Fotostudio Plange – Teil 15 – Pizza

Pizza 118

Tja, lieber Leser, der gute Benny wurde also erpresst. Die Geschichte, wie wir der Erpressung Herr wurden, folgt, aber eine kleine Anmerkung sei mir an dieser Stelle gestattet, in diesem Kapitel wird es etwas hart, härter als bisher! Wer also eher der Romantiker ist, der wird sich nicht ganz wohlfühlen. In diesem Sinne – Viel Spaß!

Die Geschichte, die uns Marvin erzählte, ließ uns einen Schauer nach dem anderen über den Rücken laufen. Die Mutter der Kompanie, wie der Torwart der Wasserballtruppe auch genannt wurde, war nämlich auch verzaubert. Erst beim zweiten Mal, als Benjamin am Dienstagabend neben Marvin bei uns im Wohnzimmer saß und die Geschichte aus seiner Sicht erzählte, wurde mir sein Problem deutlich, mangelnde Kommunikation mit seinem Vater.

Was war geschehen? Irgendwann hat der Sohn des Jugendobmanns festgestellt, dass es ihm doch mehr Spaß macht, mit einem männlichen Wesen das Wort Begehren zu buchstabieren als mit einem weiblichen Mitglied der Gesellschaft. Soweit, so gut! Nichts schlimmes, kommt in den besten Familien vor und führt manchmal sogar bis zum Rauchen! Aber Scherz beiseite! Die Einstellung der Familie Münster zum Thema Homosexualität war jedoch etwas komplizierter als die in anderen Familien, wo das Thema lediglich totgeschwiegen wird und somit keinen großen Schaden beim Heranwachsenden hinterlassen kann. Clemens und Gudrun müssen ganz schön über ihren ehemaligen Schwager Manfred, der mit einem Mann durchgebrannt war und so Frau Heike und Tochter Cordula alleine gelassen hatte, hergezogen haben. (Bei der Frau, wie ich am eigenen Leib auf der Weihnachtsfeier feststellen musste, auch kein Wunder! Aber dazu später!) Derartig verunsichert, verliebte Münster Junior sich ausgerechnet in Marvin, der aber, nicht nur zu seinem Leidwesen, zu der fraglichen Zeit nur Augen für diesen suspekten Sebastian hatte. Benjamin, darüber ziemlich gefrustet, machte das, was ein Mann mit Liebeskummer in früheren Zeiten gemacht hätte, er schrieb einen glühenden Liebesbrief an seinen Angebeteten. Dieses Schriftstück gelangte nun über Bennys Rucksack in die Hände von Henrik Schuster. Die Söhne der nervenden Mutter und des Abteilungsvize drückten nämlich zusammen die Schulbank in der Berufsschule, beide waren angehende Versicherungskaufleute bei der gleichen Gesellschaft. Als Henrik einmal Deutsch abschreiben wollte und Benny dazu Ja sagte, bediente sich der Mittelstürmer ungefragt in der Pause selber, fand das belastende Schriftstück und nutzte es von da an für seine perfiden Machenschaften schamlos aus. Er würde Bennys Vater und ihrem gemeinsamen Chef von dieser Abartigkeit erzählen und dafür sorgen, dass es auch die ganze Schule erfahren würde. Er wäre somit in Familie, Verein, Betrieb und Schule ein für allemal erledigt.

Zuerst musste Benjamin für ihn nur die Hausaufgaben machen, als das klappte, verlangte der Blonde Geld. Die Forderungen wurden von Mal zu Mal gesteigert und erreichten letztendlich Höhen, die für einen Azubi nahezu unerschwinglich waren. Als er sie nicht mehr befriedigen konnte, dass war, als Henriks Plan zu Eroberung dieser Jasmin in die Binsen ging, verlangte er zwar weniger Geld, aber dafür auch körperliche Befriedigung.

Hätte Benny nur ein Wort mit seinem Vater gewechselt, er hätte sich selbst das Martyrium halbwegs ersparen können. Der dunkelhaarige Wuschelkopf fiel aus allen Wolken, als er von Igor und mir und unserem Verhältnis erfuhr und wie locker sein Vater mit diesem umging. Als der Torwart mir dann die Gesellschaft nannte, bei der er die Ausbildung machte, musste ich grinsen, der Regionalleiter war mein alter Studienfreund Thomas Obermann.

„Ich schmeiß den Kerl aus der Mannschaft!“ Igor war eindeutig geladen.

„Nein Schatz, das wirst du nicht machen! Das wäre nur Wasser auf seine Mühlen! Wir schlagen ihn mit seinen eigenen Waffen. Benny, wann sollst du ihn denn …“

„Ihn treffen? Morgen, nach dem Training. Er will mich wieder mal ficken, hat er gesagt.“ Wir waren alle geschockt.

„Wo?“ Drei Augenpaare blickten mich teilweise mehr als verwundert an.

„Stefan Plange, tickst du linksrum? Du willst doch wohl nicht ernsthaft, dass sich Benny von diesem Arsch auch noch aufbocken lässt?“ In Igors Stimme lag Wut.

„Nein, mein Engel! Ich will den Spieß nur umdrehen!“ Mein Schatz schaute mich fragend an, schwieg aber.

„Im alten Depot! Im ersten Gebäude auf der rechten Seite, da ist die Tür kaputt. Da hat er mich bisher immer …“ Erschrecken konnte uns das nicht mehr.

