätzt. „Bin ich dir zu alt? Bist du jetzt enttäuscht?“
„Wieso sollte ich? Du siehst nur erheblich jünger aus!“ Ich grinste.
„Danke für die Blumen. Wenn alles klappt, kann ich sogar noch ohne Ausnahmegenehmigung Referendar werden und dann in den Schuldienst gehen. Das will ich auch!“
„Dann drück ich dir dafür die Daumen, mein Lieber! Aber ich kann dich beruhigen! Ich hätte eher Probleme damit, wenn du 24 oder 25 wärst. Du könntest dann ja mein Sohn sein und von dem würde ich nichts wollen, jedenfalls nichts Sexuelles!“
„Dann hättest du ja früh angefangen!“ Er grinste mich schelmisch an.
„Ich war ja auch frühreif, wenn du das meinst!“ Ich versuchte, ernsthaft zu bleiben.
„Ich glaube dir fast alles, mein Lieber! Aber bisher hatte ich nur Freunde, die jünger waren als ich. Vielleicht sollte ich es mal mit einem Älteren versuchen?“ Er blickte mit tief in die Augen und wir küssten uns erneut.
Ich schaute auf dem Wohnzimmertisch, die Biergläser waren leer. Ein Blick in den Kühlschrank brachte Ernüchterung, es war keine Flasche mehr in gekühlter Form vorhanden. „Ich muss mal eben nach unten oder wir steigen auf was anderes um! Kaltes Bier ist nicht mehr da!“
„Besser nicht! Wenn wir jetzt wechseln, haben wir morgen einen Schädel!“
„Wo du Recht hast, hast du Recht! Ich geh dann mal!“
Bei den Feiernden angekommen schaute mich Marvin, der hinter dem selbstgebauten Tresen im Partykeller auf einem Hocker saß, mit glänzenden Augen, aber dennoch leicht verwirrt, an. „Kontrolle?“
„Müsst ihr den kontrolliert werden, mein Großer?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein! Bis jetzt sind keine Ausfälle zu beklagen, naja, Jonas hat wohl zu schnell seine Würstchen verschlungen, aber bis auf eine ins Klo gefallene Brille ist kein Schaden entstanden.“ Er grinste.
„Na, dann bin ich ja beruhigt! Gibst du mir bitte vier Bier aus dem Kühlschrank.“ Meine Augen schweiften in die Runde, ich sah feiernde Teenager, die Stimmung war ziemlich ausgelassen.
„Willst du ihn besoffen machen?“
„Nein, aber das Gespräch kann noch dauern. Er ist gerade mit seinem normalen Lebenslauf durch und oben ist kein Bier mehr. Wir wollen jetzt nicht auf was anderes umsteigen, zwecks Kopfschmerzvermeidung und …“
„… unnötigen Gesprächsunterbrechungen. Ehe er dann wieder in Fluss kommt! Versteh schon!“ Er hatte immer noch diesen verklärten Blick.
„Aber mal was anderes! Kann es sein, dass du immer noch zwei Gegenstände am Körper hast, die normalerweise nicht da sind?“ Ich griente ihn an.
„Äh! Woher weißt du?“ Er wurde verlegen, die leichte Röte eines ertappten Sünders machte sich in seinem Gesicht breit.
„Einmal dein glänzender Blick in den Augen und zum anderen…“ Ich deutete auf seinem Schritt, das Paket war deutlich ausgebildet.
„Oups! Ist mir noch gar nicht auch gefallen!“
„Kein Wunder! Du bist den ganzen Abend ja auch nur geschwebt!“
„So auffällig?“
„Für jemanden mit dem entsprechenden Radar: Ja! Für alle anderen könnte man es mit der Überraschungsparty erklären. Aber du solltest zumindest das Teil aus deinem Körper entfernen.“
„Alles klar!“ Das Rot war zu einem Weiß geworden.
