Regenbogenfamilie Teil 91 – Zusammenarbeit mit Dieter

In der Kantine setzte ich mich mit den größeren Jungs an einen großen Tisch für acht Personen. Während wir speisten, fragte ich Klaus, Ronald und Gero, wie es ihnen an ihrem ersten Schultag in der neuen Schule ergangen sei.

Gero grinste und erklärte: „War irgendwie lustig als Klaus und ich von der Direktorin in unsere Klasse gebracht wurden. Sie stellte uns kurz vor und erklärte, dass wir aus privaten Gründen an die neue Schule versetzt wurden. Als einer nachfragte, aus welchem privaten Grund wir die Schule wechseln mussten, schaute mich Frau Gerber verzweifelt an, so dass ich mich einfach umdrehte und der ganzen Klasse meinen Rücken zeigte.

Klaus hat mir später erzählt, dass einige ganz schön betroffen geschaut hatten, als sie meinen Rücken sahen. Als ich mich wieder umgedreht hatte, erklärte ich ihnen, dass mein jüngerer Bruder, so wie ich auch, von unserem stark alkoholisierten und arbeitslosen Erzeuger, grundlos verprügelt wurden. Auch mein kleiner Bruder lebt jetzt hier am Gutshof Sonneneck in Rosenheim und hat heute auch seinen ersten Schultag an dieser Schule.

Den Rest der Schulstunde ging es dann nur noch um das Thema Misshandlung von Kindern und Jugendlichen durch ihre Eltern und wie man sich dagegen wehren kann. Frau Gerber erklärte, dass man sich in so einem Fall entweder direkt an das Jugendamt oder eine Polizeidienststelle wenden kann. Sie meinte noch, wenn man diesen Schritt nicht direkt machen will, kann man sich auch an den Vertrauenslehrer oder eine andere Person seines Vertrauens wenden, die einem behilflich sein soll.

Ich erzählte vor der ganzen Klasse, dass es bei mir mehr als eineinhalb Jahre gedauert hat, bis ich mich zumindest meinem besten Freund anvertraut habe. Wir waren letzte Woche auf Klassenfahrt im Jugendhotel im Gutshof und vorher habe ich meinem besten Freund Klaus von meinem Problem erzählt, damit er sich zum einen mit mir das Zimmer teilt, damit kein anderer diesen Anblick ertragen musste.

Eigentlich sollte ich deswegen an der Fahrt nicht teilnehmen, aber die Schule hatte sich darum bemüht, für zwei Schüler, deren Eltern sich das angeblich nicht leisten konnten, sowohl durch einen Fond an der Schule und durch einen Zuschuss der Stiftung Sonneneck, mir die Mitfahrt zu ermöglichen. Mit nicht allzu großer Begeisterung stimmten meine Eltern zu, nachdem sie keinen Cent für die Klassenfahrt ausgeben mussten.

Mein Klassenlehrer meinte, dass wir uns bei dem Chef der Stiftung bedanken sollten, dass die Stiftung unsere Klassenfahrt finanziell unterstützt hat. Ich weiß nicht was mich verraten hat, aber irgendwie spürte Herr Maurer, mein jetziger Pflegevater, dass bei mir etwas nicht stimmte. Er hat mich und Klaus unter dem Vorwand, er würde uns mehr über die Stiftung erzählen, in sein Büro eingeladen.

Dort hat er uns sofort ins Gesicht gesagt, dass bei uns beiden etwas nicht stimmt und er den wahren Grund wissen will, warum wir nicht an der Klassenfahrt teilnehmen konnten. Zuerst wollte ich ihm nicht erklären, warum ich nicht teilnehmen sollte.

Erst nachdem Klaus meinte, ich solle mich nicht so anstellen und den wahren Grund nennen, ließ ich mich überzeugen, nachdem Herr Maurer mir versicherte, meinem jüngeren Bruder ebenfalls zu helfen. Als Klaus meinte, ich solle meinen Pullover ausziehen, stoppte Herr Maurer mich und meinte, er würde gern noch einen weiteren Zeugen hinzuziehen.

Er holte einen seiner Mitarbeiter aus dem Büro, das neben seinen liegt. Dann durfte ich meinen Oberkörper freilegen. Sein Kollege sagte, nachdem er meinen Rücken gesehen hatte, dass derjenige hinter Gitter gehöre, der mir so etwas angetan habe. Peter, also Herr Maurer, hat mir dann erklärt, dass er das Jugendamt informieren werde und ich mit etwas Glück noch am selben Abend meinen jüngeren Bruder in den Arm nehmen kann.

Ich glaubte ihm zuerst nicht, aber nachdem Frau Wegmann vom Jugendamt in seinem Büro auftauchte und meinen Rücken gesehen hatte, telefonierte sie mit ihren Kollegen in München, die mit einem Amtsarzt, zwei Polizisten und einer weiteren Mitarbeiterin des Jugendamtes meinen Bruder aus der Wohnung unserer Eltern holten, nachdem sie sich überzeugt hatten, dass auch er unter der Prügelei unseres Vaters leiden musste.

 

Gleichzeitig haben sie Bekleidung und unsere wichtigsten Dinge aus der Wohnung geholt und meinen Bruder Ronald noch am gleichen Tag nach Rosenheim gebracht. Peter ist jetzt unser Pflegevater, wir wohnen im Gutshof, zwar nicht in der Wohnung von Peter, sondern im Gästezimmer seines Sohnes, eine Etage höher. Geplant war anfangs, dass wir im Kinderheim in Rosenheim unterkommen, aber Frau Wegmann fragte, ob Peter uns als Pflegekinder aufnehmen will.“

 

Klaus erzählte: „Von mir wollte gottseidank keiner mehr wissen, warum ich jetzt hier zur Schule gehe, falls ich doch noch gefragt werde, würde ich die von uns ausgedachte Variante als großer Bruder von Florian und den tödlich verunglückten Eltern bevorzugen, mit dem Ende, dass wir beide adoptiert wurden von Manuel und Daniel Winter.

 

Wir haben die Jungs bereits auf diese Geschichte eingestellt, sie finden selbst, dass das ein perfektes Ablenkungsmanöver von meiner wirklichen Herkunft ist. Da jetzt alle wissen, wie sie sich verhalten sollen, bin ich dafür, dass wir die von Florian und mir erfundene Abstammung verwenden.“

 

Ich meinte: „Ich bin zwar nicht ganz glücklich mit eurer Geschichte, aber ich muss gestehen, ihr habt euch echt etwas einfallen lassen, eine möglichst plausible Story daraus zu machen. Wenn ihr zwei unbedingt als Geschwister auftreten wollt, dann kann ich mich schlecht dagegen wehren, ich bin nicht euer Vater. Eine Bitte habe ich an euch alle, erzählt die Geschichte nur wenn ihr explizit danach gefragt werdet. Solange keiner eine Nachfrage stellt, lasst einfach den Status, so wie er derzeit ist.“

 

Florian lächelte mich frech an und sagte mit voller Überzeugung: „Ich lasse mir von keinem, meinen großen Bruder wegnehmen. Endlich ist mein bisher zweitgrößter Traum in Erfüllung gegangen, einen großen Bruder zu haben, mit dem ich mich sehr gut verstehe. Übrigens Peter, du hast selbst gesagt, wir sind jetzt Adoptiv-Brüder und wir lassen nur den ersten Teil des Wortes einfach weg.“

 

Tobias grinste und meinte: „Stimmt auffallend, ich habe durch die Adoption zwei Brüder und eine Schwester dazu bekommen. Wobei David schon fast als Zwillingsbruder durchgehen würde, da wir fast gleich alt sind.“

 

Dazu fiel mir nichts mehr ein, so dass ich sie fragte: „Und wann wollt ihr Opa und Oma Winter mit der Neuigkeit überraschen, dass sie plötzlich zwei und nicht nur einen Enkel bekommen haben? Hoffentlich versteht sich Klaus auch so gut mit Opa Fritz wie du. Ich bin mir da nicht so sicher, wenn ich bedenke, dass Opa Fritz große Probleme damit hatte, dass sein jüngster Sohn schwul ist.“

 

Klaus meinte: „Darüber haben wir gestern Abend mit Manuel und Daniel gesprochen, wir haben uns darauf geeinigt, dass ich von Anfang an klarstellen will, dass ich auch Jungs bevorzuge. Wenn er mich deswegen nicht als Enkel akzeptieren kann, habe ich kein Problem damit, da ich mich mit meinem Großvater väterlicherseits auch nicht gut verstanden habe, wegen seiner rechtsradikalen Ansichten.“

 

Nach dem Mittagessen begleiteten mich die Gutshausbewohner wieder in mein Büro, wo sie sich ihre Schultaschen schnappten und nach oben verschwanden, wobei ich noch mitbekam, dass die sechs Jungs, die in eine Klasse gingen, gemeinsam, bei uns in der Wohnung, Hausaufgaben machen wollten. Florian und Ronald hatten sich während des Mittagessens bereits zu einer gemeinsamen Hausaufgabengruppe im Verwalterhaus verständigt.

