Seit dem Vorfall auf der Insel Heimaey, waren ein paar Wochen vergangen. Der Fall hatte größere Wellen geschlagen, als wir dachten. Außer dem Arzt und waren noch fünf weitere Personen im Krankenhaus involviert.
Ebenso gab es Festnahmen in der Stadtverwaltung, selbst in unserer Polizeistation, gab es drei Festnahmen. Dies alles führte natürlich zu noch mehr Ärger, vor allem aber die ganzen Berichte, die geschrieben werden mussten.
Es brauchte seine Zeit, bis wieder Ruhe im Haus einkehrte. Das Misstrauen, dass sich wegen der beteiligten Cops entwickelte, tat dem Arbeitsklima nicht gut und hemmte den Arbeitsfluß.
Die Empörung der Bevölkerung war selbstverständlich sehr groß.
Nun hieß es auf ganzer Linie Schadensbegrenzung zu betreiben. Äußerst ärgerlich war, dass die Meldungen, die in den Zeitungen tagelang erschienen, nicht immer der Realität entsprachen, was die Wut auf die Behörden, nur noch mehr anheizte.
Ermittlungen wurden dadurch auch nicht einfacher, zu oft musste man sich beleidigende Vorträge anhören. Hinzu kam. dass plötzlich jeder jeden verdächtigte, der sich auch nur ein bisschen unpassend gegenüber Schwulen geäußert hatte.
Eine Menge Arbeit türmte sich auf. Aber gerade diese zusätzliche Arbeit machte mir Spaß. Plötzlich machte sich das Gefühl breit, richtig gebraucht zu werden. Jetzt erst merkte ich, auf was ich die letzten drei Jahre verzichten musste.
Dieses Team, was Anna meine Chefin, um sich versammelt hatte, war einfach Gold wert. So gesehen alle Handverlesen. Die Aussprache mit Alexander schien zwar Früchte zu tragen, aber ich merkte schnell, dass er ab und wann doch versuchte, wie Anna schon im Vorfeld erwähnt hatte, seine Grenzen bei mir auszuprobieren.
Heute ließ ich es ruhig angehen, es war Wochenende. Außer mit Kim, hatte ich noch mit niemandem meinen privaten Kontakt vertieft. Es war aber bisher nichts zwischen uns vorgefallen.
Lange Gespräche, die ich mittlerweile sehr genoss, zierten unsere wenigen gemeinsamen Abende, oder Wochenenden. Doch Kim war zu irgendeinem Kongress für Sprachen gefahren, der ausgerechnet nur am Wochenende standfand.
So saß ich nun alleine in meiner Wohnung und versuchte meine Langeweile zu bekämpfen. Ich mochte Kim sehr gerne, aber dennoch war ich mir nicht sicher, ob ich in ihm, dass sah, was ich in meiner Zukunft wollte.
Ein ganz anderes Thema war, ob Kim zu so etwas überhaupt bereit war. Bisher hatte er sich zu diesem Thema nicht weiter ausgelassen. Hoffnung in diese Richtung machte ich mir dennoch, waren wir doch, wenn wir mal einen Abend zusammen saßen, oft eng an aneinander gekuschelt.
Das konnte alles, aber auch nichts heißen. Wir beide waren eben sehr anlehnungsbedürftig. Umso mehr war ich verwundert, als plötzlich am Sonntagmorgen, mein Handy Laut gab. War Kim schon früher zurück gekommen?
„Einarson“, meldete ich mich.
„Hallo Eric, gut, dass ich die sofort erreiche“, hörte ich die Stimme meiner Chefin.
„Morgen Anna, das ist aber eine Überraschung?“
„Naja, so kann man es auch nennen…, wir haben einen Mord in Árborg?
„Kann der nicht bis morgen warten…“
„Eigentlich schon, normalerweise ist mir mein Wochenende ebenso heilig, wie dir. Aber da mittlerweile die Leiche verschwunden ist, denke ich, wir sollten schon heute mit den Ermittlungen anfangen, bevor noch mehr verschwindet.“
„… die Leiche verschwunden?“
„Ja!“
„…, okay, ich bin in einer Viertelstunde in der Dienststelle.“
„Halt, mach mal langsam, nicht alle wohnen so dicht am Büro wie du.“
Ich konnte zwar ihr Gesicht nicht sehen, aber ich spürte, dass sie lächelte.