Mit den Bieren machte ich mich auf den Weg zurück in die Wohnung. „Bin wieder da!“
„Was hat das so lange gedauert?“
„Ich muss noch was mit Marvin klären. Aber unten ist alles in Ordnung.“ Ich reichte ihm zwei Flaschen und verstaute die anderen beiden Bierbehältnisse im Kühlschrank. Er hatte sie schon geöffnet und eingeschenkt, als ich mich wieder zu ihm auf das Sofa setzte. Wir prosteten uns zu und er rückte näher an mich heran. Er brauchte wohl körperliche Nähe und Wärme. Was folgte, war der Abriss seines sexuellen Lebens. Ein offizielles Coming-Out hatte er bis jetzt nicht, seine Eltern seien tief religiös und würden seine Lebens- und Liebesweise nie verstehen können, geschweige denn akzeptieren. Sich in dem hauptsächlich russisch geprägten Umfeld seiner Kindheit und Jugend als schwul zu offenbaren, hatte er nicht gewagt. Man hätte zwar die üblichen Spiele gespielt, zeigst du mir deinen, zeig ich dir meinen, wer wichst am schnellsten, wer spritzt am weitesten. Aber wenn auch nur ein Wort nach außen gedrungen wäre, wäre man ein toter Mann, ein Geächteter, ein Aussätziger, Abschaum. Die Angst vor Repressalien, als Minderheit in der Minderheit, war zu groß, man duldete keine Ausreißer in den eigenen Reihen.
Im Fitnessstudio hatte er zwar einige spezielle Bekanntschaften gehabt, aber seinen ersten Freund hatte er mit Mitte 20 kennengelernt. Die Sache mit Patrick hatte sich kurz vor seinem 30.sten Geburtstag ergeben. Der Sohn eines Mormonenpriesters hatte ähnliche Erfahrungen gesammelt. Sie waren zwei Außenseiter in ihren Gemeinschaften, die sich gefunden hatten. Sein Kopf lag mittlerweile auf meiner Schulter, seine Augen waren leicht gerötet. Ich legte meine Hand um seine Schulter und zog ihn an mich. Wie lange wir so da saßen, kann ich nicht sagen. Plötzlich hörte ich an der Tür ein Räuspern. Ich drehte mich um, Marvin stand im Rahmen. „Kannst du bitte mal kommen.“
„Augenblick!“ Ich löste die Umarmung, ging auf meinen Neffen zu und bedeutete ihm, mir in den Flur zu folgen.
„Man könnte ja meinen, ihr seid …“ Er flüsterte.
Ich schüttelte den Kopf und senkte auch meine Stimme. „Er ist gerade bei der Trennung angekommen und brauchte eine Schulter zum anlehnen.“
Marvin nickte verständnisvoll. „Ich dachte schon, aber …“
„Aber was?“
„Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich nach oben gekommen bin. Ich hab da ein Problem!“ Das berühmte Rot machte sich wieder in seinem Gesicht breit.
„Und was für ein Problem?“ Ich war neugierig geworden. Hatte sich jemand übergeben?
„Ich krieg das Gummiteil nicht mehr raus. Es ist wie fest gewachsen.“ Es war ihm wohl mehr als peinlich, mir seine Pein zu offenbaren.
Ich führte ihn ins Bad und reichte ihm eine Dose Melkfett. „Damit müsste es gehen!“
Er schaute mich an wie ein neues Auto. „Und was soll ich damit machen? Von außen bringt das ja wohl nicht viel, oder? Kannst du nicht …?“
Ich stöhnte. „Wenn ich dir das rausnehmen soll, müsstest du die Hosen komplett runterlassen, dich nach vorne beugen und die Backen auseinanderziehen.“
„Alles klar!“ Er hantierte an seinem Hosenbund und präsentierte mir kurze Zeit später seinen blanken Hintern. Ich ging auf die Knie und schmierte, so gut es ging, etwas von dem Melkfett um und in seinem Eingang und drehte das untere Ende des Gummiteils leicht hin und her. „Wenn ich es jetzt rausziehe, keines leicht schmerzen, also beiß die Zähne zusammen.“
„Dann mach! Ich will das Teil endlich loswerden.“ Ich zog es mit einem Ruck heraus, ein wohliges Stöhnen entfuhr meinem Kleinen. Er drehte sich um, sein immer noch steifes Teil strich über meine Wange, ich zuckte zurück. Einige Sekunden verharrten wir so.
„Wenn jetzt jemand hereinkommen würde, er könnte wer weiß was denken.“
Er nickte nur und zog sich wieder an. Ich erhob mich. Dankbar blickte er mich an, führte zwei Finger erst zu seinen und dann zu meinem Mund. „Hab dich lieb!“
„Was wollte Marvin denn? Hat er was gesehen?“
Ich setzte mich wieder neben ihn. „Der hatte ein kleines Problem, bei dessen Lösung ich ihm helfen musste.“
„Und dazu musstet ihr ins Bad gehen?“ Seine Stimme klang verwundert.