„Aha! Siehst du ihn vorher noch?“

„Wir haben morgen noch Berufsschule. Wieso?“

„Ich hab da so eine Idee! Benny, du kannst uns vertrauen! Du rufst jetzt erst einmal deine Eltern an und sagst ihnen, dass du heute bei Marvin übernachtest, der hat Liebeskummer oder so was.“

„Ich hab aber keinen Liebeskummer!“ Diese Jugend von heute! Kann anscheinend keine Ironie mehr verstehen!

„Egal! Lass dir was einfallen! Marv, du machst dich derweil in der Küche nützlich und uns allen was zum Abendessen fertig. Und Schatz! Wir gehen jetzt ins Büro und kümmern uns um die Details! Noch Fragen? Nein! Dann mal los!“ Kann ich überzeugend sein!

Die drei blickten in dem Moment zwar alle an wie neue Autos, aber sie wiedersprachen nicht.

Ich griff mir vom Sofa meinen Igor und vom Regal meinen Laptop. Im neuen Büro angekommen fuhr ich diesen und den Büro-PC hoch. Mein Russe, der davor saß, schaute mich fragend an, als ich ihm sagte, er solle mir ein paar Bildausschnitte mit Henrik Konterfail aus den Fotos, die ich für den Internetauftritt des Vereins geschossen hatte, machen und dabei das Gesicht verfremden.

„Das kannst du doch viel besser!“ Danke für das Kompliment, mein Engel!

„Das ist ja das Problem! Es soll so aussehen, als ob das jemand gemacht hat, der nicht viel Ahnung hat. Das ist …“

„… mein Part. Danke, das du mir soviel noch zutraust! Werde ich mir merken!“ Konnte er süß schmollen.

„Engelchen, es hat schon seinen Sinn, dass die Bilder amateurhaft aussehen sollen!“ Ich zeigte ihm meine Lachfalten.

„Was hast du eigentlich genau vor?“ Das Schmollen war vergessen.

„Warte kurz!“ Ich ging ins Labor und kam mit Einweghandschuhen wieder. Igor schaute ziemlich skeptisch, was ich denn da machen würde.

Ich schloss den Drucker an den Laptop an und baute damit erst einmal eine Internetverbindung auf, allerdings nicht über meinen Provider, sondern über den Hot Spot meines Nachbarn auf der anderen Straßenseite, eines Hotels, man will ja keine unnötigen Spuren hinterlassen. Eine neue Mailadresse swimmer_gay@XXX war schnell angelegt und ich füllte die Registrierung brav mit den Daten von Henrik Schuster aus, schummelte allerdings um ein Jahr beim Alter und machte ihn somit zum volljährigen Mitbürger. Eine Kopie der Anmeldung samt Passwort schickte ich an den Drucker. Ich zog mir die Handschuhe über, entnahm das Blatt und verstaute es in einer Klarsichthülle. Igor beobachtete ziemlich aufmerksam mein Treiben.

„Was willst du mit der Email?“ Mein Russe war neugierig geworden.

„Damit registriere ich mich gleich in verschiedenen Foren und schalte eine Anzeige nach dem Motto: ‚Aktiver Hengst will mal seine devote Ader ausprobieren! Jeder, der kann, darf! Treffpunkt Altes Depot, erste Lagerhalle rechts, ab 17:30!‘. So in der Art! Gibst du mir bitte mal das Telefon! Sind die Bilder fertig?“

Er reichte mir den Teleknochen. „Hier! Ich kann nicht hexen, nur schneller machen, mein Engel! Ich zieh dir die Bilder dann auf einen Stick, denn ein Netzwerk haben wir ja im Moment nicht!“

„Danke dir!“ Ich tippte die Nummer eines Pizzadienstes und orderte die 118, eine große Avventura sessuale mit viel Oregano, sie sollten sie aber an der Ladentür klopfen, keinesfalls an der Wohnung.

„Äh, ich dachte, Marv soll uns was machen?“ Mein Russe schüttelte den Kopf.

„Soll er auch! Das war gerade die Bestellung für unseren speziellen Liebling Henrik!“ Ich grinste ihn frech an.

Die Fragezeichen in seinen Augen waren unverkennbar. „Verstehe ich jetzt nicht!“

„Pizza Luigi ist ein ganz besonderer Pizzadienst. Die 118 ist das Codewort für eine Speziallieferung. Du kriegst fast alles frei Haus geliefert!“ Ich kniff ein Auge zu.

„Oregano könnte was zum rauchen sein! Aber das erste? Avventura sessuale!“ Er schüttelte den Kopf.

„Yepp, richtig! Das andere steht für ein sexuelles Abenteuer.“

„Abenteuer?“ Seine Stirn legte sich in Falten.

Ich nickte: „Oder besser gesagt: Gamma-Hydroxy-Buttersäure!“

„KO-Tropfen? Sag jetzt nicht, du willst Henrik betäuben und ihn dann …?“ Mein Schatz schüttelte sich angewidert.

Ich winkte ab. „Ich doch nicht! Ich bin wie Pontius Pilatus, ich wasche meine Hände in Unschuld.“

„Aber das ist doch strafbar!“

„Mag ja sein, aber strafbar ist auch, was er bis jetzt mit Benny gemacht hat und wir helfen dem Opfer ja nur, sich zu wehren!“

„Aber mit kriminellen Mitteln!“ Er reichte mir den Stick mit den fertigen Bildern, sie waren mehr als geeignet!

