Umbauarbeiten
Tja, lieber Leser, wo habe ich geendet? Ach ja! Die Jahreshauptversammlung. Nachdem wir das Casino endgültig verlassen hatten und wieder bei uns in der Ludwigstraße waren, war es fast elf, also zu spät für ein Gespräch mit Marvin bezüglich der Einzugspläne meines Liebsten. Das Gespräch sollte daher am Sonntagabend wie üblich bei Costas stattfinden, denn mein Russe würde das Wochenende auf einem Blockseminar im Sauerland verbringen. Ich sollte nichts alleine in der Sache unternehmen.
Nachdem ich am Freitag den Laden abgeschlossen hatte, machte ich mich erst einmal an die Wäsche. Während die erste Ladung bestehend aus Hand-, Dusch- und Trockentüchern schon ihre ersten Runden drehte, sortierte ich den Rest des Wäschekorbes. Da ich Marvins Angewohnheit kannte, alles Mögliche in die Taschen zu stopfen, unterzog ich die Hosentaschen seiner Jeans einer besonderen Kontrolle, ich hatte nämlich einmal seinen MP3-Player mitgewaschen und auch ein Memorystick hatte den Waschgang nicht überlebt. Ich fand einen zerknitterten Fünfziger. Der Kleine kriegt wohl zu viel Taschengeld! Ich legte ihm den Schein und das gefundene Kleingeld auf seinem Schreibtisch.
Ein Besuch im Baumarkt ernüchterte mich. Servicewüste Deutschland! Erst fand ich keinen Verkäufer, der mir helfen konnte, und die einzige Servicekraft, derer ich habhaft werden konnte, entschuldigte sich. Er sei für den Gartenbereich zuständig und nur auf dem Weg zur Pause. Ich würde also wiederkommen müssen, um mich beraten zu lassen. Aber so schwer konnte es doch eigentlich nicht sein, zwei Wände einzuziehen!
Wieder daheim fand ich einen Zettel vor, mein Großer war mit einigen Mannschaftskameraden ins Kino gegangen. Sollte er seinen Spaß haben! Nachdem ich den Inhalt der Waschmaschine in den Trockner befördert und die Trommel wieder mit T-Shirts befüllt hatte, entschloss ich mich, auf ein Bier ins Casablanca, der einzigen schwulen Kneipe am Ort, zu gehen.
In dem Laden war noch nicht viel los, kein Wunder, es war erst kurz vor neun. Neben Jörg, dem Wirt, und zwei mir unbekannten Jungen, die zwar muskulös aber auch irgendwie fremd und niedergeschlagen aussahen, traf ich auf meinen Versicherungsmakler Carsten. Seinen Begleiter kannte ich auch, mein alter Studienfreund Thomas Obermann. Wir ließen beim Biere die Woche noch einmal Revue passieren. Mein Versicherungsmakler war sauer, die ehemaligen Mieter einer seiner Eigentumswohnungen hätten die Wohnung in einem ziemlich chaotischen Zustand hinterlassen, er würde sie erst nach einer aufwendigen Renovierung wieder vermieden können. Bei diesem Stichwort erwähnte ich meinen Besuch im Baumarkt. Thomas wunderte sich, wieso ich schon wieder umbauen wollte. Als ich ihnen den Grund mitteilte, wünschten sie uns beiden Glück. Diesem Schritt wollten sie erst später machen. Aus den beiden schien tatsächlich etwas geworden zu sein. Sie machten sich auf, sie wollten noch gemeinsam nach Dortmund. Ich wünschte ihnen viel Spaß und wandte mich dem Rest meines Getränkes zu.
Plötzlich kamen die beiden Unbekannten auf mich zu. „Entschuldigung, aber wir haben gerade mitgehört. Wir haben vielleicht Lösung für dein Raumproblem.“
Was wollten die Zwei von mir? Ich kannte sie nicht, sie sahen irgendwie südländisch, fast orientalisch aus. Aber erstens spielt die Herkunft eines Menschen für mich keine Rolle und zweitens lerne ich gerne neue Leute kennen. Also wieso sollte ich auf Abwehrhaltung gehen? „Wie könnt ihr mir denn helfen?“
„Wir arbeiten bei Trockenbau Reichert in der Taubenstraße. Servet ist Lehrling und hat gestern Bockmist gebaut, sich vermessen und falsch produziert. Der Chef hat getobt und droht mit Rauswurf und so. Er will das Material ersetzt haben.“ Keine nette Nachricht für einen Auszubildenden mit wenig Geld und bestimmt auch nicht rechtens, aber was wollten die beiden nun genau?
„Und was hilft mir das?“
„Die Wände sind für den Auftrag zu groß, er hat sich aber nur um zwei Zentimeter in der Höhe vertan, mehr nicht! Und der Alte will nun 300 Euro haben, sonst wirft er meinen Freund raus!“ Er klang ziemlich mutlos.