 

Im Laufe des Nachmittags bereitete ich mich auf das Gespräch mit Dieter vor, dass am Dienstag zuerst bei den Handwerkern stattfindet und anschließend in unserer IT fortgesetzt wird.

 

Florian, unser Ausbildungsbeauftragter kam zwischendurch in mein Büro und fragte mich, ob inzwischen feststehen würde, ob Holger und Gero bei uns eine Ausbildung machen wollen oder sie sich anderweitig in Rosenheim umsehen würden. Ich erklärte Florian, dass es Holger nicht mehr geben würde, er würde aber von einem Klaus Winter eine Bewerbung erhalten.

 

Seinem fragenden Blick konnte ich entnehmen, dass er bisher nichts von der kurzfristigen Adoption mitbekommen hat. Deshalb erzählte ich ihm, was sich in den letzten Tagen abgespielt hatte, auch die Geschichte, dass sich Klaus und sein Vornamenskollege Florian als Brüder betrachten, die sich schon ein Leben lang kennen.

 

Als ich geendet hatte, sagte er: „Peter, du behauptest doch nicht ernsthaft, dass das alles in nur zwei oder drei Tagen über die Bühne gegangen ist. Wie ist so etwas möglich? Ich dachte immer, dass ein Adoptionsverfahren Wochen oder sogar Monate dauern kann, bis es durch die Behörden abgeschlossen wird.“

 

Ich lachte und sagte: „Dank der mithilfe von Petes Vater, der vermutlich einen gewissen Druck ausgeübt hat, wäre das auch nicht möglich gewesen. Barbara hatte ihm klar und deutlich erklärt, dass sie Holger lieber im Zeugenschutzprogramm sehen würde, um seine wahre Identität zu verschleiern. Mit dieser Hauruck-Aktion hat er das Zeugenschutzprogramm umgangen, und Holger eine neue Identität verpasst, die nicht so einfach nachzuvollziehen ist.“

 

Ich zeigte Florian die Adoptionsunterlagen, die am Freitag ausgestellt wurden, in denen der bisherige Familienname von Klaus nicht einmal auftaucht. Ich rief bei uns in der Wohnung an und als David das Gespräch entgegennahm, bat ich ihn Klaus und Gero in mein Büro zu schicken, da ich mit den beiden etwas Wichtiges zu besprechen hätte, wobei ich meinte, dass die beiden spätestens in fünfzehn Minuten wieder bei ihnen zum Lernen wären.

 

Nach knapp drei Minuten klopfte es an meiner Bürotür und die beiden Jungs traten ins Zimmer. Ich forderte sie auf sich zu uns in die Besprechungsecke zu setzen. Ich stellte den beiden Florian als unseren Ausbildungsbeauftragten vor, und erklärte, dass wir von ihnen wissen wollen, ob sie sich für eine Ausbildung bei einem Betrieb der Gutshof-Gruppe bewerben wollen oder sich anderweitig umschauen wollen.

 

Beide erklärten, dass, wenn es möglich sei, sie gerne in einem der Unternehmen des Gutshofes oder der Stiftung ihre Ausbildung absolvieren wollen. Florian meinte: „Für einen von euch beiden hätte ich eventuell eine Möglichkeit ihn unterzubringen. Axel hat heute bei mir angerufen, dass sie vermutlich einen weiteren kaufmännischen Auszubildenden brauchen könnten, da eine ihrer Mitarbeiterinnen schwanger sei und vermutlich für längere Zeit ausfallen wird. Wobei er aber auch nicht abgeneigt sei, jemand mit abgeschlossener Ausbildung einzustellen.“

 

Gero meinte sofort, dass ihn die kaufmännische Ausbildung bei den Handwerkern interessieren würde, da dort mehrere handwerkliche Bereiche vertreten sind. Florian fragte, in welchem Bereich sich Klaus seine Ausbildung vorstellen kann.

 

Klaus lachte und meinte: „Ich habe jetzt einen Vater, der als Gärtner arbeitet, da kann ich mir eine Ausbildung als Kaufmann in der Gärtnerei gut vorstellen. Vermutlich wird das nur heuer nicht mehr möglich sein, da Pit die Zusage für diesen Ausbildungsplatz erhalten hat. Notfalls nehme ich alles, was etwas mit dem kaufmännischen Berufsbild zu tun hat.“

 

Mit dieser Aussage hatte er mich auf eine Idee gebracht, die ich später mit Florian besprechen wollte, aber nicht in ihrer Anwesenheit. Florian forderte sie auf, ihm kurzfristig ihre Bewerbungsunterlagen zur Verfügung zu stellen, damit er sie in seine Bewerberdatei aufnehmen kann. Die beiden Jungs versprachen ihm, die Unterlagen morgen oder übermorgen bei ihm abzugeben.

 

Nachdem die beiden Jungs wieder nach oben gegangen sind, erklärte ich Florian: „Ich hatte vorher bei Klaus Aussage eine Eingebung gehabt. Wir bauen doch auf dem Gelände der Gärtnerei Grubmüller die große Lager- und Abpackhalle, dort werden wir in der Zukunft ein Vertriebszentrum aufbauen, auch für die Bioprodukte der Landwirte. Dort könnte man einen Ausbildungsplatz für ihn vorsehen.

 

Eine Bitte, vorerst kein Wort zu Klaus oder irgendeinen anderen, das Ganze ist abhängig davon, ob wir das Projekt in diesem Jahr verwirklichen oder erst im nächsten Jahr. Die ersten Schritte sind angelaufen, aber es sind noch zu viele kleine Schritte erforderlich und ich kann noch nicht abschätzen, wann wir alles geklärt haben. Nicht dass er am Ende enttäuscht ist, wenn es dort nichts wird mit seiner Ausbildung. Eine Lösung finden wir für ihn, da bin ich mir sicher.“

 

Florian grinste und erklärte: „Peter, ich find es sehr gut, dass du schon in die Zukunft denkst, dass fehlt bei vielen unserer Abteilungsleiter, das ist mir schon bei unseren Bewerbungsgesprächen aufgefallen. Als du mich angesprochen hast, ob ich einen Auszubildenden für die Ausbildungsabteilung haben will, habe ich das auch nur kurzfristig betrachtet.

 

Warum hätte ich dir sonst erklären können, dass in der Abteilung kein Bedarf besteht. Du hast mir erklärt, dass ich das nicht nur kurzfristig, sondern eher langfristig sehen muss. Bei dem ständigen Wachstum der Unternehmensgruppe sollte man immer mindestens so viele neue Mitarbeiter ausbilden, wie am Ende der Ausbildungszeit benötigt werden. Das beste Beispiel ist der Handwerksbereich, der jetzt feststellt, dass wegen Mutterschaft eine vorübergehend vakante Stelle entsteht, die neu besetzt werden soll.

 

Inzwischen könnte ich mir sogar vorstellen, dass wir bei einzelnen Berufsbildern eine Art Betriebsreserve aufbauen sollten, die als Urlaubs-, Krankheits- oder Mutterschaftsvertre­tungen oder als Nachfolger für ausscheidende Mitarbeiter benutzt werden kann. Ich habe noch eine weitere Anregung, wenn im Herbst viele Familien auf dem Gutshof einziehen, wäre ein Betriebskindergarten, eine große Erleichterung für junge und oder alleinerziehende Mütter oder Väter, oder solche die wieder ins Arbeitsleben zurückkehren wollen.