„Gut, dann sehen wir uns sicher gleich.“
„Ja, bis gleich.“
Das Gespräch war beendet. Eigentlich kam mir dies ganz gelegen. Es war zwar Sonntag und ich sollte mich etwas erholen, aber ein klein wenig Dienst schieben war dann doch Abwechslung genug.
Schnell hatte ich meine Klamotten gewechselt und war wenig später unterwegs auf der Straße zur Dienststelle. Dass ich nun im hohen Norden lebte, machte sich nun schon bemerkbar. Die Tage waren schnell kälter geworden und vor allem, es war nicht mehr lange hell.
Die hellen Tagesstunden waren mittlerweile weniger, als die Dunkelzeit. Heute trug ich zum ersten Mal meine dicke Winterjacke. Ein selbstgestrickter Schal meiner Mutter zierte Hals, Mund und Ohren.
Meine braunen kurzen Haare lagen blank, durch die nun ein kräftiger Wind blies. Für die Mütze hatte es nicht mehr gereicht, ich war vor der Fertigstellung ausgezogen und seither nicht mehr dort gewesen.
Im Nachhinein tat es mir leid, aber auch nur wegen meiner Mutter. Der Streit mit meinem Vater hatte sich so tief in meinem Herzen eingebrannt, dass es wieder in mir zu brodeln begann, wenn ich nur daran dachte.
So vermummt kam ich dann in schnellen Schritten, leicht verstimmt im Revier an. Heute am Sonntag, war das Gebäude fast leer, nur die nötigste Besetzung. Es war auch ungewohnt, unsere Räume zu betreten und dort niemanden vorzufinden.
Aber auch gut, um wieder herunter zu kommen. Ich entledigte mich meiner dicken Außenhaut und ließ mich hinter meinem Schreibtisch nieder. Unter der Woche war ich meist einer der letzten, der ankam.
So musste ich meinen Computer selbst hoch fahren, was sonst immer bereits erledigt war. Ich gab mein Passwort ein und war doch etwas verwundert, dass sich schon jetzt Daten zum Mordfall vor mir aufbauten.
Ob Hekla auch am Wochenende alles aktualisierte? Irgendwie konnte ich mir das nicht vorstellen. So saß ich vertief an meinem PC, studierte den Fall, als Ari etwas verschlafen eintraf.
„Morgen Eric“, meinte er gähnend.
„Morgen Ari, wohl noch nicht ausgeschlafen?“
„Nein, die Nacht war kurz, ich habe nicht viel geschlafen. Ich wusste ja nicht, dass ich heute hier erscheinen soll.“
„Anna hat sicher ein Einsehen, dass du so müde bist“, grinste ich ihn an.
„Möchtest du auch einen Kaffee, ich glaube, ohne werde ich nicht wach.“
„Gerne“, antwortete ich und schon war Ari wieder verschwunden.
Wieder sah ich auf meinen Monitor. Ein junger Mann war vor einer mehr als einer Woche als vermisst gemeldet worden und heute Morgen im nahen Waldgebiet bei Árborg von Joggern gefunden worden.
Aber als die Polizei eintraf, war die Leiche bereits verschwunden. Lediglich ein paar Klamotten, eine eingedrückte Stelle, Papiere und Blut fanden die Kollegen vor. Mehr war aus dem Bericht der Kollegen nicht zu erfahren, auch nicht, warum wir mit dem Fall betraut wurden.
„Ich hab dir gleich gesagt, lass den Typ sausen…“
Katrin und Lilja waren im Anmarsch.
„Ja ich weiß…“, vernahm ich Liljas Stimme, bevor sie das Büro betraten.
„Morgen ihr zwei“, begrüßte ich beide.
„Morgen Eric“, kam es fast einstimmig zurück.
„Beziehungsstress?“
„Wenn es das nur wäre“, antwortete Lilja, während Katrin grinsend an ihren Platz lief.