Ich überlegte, das Angebot klang verlockend, aber was sollte ich mit Wänden, deren Maß ich nicht kannte und die ich auch nicht aufstellen kann? Handwerklich bin ich eine Niete! „Wie groß würde das Büro denn werden? Und was würde es mich kosten, wenn ihr es aufstellt? Es müsste wahrscheinlich eine Decke drauf, das Lager ist nämlich über vier Meter hoch.“ Das Haus in der Ludwigstraße war Baujahr 1908
„Dann muss da wirklich ein Deckel drauf. Das sind sieben Segmente a ein Meter plus Türeinheit. Zwei vorhandene Wände und die Elemente? Moment! Maximal 16 Quadratmeter. 300 und das Material für die Decke! Rechne mal so mit 500 inklusive Tür und das Ding steht!“ Er grinste leicht verhaltend.
„Aber ich brauch darüber eine Rechnung fürs Finanzamt!“ Mir kam das etwas billig vor! Allein die benötigten Spanplatten für die Wände hätten mich im Baumarkt schon über 200 gekostet, von den notwendigen anderen Materialien und dem Arbeitslohn ganz zu schweigen. Irgendwo musste ein Haken sein.
„Das ist kein Problem! Ich hab noch einen ganzen Stapel alter Blankorechnungen, wollte der Alte wegschmeißen. Hauptsache, der Chef schmeißt ihn nicht raus! Wenn er das macht, muss Servet zu seinem Onkel in die Türkei und wir sehen uns nie wieder!“ Er sah wirklich verzweifelt aus.
„Wieso?“ Die Türkei ist doch nicht aus der Welt, maximal drei Stunden Flug und man liegt am Strand.
„Er ist Kurde und ich Türke. Das kann man bei uns vergessen. Kann man über dir auch am Wochenende arbeiten?“ Er versuchte zu lachen, aber so recht gelingen wollte es ihm nicht.
Den Sinn der Frage verstand ich zwar nicht, aber ich bejahte.
„Ich komm dann morgen früh bei dir vorbei und werde erst einmal ausmessen. Oder können wir das gleich noch machen? Dann können wir nachmittags schon loslegen. Ich bin übrigens Gürkan!“
Was sollte diese Eile? Das Ganze war mir etwas schnell, Handwerker an einem Samstag? Gut, zwar nur ein Geselle und einen Lehrling, aber immerhin! „Hallo Gürkan. Ich muss aber erst noch das Lager umräumen und zwei Regale müssten auch noch raus.“
„Kein Problem! Können wir auch machen! Aber Hauptsache ist, der Alte hat das Geld bis morgen Mittag, sonst geht es Servet an den Kragen und das will ich nicht. Soviel Geld hab ich leider auch nicht, um die Summe vorzustrecken, ich hab ja gerade erst ausgelernt und bin froh, überhaupt übernommen worden zu sein!“
Daher wehte der Wind! Sie waren also auch in Geldnöten. „Soviel Geld habe ich zwar auch nicht im Haus, ich müsste morgen erst zur Bank! Aber das dürften wir hinkriegen. Aber wie lösen wir das Transportproblem? Die Wände kann ich ja schlecht im normalen PKW transportieren, oder?“
„Nein, aber mein Cousin hat einen Transporter, den kann ich kriegen.“ Er schien wirklich alles daran zu setzen, dass sein Servet bei ihm bleibt.
„Alles klar! Das wäre dann auch geklärt. Und du bist dir sicher, dass wir mit 500 hinkommen?“ Ich war mir immer noch unsicher.
„Bestimmt!“ Seine Zuversicht hätte ich gerne gehabt.
„Na dann lasst uns austrinken und zu mir fahren.“
Beide nickten und ich wandte mich Jörg. „Machst du uns mal die Rechnung?“
Er nickte und kassierte mich ab. Die beiden hatten jeder nur eine Cola gehabt, meine zwei Biere waren teurer.
Wir tranken aus und die beiden fuhren hinter mir her. In der Ludwigstraße machte sich Gürkan Notizen und nahm Maß. Es sah ziemlich professionell aus, was er da tat. Servet stand still in der Ecke und schaute zu.
„Du bist doch Fotograf, oder?“ Servet konnte tatsächlich sprechen! Ich dachte schon, er wäre stumm!
„Bin ich!“
„Und du machst Bilder?“ Er klang leicht ängstlich.
„Das ist mein Job!“ Ich zwinkerte ihn an.
„Auch von uns?“ Seine Stimme war kaum zu hören.
Ich grinste. „Ihr wollt Bilder von euch?“
„Gerne!“ Beide nickten.
„Wenn’s mehr nicht ist! Das kriegen wir hin! Die gehen dann aber auf mich!“ Die beiden sahen echt süß aus. Wenn sie schon für einen Hungerlohn arbeiten wollten, könnte ich ihnen die Bilder auch umsonst machen.
Ich hatte mir gerade ein Glas Rotwein eingeschüttet und es mir vor dem Fernseher gemütlich gemacht, als Marvin zur Tür hereinkam. Er lugte ins Wohnzimmer. „Na! Noch wach?“
„Yepp, wieso sollte ich schlafen?“
„Nur so! Du?“ Er klang so, als ob er was wollte.
„Was ist?“
„Ich wollte fragen, ob …“
„Wenn du ein Glas Wein haben möchtest, kein Thema, hol dir einfach ein Glas und setz dich.“
„Das wollte ich zwar eigentlich nicht, aber trotzdem Danke.“ Er ging an den Schrank, kam mit einem Weinglas wieder und setzte sich neben mich.