 

Je nachdem, wie groß du den Kindergarten planst, könnten wir auch der Allgemeinheit Plätze zur Verfügung stellen. Ob du den Kindergarten hier oder weiter in der Stadt errichtest, spielt dabei keine große Rolle, denn manche Eltern wären froh überhaupt einen guten Platz zu bekommen. Wichtig ist nur, dass du lange Öffnungszeiten anbieten kannst, damit berufstätige Mütter oder Väter auch einen normalen Acht-Stunden-Arbeitstag ohne Schwierigkeiten absolvieren können.“

 

Ich grinste ihn frech an und fragte etwas scheinheilig: „Florian, ist dir bei deiner Arbeit langweilig, weil du mir den Vorschlag unterbreitest, dass wir einen eigenen Betriebskinder­garten errichten könnten. Ich habe darüber auch schon einmal nachgedacht, aber ich habe aktuell keinen Mitarbeiter, den ich mit der Aufgabe der Planung und Organisation beauftragen kann. Könntest du dir vorstellen, dass du diese Aufgabe vorerst zusätzlich übernimmst und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgibst.“

 

Er schaute mich entsetzt an und meinte: „Langweilig ist mir nicht, ich habe dir den Vorschlag nur unterbreitet, weil er zum einen zur Stiftung passen würde, aber auch den Vorteil hat, dass du zu einem bevorzugten Arbeitgeber wirst. Wenn ich mich nicht allein um den Kindergarten kümmern muss und ich die Unterstützung von ein oder zwei Kollegen hätte, konnte ich mir vorstellen, die Aufgabe vorerst zu übernehmen.“

 

Ich lachte laut auf und erklärte: „Also doch, du fühlst dich nicht zu einhundert Prozent ausgelastet. Spaßbeiseite, Florian, ich finde deinen Vorstoß einen Kindergarten für die Mitarbeiter anzubieten, ist grundsätzlich eine gute Idee von dir, und das ist es auch, was ich von meinen Mitarbeitern erwarte, neue Ideen einzubringen.

 

Könntest du dir vorstellen, mit mir, Marion, Jason und Jenifer dieses Projekt auf die Beine zu stellen, dann haben wir einen Deal. Dazu sollten wir zumindest Marion hinzunehmen, bevor du dich endgültig entscheidest.“

 

Er erklärte: „Mach mit Marion einen Termin, dann setzen wir uns zusammen und sprechen über das Projekt. Wenn Marion und du mitmischen, werden wir einen Kindergarten am Gutshof etablieren.“

 

Er wollte sich verkrümeln, ich hielt ihn zurück, mit der Ansage, den Termin mit Marion machen wir sofort fest, aus der Nummer kommst du nicht so ohne weiteres raus. Ich rief bei Marion an und fragte, wann sie Zeit hätte mit mir ein neues Projekt zu besprechen. Sie drohte damit sofort in mein Büro zu kommen, was ich Florian erklärte, als ich aufgelegt hatte.

 

Nach fünf Minuten stand sie im Büro und als sie sich zu uns gesetzt hatte sagte ich: „Florian hat mir ein neues Projekt für den Gutshof vorgeschlagen. Für die konkrete Umsetzung bräuchten wir jedoch deine Hilfe, da wir beide nicht unbedingt Fachleute für die besonderen Anforderungen sind. Flo, erkläre Marion deine Idee.“

 

Er schaute mich entgeistert an, sagte jedoch: „Ich dachte, du erklärst ihr meinen Vor­schlag, einen Betriebskindergarten zu errichten.“

 

Ich antwortete: „Wieso soll ich deine Idee Marion erklären, du kannst das sicher besser als ich, und selbst, wenn dem nicht so wäre, es war dein Vorschlag einen Kindergarten zu errichten, weil es das Image der Unternehmensgruppe verbessern würde.“

 

Marion grinste, sie wusste nämlich ganz genau, dass ich immer die Leute herausfordere, die den Vorschlag unterbreitet hatten. Sie sagte: „Florian, denk dir nichts, das ist Peters Art, den Mitarbeiter herauszufordern, von dem die Idee kommt.“

 

Florian erklärte: „Wie gesagt, ich habe einen Betriebskindergarten vorgeschlagen und Peter hat angedeutet, dass er mich unterstützen würde bei der Umsetzung. Er meinte dazu könnte er sich gut vorstellen, dass du, Jason und Jenifer uns bei der Planung und Organisation unterstützen könntest. Er wollte das aber vorher mit dir abstimmen, deshalb seine Anfrage bei dir.

 

Ich habe ihm den Vorschlag unterbreitet, dass der Kindergarten arbeitnehmerfreundlich Öffnungszeiten haben sollte. Hinzu kommt, dass freie Plätze, auch der Allgemeinheit angeboten werden sollen, bevorzugt Kindern aus einkommensschwächeren Familien oder Alleinerziehenden. Leider habe ich absolut keine Ahnung, welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind.“

 

Marion meinte: „Wenn du Kindergartenplätze anbieten willst, gibt es eine Reihe von Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen. Es gibt Punkte, die das Gebäude und die kindgerechte Ausstattung betreffen, aber auch bestimmte Anforderungen an die Mitarbeiter und den laufenden Betrieb. Was das Gebäude und die technische Ausstattung anbetrifft, sind wir nicht gefordert, das ist Aufgabe des Architekten.

 

Im laufenden Betrieb stellt sich beispielsweise die Frage wie werden die Kinder mit vernünftigem und gesundem Essen versorgt. Diese Frage könnten wir mit einer Versorgung durch die Küche des Restaurants im Gutshaus abhaken. Wichtiger ist jedoch, dass du für jede Gruppe auch entsprechendes Personal zur Verfügung hast. Immerhin brauchst du für jede Gruppe mindestens eine Erzieherin oder einen Erzieher und eine Kinderpflegerin oder einen Kinderpfleger.

 

Für die Planung ist insbesondere wichtig, dass für staatliche Zuschüsse bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden. Es gibt zwei Arten von Zuschüssen, den einmaligen Baukostenzuschuss von den Kommunen und einen laufenden Betriebskostenzuschuss, der über das Jugendamt abgewickelt wird.“

 

Florian meinte: „Du kennst dich wirklich bestens aus, mit dem was bei einem Kindergarten alles zu beachten ist. Würdest du dich in die Projektgruppe mit einbringen, damit wir einen eigenen Kindergarten auf dem Gutshofgelände auf die Beine stellen können. Ich denke, bevor wir richtig tief einsteigen, sollte von uns mit Jason geklärt sein, ob wir auch bauen können oder dürfen.“

 

Ich erklärte: „Jetzt bist du auf dem richtigen Weg, vorab muss von den Architekten geklärt werden was baurechtlich möglich ist, wobei er vorher zumindest wissen sollte, wie viele Gruppen wir anbieten wollen. Wichtig ist auch, dass wir ihn als Betriebskindergarten errichten, aber auch der Allgemeinheit anbieten wollen. Marion könntest du mit Barbara vorab abklären in welcher Größenordnung wir planen sollen oder dürfen.

 

Ich denke wir sollten uns in den nächsten Wochen mindestens einmal pro Woche zusammensetzen und die Grundlagen erarbeiten, bis das Projekt umgesetzt werden kann.“

 

Marion meinte, wir sollten auch Michael mit einbeziehen, sie würde nachher noch mit ihm darüber sprechen. Ich erklärte, dass ich mit Jason Kontakt aufnehmen und ihn zumindest vorwarnen werde, welches neue Attentat wir auf das Architekturbüro geplant haben. Alle Informationen laufen bei Florian zusammen und der informiert mich.

 

Marion verabschiedete sich und ließ uns wissen, dass sie auf alle Fälle dabei sei. Ich fragte Florian, ob er noch kurz Zeit hätte, dann würde ich sofort in seinem Beisein mit Jason sprechen. Da er zustimmte wählte ich Jasons Rufnummer.

 

Jason meldete sich und meinte gleich, die Ausschreibungsunterlagen sind fertig, wir könnten sie noch diese Woche an verschiedene Bauunternehmen versenden, wenn du grünes Licht gibst. Ich bestätigte und erklärte, dass ich auf Lautsprecher schalte, da Florian bei mir sitzt.

 

Diesmal erklärte ich Jason: „Wir wollen auf dem Gutshof eine Kindertagesstätte errichten. Ich wollte dich nur vorab informieren, dass wir euch mit der Planung und Durchführung beauftragen wollen. Der Ansprechpartner bei uns wird vorerst Florian Untersberger sein, der gleichzeitig unser Ausbildungsbeauftragter ist.“

 

Jason lachte und erklärte: „Wenn du so weiter mit unseren Ressourcen umgehst, müssen wir wirklich neue Mitarbeiter einstellen oder wir arbeiten nur noch exklusiv für euch. Zum Thema Kindergarten kann ich dir vorab schon so einiges erklären. Wir wurden bei unseren Planungen für die neuen Wohnungen bereits gefragt, ob es möglich sei eine Kita mit einzuplanen. Wir haben uns mit der Baubehörde damals darauf geeinigt, dass sie wieder auf uns zukommen, wenn in Rosenheim entsprechender Bedarf besteht.