Ich zog die Augenbrauen hoch und drehte mich wieder zu meinem Monitor. Wenig später trafen auch Anna, Hekla und Alexander ein. Anna warf ihren Mantel über ihren Schreibtisch und kam gleich wieder zu uns zurück.
„Danke, dass ihr kommen konntet“, meinte sie, „auf Stefan und Kim müssen wir leider verzichten, also, was haben wir?“
„Mohammed Nasab Umar, Alter siebzehn, wohnt seit einem halben Jahr in Árborg. Die Kollegen haben nur noch Kleidung und Papiere an der Fundstelle vorgefunden. Das Bild auf den Papieren und das Aussehen des Toten stimmen, laut der Jogger überein. Nur so konnten die Kollegen so schnell die Identität des Toten heraus finden. Da die Jogger direkt an der Straße auf die Kollegen warteten, haben sie nicht mitbekommen, wer die Leiche fortgeschafft hat“, erklärte Hekla.
Sie war wirklich bestens informiert.
„Warum hat man uns gerufen?“, wollte Alexander wissen.
„Nach der Adresse des jungen Mannes handelt es sich um einen Flüchtling, er wohnte im Flüchtlingsheim“, kam es von Hekla, die ebenso an ihrem PC aktiv geworden war.
„..ähm…, warum sind die Daten bereits im Computer vorhanden? Arbeitet ihr auch am Wochenende?“, fragte ich nun.
Während Katrin und Lilja grinsten und schüttelte Hekla ihren Kopf.
„Nein!“, antwortete sie, „wir haben schnell bemerkt, dass es besser ist, wenn die Kollegen, die als erstes Vorort sind, per Handy alles wichtige Daten weitergeben können. Dafür wurde speziell ein Programm entwickelt. So hat jeder, der an die Daten will, immer die aktuellsten News.“
„Praktisch!“
„So, da dieser Punkt auch geklärt ist, teile ich einfach mal die Gruppen ein“, sprach Anna weiter.
Mich wunderte, dass Árborg ein Flüchtlingsheim hatte? Gut ich war schon seit zwanzig Jahren nicht mehr dort gewesen, da hat sich auch dort, vieles geändert.
„Ich denke mal, ich werde mit Eric und Alexander zur Fundstelle fahren und ihr drei Mädels, schaut, was ihr über diesen Mohammed Nas… Dingens mehr heraus bringen könnt“, wies Anna uns an.
„Mohammed Nasab Umar!“, warf Ari ein und stellte mein Kaffee ab.
Ich grinste ihn an und hob meinen Daumen, was er mit einem Lächeln quittierte. Anna schaute hoch zur Uhr über der Tür.
„Ich denke wir werden in spätestens drei Stunden wieder hier sein, dann können wir uns bei einem gemütlichen Mittagessen austauschen, ich zahle.“
„Und was soll ich machen?“, fragte Ari.
„Du setzt dich zu Hekla und schaust ihr bei ihren Ermittlungen zu, auch wenn du mit dem Computer auf Kriegsfuß stehst!“
Leicht betroffen und rot werdend, nickte er. Ja, ich hatte schon seit meiner Ankunft, leichte Wutausbrüche, seitens Ari, wegen verschwundener Einträge, von Löschungen ganzer Berichte, bis hin zum Absturz des ganzen Computers miterleben dürfen.
Zu seinem Glück gab es ja Hekla, die alles bisher immer richten konnte. Missmutig schnappte er seinen Stuhl und zog ihn zu Hekla hinüber. Ich trank meinen Kaffee aus und schnappte mir meine Winterjacke.
Anna warf Alexander einen Schlüssel zu.
„Du fährst!“, meinte sie nur, während sie nach ihre Umhängetasche griff.
*-*-*
Wenig später saß ich hinten im Wagen, während Anna vorne bei Alexander war. Er hatte einen recht zügigen Fahrstil und so waren wir knapp eine halbe Stunde später am Fundort. Ein Beamter war zur Bewachung Vorort.