Ich schüttelte ihm ein. „Und was wolltest du uneigentlich?“
„Florian feiert ja morgen seinen Geburtstag nach. Könntest du uns eventuell abholen? Hin ist ja kein Problem, Henricks Mutter fährt uns, aber die ist ja mehr oder minder fast nachtblind und fährt so spät nicht gern.“ Himmel! Die gute Frau Schuster!
Ich sollte also wieder mal Taxi spielen, eines der Nachteile als Erziehungsberechtigter. Florian wohnte mit seinen Eltern in einem der Vororte auf einem Bauernhof, ziemlich abgelegen von jeglicher Zivilisation. Der Fußweg von dort bis zur nächsten Nachtbushaltestelle würde selbst bei strammem Tempo mindestens eine halbe Stunde dauern. „Alles klar. Ich bleibe dann halt wach! Aber du musst mir auch einen Gefallen tun.“
Er trank einen Schluck. „Welchen denn?“
„Du müsstest morgen früh den Laden für mich übernehmen.“ Sein Gesichtsausdruck sprach Bände.
„Wo bist du denn? Hast du einen Außentermin?“
„Nein! Aber wir haben die Handwerker im Haus und die muss ich noch einiges erledigen.“
„Äh?“ Er war erstaunt.
Ich erklärte ihm, dass ich das Büro in den ungenutzten Teil des Lagers verlagern wollte und von dem Angebot der beiden Trockenbauer, die ich heute kennengelernt hatte.
„Wieso soll das Büro nach unten? Will Igor hier einziehen?“ Er blickte mir direkt in die Augen.
Was sollte ich machen? Ich war etwas ratlos. „Was wäre, wenn es so wäre?“
„Nichts! Es freut mich, dass wenigstens einer von uns Erfolg bei Männern hat. Bei mir scheint das ja nie zu klappen!“ Ich nahm ihn in den Arm und drückte ihn an mich, ehe er wieder in Depressionen verfiel.
„Ich hab ein gutes Gefühl, was Igor und mich betrifft!“
„Aber willst du deinen Geliebten wirklich in das kleine Büro abschieben?“ Nun war ich erstaunt.
„Er braucht ja nur einen Platz zum Lernen und dazu ist das Büro ausreichend.“ Stimmte doch!
„Mag ja sein, dass es ausreicht, aber so toll ist es auch wieder nicht. Mir wäre es zu klein!“
Ich zuckte mit den Schultern. „Stimmt es ist nicht groß, aber woher sollen wir den Platz nehmen? Anbauen geht ja schlecht in der ersten Etage!“
„Das ist zwar richtig, aber man könnte ja auch seinen Neffen fragen!“ Er grinste mich an.
„Und was sollte ich den Neffen fragen?“ Ich war neugierig geworden.
„Ob er eventuell bereit wäre, einen seiner Räume abzugeben.“ Das klang so logisch!
„Wäre er denn bereit dazu?“
„Unter gewissen Umständen! Aber mal im Ernst. Ich bin der einzige von meinen Freunden, der in zwei großen Zimmern wohnt. Keiner meiner Leute hat eine eigene Chill-Out-Zone.“ Er blickte mich an.
„Könntest du mal diese gewissen Umstände etwas genauer definieren!“
„Wir verlagern die Räume! Meine Zimmer sind ja fast gleich groß. Aus meinem Schlafzimmer wird Igors Refugium, aus meiner Chilling-Zone mein Schlafzimmer und aus dem alten Büro mein Ruhe- und Rückzugsraum! So einfach!“ Jugend kann auch logisch sein! Warum war sie das eigentlich nicht immer?
Ich war wirklich überrascht. „Du meinst, du könntest dich mit dieser Lösung anfreunden?“
Er grinste. „Unter der Bedingung, dass ich diesmal selbst die Farben aussuchen darf und du nicht wieder auf Mutters Farbwahl zurückgreifst. Ich bin doch kein Kind mehr! Himmelblau! Wer kam eigentlich auf diese bescheuerte Idee?“
„Ich sag nichts Schlechtes über deine Mutter. Alles klar. Dann gehen wir Montag Farben kaufen. Aber bitte tu mir einen Gefallen, …“
„Noch einen?“ Er lachte.
„Igor wollte am Sonntag beim Essen das Thema eines möglichen Einzugs auf den Tisch bringen. Verrate bitte nicht, dass du schon Bescheid weißt!“ Ich blickte ihn flehentlich an.
Der Kleine wurde keck. „Und was krieg ich dafür?“
„Was würdest du denn wollen?“ Erpressung konnte man das zwar nicht nennen, allerdings etwas egoistisch war es schon, wie ich fand.
„Ich hätte gerne ein paar vernünftige Bilder von mir, sowie die von Igor, die du gemacht hast. Ich habe mich nämlich in zwei Foren angemeldet und kann da nur mit einem dämlichen Handybild aufwarten. Und das als Neffe des wohl bekanntesten Fotografen der Stadt!“ Er wirkte erst leicht verschüchtert und dann leicht verärgert.