„Es ist zwar nicht die feine englische Art, den Vergewaltiger zu vergewaltigen, das stimmt zwar, aber was meinst du, was er mit uns machen würde?“

„Wie? Mit uns?“ Mein Igor stutzte.

„Erinnere dich an unser Gespräch mit Clemens, als er meinte, wenn wir fallen, fällt auch er! Der miese Erpresser weiß, du bist Sportstudent und kannst die Kohle vom Verein gut gebrauchen kannst, der aber auf die Feinheiten achten muss. Was macht wohl dieser honorige Knabe, wenn er erfährt, dass du ebenfalls verzaubert bist? Ich glaube, er würde sein Scherflein abhaben wollen oder zumindest einen Stammplatz.“ Ich blickte in erstaunte Augen.

„Du meinst, er würde bei uns da weitermachen, wo er bei Benny aufgehört hat?“ Er wirkte geschockt.

Ich nickte. „Denke ich mal! Also sollten wir ihn loswerden und das möglichst schnell und möglichst elegant und möglichst für immer!“

„Aber wie, Stefan? Du kannst ihn doch nicht um die Ecke bringen! Ich versteh das Wie noch nicht!“

„Wir machen ihn unmöglich! Was meinst du, wie sein Regionalleiter, der gute Thomas, auf die Erpressung reagieren wird? Das kostet mich nur einen Anruf!“ Ich druckte das erste Inserat aus.

„Gut, aber warum dann das andere? Die Sexdroge und die Anzeigen im Internet?“

„Die Annoncen sind nur dazu da, um diejenigen zu schützen, die sich da in ihm austoben wollen. Sie mussten von der Richtigkeit der Inserate ausgehen, deshalb! Da er sicherlich nicht freiwillig die Beine breit macht, müssen die Tropfen halt her. Die Wirkung setzt nach einer Viertelstunde ein und dauert knapp drei Stunden, dann wird geschlafen und man wacht mit einem Kater auf, allerdings ist ein Nachweis dann nicht mehr möglich. Aber bis dahin haben wir die Bilder, die Benny für die Gegenerpressung braucht. Später wird man ihn dann leicht zugedröhnt auf der Klappe finden und die Polizei wird ihn nach Hause bringen!“

„Die Mutter wird dann vor Scham in den Boden versinken und ihm die Hölle heiß machen!“ Der Drucker spuckte ein weiteres Blatt aus.

„Du sagst es! Falls er zur Polizei gehen sollte, was ich ehrlich gesagt nicht glaube, was hat er denn dann vorzuweisen? Er kann sagen, er sei vergewaltigt worden. Gut, sein Arsch wird in Fransen hängen, aber Vergewaltigung bei seinen Angeboten im Netz? Für die Ordnungshüter wird sich der Kiffer das selber zuzuschreiben haben! Denn man wird Drogen in seiner Jacke, seiner Schultasche und in seinem Spind im Verein finden.“

„Wie sollen die denn dahin kommen? Und wie sollen die gefunden werden?“

„Erstens durch dich und zweitens von der Polizei. Den Schlüssel kriegen wir von ihm selber! Am Freitag ist doch Spiel der Ersten Mannschaft und vor Großveranstaltungen gehen die Herren doch mit Hunden durch die Halle. Was passiert, wenn ein Hund in der Jugendkabine anschlägt?“

„Könnte klappen! Aber was machen wir, wenn er mit dem Roller zum Depot kommt?“ Ein letztes Blatt war fertig gedruckt.

„Da könnte Murat und sein Transporter uns helfen! Dafür dürfte er dann auch mal wieder einen Arsch …“ Ich verstaute die Anzeigen ebenfalls in der transparenten Hülle.

„Aber wenn keiner auf die Anzeigen reagiert?“ Es klopfte an der Ladentür, unsere Speziallieferung war da.

„Glaub ich zwar nicht, aber das ist das Problem von morgen. Da mache ich mir heute noch keinen Kopf drum. Lass uns jetzt nach oben und die beiden impfen.“

Beim gemeinsamen Abendessen besprachen wir den Plan. Die Beiden saßen schweigend da und nickten mehr, als das sie Einwände gehabt hätten. Ich blickte auf den Sohn des Jugendobmanns. „Benny, es gibt nur einen kleinen Haken an der Sache!“

„Welchen?“ Er blickte mich fragend an.

„Es kann passieren, dass die Tropfen nicht so schnell wirken, wie sie sollten. Von daher kann es sein, das er erst einmal in dich …“ Ich ließ den Satz unvollendet. Schweigen herrschte am Tisch.

„Wenn es das letzte Mal ist, dann soll er halt!“

Um viertel vor fünf saß ich zusammen mit Gürkan und Servet in deren Wagen an der Birkenallee, der einzigen Zufahrt zum alten Depot. Wir warteten auf den entscheidenden Anruf von Igor. Unsere beiden Handwerker hatten sich sofort bereiterklärt, an der kleinen Aktion aus schwesterlicher Solidarität teilzunehmen. Ich war mehr als froh, denn falls Henrik sich wehren sollte, wie hätte ich ihn fixieren können?

Endlich! Der Anruf! Igor teilte uns mit, dass Henrik und Benny gerade losgefahren wären. Man hätte vorher noch ein Glas eines isotonischen Sportgetränks zu sich genommen.

„Leute, es geht los! Habt ihr die Handschuhe?“

Wir gingen im Wagen auf Tauchstation und beobachteten die Zufahrt zur alten Kaserne.