Ich konnte mir einen schöneren Dienst vorstellen. Während ich mir meine Einmalhandschuhe über zog, hielt der Kollege kurz ein Gespräch mit Anna. Anschließend reichte er ihr eine Tüte, die sie gleich an mich weiter gab.
Die Fundstelle selbst, etwas im Dickicht gelegen, war von einem gelben Band abgeriegelt. Wie konnten die zwei Jogger hier den Toten finden? Von der Straße war dieser Bereich nicht einsehbar!
So in den Gedanken vertieft, folgte ich den beiden. Alexander hob das Band und ließ Anna gewähren, bevor er selbst das abgesperrte Areal betrat.
Danach ließ er das gelbe Band einfach los. Ich atmete tief durch. Wie kindisch musste man sein, zog kurz die Augenbraun hoch, bevor ich selbst das Band in die Höhe zog und darunter durch schlüpfte.
Zwischen zwei jüngeren Birken lagen eine Jacke, ein Stumpf und Schuhe. Der eine Baum war Blut verschmiert und das dürre Gras in dem Bereich komplett nieder gedrückt. Zu meiner Verwunderung zog Alexander eine kleine Kamera aus der Tasche und machte Bilder.
„Da ist ja nicht wirklich viel zu sehen. Hätten wir die Papiere nicht und die Bestätigung der Jogger, würden wir völlig im Dunkeln tappen. Fußspuren sind hier leiden nicht zu finden, nicht bei der Witterung“, meinte Anna und sah mich an.
„Was ist Eric, du schaust so skeptisch!“
„Im Bericht steht, die Jogger hätten eine Schusswunde gesehen…“
„Ja und?“
„Etwas wenig Blut, findet ihr nicht auch?“
Alexander hielt inne, mit seiner Fotografiererei und schaute sich nun auch um.
„Das ist dir also auch aufgefallen“, meinte Anna.
Ich nickte ihr zu.
„Dann können wir davon ausgehen, dass der junge Mann nicht hier ermordet wurde… Ich denke mal, der oder die Mörder, wurden durch die Jogger bei ihrem Vorhaben, die Leiche verschwinden zu lassen, gestört.“
„Hekla meinte, dass er als vermisst gemeldet wurde?“, fragte ich.
„JA und dass ist leider unser einziger Ansatzpunkt. Die Spurensicherung befindet sich schon auf dem Weg, wie mir Hekla mitteilt hat, dann gibt es hier nicht mehr viel für uns zu tun. Wenn Alexander fertig ist, mit dem Fotografieren, werden wir noch zum Flüchtlingsheim fahren. Dort wohnen die Eltern und die Brüder des Vaters.“
Ich schaute wieder zu Alexander, der mittlerweile sein Handy mit der Kamera verband. Auch gut, so konnte er die Bilder direkt an unser Büro senden. Nur keine Zeit verlieren. Als er damit fertig war, liefen wir zurück zum Wagen.
Demonstrativ hielt ich nun beiden das Band hoch und verließ als letztes den Tatort.
„Lass ihm einfach Zeit“, flüsterte Anna neben mir.
Ich schaute sie nur an und sagte nichts weiter. Wie viel Zeit sollte ich ihm den noch lassen? Schnell waren wir wieder im Wagen und es zeigte sich, wie wohltuend die Wärme im Innern war. Alexander schien es nicht Recht zu sein, am Sonntag zu arbeiten.
Seine Laune spiegelte sich in seinem Fahrstil wieder. Es dauerte auch nicht lange, dass Anna sich beschwerte, heil ankommen zu wollen. Alexander drosselte sein Tempo und bremste etwas sanfter ab, wenn er an eine Kreuzung kam.
Wie Kim schon oft erwähnte, machten sich jetzt auch die unbefestigten Straßen außerhalb der Stadt bemerkbar. So war es ganz gut, dass Alexander nicht mehr so schnell fuhr, denn wir wurden an manchen Stellen gut durchgeschüttelt.
Mein Blick nach draußen blieb an einem Eckhaus hängen, dass mir irgendwie bekannt vorkam. Ich drehte mich ein paar Mal nach links und rechts, um besser sehen zu können.
„Alles in Ordnung, Eric?“, fragte vorne Anna.