„Du bist noch keine 18! Was für Foren?“ Böse konnte ich ihm eigentlich nicht sein, er nutze nur die Möglichkeiten, die ihm die heutige Zeit bot und die ich damals leider nicht hatte, als ich so alt war wie er jetzt. TEMPORA MUTANTUR ET NOS MUTAMUR IN ILLIS
„Einmal im schwulen Einwohnermeldeamt und das andere ist eher ein allgemeines Forum. Lach jetzt bitte nicht, es heißt Sahnespender!“ Er wurde leicht rot. Diesen Sahnespender.com würde ich später einer genaueren Inspektion unterziehen, wenn ich in der nächsten Zeit mal wieder Zeit für mich hätte.
„Äh, wie kommst du darauf, dass ich Igor abgelichtet habe?“
„Ich hab sein Profil gesehen, …“
„Du hast was?“ Ich war sprachlos. Zwar hatte ich im Einwohnermeldeamt selber einen Account, nutze diesen aber nur sporadisch. Seitdem ich mit Igor zusammen war, war ich nicht mehr online gewesen, ich hatte ja alles, was ich brauchte!
„Komm mit!“ Wir gingen ins Büro und ich fuhr den Rechner hoch. Es dauerte einige Zeit, aber dann war es soweit, er loggte sich bei Romeo ein, suchte meinen Schatz und fand ihn schließlich. Ich war baff, darüber hatten Igor und ich noch gar nicht gesprochen. Aber seinem Profil entnahm ich unter dem Punkt Beziehung: Ich habe einen Partner! Diese Änderung hatte ich bei meinem Auftritt noch nicht gemacht.
„Lass mich mal ran!“ Er blickte mich erstaunt an.
In das Suchfenster gab ich meinen Namen ein.
„Du auch?“ Er war anscheinend erstaunt.
„So alt bin ich ja auch noch nicht!“
Er setzte sich wieder von den Rechner und verlinkte Igor und mich. Nach seinem Ausloggen meldete ich mich an und tat es ihm nach. Ich schickte meinem Russen eine SMS: „Hi Süßer, habe mich gerade eben mit Russian_Swimmer verlinkt und den auch als Partnerlink bei mir verewigt. ILD“
Keine fünf Minuten später fiepte mein Mobilknochen. Marvin hatte mir die andere Seite noch gezeigt und sich danach ins Bett verabschiedet. Eine Kurznachricht von meinem Schatz: „Hallo Engel! Kannst du den Link für mich annehmen? PW ist dein Name und unser Kennenlerndatum. HDGDL“
Ich verließ den Spender, da würde ich sicherlich mehreren Stunden verweilen können, aber dazu hatte ich im Augenblick nicht die nötige Zeit. Auch ich brauche meinen Schlaf und wollte vorher noch der Bitte meines Liebsten nachkommen. Zwar passte das Passwort erst beim zweiten Versuch, wieso schreibt er auch ein Datum mit Bindestrich und nicht, wie normal und üblich, mit Punkt? Ich hätte zwar jetzt ungestört in seiner Post lesen können, aber das tat ich nicht. Jeder hat das Recht auf seine Privatsphäre, auch wenn man ein Paar ist. Gut, ich gebe ja zu, ich habe mich in seine Linkeliste umgesehen.
Kurz nach zehn standen am Samstag Gürkan und sein Servet vor der Tür, in der Einfahrt parkte ein VW-Transporter. Die beiden hatten also Wort gehalten, ein gutes Gefühl machte sich breit. Wir stoppten erst bei meiner Bank, um dann in die Taubenstraße zu fahren. Die beiden hatten anscheinend schon vorgearbeitet. Neben dem Rolltor, vor dem wir geparkt hatten, standen neben der Palette mit den Fehlkonstruktionen eine Tür, einige Kanthölzer, zwei Kisten mit irgendwelchen Schrauben und Winkeln und einige Platten, die wohl für die Decke bestimmt waren, wie ich vermutete. Wir fingen mit dem Beladen an, erst die schweren Deckenplatten, dann die Eckhölzer und die Tür. Gürkan war ins Innere des Betriebes verschwunden, er wollte noch eine Schlagbohrmaschine holen, die er für die Arbeit benötigte. Servet und ich nahmen, so alleine gelassen, uns erst der Kleinteile an und dann folgten die Segmente. Die Wandelemente waren leichter, als ich gedacht hatte. Die Bohrmaschine war verstaut, aber der größere der beiden Osmanen verschwand erneut. Diesmal in das vorgelagerte Büro des Betriebs. Er wollte die Blankorechnungen abstempeln. Plötzlich kam ein schmierig aussehender Mittfünfziger mit Bierbauch und Halbglatze auf den Hof. Der kleinere von den beiden Türken erschauerte. „Scheiße! Mein Chef!“
„Was macht ihr denn da?“ Erklang nicht gerade freundlich.
In diesem Moment kam Gürkan um die Ecke, auch er erschrak. „Morgen Chef!“
Der Angesprochene blickte auf seinen Gesellen. „Was macht ihr hier?“
Er deutete auf mich. „Das ist Servets Onkel Olgun. Er will den Schaden seines Neffen ersetzen.“
„Das wird aber auch Zeit! Wo ist nun die Kohle?“ Ich grinste, wurde ich doch wieder einmal Onkel. Gut, ich bin zwar nicht blond und blauäugig, sondern dunkelhaarig mit braunen Augen, aber türkisch? Ich sollte wohl nicht so viel auf die Sonnenbank gehen.