Ich nickte. Sollte ich ihm sagen, was ich gerade gemacht hatte? Aber dann würde ich meinen kleinen Neffen outen und das wollte ich nicht. „Man hätte es auch hier beheben können, aber das wäre dem Kleinen wohl etwas peinlich gewesen vor dir hier.“
„Du sprichst in Rätseln!“
„Seine bitte nicht böse, aber jeder hat Geheimnisse, die er nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wissen möchte.“
„Du sagst es! Das will niemand. Ich schon gar nicht! Aber er hat doch nichts gesehen?“ Seine Stimme hatte wieder diesen bedrückenden Klang, den sie bei der Schilderung seiner Geschichte mit Patrick hatte.
„Er hat uns beide auf dem Sofa sitzen gesehen, mehr nicht. Wir haben ja nichts Verbotenes getan!“
„Leider!“ Er wirkte betrübt.
Ich blickte ihn erstaunt an. „Sollten wir denn etwas Verbotenes tun?“
„Ich würde ja gerne, aber das dürfte alles nur noch komplizierter machen!“
„Inwiefern?“ Ich war neugierig.
„Ich fühle mich einfach wohl bei dir. Ich hab Vertrauen, kann mit dir reden, fühle mich irgendwie… geborgen. Das möchte ich nicht für fünf Minuten Spaß aufs Spiel setzen. Dazu bist du mir zu wertvoll, wenn ich das mal sagen darf. Ich bin nämlich kein Freund von One-Night-Stands.“
„Ich auch nicht! Wenn man solo ist, dann kann man diese Art Abenteuer haben, dann bieten sie Abwechslung und Spaß. Und ich weiß, wovon ich rede! Seit meiner Trennung von Manuel vor knapp anderthalb Jahren hab ich nur diese flüchtigen Alternativen, leider! Aber Sex mit einem festen Partner ist immer noch am schönsten.“
„Siehst du! Wieder eine Gemeinsamkeit! Aber ich habe gerade eine gescheiterte Beziehung hinter mir. Da kann ich doch nicht sofort eine Neue anfangen, oder?“ Er wirkte irgendwie unsicher.
„Wieso nicht? Habt ihr euch ein Gelübde gegeben? Ward ihr verheiratet? Hast du ein Trauerjahr einzuhalten?“ Verstehe einer diese Tuntenlogik!
„Nein, das nicht!“ Er nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen.
„Also! Wo steht geschrieben, dass du keine neue Beziehung anfangen darfst?“
„Nirgends! Da hast du zwar recht, aber …“ Er war nervös, nestelte ein Taschentuch aus seiner Hose und begann, seine Brille zu putzen.
„Aber was?“ Ich war leicht gereizt.
„Es gibt eigentlich nichts, was mich hindern könnte, aber da ist ja auch Marvin!“ Er widmete sich dem linken Glas.
„Was ist mit ihm?“
„Ich bin sein Trainer!“ Glaswechsel auf die rechte Seite.
„Und ich sein Onkel! Wo ist das Problem?“
„Ich kann mich doch nicht von seinem Onkel ficken lassen und ihn dann zu einem Sondertraining verdonnern.“ Endlich hörte er auf, seine Augengläser zu säubern.
„Wenn du dich dabei besser fühlst, dann fickst du halt vor dem Training den Onkel! Ich bin nämlich flexibel, was das anbetrifft.“
„Schon wieder eine Gemeinsamkeit! Bei Patrick musste ich immer ran, auf die Dauer war mir das zu eintönig. Ich will mich auch mal fallen lassen können und …“
„… aufgefangen werden.“ Ich schaute ihm tief in die Augen.
„Du machst mir Angst!“ Er setzte seine Brille wieder auf.
„Warum?“
„Weil ich mich immer mehr in dich …“ Er blickte mich wie versteinert an.
„Was?“
„Verliebe!“ Er sprach ziemlich leise.
„Geht das etwas lauter? Ich bin ein alter Mann und höre nicht mehr so gut. Du musst schon etwas lauter sprechen, mein Schatz!“ Ich grinste.
„Ich bin in dich verliebt! Äh, was war das gerade? Hab ich richtig gehört? Hast du Schatz gesagt?“ Die Versteinerung in seinem hübschen Gesicht war einer Verwunderung gewichen.