Keine zwei Minuten später rauschte ein Roller heran. Henrik stellte sein Gefährt hinter dem ehemaligen Wachgebäude ab und verstaute Helm und Ähnliches in seiner Sporttasche. Er blickte auf die Zufahrt. Benny kam mit dem Rad hinterher, er sah ziemlich fertig aus, als er an uns vorbeifuhr. Die zwei Schwimmer standen auf dem Vorplatz, sie schienen zu diskutieren. Henrik drückte seine Tasche dem Torwart in die Hand und scheuchte ihn vor sich her in Richtung einer Lagerhalle. Als sie das Gebäude erreicht hatten, stiegen wir aus. Es war soweit. Die Operation Gegenschlag konnte beginnen.

Langsam gingen wir hinterher, Servet trug die vorbereitete Tasche mit den Utensilien für die Rache, ich den Fotokoffer. Leise erklommen wir die Stufen zur Laderampe. Einen Augenblick verharrten wir an der offenen Tür. Ein Blick in das Innere des Gebäudes sprach Bände. Henrik stand an einen Schreibtisch gelehnt, die Hose in den Kniekehlen. Benny, mittlerweile nackt kniete mit im Nacken verschränkten Armen vor ihm und war mit seinem Schwanz beschäftigt. Der Geblasene rieb sich die Schläfen, er schien Kopfschmerzen zu haben.

„Mach schön langsam, du Schlampe! So ist gut! Brave Nutte! Nun nimm ihn in die Hand, du kleiner Perverser!“

Benjamin tat, was der Blonde von ihm wollte, und umfasste mit zwei Fingern den Schwanz des anderen, als ob er eine gebrauchte Filtertüte entsorgen wollte. „Gefällt er dir? Sieh ihn dir gut an und halt ihn so eine Minute. Wehe, du bewegst ihn! Dann werd ich deinen Arsch mit dem Gürtel …“ Wie zum Beweis zog er den Ledergurt aus den Schlaufen und grinste diabolisch.

„Der wird dich gleich wieder beglücken, dass brauchst du Schwanzlutscher ja! Aber erst einmal muss ich pissen!“

Der Strahl traf den Torwart mitten ins Gesicht, Benny, eingeschüchtert, ließ es tapfer über sich ergehen. Plötzlich jedoch erhob sich Henrik und torkelte auf sein Opfer zu, sein Hahn tropfte immer noch. Er packte sich an den Kopf und sackte mehr oder minder über dem immer noch am Boden knieenden Benny zusammen. Die Tropfen zeigten endlich die gewünschte Wirkung!

Wir stürmten auf die zwei Vereinskameraden los und Gürkan und Servet zogen den Übeltäter hoch und legten ihn erst einmal auf dem Schreibtisch ab. Ich kümmerte mich um den Torschwimmer.

Servet blickte auf die Uhr. „Jungs, wir sollten uns beeilen.“

„Alles klar, dann mal los!“ Gürkan hatte schon die Stricke herausgeholt, die beiden fingen an, ihn auszuziehen.

Ich holte die Klarsichtfolie raus und entnahm die Zettel und drückte sie dem Betäubten in die Hände. Falls es zu Ermittlungen kommen sollte, sollten Fingerabdrücke vorhanden sein. Das Schwierigste war, die Blätter mit seinen Händen zu falten. Als dieses geschafft war, steckte ich sie wieder in die Hülle. „Habt ihr schon seine Schlüssel gefunden?“

„Hier!“ Servet warf mir den Bund zu.

Beides, Schlüssel und Schutzumschlag reichte ich an den Torhüter, der sich mittlerweile wieder angezogen hatte, weiter. „Hier! Jetzt ab zu Halle, Igor und Marvin warten auf dich, die Sachen müssen in den Spind des Idioten! Igor soll mit den Schlüsseln dann hierherkommen und du gehst mit Marvin wie besprochen ins Kino und ihr lasst euch später dann da rausschmeißen, wie besprochen.“

„In Ordnung! Aber darf ich dem Scheißkerl noch ins Gesicht pissen?“ Er fragte, als ob er um ein Stück Schokolade bitten würde.

„Tu dir keinen Zwang an, aber lass mich erst die Handschuhe ausziehen. Fotografieren geht schlecht in den Dingern.“ Gürkan drehte Henriks Kopf in Position und schlug ihm auf die Backe, der Blonde öffnete den Mund. Jetzt konnte Benny loslegen.

Als der Torwart uns verlassen hatte, fingen wir an, den Erpresser am Schreibtisch zu fixieren. Die Füße an den Tischbeinen, die Arme ebenso. Aber wir waren ja nicht ganz fies und legten ein Badehandtuch auf die Platte als Schonunterlage für seinen Bauch.

„Ob der auch bläst?“ Servet hatte wohl den Schalk im Nacken!

„Probier es aus, dann wirst du es sehen! Stefan, reichst du mir bitte mal das Gleitgel!“ Gürkan wollte wohl der erste Stecher sein.

Die beiden legten los, der eine von vorne, der andere von hinten. Noch konnte ich die Akteure dirigieren, wir waren ja noch unter uns. Es war zwar kein Blasen, sondern eher ein Nuckeln, was der Blonde da veranstaltete, aber das Ergebnis war das gleiche, frische Sahne vom Fass.

„Der scheint ja Durst zu haben!“

Ich blickte auf den kleineren der beiden Türken. „Wieso meinst du?“

„Der hat mich brav getrunken!“ Er kicherte wie ein Schuljunge.