 

Witzigerweise hatte ich heute Vormittag ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung der meinte, ich solle doch bei euch vorfühlen, ob die Stadt eine Kita auf eurem Grund und Boden bauen dürfte.“

 

Ich unterbrach ihn und meinte: „Seltener Zufall, dass gerade heute Florian, den Vor­schlag unterbreitet hat, du hast ihn doch nicht etwa angerufen und gemeint er solle mir das als seinen Vorschlag unterbreiten.“

 

Florian meinte: „Ich habe weder heute noch in den letzten Tagen mit irgendjemand aus dem Architekturbüro telefoniert. Dass die Stadt auf ihre Kosten hier einen Kindergarten errichten will, höre ich eben zum ersten Mal.“

 

Jason lachte laut und erklärte: „Florian, immer mit der Ruhe, scheinbar ist dir Peters schwarzer Humor in solchen Dingen noch nicht geläufig. Das war kein Angriff auf dich oder mich, du brauchst dich auch nicht zu verteidigen. Peter hat häufiger das Problem, dass so komische Zufälle über ihn hereinstürzen, deshalb nimmt er sie mit Humor, in der Situation bist du nur in seine Schusslinie gekommen, weil du ihm heute den Vorschlag für den Kindergarten unterbreitet hast.

 

Klar haben wir nicht miteinander gesprochen. Jenifer sitzt hier neben mir und lacht sich schon halb krumm über uns, sie hat von Anfang an alles mitgehört.“

 

Ich mischte mich ein und sagte: „Jetzt beruhigt euch, mir ist bewusst, dass Florian in diesem Fall mein Opfer wurde. Florian entschuldige, dass ich dich mit meinem schwarzen Humor angegriffen habe, was eigentlich nicht meine Absicht war. Wäre Jason derjenige, der mir den Vorschlag vor dir gemacht hätte, wäre er mein Opfer geworden.

 

Jason, kannst du mir sagen welche Vorstellungen die Stadt hat, bezüglich der Größe des Kindergartens. Soll es nur eine oder mehrere Gruppen geben, wenn ja, wie viele. Wie viel Freifläche wird benötigt, oder wollte die Stadt nur, dass du erst einmal vorfühlst, ob wir grundsätzlich einem Kindergarten auf unserem Grund und Boden zustimmen würden.“

 

Diesmal antwortete Jenifer: „Peter, bei dem heutigen Gespräch ging es nur um eine Kontaktaufnahme und die Vereinbarung eines ersten gemeinsamen Treffens. Über Details wurde heute nicht gesprochen. Ich kann dir aber von unseren ersten Gesprächen mit der Stadt vor zwei Jahren sagen, dass sie mindestens drei oder sogar vier Gruppen einrichten wollen, was etwa fünfundvierzig bis achtzig Kinder bedeutet, je nach Gruppengröße.

 

Daran wird sich bis heute nicht viel geändert haben. An wie viele Gruppen hattet ihr bei euren Überlegungen gedacht?

 

Florian antwortete: „Wir sind von etwa drei Gruppen ausgegangen, wovon die Hälfte in etwa, für die Kinder von den Mitarbeitern reserviert sein sollten, ähnlich dem Verhältnis im Jugendwohnheim. Im Unterschied zu den städtischen Kitas, wollen wir jedoch erweiterte Öffnungszeiten anbieten, da Mitarbeiter, die einen normalen Acht-Stunden-Arbeitstag haben, ihre Kinder nicht innerhalb der ansonsten üblichen Öffnungszeiten bringen und wieder abholen können.

 

Mir schweben Öffnungszeiten von sechsuhrdreißig bis achtzehn Uhr oder achtzehnuhrdreißig vor. Das kann nur mit mehr Personal bewerkstelligt werden als üblicherweise in den Kitas eingeplant ist. Für das Mittagessen haben wir geplant, dass dies in der Küche des Restaurants vorbereitet wird, wie für das Jugendhotel und die Kantine.

 

So wie ich Peter inzwischen kenne, wird sich auch die Vergütung der Mitarbeiter von den üblichen Kitas unterscheiden. Wenn er eine private Kita plant und baut, wird sich das auch in der Ausstattung auswirken. Immerhin soll der Kindergarten ein Unternehmen der Stiftung werden und muss keine Gewinne erwirtschaften.“

 

Ich ergänzte: „Florian hat einen wichtigen Punkt noch nicht angesprochen, wir wollen einen Kindergarten, für den Inklusion nicht nur Modewort ist, sondern dort auch verwirklicht werden soll. Allein für die zusätzliche Förderung dieser Kinder wird zusätzliche Personal und eine erweiterte Ausstattung benötigt. All das kann eine städtische Kita im Regelfall nicht anbieten. Ich weiß, dass es zur Errichtung einer Kita Bauzuschüsse gibt, die vermutlich nicht einmal fünfzig Prozent der zu erwartenden Baukosten decken werden. Der Rest wird über die Stiftung finanziert.“

 

Jason reagiert auf unsere Anforderungen: „Ihr habt ordentliche Anforderungen an euer Projekt Kita gestellt. Da sind einige Dinge zu berücksichtigen, die über den üblichen Anforderungen an eine Kindertagesstätte liegen. Ich hätte da noch eine ergänzende Idee, die ihr in dem Projekt verwirklichen könnt.

Bisher geht ihr in euren Überlegungen von Kindern bis etwa sechs Jahre aus in eurer Kita. Könntet ihr euch vorstellen auch eine oder zwei Gruppen einzurichten für sechs- bis etwa fünfzehnjährige Kids, die nur am Nachmittag betreut werden, da sie vormittags im Normalfall in der Schule sind. Das würde euer Projekt noch mehr abheben von einer normalerweise üblichen Kita.“

 

Florian grinste mich an und erklärte: „Jason, ich habe schon an so eine Möglichkeit gedacht, war mir aber nicht sicher, ob es dafür überhaupt einen Bedarf gibt. Deshalb habe ich Peter auch nur einen Kindergarten vorgeschlagen. Ich denke Peter wird keine Bedenken haben, auch diese Gruppe mit abzudecken, wenn dafür Bedarf bestehen sollte.“

 

Ich lachte wieder einmal laut und als ich mich etwas beruhigt hatte erklärte ich: „Man könnte meinen, ihr habt euch vorher abgesprochen. Gut, auf die Idee hätte ich auch kommen können, Mitarbeiter haben nicht nur Kinder im Kindergartenalter, sondern auch welche die zur Schule gehen und nachmittags betreut und vielleicht auch gefördert werden müssten. Wenn die Stadt dem zustimmt, können wir das mit einplanen.

 

Bevor wir jetzt weiter wild diskutieren, Jason, Jenifer, könnt ihr für nächste Woche mit der Stadt einen Termin vereinbaren, am besten, Montag oder Dienstag, gerne einen ganzen Vormittag. Als Treffpunkt schlage ich unser Besprechungszimmer vor, wenn nicht mehr als zehn Personen teilnehmen. Wenn der Kreis größer sein sollte, können wir in einen der größeren Räume im Jugendhotel oder im Seminarhotel ausweichen.“

 

Jenifer meinte: „Okay, ich kümmere mich um den Termin mit der Stadt. Wenn soll ich von euch in den Verteiler mit aufnehmen.“

 

Ich meinte: „Vorn unserer Seite, sind Florian Untersberger, Marion Habermüller, Michael Oberwagner und meine Wenigkeit in den Verteiler aufzunehmen. Die Stadt soll dir die Beteiligten benennen, die von ihrer Seite und vom Jugendamt zuständig sind, sowie die stellvertretende Leiterin des Jugendamtes, Barbara Wegmann.

 

Florian und ich werden eine kleine Präsentation vorbereiten, welche Vorstellung von unserer Seite an das Projekt gestellt werden. Vielleicht solltest du noch nicht erwähnen, dass wir eigene Pläne zu diesem Thema haben, umso größer ist das Überraschungsmoment beim ersten Zusammentreffen.“

 

Jason lachte kurz und meinte: „Peter, du bist ein so hinterlistiger Fuchs, du versuchst damit, das Überraschungsmoment für dich zu nutzen und die Stadt auf deine Seite zu ziehen. Ich finde das gut, da ich informiert bin, wo die Stadt das Projekt auf dem Gutshofgelände bauen will, werde ich versuchen bis Montag einen kleinen Vorentwurf vorzubereiten, der beide Zielgruppen berücksichtigt.“

 

Da alles geklärt war verabschiedeten wir uns von den beiden und ich meinte zu Florian, dass er unsere Ideen zusammenschreiben soll und anschließend versuchen, daraus eine Präsentation zu erstellen. Ich meinte noch, danach setzen wir uns deswegen zusammen.