„Habe ich, mein Engel, habe ich! Das Gefühl beruht nämlich auf Gegenseitigkeit.“ Ich lächelte ihn an.
„Was? Das wäre ja …! Ich bin dir nicht zu jung?“
„Nein!“ Ich griff seine linke Hand und drückte sie.
„Nicht zu problemgeladen?“
„Nein!“ Jetzt hatte ich auch seine Rechte eingefangen.
„Aber wie sollen wir das machen?“
„Was?“
„Eine Beziehung führen! Da ist immer noch Marvin!“ Ich ließ seine Hände los. Ich hatte mit allem gerechnet, aber damit? „Entschuldige bitte, aber vielleicht bin ich schon zu alt und verstehe das nicht. Also, was hat Marvin mit unserer Beziehung zu tun?“
„Na! Er ist ein Neffe und wohnt bei dir!“ Das war eine offenkundige Tatsache!
„Ja und?“ Worauf wollte er hinaus? Ich verstand nur Bahnhof!
„Wenn, dann will ich dich ganz und unser Liebesleben sollte nicht von seinen Stundenplan abhängig sein!“
Ich musste herzhaft lachen. „Entschuldige bitte, aber bei mir fiel der Groschen gerade pfennigweise. Wenn das kein einziges Problem ist, kann ich dich beruhigen. Marvin weiß, dass ich schwul bin! Er hat Manuel gekannt und konnte sich an fünf Fingern ausrechnen, dass wir uns nicht aus Geldnot ein Bett teilten! Du müsstest nur zu dir und uns stehen! Dann wird alles kein Problem werden!“
Er wirkte ziemlich verwundert. „Du meinst also, es reicht, wenn ich ihm sage: ‚Du, Marvin, ich liebe deinen Onkel und wir sind jetzt ein Paar!‘ So in der Art etwa?“
Ich kratzte mich am Kinn und grinste ihn an. „Also ganz so plump würde ich es nicht ausdrücken, aber den Kern hast du damit getroffen! An der Wortwahl müssen wir noch arbeiten, mein Schatz!“
„Zwick mich mal! Ich glaub ich träume!“
Anstatt meine Finger gebrauchte ich meine Zunge. „Ich hoffe, ich hab dich jetzt wachgeküsst!“
„Hast du. Obwohl ich es immer noch nicht so recht glauben kann, dass es so einfach werden wird. Aber meinst du, er wird mich nicht verraten? Du weißt schon, ein schwuler Trainer …“
„Also, mein Engel, was das betrifft, kann ich dich beruhigen! Er weiß seit ein paar Wochen, dass sein Stufenleiter ebenfalls eine Schwester ist und er verliert kein Wort darüber.“ Nachdem ich für Getränkenachschub gesorgt hatte, er erzählte ich Igor von meiner Affäre zu Studientagen mit Lars Kaltenbach und unserem Wiedersehen Mein Igor kam aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus. Die Bezeichnung für meinen Liebsten klingt immer noch ungewöhnlich, obwohl wir unser Verhältnis längst legalisiert haben, ganz offiziell, mit allem Drum und Dran, aber das ist eine andere Geschichte.
„Aber mal eine ganz andere Frage: Hast du Montagnachmittag Zeit?“
Ich überlegte kurz, einen Termin hatte ich nicht. „Ich bin im Laden. Wieso fragst du?“
„Ich würde gerne mit dir irgendwohin gehen.“
„Wohin denn?“ Park, Kino, Kneipe, Wald?
„Zum Arzt! Du weißt, was ich meine! Ich mag es lieber natürlich, wenn man sich liebt.“ Er nickte entschlossen.
Auch wenn mein letzter Test erst vierzehn Tage her war, ich hatte mich im Zusammenhang mit der Sache von Marvin auch diesbezüglich untersuchen lassen, und das Ergebnis war positiv für mich, sprich negativ: Aber so etwas macht man zusammen. „Ich auch! Wir gehen dann gemeinsam zum Test! Aber eins kann ich dir jetzt schon sagen, du bist erste, der mir zu Anfang einer Beziehung eine solche Frage stellt.“
„Schlimm?“ Er klang verschlechtert.