„Dann will ich ihm auch noch was geben!“ Gürkan verließ seine Position und sein Teil ersetzte die Maulfüllung. Man hörte ein wohliges Stöhnen der älteren Osmanen. Derweil machte ich die ersten Aufnahmen vom offenen Hintereingang, staunte aber nicht schlecht, der kleine Henrik war zum großen Henrik geworden.

„Wie ich sehe, ist die Session schon eröffnet worden!“ Wir drehten uns zur Tür. Ein etwas bulliger Mittdreißiger hatte den Raum betreten, Typ Bodybuilder, leichter Rotstich in den Haaren.

„Klar, einfach dazukommen und loslegen! Etwas gedehnt ist er schon!“ Servet wieder!

Der Rothaarige trat vorsichtig heran. „Aber ich will keine Aufnahmen von mir.“

„Keine Angst. Portraits interessieren unseren Freund nicht, nur die Schwänze, die er im Arsch oder im Maul hat.“ Gürkan trat auf wie ein Zuhälter.

„Dann ist ja gut!“ Er zog sich die Jeans herunter, eine Unterhose hatte er nicht an. Sein Paket war zwar nicht übermäßig lang, so knappe 16 cm, aber unheimlich dick. Er betastete den Eingang und nickte zufrieden. Aus der Hosentasche holte er eine Nahkampfsocke und kurze Zeit später legte er los.

Ich zog mich mit Servet hinter eine Stellwand zurück. Ich brauchte ein Ort für mein Stativ, denn die Lichtverhältnisse wurden immer schwieriger und erforderten ein anderes Kameraprogramm. Blitzlicht sollte es nicht geben. In den Inseraten hatte ich ja nichts von Aufnahmen geschrieben und da man aber bei unerwarteter Anwesenheit einer Kamera eher verschüchtert wirken kann, war die Deckung gerechtfertigt.

Zwei ältere Mitbürger, ich schätzte sie auf knapp 60, betraten die Szenerie. Sie gingen auf den Gebundenen zu, betrachteten ihn und fingen an, Schnick-Schnack-Schnuck zu spielen. Was sollte das denn? Der Bartträger von beiden gab die Lösung! „Papier wickelt Stein ein. Pech gehabt, Günther, ich ficke ihn als erster!“

Gürkan kam zu uns. „Das fängt ja gut an. Schon drei in der ersten halben Stunde.“

„Abwarten! Ich bin da lieber vorsichtig! Noch haben wir fast zwei Stunden, und die können verdammt lang werden, denn wenn der Kerl nicht mehr beschäftigt wird, pennt er ein!“ Das hatte mir auf jeden Fall der Pizzabote mitgeteilt.

„Na, ich bin ja auch noch da und mein Kleiner kann ja aktive Erfahrung in diesem Kerl sammeln.“ Gürkan grinste und Servet wurde rot.

„Die hab ich schon genug in dir gesammelt!“ Diesmal grinste Servet und Gürkans Gesichtsfarbe änderte sich.

Meine Befürchtungen bewahrheiten sich nicht. Der andere Opa zückte nach dem Kehlenfick sein Handy und telefonierte. Es scheint so, als ob es bei uns in der Stadt einen Ü-50-Stammtisch geben würde, von dem ich nichts wusste. Denn neben zwei jugendlichen Punks mit ziemlich langen Dingern, einem athletischen Bundeswehrsoldaten um die 35, jedenfalls trug er Uniform, und einem dicklichen Anzugsträger, der sich mit seinen 8cm im steifen Zustand zwar redlich bemühte, dann aber seine Fickversuche nach einigen Anfeuerungsrufen entnervt aufgab und Henrik auf den Rücken pisste, kamen nach und nach mehrere Herren mit teilweise mehr als ergrauten Schläfen. Sie kamen voll auf ihre Kosten!

Gürkan drehte derweilen drei Joints, auch der Geschichte zweiter Teil musste ja stimmig sein. Eine der Tüten benutzen wir dazu, seine Oberbekleidung einzuräuchern. Wir wollten ja den Eindruck eines ziemlich groben Drogenmissbrauchs erwecken. Die zweite Selbstgedrehte war für Henrik selbst bestimmt, nicht nur seine Kleidung sollte den typischen Geruch aufweisen, auch er selber. Jedesmal, wenn sein Maul frei war, wurde ihm das weiße Ende in den Mund geschoben, der mit der daran nuckeln konnte.

Die Haare des Gefesselten trieften mittlerweile von Nässe, die nicht vom Regen, der draußen mittlerweile eingesetzt hatte, herrührte. Während man mittlerweile Schlange stand, um Henriks Öffnungen zu füllen, kletterte Servet immer mal wieder unter den Schreibtisch und molk ihn in ein leeres Schraubglas ab, das Erpressersperma würden wir später noch brauchen.

Als um kurz nach sieben die Rentnercombo langsam aber sicher zu Aufbruch blies, trafen Igor und unser obligatorische Fahrer, sprich Murat, am Ort des Geschehens ein. Henrik war immer noch wie weggetreten. Während Igors alter Freund sich das Objekt auf dem Schreibtisch näher betrachtete kam mein Russe auf mich zu. „Na, Schatz! Wie ist die Lage?“

„Angespannt! In mehr als einer Hinsicht!“ Ich grinste ihn an.

„Du hast dich noch nicht bedient? Er liegt doch dar wie auf dem Präsentiertablett!“ Was sollte das süffisante Lächeln in seinem Gesicht?