 

 

Am Dienstag war ich morgens nur kurz in meinem Büro und konnte ein wenig die liegengebliebenen Sachen aufarbeiten. Gegen achtuhrfünfzehn machte ich mich auf, um zu den Handwerkern in die Büros der Obermeier GmbH zu fahren, wo ein Gespräch mit Dieter, Axel und Dennis stattfinden sollte.

 

Ich war so früh aufgebrochen, damit ich vorher noch ein kurzes Gespräch mit Axel und Dennis führen konnte, zum Stand der aktuell laufenden Projekte. Wir trafen uns direkt in Axels Büro, da Dennis noch bis zum Sommer, sein Büro am Gutshof hat. Ich begrüßte die beiden Chefs der Obermeier GmbH und setzte mich in die Besprechungsecke, wo mich Dennis bereits erwartete.

 

Er meinte: „Wenn die Temperaturen nicht wieder in den Keller gehen, werden am Gutshof die Arbeiten wieder aufgenommen. Weitergearbeitet wird seit gestern bereits wieder in den beiden Häusern, wo im Dezember noch der Dachstuhl aufgestellt und das Dach eingedeckt werden konnte. Wenn im ersten Gebäude am Wochenende alle Fenster gesetzt sind, wird die Elektrik- und die Sanitärinstallation fortgesetzt.

 

Für Haus drei und vier hat der Zimmerer mitgeteilt, dass die Dachstühle vorbereitet sind und er ebenfalls nächste Woche zumindest mit dem dritten Gebäude beginnen will, sofern es die Witterung zulässt. Er hat auch den Dachdecker bereits informiert, dass er eventuell ab Ende nächster Woche ein weiteres Gebäude eindecken kann. Im Moment liegen wir teilweise vor der ursprünglichen Bauzeitplanung, der Rest ist immer noch innerhalb der Planung.“

 

Axel hatte sich zwischenzeitlich zu uns gesetzt und erklärte: „Wir haben noch einige Mietwohnungen, die derzeit saniert werden, auch dort wird seit gestern wieder weitergearbeitet. Hier liegen wir überall im Zeitplan, da die zwei Wochen zwischen Weihnachten und dem sechsten Januar als Urlaubszeit eingeplant waren. Es liegen uns bereits für Februar und April neue Meldungen vor, dass weitere Wohnungen saniert werden können.

 

Aktuell sieht es so aus, dass wir vermutlich nicht an den Umbauarbeiten im Ostseehotel eingesetzt werden. Wir können uns voll auf die Aufgaben im südbayrischen Raum konzentrieren. Wir sind zwar seit Wochen auf der Suche nach einem weiteren Mitarbeiter im Lager, aber es kommen keine Bewerbungen bei uns an. Wir überlegen, ob wir nicht selbst einen neuen Mitarbeiter ausbilden wollen.

 

Dazu bräuchten wir jedoch einen Logistikmeister. Peter, ich habe mir überlegt, dass wir Pietro Marchetti ansprechen, ob er den Meister als Logistikmeister machen möchte. Wir würden ihn in diesem Fall zum Leiter der Logistikabteilung befördern wollen.“

 

Ich lachte und erklärte den verdutzten Jungs: „Der Logistikbereich in der Gutshofgruppe wird sich in den nächsten ein bis zwei Jahren noch erweitern, wobei zukünftig Logistiker im Food-Bereich benötigt werden. Für die Auslieferung des Gemüses und der Hofladenprodukte, wird es ein eigenes Logistikcenter in der Gärtnerei Grubmüller geben, die ich Anfang Januar übernommen habe.

 

Stellt euch schon darauf ein, dass ihr über Jason demnächst eine Ausschreibung für den Innenausbau der Halle und der drei Wohnungen im Dachgeschoß bekommen werdet. Den Auftrag habe ich dem Architekturbüro bereits erteilt, die Pläne hat Jasons Vater bereits für den bisherigen Eigentümer der Gärtnerei Grubmüller erstellte und wurden bereits vor gut zwei Jahren genehmigt. Der Baubeginn muss noch vor Ende Juli erfolgen oder eine Verlängerung der Baufreigabe um weitere zwölf Monate beantragt werden.

 

Es wäre daher sinnvoll, wenn wir einen Logistikmeister hätten, dann können wir zukünftig benötige Fachlogistiker selbst ausbilden. Dieter wird euch zumindest einen Fachlogistiker bringen, der leicht körperlich eingeschränkt arbeitsfähig ist.“

 

Das Telefon in Axels Büro machte sich bemerkbar und Axel nahm das Gespräch entgegen. Da er auf Lautsprecher gestellt hatte, hörte ich mit, dass ein Herr Wegmann mit einem jungen Mann bei ihr sei, der meinte, er hätte einen Termin mit Peter und euch beiden. Sie fragte: „Könnt ihr die beiden Besucher bei mir abholen, ich kann derzeit nicht weg von hier, ich sitze allein am Empfang.“

 

Ich erklärte, dass wir kurz runterkommen und die beiden Besucher einsammeln werden. Die beiden Jungs schauten mich an, standen dann doch auf und folgten mir nach unten. Im Eingangsbereich wartete Dieter mit dem jungen Mann, der zukünftig für die Obermeier GmbH arbeiten sollte. Ich meinte zu Dieter: „Wir werden mit euch kurz ins Lager gehen, damit der junge Mann zumindest einen Blick auf seinen neuen Arbeitsplatz werfen kann. Auf dem Weg ins Büro zeigen wir euch noch kurz die Sozialräume und den Aufenthaltsraum für die Mitarbeiter.“

 

Dieter grinste und erklärte: „Dann will ich euch kurz den jungen Mann vorstellen und du stellst mir deine beiden Mitarbeiter vor. Wobei, machen wir es einfacher, die drei sollen sich einfach selbst kurz vorstellen, alt genug sollten sie sein, dass sie das beherrschen sollten.

 

Axel begann: „Ich bin Axel Baumeister, bin gelernter Maler und arbeite seit gut einem halben Jahr für die Obermeier GmbH. Zurzeit mache ich meinen Meister, den ich im Sommer abschließen werde. Ich teile mir mit Dennis die Leitung der Obermeier GmbH, mit Peter als unseren obersten Chef. Vorher war ich bei einem ortsansässigen Malereibetrieb beschäftigt.“

 

Er blickte zu Dennis und der erklärte: „Mein Name ist Dennis Burgmüller, ich bin gelernter Elektriker und habe meine Ausbildung in der Obermeier GmbH absolviert. Ich mache wie Alex derzeit meine Meisterausbildung und will ebenfalls im Sommer fertig sein. Axel und ich sind fest befreundet und wir wohnen seit einigen Monaten in der Betriebsleiterwohnung hier im Haus.“

 

Dennis blickte zwar zu dem jungen Mann, doch ich meinte: „Ich bin Peter Maurer und der oberste Chef der gesamten Gutshofgruppe. Dazu gehören unter anderem zwei Gärtnereien, der Handwerksbetrieb und weitere zwei Unternehmen im Raum Rosenheim. Mit unserer Stiftung Sonneneck für benachteiligte Kinder und Jugendliche gehören ein Seminarhotel und drei Jugendhotels zur Gruppe.

 

Von den Jugendhotel ist eines hier im Gutshofgelände, ein weiteres in Österreich in Tirol. Das bisher größte Jugendhotel ist an der Ostsee und wird ab Sommer erst einmal generalsaniert und danach neu eröffnet. Ach, bevor ich es vergesse, alle Mitarbeiter reden mich nur mit dem Vornamen an, das gilt auch für dich, auch wenn du dich heute erst einmal nur vorstellst.“

 

Jetzt war der junge Mann an der Reihe, er sagte: „Ich bin Gerald Miller, die meisten sagen nur Gerry zu mir. Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt und lebe in der Lebenshilfe für leicht physisch eingeschränkte Menschen. Wenn ich Dieter richtig verstanden habe, soll ich ein weiterer Mitarbeiter der Gutshofgruppe werden. Einige meiner Mitbewohner arbeiten für die Gärtnerei Grubmüller, die nach der Übernahme durch die Gutshofgruppe, ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten.

 

Ich habe bisher für ein mittelständisches Unternehmen gearbeitet, die ihr Logistikzentrum aufgelöst und alles ausgelagert hat. Viele meiner Kollegen wurden von dieser neuen Firma übernommen, leider nicht alle und dazu gehöre ich.