„Nein! Absolut nicht! Ich freu mich sogar! Schlimm ist nur, dass wir nichts mehr zu trinken hier oben haben. Einer von uns müsste jetzt runter gehen, um Nachschub zu besorgen! Oder …“
„Oder wir trinken uns gegenseitig?“
„Die Idee ist auch nicht schlecht, aber ich dachte eher an ein gemeinsames Schaumbad mit einer Flasche Sekt!“
„Um diese Uhrzeit?“ Ich blickte in fragende Augen.
„Warum nicht? Ich bin der Vermieter, wer soll mir was verbieten?“
„Auch wieder wahr! Also komm!“ Er fing an, sich auszuziehen, seine Sachen flogen achtlos auf dem Weg zum Bad auf den Boden. Ich folgte still und leise.
Er hatte sich über die Wanne gebeugt, seinen runden Apfelarsch präsentierend. Ich ging in die Knie und vergrub meine Nase in seiner Spalte, er roch herrlich. Meine Zunge suchte sich ihren Weg und fand auch ihr Ziel, seine Öffnung. Ich leckte sie weich und drang mit der Zungenspitze, sein wohliges Stöhnen übertönte sogar das Wasser, das in die Wanne lief. Meine Hände lagen auf seinen Apfelhälften und ich gestattete meinen Fingern, ebenfalls auf Wanderschaft zu gehen. Mit dem Zeigefinger erreichte ich seinen Ausgang und spielte mit der eingespeichelten Hautfalte. Ein leichter Druck und die Kuppe ward nicht mehr gesehen. Er drehte sich um. Seine 21 cm waren voll aufgefahren und auf Augenhöhe. Die Situation hatte ich gerade schon, schoss es mir durch den Kopf. Aber jetzt wollte ich das Teil auch schmecken, meine Zunge strich über seinen Schlitz, er erschauerte. Meine Hände hatten mittlerweile ihre alte Position eingenommen und streichelten seine Sitzfläche. Wie von einem schwarzen Loch angezogen, verschwand mein Mittelfinger in seinem Allerheiligsten. „Wenn du nicht willst, dass sich sofort komme, dann solltest du jetzt besser aufhören!“
„Kannst du nur einmal?“ Ich grinste nach oben.
„Nein! Aber ich kann für nichts mehr garantieren, wenn du so weitermachst.“
„Dann ist ja gut!“ Ich massierte seine Darminnenwände noch stärker, ich hatte einen weiteren Finger zu Hilfe genommen. Er stöhnte auf und ging ins Hohlkreuz, entzog mir so einen Lustspender. In hohem Bogen schoss er ab, drei Spritzer landeten auf den Fliesen, zwei auf meinen Haaren. Er keuchte.
„Fiesling!“
„Angenehm, Plange!“
Er lachte. „Warum ziehst du deine Finger raus?“
„Nackt in der Wanne ist es besser, hab ich mir mal sagen lassen. Und einhändig ausziehen kann ich mich schlecht!“
„Auch wieder wahr! Aber gleich kommen sie wieder rein!“ Er grinste mich verschmitzt an.
Während ich mich auszog, stellte er das Wasser ab und fühlte mit einer Hand die Temperatur. Er nickte zufrieden und kletterte in die übergroße Eckbadewanne, die ich Manuels Einrichtungsgeschick zu verdanken hatte. Normalerweise nutze ich sie nicht, denn alleine macht es keinen Spaß, sich in den Wassermassen zu wälzen und die Whirlpool-Funktion zu nutzen.
„Gibst du mir mal ein Handtuch!“
„Wieso? Willst du schon wieder raus?“
„Nein, aber ich müsste mal …“ Er deutete auf das Klo.
„Du bleibst drinnen, denn das wäre Verschwendung!“ Ich stieg zu ihm ins Wasser, kniete mich vor ihn hin und schnappte mir gleich den kleinen Igor. „Lass laufen!“ Er ließ und kurze Zeit später hatte ich angedockt.
„Du schmeckst herrlich, mein Schatz! Lange nicht mehr so einen guten Jahrgang gekostet. Russischer Natursekt frisch von der Quelle!“ Ich zog ihn zu mir runter und wir legten uns nebeneinander hin.
„Du schluckst auch?“ Er küsste mich.
„Ab und an, wenn mir danach ist. Schlimm?“ Ich spielte mit meinen Fingern auf seiner Brust.