Gürkan sprach mich auf Türkisch an. Ich spielte das Spiel mit und griff in meine Gesäßtasche, holte mein Portmonee heraus und reichte Reichert drei Hunderter. Er ergriff sie, riss in mir fast aus den Händen. Raffgier lässt grüßen! „Aber was soll der Wagen hier?“
Ich blickte den Schmierlappen an. „Ich Schaden bezahlt, also ist Sache mir!“
„Das sind immer noch meine Sachen und die bleiben hier!“ Er stammte mit dem Fuß fasst wütend auf den Boden.
Ein abschätziger Blick traf mich, aber das war mir egal, ich brabbelte noch etwas auf Kauderwelsch mit vielen Üs und Ös, dass es sich auch wie Türkisch anhörte, und schrieb mit der rechten Hand in der Luft, während meine Linke ausgestreckt ein Blatt Papier darstellte.
Gürkan hatte verstanden, er grinste. „Onkel Olgun meint, wenn er den Schaden ersetzt hat, dann hat er auch ein Anrecht auf die fehlerhaften Sachen. Ist so Brauch bei uns! Außerdem hätte er gerne eine Bestätigung, dass seinem Neffen nichts geschieht wegen seines Fehlers.“
„Das kann er sich abschminken! Der soll froh sein, wenn ich seinen faulen Neffen nicht wegen Sachbeschädigung anzeige. Und nun macht euch vom Hof, ich will heute keinen mehr von euch sehen. Agnes kommt gleich! Das reicht mir an verkommenem Pack!“ Er spuckte aus und ging in Richtung Büro.
Ich glaube, nicht nur mir fielen in diesem Moment einige Steine vom Herzen. Wir beeilten uns, die letzten Wände einzuladen, die anderen Teile hatten wir – Gott sei Dank – schon vorher verstaut. Im Wagen atmeten wir erst einmal tief durch.
„Was ist das denn für ein Ekel?“
„Das war unser Chef! Aber so schlimm ist er eigentlich nur, wenn seine Exfrau ihn besucht!“
„Diese Agnes? Besucht die ihn regelmäßig?“
„Nur wenn er ihren Unterhalt nicht rechtzeitig bezahlt! Und das passiert einmal im Monat.“ Gürkan, der am Steuer saß, lachte.
Wir fuhren zu mir in die Ludwigstraße. Der Umbau konnte beginnen. Das Arbeitstempo der beiden überstieg meine Erwartungen. Noch bevor Marvin um 14 Uhr den Laden abschloss, war das Lager aus- und umgeräumt und für den Büroeinbau vorbereitet. Ehe wir Mittagspause machten, entluden wir noch den Wagen, der Transporter musste ja wieder abgegeben werden. Ich fuhr diesmal den beiden hinterher. Auf dem Rückweg hielten wir an einer der Dönerbuden, um Kräfte für den Nachmittag zu tanken. Etwas anderes wollten die beiden nicht. Wir fuhren auch in den nächstgelegenen Baumarkt, man brauchte noch einen Sack Rotband und zwei, drei andere Sachen, an die man am Morgen nicht gedacht hatte.
Um kurz nach sechs stand die Holzkonstruktion, man konnte die Umrisse des Büros schon erahnen. Marvin half uns noch einen Deckenplatten, ehe er sich für die Feier bei Florian fertig machte. Frisch geduscht und gestylt versorgte er uns noch mit Getränken, ehe er sich nach dem obligatorischen Abschiedskuss um sieben auf den Weg machte.
„Dein Neffe küsst dich noch? Weiß er nicht, dass du schwul bist? Wenn man bei uns einen Schwulen küsst, ist man selber ein Aussätziger!“ Servet wirkte verunsichert.
Ich zuckte mit den Schultern. „Natürlich weiß er das! Er ist ja selber schwul!“
„Er ist so wie wir?“ Seine Augen wurden größer und größer.
„Ja, wieso fragst du?“ Ich blickte ihn an.
„Dann lebt er bei dir, weil seine Eltern ihn verstoßen haben. Das würde nämlich meine mit mir machen, wenn sie es von mir wüssten!“ Seine Welt schien wieder in Ordnung zu sein.
„Ganz und gar nicht! Seine Eltern, mein Bruder und seine Frau, lieben ihn abgöttisch. Er ist ihr Augenstern. Sie würden alles, aber auch alles für ihn machen.“ Ich klärte ihn über die familiären Hintergründe und das Warum und Wieso auf. Gürkan hatte sich hinter ihn gestellt und rauchte eine. Die beiden hörten aufmerksam zu und stellten hier und da eine Zwischenfrage.
Als ich geendet hatte, fing Servet an, zu weinen, er ließ seinen Tränen freien Lauf. „Solche Eltern hätte ich auch gern!“ Gürkan nahm ihn sanft in die Arme und küsste ihn zärtlich.