„Erstens ist es diese Sau einfach nicht wert, dass ich meinen Schwanz in sie stecke und zweitens, war ich bis jetzt ja alleine, also ohne dich, hier. Haben wir nicht mal gesagt, wenn, dann nur zusammen?“ Mein Schatz grinste mich an und wir küssten uns leidenschaftlich.

„Aber jetzt bin ich ja da!“

„Das ist auch gut so! Aber wenn, dann soll es mir auch Spaß machen und bei dem Verbrecher, der da vorne liegt, würde mein Kleiner seinen Dienst versagen. Das wäre Alles, aber kein Vergnügen!“

Mein Engel nahm mich in die Arme und drückte mich fest an sich.

Murat läutete die letzte Runde ein. Ich staunte nicht schlecht, was er in der Hose hatte. Igor grinste. „Das wäre wohl eher was für dich, oder?“ Er ging mir an den Hintern.

„Wie hast du den eigentlich reingekriegt? Das sind ja mindestens 21 cm!“ Ich schraubte die Kamera vom Stativ ab.

„22,3 um genau zu sein! Aber das geht schon, es dauert nur etwas, bis du dich dran gewöhnt hast. Mumu ist eigentlich ziemlich einfühlsam und zärtlich, obwohl man das nicht für möglich hält, wenn man diesen bärenhaften Typen sieht. Außerdem …“

„Ja?“ Ich war neugierig geworden.

„Normalerweise jagt er seine Lanze nicht gleich ganz rein!“ Er lachte.

Ich verstaute die Ausrüstung und schnappte mir die einfache Digitalkamera, die musste für die letzten Aufnahmen reichen. Die Ersatzbatterien verstaute ich in meiner Jackentasche. „Bringst du den Koffer schon mal zum Wagen?“

„Mach ich doch alles für dich, mein Engel! Und auch wenn hier der falsche Ort ist, ich lieb dich, mein Süßer!“ Er schnappte sich das Aluminiumbehältnis und machte sich auf.

„Ich dich auch! Aber für einen solchen Satz gibt es eigentlich keinen falschen Ort, nur manchmal sind die Umstände so, dass man ihn nicht laut aussprechen sollte.“ Ich warf ihm eine Kusshand zu, er grinste und gab dem fickenden Murat einen Anfeuerungsklaps auf den blanken Arsch.

Wir waren mittlerweile wieder unter uns, die Anzeigengäste waren allesamt gegangen. Ich ging zum Ort des Geschehens und tippte Murat an die Schulter. „Kannst du deinen Schwanz mal auf seinen Arsch legen?“

Murat tat mir mit einem Grinsen auf den Lippen den Gefallen. Der türkische Speer schwebte, leicht nach links gebogen, auf dem geschundenen Hinterteil. Er reichte über den Anfang der Ritze hinaus, ein herrliches Bild. „Und jetzt wieder ganz rein!“

„OK!“ Die nächste Aufnahme war im Kasten!

Mit einem lauten Stöhnen feuerte unser Fahrer auf den Rücken des Schwimmers seinen Schleim ab. Der Druck schien wohl lange nicht mehr abgelassen worden zu sein, wenn man einen Blick auf die Menge warf, die aus dem kleinen Schlitz an der Kuppe ins Freie drängte.

Ich verteilte eine Runde Einweghandschuhe und wir machten uns ans Aufräumen. Einige gefüllte Kondomen mussten mitgenommen werden. Die Handwerker banden den Schwimmer los und zogen ihn wieder an, er ließ alles mit sich geschehen. Murat und Igor versuchten derweil, Henrik zum Rauchen des letzten Joints zu bewegen. Es gelang erst im dritten Anlauf unter Ausnutzung eines gewissen körperlichen Druckes.

Um kurz vor acht räumten wir endgültig das alte Militärgelände und verfrachteten Henrik samt Roller und Stiefelbeutel über dem Kopf in Murats Transporter und machten uns auf dem Weg zur Klappe an der Marktkirche. Wie erwartet, war sie leer, denn Marvin hatte den Auftrag erhalten, vor dem Kino einen Außer-Betrieb-Aufkleber an der Tür anzubringen. Henrik wurde in eine Kabine geführt und dort halb entkleidet auf das Klo gesetzt. Die Überbleibsel des Joints, an dem er während der Session immer mal wieder genuckelt hatte, fanden ihre letzte Ruhestätte auf der Klopapierhalterung. Er schlief, wie erwartet, sofort ein, sein Kopf lehnte an der Kabinenwand. Selbst als sein Körper erst von Gürkan und dann hinterher von Igor gelblich bewässert wurde, regte er sich nicht. Als ich ihm aus einem Flachmann etwas in den Mund einflößte, schluckte er brav. Teile des Inhalts seiner Tasche verteilten wir im ganzen Raum, den Rest in der zweiten Kabine. Die mitgebrachten, verknoteten Lümmeltüten lagen auf dem Boden, seine gesammelte Sahne verteilten wir entweder auf seiner Kleidung oder an der Tür. Den Rest der letzten Tüte drückten wir ihm in die Hand. Die gesamte Szenerie war zu bizarr, sie schrie geradezu nach Ablichtung.