„Nein! Nur wieder eine Gemeinsamkeit! Langsam wird mir das echt unheimlich!“
Seine Arme waren überall, meine aber auch! Erst als das Wasser kalt wurde, verließen wir die Wanne und machten im Bett da weiter, wo wir im Badezimmer aufgehört hatten. Irgendwann in der Nacht wurde ich vom Licht im Flur wach, es war kurz nach zwei. Ich hörte die Klospülung und das Licht erlosch wieder. Marvin müsste ins Bett gegangen sein.
Um zehn polterte es an der Tür und Marvin betrat mit einem Tablett mit drei Kaffeetassen mein Schlafzimmer. Er stellte die Servierunterlage auf dem Boden, kletterte über Igor, der dadurch auch wach wurde, aufs Bett und hockte sich im Schneidersitz zwischen uns. Anstelle von den üblichen Boxern trug er heute eine Retro. Die hatte ich doch gestern an Igor gesehen? Schelmisch blickte er uns an.
Igors natürliche Gesichtsfarbe wechselte ins Rötliche. Der morgendliche Besuch ist schien ihn mehr als peinlich. „Morgen Marvin!“
„Hallo Igor. Ich hoffe, du hast gut geschlafen.“ Konnte der Kleine gemein sein!
„Ja, haben wir! Äh, habe ich!“ Er blickte mich hilfesuchend an. Ich zuckte leicht grinsend mit den Schultern, da musste er nun durch, ob er wollte oder nicht!
„Marvin, weißt du …, ich bin … wie dein Onkel … und seit gestern … sind … wir … Scheiße! Ist das kompliziert!“ Sein Gesicht war fast Dunkelrot.
„Was denn?“ Er war überhaupt nicht schlitzohrig!
„Also, ich bin schwul und liebe deinen Onkel und wir sind zusammen!“ Zum Beweis küsste er mich und suchte Halt an meiner Schulter.
„Aha!“
„Aha? Was?“
„Nichts!“ Er grinste über beide Backen und krabbelte zu uns hoch. Er blickte mich an und drückte mir einen Kuss auf den Mund. „Guten Morgen, Onkel Stefan!“ Er schaute Igor an, er wird doch nicht? Doch! Er küsste ihn auch. „Guten Morgen, Igor! Oder soll ich ab jetzt Onkel Igor sagen?“
Igor wusste in dem Moment nicht, was er machen sollte, man sagt, wie er nach Luft rang. Marvin fing an zu lachen und ich fiel unweigerlich mit ein. Igors Gesicht war wirklich sehenswert, fast wie ein Dampfkessel, der kurz vor der Explosion stand.
„Dann trinkt erst mal euren Kaffee und kommt dann gleich in die Küche. Der Frühstückstisch ist gedeckt und die Eier sind auch gleich fertig.“ Er grinste immer noch über beide Backen, während er vom Bett herunter krabbelte. In der Tür stehend drehte er sich noch einmal zu uns um. „Aber bitte tut mir einen Gefallen und zieht euch wenigstens Unterhosen an. Ich will ja nicht, dass ihr euch verkühlt.“
Wir blickten uns an und schauten unter die Bettdecke. Wir waren tatsächlich nackt. Als wir uns wieder in die Augen sagen, konnten wir uns ein Grinsen nicht verkneifen. „Was war das denn gerade?“
„Das, mein Schatz, war gerade Marvin! Aber keine Angst, der ist nicht immer so.“ Ich grinste.
„Das kann ja heiter werden!“
„Stimmt! Meistens küsst er mit Zunge!“ Ich lachte. Er streckte mir die Zunge raus, ich zog seinen Kopf zu mir und wir küssten uns. Meine Hand ging auf Wanderschaft, der kleine Igor erwachte zum Leben.
„Nichts da! Der hat jetzt Pause! Ich will meinen neuen Neffen doch nicht warten lassen! Hast du mal eine Unterhose für mich? Ich glaube, meine ist gerade in der Küche verschwunden, an Marvin!“
Tja, lieber Leser, das war der zweite Teil von Marvins Geburtstag und der erste Teil meiner neuen Beziehung. Über den Kleinen hab ich ja diesmal nicht so viel geschrieben, aber das geschah aus Absicht. Denn wenn ihr wissen wollt, warum der Große ziemlich eifersüchtig auf den neuen Mann an meiner Seite reagierte, dann solltet ihr auch um die Hintergründe wissen. Aber da ich annehme, dass das niemanden interessiert, hätte es auch lassen können. Falls doch, bitte ich um entsprechende Rückmeldung *fg