Die beiden arbeiteten schnell, exakt und präzise wie ein eingespieltes Team, als ob sie das schon jahrelang machen würde. Ich stand mehr oder minder nur im Weg herum. Außer Werkzeuge anreichen und wieder wegräumen konnte ich nicht viel machen. Um kurz nach neun war die letzte Schraube eingeschraubt.
Gürkan blickte auf das Werk und war augenscheinlich zufrieden. „So, das reicht für heute! Morgen kommen erst die Kabel rein und dann wird verputzt!“
„Stimmt! Ich glaube, jetzt haben wir uns ein Bier und was zu Essen verdient! Was meint ihr?“
„Keine schlechte Idee! Aber ich glaube, wir brauchen auch noch eine Dusche! Mein Schatz riecht wie ein Kümmeltürke!“ Er grinste und stupste seinen Schatz in die Seite.
„Ich bin Kurde, du dummer Türke!“ Er lachte und beide küssten sich.
„Bitte keinen Streit! Vorschlag: Ich ruf jetzt den Pizza-Service an und bis der da ist, können wir alle unter die Dusche. Ich rieche nämlich auch schon!“ Ich grinste.
„Wo können wir uns denn waschen?“ Servet umschlang seinen Liebsten.
„Entweder oben bei mir in der Wohnung oder unten im Keller in der Sauna.“
„Du hast eine eigene Sauna?“ Gürkan war erstaunt.
Ich nickte. „Habe ich.“
„Sauna wäre ja nicht schlecht, aber ich glaube, wir würden morgen nicht aus den Betten kommen, wenn wir jetzt schwitzen würden. Das können wir morgen machen, wenn wir fertig sind.“
„Ganz wie du meinst, Servet.“ Er griente und schnappte sich seine Tasche. Die beiden hatten sich wohl Sachen zum Wechseln mitgebracht.
Wir machten uns auf den Weg nach oben in die Wohnung. Vor der Tür zogen sie ihre Schuhe aus und betraten nur in Strümpfen den Flur. Ich ging in die Küche und nahm die Werbezettel vom Chinesen, vom Italiener und vom Griechen von der Pinnwand. Man entschied sich allerdings einhellig und einstimmig für Mafiatorten! Einmal Thunfisch für Servet, Hackfleisch für Gürkan und Hawaii für mich. Die freundliche Dame am anderen Ende der Leitung teilte mir mit, dass es eine halbe Stunde dauern würde, dann könnten wir essen.
Ich führte die beiden ins Bad. „Da sind Handtücher. Duschzeug und Shampoo sind in der Dusche. Braucht ihr sonst noch was? Wer soll zuerst?“
Servet kramte in seiner Tasche. „Hättest du vielleicht eine Unterhose für mich? Ich hab meine nämlich vergessen.“
„Boxer, Retro, Slip oder String? Was hättest du gerne?“ Ich blickte den kleineren der beiden an.
Gürkan gab für ihn die Antwort. „Am liebsten würde ich ihn ja ohne sehen oder nur im Tanga, aber eine weite Boxer ist am besten, da muss er keine Angst haben, wenn er morgen früh bei seinen Eltern ins Bad geht und ihn einer seiner Brüder zufällig sieht.“
„Okay, dann halt was weites. Oder darf es Feinripp sein?“ Ich lachte und die beiden fielen mit ein.
„Wehe! Ich bin doch nicht mein Vater!“ Konnten seine braunen Augen böse funkeln!
Ich ging ins Schlafzimmer an den Wäscheschrank und kam mit dem gewünschten Unterkleid zurück. Als ich den Raum wieder betrat, standen die Zwei nackt und unbefangen in der Mitte und umarmten sich. Ich wunderte mich über die Freizügigkeit, ihre Unbefangenheit, sich nackt vor einem Fremden zu zeigen. Ich hatte in meinem Fitnessstudio einige Landsleute von den Beiden kennengelernt, die nur in Unterhose duschten.
„Wie ich sehe, wollt ihr also zuerst.“ Ich legte die Boxer auf die Tasche und wandte mich zum gehen.
Servet blickte mich keck an. „Du schaust ja grade so, als ob du noch nie zwei nackte Männer mit beschnittenen Schwänzen gesehen hättest, lieber Stefan. Die Dusche ist groß genug …“
„Aber ich will eure Gefühle nicht …“ Ich stand fast hilflos da.
„Ich kann dich beruhigen. Wir sind zwar Moslems aber keine Fundamentalisten, denn bei denen würden wir als erste gesteinigt werden, ehe man uns aufhängen würde. Was meinst du, wie es teilweise in einem Hamam abgeht? Manchmal schlimmer als in einer Schwulensauna! Also keine Angst, wir beißen nicht. Oder hast du Angst mit uns zu duschen?“ Eigentlich nicht, aber mit zwei nackten, gut gebauten und wohl definierten Männern, die sich darüber hinaus auch noch kannten und außerdem ein Liebespaar waren, konnte man ja nie wissen, was einem blühen würde.
Ich schüttelte den Kopf und fing an, mich wie mechanisch auszuziehen. Gemeinsam betraten wie die Dusche. Ich hatte zwar schon einmal von der besonderen Waschkultur im Orient gehört, aber zum ersten Mal erlebte ich sie am eigenen Körper. Sie nahmen mich in die Mitte und Servet wusch mich von vorne und Gürkan von hinten. Die Positionen wurden nach dem Einseifen, was bei mir nicht ganz ohne Folgen blieb, getauscht, erst übernahm der kleinere, dann der größere von den beiden die Position im Zentrum. Gleiches erfolgte auch während des Abtrocknens.