Wir verließen die Bedürfnisbefriedigungsanstalt, entfernten den Aufkleber und verabschiedeten uns von Murat, der nach Hause wollte oder musste oder was auch immer. Mit unseren Handwerkern machten wir uns auf zum Weihnachtsmarkt. Bei einem Eierpunsch am ersten Glühweinstand bezogen wir Posten und beobachteten. Ein älterer Herr mit Hut und Mantel betrat kurze Zeit später die Örtlichkeit, verweilte aber nicht lange ihr. Auf dem Vorplatz schrie er aufgeregt nach Polizei und Rettungswagen. Irgendjemand hat dann schließlich einen Notruf abgesetzt, denn knapp zehn Minuten nach dem ersten Schreien hielt ein Streifenwagen am Ort des Geschehens. Die Ordnungshüter unserer Stadt schienen ziemlich viel zu tun zu haben, denn ich erkannte Oliver Tramm, den Freund von Marius, wie er aus dem Passat stieg. Oliver ist Wachgruppenleiter und wenn er ausrückt, herrscht für gewöhnlich Hochbetrieb im Präsidium.

Kurze Zeit später kam ein Rettungswagen vorgefahren und man transportierte Henrik ab. Wir verließen den Stand und gingen in Richtung Parkplatz. Der Weg führte uns an dem kleinen Park vorbei. Oliver stand an seinem Fahrzeug und sprach ins Funkgerät. Ich erhob die Hand zum Gruß und er winkte, als er mich sah. Ich ging auf ihn zu, der Rest folgte in gewissem Abstand. Als wir uns gegenüber standen, begrüßten uns noch mal mit Handschlag.

„Olli, was ist los? Hat man dich zum einfachen Streifenpolizisten degradiert? Du draußen beim Einsatz?“ Ich grinste ihn an.

Er war sichtlich genervt. „N’Abend Stefan! Hör mir auf! Die Wache Nord macht Weihnachtsfeier, die fällt komplett aus. Der Innenminister isst mit dem OB, heute Nachmittag wurde der Baumarkt mit den drei Buchstaben von einer siebenköpfigen Bande überfallen und ein Eishockeyspieler hat vor einer halben Stunde seine Freundin umgebracht und ist jetzt auf der Flucht. Wenn du jetzt eine Bank ausräumen möchtest? Du hast freie Hand, ich habe keinen einzigen einsatzfähigen Mann mehr!“

„Hört sich nach viel Stress an. Deshalb seid ihr so spät gekommen!“ Mist! Hatte ich mich verraten?

„Wieso spät? Ich musste den Wagen erst tanken, oder meinst du, ich hätte ihn den Kilometer vom Präsidium bis hierher geschoben?“ Er schüttelte den Kopf, anscheinend hatte er die Äußerung nicht genau mitbekommen.

„Glaub ich nicht, denn dann hättest du ja körperlich was tun müssen.“ Ich lachte.

„Wenn ich dich nicht kennen würde, könnte man das glatt als Beamtenbeleidigung auslegen. Hallo Igor! Äh, …“ Mein Russe reichte Oliver die Hand.

„Das sind Gürkan und Servet, unsere Handwerker, wir waren gerade auf dem Weihnachtsmarkt, etwas abspannen. Ich habe aber nur einen Eierpunsch, darf also noch fahren.“ Ich klimperte mit dem Autoschlüssel.

„Handwerker?“ Er begrüßte auch die beiden türkischen Mitbürger.

„Yepp, mein Büro ist jetzt unten neben dem Lager, oben brauchten wir etwas Platz, mein Schatz ist ja bei mir eingezogen.“

„Ja? Wusste ich noch nicht. Na dann mal viel Glück euch beiden. Aber Spaß beiseite, du kannst mir einen Gefallen tun.“ Auch in seiner Stimme lag eine gewisse Ironie.

„Welchen denn?“

„Kennst du mich mit dem Teil aus? Ich krieg die nicht zum laufen!“ Er drückte mir eine Digitalkamera billiger Bauart in die Hand.

Ich schaute mir das Teil an, es kam mir relativ leicht vor. Ich öffnete das Batteriefach, es war leer. „Ohne Strom läuft nichts. Du brauchst einfach zwei Batterien und dann kannst du deine Urlaubsfotos machen.“

„Den scheiß Doberstein lass ich Morgen so was vom stramm stehen! So übergibt man kein Fahrzeug! Tank leer, Ausrüstung unvollständig! Wo krieg ich denn jetzt Batterien her?“ Er war scheinbar ratlos.

Ich klopfte ihm jovial auf die Schulter. „Als guter Fotograf hat man sowas in der Tasche. Darf ich dir die zwei Energiespender leihen? Oder ist das Beamtenbestechung?“

Er grinste. „Darfst du! Und du darfst auch die Bilder vom Tatort machen.“

„Tatort? Ist das nicht eine hoheitliche Aufgabe? Kriminalpolizei? Spurensicherung?“ Ich tat ganz unschuldig.

„Wenn ich auf die warten würde, würde ich morgen früh noch hier stehen. Die haben im Moment was anderes zu tun und was meinst du, was die Spusi mir sagt, wenn ich die die Klappe für einen kleinen Kiffer abpudern lasse? Die würden mich würgen!“ Sein Sarkasmus war unüberhörbar.

Wir gingen in das Klohäuschen und er zeigte mir, welche Bilder er haben wollte. Den Blickwinkel überließ er mir. Wir hätten uns gar nicht so viel Arbeit machen müssen, aber wer hätte wissen können, dass die Ordnungshüter anderweitig beschäftigt waren?