 

Nachdem Dennis vorher erklärt hat, dass er mit Axel zusammenlebt, will ich offen zu euch sein, ich habe bereits einen Blick auf einen der Jungs geworfen, der mit in der Lebenshilfe lebt, den ich aber bisher nicht angesprochen habe, weil ich Angst davor habe, abgelehnt zu werden oder er kein Interesse an mir hat.“

 

Dieter schaute mich an und sagte: „Gerry, ich hatte keine Ahnung, dass du zur Gruppe der gleichgeschlechtlich Liebenden gehörst. Du wirst in der Gutshofgruppe deswegen keine Schwierigkeiten bekommen, den Peter gehört auch zu dieser Gruppe. Er hat vor etwa sieben Wochen zusammen mit zwei weiteren schulen Pärchen eine große Hochzeit gefeiert.“

 

Dennis meinte: „Ich kann dich bestens verstehen, ich bin derzeit auch ausgelagert, direkt auf den Gutshof. Ich residiere im Baucontainer, aber nur noch bis zum Sommer, bis unsere Großbaustelle mit den neuen Wohnungen fertig ist. Also folgt mir, wir fangen mit der Führung im Lager an.“

 

Dennis ging voraus, gefolgt von Gerry, Axel, Dieter und mir. Er führte uns über den Hof in die große Lagerhalle, wo er uns Pietro vorstellte, der derzeit allein das Lager bewältigte. Pietro erklärte: „Da ich das Lager derzeit allein erledigen darf, bin ich ganz froh, wenn nicht Alles, was auf den Baustellen benötigt wird, hier angeliefert wird.

 

Ein Großteil der größeren Teile, wie Badewannen, Duschtassen, Duschverkleidungen oder auch große Kabeltrommeln werden direkt an die Baustellen geliefert, vor allem fehlen uns große Transportfahrzeuge, um das alles auf die Baustellen zu schaffen. Die Teams melden im Laufe des Tages an den Innendienst, was sie alles für den nächsten Tag auf den Baustellen benötigen, und das wird von mir, sofern im Lager vorhanden, von mir zusammengestellt.

 

Da immer wieder weitere Gewerke dazukommen, erhöht sich laufend der Umfang der ein- und auszulagernden Materialien. Welches Lagerungsart kennst du bisher, immer alles am selben Platz oder einfach der nächste frei Lagerplatz?“

 

Gerry antwortete: „Ich kenne beides, bei meinem bisherigen Arbeitgeber gab es ein Mischsystem, ganze Paletten wurden einfach auf den nächsten freien Platz eingelagert, für kleinere Mengen gab es feste Lagerplätze. Mich würde interessieren, ob es bei euch noch für die Materialbereitstellung Papieraufträge gibt oder bereits digitale Aufträge. Ich frage deshalb, weil ich zuletzt nur noch digitale Aufträge abgewickelt habe und wenn alles vollständig war, wurde der Schein ausgedruckt.“

 

Pietro antwortete: „Bis vor kurzem war noch alles auf Papier, die ersten die jetzt im Januar umgestellt wurden auf digitale Aufträge sind die Elektriker. Leider habe ich noch meine Probleme mit den Aufträgen, ist doch eine gewisse Umstellung beim Arbeiten. Wenn du dich bereits damit so gut auskennst, dann bist du der Richtige und kannst du mir helfen, alles zu verstehen.“

 

Gerry antwortete: „Kein Problem für mich, sofern ich von euch eingestellt werde, sehe ich kein Problem, dich in die kleinen Geheimnisse der digitalen Materialbereitstellung einzuarbeiten.“

 

Pietro meinte: „Das allein wäre schon ein Grund dich sofort in die Firma zu holen. Ein junger Kollege, der sich mit dem neumodischen Zeug auskennt, ist mir einerseits suspekt, auf der anderen Seite, brauchen wir dringend jemand, der mich im Lager unterstützen kann. Wenn Axel oder Dennis mit einverstanden ist, könnte er aus meiner Sicht heute noch die Arbeit aufnehmen.“

 

Gerry lachte und antwortete: „Warten wir erst mal das Vorstellungsgespräch ab, das im Anschluss an die Besichtigung stattfinden wird. Ich denke wir sollten dich auch nicht länger von deiner Arbeit abhalten, nicht dass deine Kollegen morgen nicht arbeiten können, weil du ihnen das Material nicht rechtzeitig bereitgestellt hast. Deine Chefs werden dir sicher nachher sage können, ob ich dich demnächst bei der Arbeit nerven darf oder nicht.“

 

Wir verließen das Materiallager, und gingen zurück ins Besprechungszimmer im Bürogebäude. Dennis fragte, ob er uns etwas zum Trinken anbieten könne. Gerry meinte, er würde gern eine Cola nehmen, sofern vorhanden, ansonsten nähme er in Glas Wasser. Dieter grinste und bestellte so wie ich einen Cappuccino. Als Dennis mit den gewünschten Getränken zurückkam, setzte er sich zu uns an den Tisch und das Einstellungsgespräch konnte starten.

 

Ich preschte vor und fragte Dieter: „Wie ist dein erster Eindruck von der Obermeier GmbH? Kannst du dir vorstellen, dass einige deiner Leute in diesem Unternehmen arbeiten könnten? Interessieren würde mich auch deine grundsätzliche Einstellung zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit eurem Verein für Lebenshilfe.“

 

Dieter schaute zuerst in die Runde, bevor er antwortete: „Zum ersten Eindruck würde ich sagen ich bin positiv überrascht, vor allem als Pietro so offen erklärt hat, dass er mit euren Neuerungen in der Sache digitale Materialverwaltung, so seine Probleme hat und er gerne Unterstützung durch jemanden erhält, der das System bereits kennt.

 

Weiter ist positiv aufgefallen, dass Pietro aus meiner Sicht kein Problem mit einem Kollegen mit körperlichem Defizit zu haben scheint. Oft scheitert eine Einstellung nicht an der Geschäftsleitung, sondern an den Mitarbeitern und zukünftigen Kollegen der einzustellenden Person. Wenn in allen Betriebsteilen der Gutshof-Gruppe die persönliche Einstellung der Kollegen, so ist, wie sie bei euch im Lager anzutreffen sind, sehe ich kein Problem mit weiteren zu vermittelnden Arbeitnehmern auf euch zuzukommen.

 

Mich würde eher die Meinung von Gerry interessieren, vor allem wie bei ihm die bisherige Besichtigung angekommen ist. Es hilft nichts, wenn ich alles für gut befinde, wenn sich der zukünftige Mitarbeiter nicht wohl fühlt in einem Unternehmen.“

 

Gerry schaute Dieter an, überlegte lange, bevor er antwortete: „Nach dem Besuch und den Gesprächen im Lager habe ich bisher einen ersten positiven Eindruck gewonnen. Bevor ich mir ein endgültiges Urteil erlaube, würde ich zumindest mit dem Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung sprechen, der die Bereitstellungsaufträge vorbereitet, egal ob in Papierform oder Digital.

 

Er ist mein wichtigster Ansprechpartner, wenn es zu Problemen bei der Bereitstellung der georderten Materialien kommt. Gäbe es da eine Möglichkeit ihn kennenzulernen.“

 

Axel grinste und erklärte: „Die Zusammenstellung der Aufträge wird je nach Gewerk bei uns von verschieden Mitarbeitern erledigt. Wir haben für jedes Gewerk einen oder eine Verantwortliche, die die Aufträge für die nächsten Tage planen und die Bereitstellungslisten erstellen.

 

Unsere Problematik liegt eher darin, dass wir den Baufortschritt vor Ort nicht immer genau kennen, wir sind auf die Kollegen auf den Baustellen angewiesen, dass sie uns täglich berichten, welches Material sie für den oder die nächsten Tage benötigen. Hier wird nur entschieden ob aus dem Lager oder Direktanlieferung erforderlich ist, weil die Ware nicht im Lager vorhanden ist.

 

Die bisherige Erfahrung zeigt, dass bei Renovierung und Sanierung fast fünfund­neunzig Prozent aus dem Lager bereitgestellt wird, während es bei Neubauten eher nur fünfzig Prozent sind. Das ist auch damit zu erklären, dass zum Beispiel bei den Kabeln größere Kabeltrommeln bei Neubauten zum Einsatz kommen.“

 

Gerry lachte und meinte: „Da ich bisher im Lager nur für interne Produktionsbelange Material bereitstellen musste, gab es nur einen Verantwortlichen, der für die Produktions­steuerung zuständig war und das war mein Ansprechpartner. Ich erkenne dabei den Unter­schied zwischen einer reinen Produktion und dem differenzierten Bedarf auf den Baustellen. Dann macht es im Moment erst einmal nur Sinn, den Mitarbeiter im Elektrobereich kennen­zulernen, der bereits mit der digitalen Bereitstellung arbeitet.“

 

Axel schaute mich an und erklärte: „Peter, wenn es okay ist, dann holen wir kurz Gregor zu dem Gespräch hinzu.“

 

Da ich mit meinem Kopf nickte, stand Axel auf und machte sich auf den Weg den Mitarbeiter zum Einstellungsgespräch zu bitten. Nach rund zwei Minuten stand er mit einem der neueren Mitarbeiter wieder im Besprechungszimmer und forderte ihn auf, sich zu uns an den Tisch zu setzen. Axel meinte: „Peter, unseren obersten Boss hast du bereits bei der Weihnachtsfeier kennengelernt. Dennis ist für dich auch kein Unbekannter.