Wir waren gerade fertig, als es klingelte und der Bote die Pizzen brachte. Wir aßen in aller Ruhe und Gemütlichkeit und nur in Unterhosen bekleidet. Beim Essen berichteten mir die beiden von ihrem Wunsch nach einer gemeinsamen Wohnung, der aber aufgrund ihrer Herkunft und ihres kargen Gehaltes wohl fast unerreichbar schien. Nach dem zweiten Glas Bier machten wir uns fertig. Ich brachte meine Handwerker nach Hause. Sie wollten morgen um zehn wieder auf der Matte stehen.
Als ich um kurz nach elf wieder meine Wohnung betrat, blinkte der Anrufbeantworter. Igor hatte angerufen und wünschte mir eine gute Nacht! Ich rief ihn auf seinem Handy an und wir hatten fast so was wie Telefonsex. Der kleine Stefan regte sich nämlich und sehnte sich nach zärtlicher Liebkosung durch die Lippen meines Russen.
Ich hatte gerade aufgelegt, als das Telefon erneut klingelte, es war Marvin. Ich konnte ihm schlecht verstehen, im Hintergrund spielte laut Musik. „Hast du Dauergespräche geführt?“
„Nein, habe gerade mit Igor telefoniert.“
„Keine Details bitte! Kannst du mich abholen?“
„Jetzt schon? Ist nichts los?“
„Hier herrscht Zickenalarm der ganz großen Art. Ich will einfach nur noch weg!“
„Alles klar! Taxi kommt. Bis gleich dann, mein Engel!“
Ich machte mich auf den Weg und fuhr in den Vorort. Mein Neffe erwartete mich schon in der Einfahrt, er war alleine. „Wo ist Henrik?“
„Hör mir mit dem auf! Der Wicht hat sich schon vor zwei Stunden von seiner Mutter abholen lassen, nachdem er das große Chaos hier veranstaltet hat. Lass uns fahren!“ Er schien gefrustet zu sein.
„Was war denn los?“
Marvin klärte mich auf. Henrik war schon lange in eine gewisse Jasmin verschossen, die Dame aber wollte nichts von ihm wissen, sondern schwärmte augenscheinlich nur für Björn, den Kapitän des Schulbasketballteams. Besagter Jüngling war allerdings nicht unbeweibt, die Dame seines Herzens hieß seit zwei Jahren Patricia. Diesem weiblichen Wesen teilte Marvins Kumpel, wie man das auf einer Feier eben so macht, bei einem Glas Wein so nebenbei mit, dass er seine Angebetete mit ihrem Angebeteten nach einem ziemlich intim zu deutenden Gespräch aus den Augen verloren hätte. Der Bauernhof wäre ja ziemlich groß. Allerdings ging der Schuss nach hinten los, denn der Pennäler wusste nicht, dass der Sportsmann während seiner Zeit mit Patricia auch mal mit Corinna, einer Verflossenen des Gastgebers, die ebenfalls auf der Party anwesend war, aktive Biologienachhilfe betrieben hatte. Dieses Gastspiel hatte Patty, wie sie genannt wurde, ihm zwar verziehen, aber Sportsmann stand sozusagen noch unter Bewährung und der erneute Treuebruch war zu viel für die Tochter spanischer Eltern. Sie machte Schluss, vor der versammelten Mannschaft und wusch schmutzige Wäsche der feinsten Art. Ein Teil dieser Wäsche gehörte ja Corinna, die daraufhin ebenfalls in den Waschzuber griff und auch reichlich austeilte. Die anwesenden Damen solidarisierten sich entweder mit der einen oder der anderen Seite. Das Ergebnis war, neben einer total ruinierten Stimmung, war für Henrik niederschmetternd! Patricias Wutausbruch hatte Jasmin nicht wie gehofft in seine, sondern in die Arme des jetzt Neu-Singles getrieben. Pech für ihn und dumm gelaufen!
Um neun krabbelte ich aus dem Bett und frühstückte ausnahmsweise alleine. Normalerweise machen Marvin und ich das gemeinsam zu einem späteren Zeitpunkt, aber meine Handwerker kamen ja gleich. Ich hatte mir gerade die Hose zugemacht, als es an der Haustür klingelte. Die beiden waren pünktlicher als Maurer, es war fünf vor zehn.
Ich bat sie auf einen Kaffee nach oben, wir hätten ja noch genug Zeit. Nach dem gemeinsamen Türkentrank, Marvin war mittlerweile auch wach geworden und hatte sich zu uns gesellt, zogen die Beiden ihre Arbeitsklammotten, die sie gestern hier gelassen hatten, wieder an und wir machten uns ans Werk.
Das Kabelverlegen, vier Steckdosen und ein Lichtschalter nebst dazugehörender Deckenbeleuchtung, verlief ziemlich zügig. Aber danach wurde es etwas staubig im Lager. Sie zogen die Wände mit Rotband, das mit Wasser vermischt eine Art Putz ergab, glatt. Ich konnte ihnen dabei nicht helfen und ging nach oben in die Wohnung, kochte Kaffee und rief Carsten an, der gerade aufgestanden war, es war halb zwölf.