Als wir nach fünf Minuten die Anlage wieder verlassen hatten, gab ich Oliver die Kamera zurück. „Was wird nun aus dem Opfer?“

„Opfer? So wie sich die Sache darstellt, hat der Kleine sich wohl einen Schnaps und einen Joint zu viel reingezogen und ist dann auf dem Klo eingeschlafen. Als er wach wurde, hat er wahrscheinlich die Orientierung verloren, so breit wie der war, und hat sich dann den Kopf gestoßen, daher auch die Platzwunde an der Stirn. Aber vorher hatte er noch Spaß gehabt, die Lümmeltüten am Boden hast du ja gesehen. Außerdem triefte der ganze Boden im Kabinenbereich von Urin, also auf Wasserspiele steht der Kleine auch! Was ist nur aus den Jungschwulen geworden? Waren wir mit 17 auch so?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Wir hatten zwar auch unseren Spaß und waren bestimmt nicht immer unschuldig, aber hier? Bekifft auf der Klappe und nebenan ist Weihnachtsmarkt? Ich glaube eher nicht.“

„Siehst du! Ich auch nicht. Aber ich will euch nicht länger aufhalten! Wir werden jetzt noch die tollen Beweismittel hier sichern und dann ab zum nächsten Baustelle. Stefan, wenn wir uns vorher nicht mehr sehen sollten, um euch ein frohes Fest und wir sehen uns dann ja beim Stephanus-Steinigen bei dir.“ Wir verabschiedeten uns und Olli ging zurück zum Tatort, wir zu unserem Wagen.

Lieber Leser, ich bitte vielmals um Entschuldigung, aber ich möchte zum ersten Mal die Zeitachse verlassen, um das Kapitel Henrik Schuster endgültig abzuschließen. Ich möchte mich ja nicht mehr als nötig mit diesem kleinen und miesen Erpresser beschäftigen.

Wie erhofft, schlug der Diensthund, der durch die Katakomben des Schwimmstadions geführt wurde, um eigentlich Bomben zu suchen, vor den Spind des Blonden an. Ein weiterer Schäferhund, der nur auf Explosionsstoffe trainiert war, wurde erneut durch die Umkleide geführt und zeigte keine Reaktion. In Anwesenheit der Polizei und zweier Vereinsoffizieller wurde Schrank geöffnet und das Tütchen Gras gesichert. Noch vor Weihnachten wurde das Vereinsausschlussverfahren gegen Henrik wegen Verstoß gegen die Anti-Drogen-Richtlinien im Sport in die Wege geleitet.

Beim traditionellen Stephanus-Steinigen machte ich Benny Münster mit meinem alten Studienfreund Thomas Obermann, seinem Regionalleiter, bekannt. Beide unterhielten sich ziemlich angeregt, Carsten wollte wohl, eifersüchtig wie er war, denn aus beiden war ja mittlerweile auch ein Paar geworden, schon dazwischen gehen, aber ich hielt ihn mit drei oder vier Eierlikör zurück. Ob es nun an diesem Gesprächsinhalt oder am Inhalt des Tatortprotokolls, in dessen Besitz Thomas kurze Zeit später auf wundersame Weis kam, lag; das Ausbildungsverhältnis mit Herrn Schuster wurde einseitig fristlos beendet.

Zwar versuchte Henrik zu retten, was zu retten war, aber niemand aus seinem Bekanntenkreis schenkte seinen Verschwörungstheorien Glauben. Die Geschichte, er wäre betäubt und von Unbekannten missbraucht worden, nahm ihm, der es früher mit der Wahrheit nie so genau genommen hatte, niemand so richtig ab. Sie war einfach zu abenteuerlich. Selbst sein Anwalt, den eingeschaltet hatte, riet ihm von einer Anzeige im eigenen Interesse ab. Am Tatortportokoll samt Bildaufnahmen ließe sich nicht viel deuteln. Auch würde der Bericht des Krankenhauses keinerlei Indizien für eine Drogenverabreichung durch Dritte liefern, nur für den Drogenmissbrauch seinerseits. Wenn er im Krankenhaus nicht erst randaliert und dadurch eine sofortige Blutuntersuchung unmöglich gemacht hätte, hätte man vielleicht ja noch was machen können, aber so? Selbst bei einer teilweisen Vorverlegung der medizinisch festgestellten sexuellen Aktivitäten würde die Frage aufgeworfen werden, wie er von diesem Ort zum Auffindeort gekommen wäre. Außerdem dürfte es ohne die Aussage von Benny Münster, es sei zwischen den beiden zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr im alten Depot gekommen, äußerst schwer werden, diese These zu unterstützen. Die gefundenen Inserate in seinem Spind sprächen darüber hinaus eine andere Sprache. Was kann ich dafür, wenn mich Mutter Schuster anruft und nach einem guten Anwalt fragt und ich ihr meinen alten Freund Markus Brauer empfehle?

Tja, lieber Leser, damit ist das Kapitel Henrik Schuster ein für allemal geschlossen. Ich hoffe, ihr trauert diesem bemitleidenswerten Mitmenschen keine Träne nach, das macht übrigens keiner von uns. Aber die Weihnachtsfeier des Vereins und das erste gemeinsame Weihnachten von Marvin, Igor und mir stehen vor der Tür, somit genug Stoff für weitere Geschichten. Aber ich glaube, es interessiert keinen von euch, wie Igor sich bei seinen Eltern offenbarte oder ob das Gespräch zwischen Jonas und Marvin bei mir im Wagen etwas brachte. Falls doch, bitte ich um entsprechende Rückmeldungen *fg

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