 

Der junge Mann ist Gerry, der uns zukünftig im Lager unterstützen soll. Er hat trotz seiner körperlichen Einschränkungen eine Ausbildung zum Fachlageristen absolviert und mit hervorragenden Ergebnissen abgeschlossen. Er hat auch bereits Erfahrungen mit digitalen Bereitstellungsaufträgen gesammelt und wäre für Pietro, nach dessen eigenen Worten, eine Bereicherung für unser Unternehmen.

 

Daneben sitzt Dieter Wegmann, er ist für Gerry der Betreuer, in der Wohngruppe, in der er derzeit lebt und darauf zu achten hat, dass er nach seinen Fähigkeiten in einem Unter­nehmen eingesetzt wird. Gerry wollte den Mitarbeiter kennenlernen, der in der Anfangszeit für ihn der Ansprechpartner ist, wenn es um die digitalen Aufträge geht. Gerry, stell ihm deine Fragen.“

 

Gerry lachte und erklärte: „Gregor, keine Panik, ich werde dir keine Fragen technischer Art stellen, ich will nur die Leute kennenlernen, die in erster Linie mit mir zusammenarbeiten werden. Pietro als meinen zukünftigen Kollegen im Lager habe ich bereits kennengelernt. Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt und habe meinen bisherigen Job verloren, weil mein bisheriger Arbeitgeber sein Lager outgesourct hat. Was ich bisher von meinem neuen Arbeitsplatz gesehen habe, gefällt mir sehr gut und ich kann mir gut vorstellen, hier zu arbeiten. Willst du mir ein wenig über dich und deinen beruflichen Werdegang erzählen, damit ich mir ein Bild von dir machen kann.“

 

Gregor schaute ihn an und meinte: „Was soll ich großartig von mir erzählen, ich bin vierundzwanzig Jahre alt, bei der Firma, die mich ausgebildet hat, hat es mir irgendwann nicht mehr gefallen und ich habe mich auf die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle gemacht. Im ersten Anlauf habe ich mich bei dem Unternehmen beworben, bei dem du bisher gearbeitet hast.

 

Als man mir erklärte, dass das Lager ausgelagert und durch einen Dritten bewirtschaftet wird, habe ich vorsichtshalber meine Bewerbung wieder zurückgezogen, da ich nicht überzeugt davon war, dass es reibungslos funktionieren kann. Am Ende bin ich bei Eddy und seinen Leuten gelandet. Inzwischen habe ich gehört, dass dein ehemaliger Arbeitgeber erheblich Produktionsprobleme hat, weil die Materialbeschaffung überhaupt nicht mehr vernünftig läuft.

 

Ich bin jetzt den vierten Monat bei der Obermeier GmbH und mir macht meine Arbeit in der Disposition und der Materialbeschaffung richtig viel Spaß. Wenn du dich mit der digitalen Auftragsabwickelung auskennst, kannst du nur eine Bereicherung und Verstärkung für das Unternehmen sein.

 

Ich habe eine private Frage an dich, kennst du die schwule Jugendgruppe, die sich wöchentlich im Jugendhotel im Gutshof trifft. Kann es sein, dass wir uns dort vor gut eineinhalb Jahren über den Weg gelaufen sind. Ich habe dich lange nicht mehr dort gesehen, obwohl ich immer gehofft habe, du würdest eines Tages wieder dort auftauchen.“

 

Gerry zuckte kurz bei der Äußerung von Gregor und erklärte: „Das muss wohl kurz vor dem Zeitpunkt gewesen sein, wo ich auf der Straße so schwer zusammengeschlagen wurde und ich danach, wegen den schweren Verletzungen, nur noch eingeschränkt arbeitsfähig war. Ich habe danach nie wieder den Mut gefunden, zu diesen Treffen zu gehen.

 

Doch, ich erinnere mich dunkel daran, dass wir uns damals begegnet sind und du mich freundlich angelächelt hast. Jetzt fällt mir auch wieder ein, dass ich mir an diesem Abend noch vorgenommen habe, dich anzusprechen, wenn wir uns beim nächsten Gruppentreff sehen würden. Dazu ist es leider nicht mehr gekommen.

 

Ich hatte nach diesem Trauma eine wahnsinnige Angst davor, dass mich keiner in der Gruppe akzeptieren würde mit meiner Behinderung. Hast du wenigstens inzwischen deinen Traumprinzen gefunden?“

 

Gregor grinste und antwortete: „Nein, meinen Traumprinzen habe bisher nicht wieder gefunden, da er nie wieder bei den Treffen für die schwulen Jungs aufgetaucht ist. Erst ein glücklicher Zufall hat ihn heute als Bewerber in die Firma geführt, bei der ich jetzt arbeite.“

 

Dieter schaute mich an und so erklärte ich: „Gregor, könntest du mit Gerry eine Runde durch die Büroräume drehen und deinen Kollegen ihren zukünftigen Kollegen im Lager vorzustellen, sofern Gerry noch immer gewillt ist, in der Obermeier GmbH als neuer Mitarbeiter anzufangen. Ihr solltet in etwa zwanzig Minuten wieder bei uns sein.“

 

Gerry nickte nur und Gregor meinte, dann wollen wir kurz eine Runde durch die Büros unserer Kollegen drehen und ich stelle dich meinen Kollegen vor. Sie standen auf und verließen das Besprechungszimmer.

 

Dieter erklärte: „Jetzt verstehe ich so langsam, warum Gerry bei uns abgegeben wurde. Seine Eltern wollten ihn loswerden, aber nicht, weil er körperlich leicht eingeschränkt ist, Was ihre Argumentation war, sondern weil sie vermutlich nach dem Angriff auf Gerry erfahren haben, dass er schwul ist.“

 

Ich fragte ihn: „Müsste Gerry dauerhaft bei euch in der Lebenshilfe wohnen oder kann er jederzeit ausziehen, wenn er eine eigene Wohnung und einen Partner oder eine Partnerin gefunden hätte.“

 

Dieter antwortete: „Gerry gehört nicht zu der Gruppe, die eine lebenslange Betreuung bräuchten. Wir hätten spätestens in einem Jahr versucht, ihn auf mehr Eigenständigkeit zu bringen und ihm die Rückkehr in ein normales Leben zu ermöglichen.“

 

Ich schaute Axel und Dennis an und wollte wissen, ob sie gewusst hätten, dass Gregor auf Jungs steht. Die beiden schauten sich kurz an und Dennis erklärte: „Wir wussten davon seit dem Einstellungsgespräch und wir haben ihm damals schon erklärt, dass in dieser Firma keinem irgendwelche Nachteile entstehen, weil er Jungs liebt. Inzwischen hat er sich bei seinen Kollegen geoutet und er wird nach wie vor als normaler Mitarbeiter und Kollege betrachtet.“

 

Ich meinte: „Das es zwischen den beiden bereits nach so wenigen Minuten gewaltig knistert, ist hoffentlich nicht nur mir aufgefallen. Wisst ihr, ob Gregor noch bei seinen Eltern wohnt oder bereits in seine eigenen vier Wänden eingezogen ist.“

 

Axel meinte: „Unser letzter Informationsstand ist, dass er im Haus seiner Eltern im Dachgeschoß lebt. Eine Adressänderung für die Personalabteilung ist zumindest bei mir nie über meinen Schreibtisch gewandert.“

 

Dieter meinte: „Wenn die beiden Jungs zusammenleben wollen, ich werde mich dem nicht verschließen. Ich werde die Jungs zumindest in der Anfangszeit gelegentlich besuchen und nachsehen, wie sie mit den täglichen Anforderungen zurechtkommen. Aus meiner Sicht gibt es keine Bedenken, wenn Gerry bei der Obermeier GmbH arbeiten wird. Ich habe mich heute überzeugen können, dass hier leicht behinderte Menschen nicht benachteiligt werde.“

 

Ich erklärte: „Ich sehe verschiedene Möglichkeiten, wie wir den beiden Jungs helfen können, wenn sie langfristig zusammenleben wollen. Eine Möglichkeit wäre, dass sie ab Sommer in eine der Wohnungen am Gutshof einziehen könnten. Eine weitere Möglichkeit gibt es mit der Fertigstellung der Lager- und Abpackhalle in der Gärtnerei Grubmüller, dort könnten sie in eine der drei Wohnungen im Dachgeschoß einziehen. Die Wohnungen werden aber sicher nicht vor dem Jahresende bezugsfertig sein.