„Was willst du Stefan? Wir sind noch nicht ganz wach!“ Er hatte wohl meine Nummer im Display gesehen.
„Entschuldige die Störung zur Mittagszeit, aber ich habe eine Frage an dich. Hast du für deine Wohnung in der Albertstraße schon irgendwelche Mieter? Und was würde sie kosten?“ Wenn es um Geld geht, ist Carsten immer hellwach und aufnahmebereit.
„Neue Mieter habe ich noch nicht, die Wohnung muss ja erst einmal generalüberholt werden. Ich hab noch keinerlei Kostenvoranschläge eingeholt, die Idioten sind ja auch erst letzte Woche in einer Nacht- und Nebelaktion raus. Die Wohnung hat knapp 60 Quadratmeter, wären also kalt 350! Wieso fragst du? Willst du Marvin rausschmeißen?“
„Nein, ich will es mir mit meinem Bruder nicht verscherzen, du Scherzkeks! Aber ich hätte vielleicht ein paar vernünftige Mieter für dich. Sind allerdings schwul und Türken! Ich hoffe, das stört dich nicht, oder?“
„Es ist mir noch legal, wer mir die Miete zahlt, solange sie nur gezahlt wird! Aber die Wohnung kann ich frühestens wieder in einem halben Jahr vermieten! Du kennst ja die Last mit den Handwerkern!“
„Stimmt, aber wenn die beiden selber Renovieren würden und du nur das Material stellst. Was müssten die beiden dann zahlen?“
„Da kann ich so keinen rein lassen! Aber wenn ich nur das Material … Warte mal eben! … Zwei Jahre 200 pro Monat, dann pro Jahr 50 mehr bis die Miete wieder auf dem alten Stand von 350 ist.“
„Alles klar! Ich nehme dich beim Wort. Wenn die beiden die Wohnung haben wollen, melde ich mich morgen bei dir. Und jetzt küss deinen Thomas und dreht euch nochmal um. Dickes Bussi!“ Ich legte auf und war zufrieden mit mir.
Um kurz nach drei löschte Gürkan das Licht im neuen Büro und machte die Tür zu. „So, Klappe zu! Affe tot! Wenn das übermorgen richtig trocken ist, dann kannst du da drinnen die Wände tapezieren, von außen würde ich eher streichen. Wenn du willst, machen wir das am Mittwoch nach Feierabend!“ Servet war noch mit dem Aufräumen beschäftigt.
„Ich dank euch erst einmal für eure Hilfe! Alleine hätte ich das nie geschafft.“ Ich ging auf ihn zu und wir umarmten uns herzlich.
„Ich habe dir zu danken, du hast mir meinen Schatz hier erhalten.“ Der ältere von den beiden blickte mich tief an, er hatte Tränen in den Augen.
„Kein Thema! Aber jetzt machen wir erst einmal das Finanzielle.“ Ich steckte ihm sechs Fünfziger in die Hemdtasche.
„Das ist zu viel! Wir haben 500 ausgemacht!“ Er wollte mir schon zwei Scheine wieder geben, aber ich hielt die Bewegung seiner Hand mit meiner Rechten auf.
„Nimm es und wenn ihr hier noch den Rest macht, gibt es das gleiche noch einmal. Ihr könnt es brauchen für die ersten beiden Monatsmieten, ich hätte nämlich eine Wohnung für euch!“
Servet hatte anscheinend nur Wohnung gehört und ließ den Besen fallen, mit dem er immer noch beschäftigt war. Gürkan blickte mich fragend an. „Du hast eine Wohnung für uns?“
„Hätte ich! Aber dazu gibt es einiges, was ihr wissen müsst. Vorschlag! Ich stell die Sauna an und wir sprechen dann beim Schwitzen weiter.“
„Einverstanden!“ Das erste Mal, dass sie unisono sprachen.
Sie beeilten sich und keine halbe Stunde später saßen wir zu dritt bei einer wohligen Temperatur von 80° Celsius auf den Holzbänken und ich berichte den beiden von der Möglichkeit, in Carstens Beinahe-Baustelle einzuziehen. Sie waren begeistert.
Beim zweiten Gang waren zu viert, Marvin schwitzte mit. Den dritten und letzten Gang machten wir zu fünft, mein Schatz war mittlerweile wieder angekommen und fand uns weder in der Wohnung noch im Laden, aber er sah dort das fertige Büro und konnte sich einiges zusammenreimen. Er vermutete mich daher zumindest in der Sauna.
In gleicher Konstellation ging es dann zu Costas, es wurde ein lustiger Abend, auch wenn Türken nur ungern bei einem Griechen essen.
Tja, lieber Leser, eine neue Freundschaft wurde geboren, eine Alte erhielt einen Knacks und wieder sind viele Fragen noch offen. Aber wie dem auch sei, ich glaube nicht, dass irgendeiner von euch an den Antworten ein irgendgeartetes Interesse hat! Falls das nicht so sein sollte, bitte ich um entsprechende Rückmeldung … *fg