„Ich weiß nicht, mir kommt das hier irgendwie bekannt vor.“
„Hast du hier gewohnt?“
„Im Ort ja, aber wo genau, weiß ich nicht mehr und sicher sieht hier jetzt alles anders aus, als vor zwanzig Jahren.“
„Da gebe ich dir Recht. Du kannst ja, wenn du mal Zeit hast, etwas in deiner Vergangenheit herumstochern. Alexander ist dir, was Daten betrifft, sicher „gerne“ behilflich.“
Das hatte sie mit einem Lächeln gesagt und drehte sich nun wieder nach vorne, denn wir hatten das Ziel erreicht. Die Fahrt war kurz gewesen, trotz verlangsamter Fahrt, lag das Flüchtlingsheim doch im selben Ort.
Keines der umliegenden Häuser erkannte ich. Auch konnte ich mich nicht erinnern, ob damals hier schon Häuser standen. Ich tat es einfach damit ab, weil es auch schon so lange her war. An den Schmerz, hier weggehen zu müssen, erinnerte ich mich, trotz damaligen Kindesalters, noch sehr deutlich.
Das Heim selbst befand sich am Ortsrand, nur weniger Wohnhäuser standen in der Nähe. Das Gelände war von einem hohen Zaun umgeben und nur durch ein größeres Tor zu betreten. Wer hier von wem beschützt werden sollte, war die große Frage.
Am Tor selbst, standen ein paar Männer, die rauchten und uns missmutig anschauten. Gesprochen wurde nichts.
„Alexander, könntest du den Verwalter suchen und fragen, in welche Container die Familie des Toten wohnt?“
Anna hatte ungewöhnlich laut gesprochen, aber ich sah sofort, aus welchem Grund. Drei Männer lösten sich aus der Gruppe und liefen gemeinsam in die gleiche Richtung. Während Alexander sich von uns entfernte, beobachtete Anna eben diese Männer sehr genau.
„Interessant zu wissen, sie verstehen zumindest unsere Sprache“, meinte Anna und wir folgten in langsamen Schritten diesen Männern.
„Ja, dieses Völkchen, woher auch immer, halten stets zusammen, das ist wohl überall gleich. Ich bin mir sicher, die sind noch vor uns bei der Familie und verdonnern sie zu Stillschweigen.“
„Das setzt aber voraus, das sie wissen, dass der Sohn tot ist, oder?“
Anne hielt inne und schaute mich lange an, bevor wir weiter den drei Männern folgten.
„Laut Heklas Informationen“, redete Anna weiter, „stammen die Familien aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die abgesplitterten Gebiete sind mit neuen Namen versehen worden, die ich zu meiner Schande nicht kenne. Bisher hat es mich auch nicht interessiert.“
„Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kosovo und Mazedonien“, zählte ich auf.
Anna schaute lächelnd zu mir.
„So viele? Woher weißt du das?“
„Naja, ich habe daran wohl etwas mehr Interesse als du!“, antwortete ich grinsend.
Alexander kam zurück, gefolgt von einem älteren Mann. Er wurde uns von unserem Kollegen als Verwalter vorgestellt. Dieser erklärte uns, dass diese Familie seit gut einem Jahr hier im Lager war und leider noch nicht weiter vermittelt wurden.
Sie stammten aus dem Kosovo und waren wegen ihrer christlichen Überzeugung vor der überwiegend moslemischen Bevölkerung geflohen. Ich notierte mir eifrig alles und ärgerte mich nun, dass ich nicht wieder die anderen, ebenso dieses Programm besaß und später alles im Computer eingeben musste.
Anna schien diese Information zu genügen, denn plötzlich hatte sie ihre Strategie geändert.
„Ich bedanke mich für die Informationen, noch einen schönen Sonntag“, sagte sie zu dem Verwalter und drehte um Richtung Ausgang.
„Wolltest du nicht die Familie befragen?“, wollte Alexander wissen.
„Ich folge nur meinem Bauchgefühl, dass mir sagt, wir verschwenden nur unsere Zeit. Morgen besorgen wir uns einen Dolmetscher und kommen wieder hier her!“