 

Soweit ich mich erinnern kann, gibt es hier bei euch oben noch eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung, die vorher vollständig saniert werden müsste, bevor jemand einziehen kann. Eddy hat damals gesagt, dass diese Wohnung für seinen Betriebsnachfolger gedacht war und zeitweise von seinen Kindern bewohnt wurde. Axel, Dennis, könnt ihr euch die beiden Jungs als eure zukünftigen Mitbewohner im Haus vorstellen?

 

Wenn ja, dann sollten wir kurzfristig die Sanierung auf den Weg bringen. Ihr seid das ausführende Handwerksunternehmen, deshalb plant die Sanierung so schnell wie möglich ein. Wenn die Jungs die Wohnung nicht wollen, können wir sie immer noch an andere Mitarbeiter vermieten.“

 

Es klopft und auf ein herein, traten die beiden Jungs händchenhaltend ins Bespre­chungszimmer ein. Ich sah zu Dieter, der nur vorsichtig seinen Kopf schüttelte. Axel und Dennis grinsten sich an und Axel fragte frech: „Darf man euch schon zur bevorstehenden Hochzeit gratulieren, was haben eure Kollegen zu eurem Auftritt gesagt.“

 

Dieter der sich wieder etwas gefangen hatte erklärte: „Peter, ich hoffe, dass du mich nicht als professionellen Partnervermittler abstempelst, ich habe euch Gerry als neuen Mitarbeiter angeboten und nicht, um ihn an eine Partnerin oder einen Partner zu vermitteln.“

 

Bevor ich darauf reagieren konnte, sagte Gregor: „Fangen wir mit den zukünftigen Kolleginnen und Kollegen von Gerry an, eine meinte, endlich einer, der dich an die Leine nimmt. Ein anderer Kollege erklärte mir, wenn ich mit Gerry nur spielen will und ihn irgendwann einfach wieder ablegen möchte, bekomme ich es mit ihm zu tun, denn das hätte Gerry nicht verdient.

 

Sagen wir einmal so, sie freuen sich auf unseren neuen Mitarbeiter, der Pietro unter­stützen wird und wenn aus uns beiden ein Paar werden sollte, hätten sie auch kein Problem damit. Da meine Eltern wissen, dass ich schwul bin und kein Problem damit haben, könnte ich ihnen jederzeit Gerry als meinen festen Freund vorstellen.“

 

Dieter schaute mich an und sagte: „Peter, ich habe immer noch keine Ahnung welche besonderen Fähigkeiten du besitzt. Meine Frau hat mir schon berichtet, wie du die Horde aus dem Kinderheim im Griff hattest, aber auch von deinem Gespür, dass irgendetwas nicht stimmig ist und du deshalb bei demjenigen kräftig nachbohrst.

 

Dieses Mal ist es Gerry und Gregor, wo dir sofort auffällt, dass sich zwischen den beiden Jungs kurzfristig etwas anbahnen könnte. Ich denke, du kannst Gregor und Gerry die Angebote unterbreiten, die du uns vorgeschlagen hast.“

 

Zwischenzeitlich hatten sich die Jungs wieder an den Tisch gesetzt und so fragte ich sie: „Könnt ihr euch jetzt schon vorstellen, zusammen in absehbarer Zeit in eine gemeinsame Wohnung einzuziehen. Für diesen Fall kann ich euch eine vergünstigte Wohnung für Betriebsangehörige anbieten.

 

Eine Möglichkeit haben wir sogar hier direkt im Dachgeschoß des Bürogebäudes. Eine weitere gibt es im Sommer, wenn die neuen Wohnungen im Gutshof fertig werden und in der Gärtnerei Grubmüller entstehen weitere drei Wohnung für Mitarbeiter, die aber vermutlich erst im nächsten Jahr bezugsfertig sein werden.“

 

Gerry grinste und meinte: „Das kann ich nicht so einfach beantworten, vorstellen kann ich mir das durchaus, aber vermutlich sollte ich vorher bei Dieter nachfragen, ob er mir die Erlaubnis für eine gemeinsame Wohnung mit Gregor geben wird.“

 

Dieter lachte und meinte: „Gerry, du brauchst mich weder zu fragen, wenn du mit einer Partnerin oder einem Partner zusammenziehen willst, wobei in diesem Fall die Aussage ein Partner ausgereicht hätte, noch muss ich deinem Wunsch zustimmen. Alles, was ich für euch tun kann, ist euch in der ersten Zeit eures Zusammenlebens mit Rat und Tat zu unterstützen.

 

Die Entscheidung dazu kann nur von euch beiden selbst gefällt werden. Ihr müsst diese Entscheidung auch nicht jetzt sofort treffen. Peter will damit nur sagen, wenn ihr einer Meinung seid, wird er euch bei der Beschaffung einer gemeinsamen Wohnung unterstützen.“

 

Gregor schaut uns mit großen Augen an und erklärte: „Wenn ich ehrlich bin, ich kann mir ein Zusammenleben mit Gerry sehr gut vorstellen. Ich müsste schon total unterbelichtet sein, wenn ich mir die Chance entgehen lasse, nach gut eineinhalb Jahren meinem Traumprinzen wieder über den Weg zu laufen und ich nicht versuchen werde, ihn für immer festzuhalten.

 

Gerry hat doch vorher erzählt, dass er mich beim nächsten Treffen der schwulen Jugendgruppe angesprochen hätte, es jedoch wegen des tätlichen Angriffs auf ihn, nicht zu einem weiteren Treffen gekommen ist. Ich habe immer noch darauf gehofft, dass er eines Tages wieder bei einem Treffen auftaucht.

 

Peter, du hast von einer kleinen Wohnung hier im Bürogebäude gesprochen, können wir gemeinsam diese Wohnung besichtigen. Dieter, ich hoffe, ich darf dich auch so nennen, dein Angebot uns in der ersten Zeit zu unterstützen finde ich gut. Vermutlich werden uns meine Eltern, vornehmlich meine Mutter, ebenfalls in der Anfangszeit unterstützen. Noch lebe ich bei meinen Eltern, für mich ist das genau wie bei Gerry, der erste Schritt in einen neuen, selbstständigen Lebensabschnitt.“

 

Axel meinte, ich hole kurz den Schlüssel für die Wohnung, wir können uns in zwei Minuten oben vor der Wohnung treffen. Wir standen alle auf und Dennis führte uns in die oberste Etage, wo die beiden Wohnungen waren. Unterwegs meinte ich: „Dennis, ich würde in diesem Zusammenhang auch gern einen Blick in eure Wohnung werfen, wenn nicht aufgeräumt sein sollte, das stört mich keineswegs. Ich vermute, dass ihr nicht nur die Wohnung für Gerry und Gregor sanieren dürft, sondern eure Wohnung gleich mit.“

 

Dennis lachte und erklärte: „Unsere Wohnung wurde mit Ausnahme der Küche, bei unserem Einzug bereits saniert. Eddy hat uns ordentlich auf Trab gehalten, wir mussten ein neues Bad und Gäste-WC einbauen, sämtliche Wände wurden neu gestrichen und in den meisten Räumen wurden die Böden erneuert. Peter, du kannst dich sofort davon überzeugen, dass bei uns nichts mehr gemacht werden muss.“

 

Er öffnete die Tür zur Wohnung und wir folgten ihn in den Flur. Er zeigte uns kurz die ganze Wohnung und meinte: „Beim Bad haben wir etwas von unserem Ersparten eingesetzt und es nach unseren persönlichen Vorstellungen umgebaut.“

 

Als wir wieder außerhalb der Wohnung waren, erklärte ich: „Ich habe nichts davon gewusst, dass ihr vor eurem Einzug die Wohnung vollständig saniert habt. Selbst Eddy hat nie einen Ton darüber verlauten lassen. Keine Panik, es ist so okay, denn sonst hättet ihr jetzt die Sanierung angehen müssen.“

 

Inzwischen war Axel mit dem Schlüssel zur zweiten Wohnung eingetroffen und sperrte die Wohnung auf. Dieter und ich ließen der jüngeren Generation den Vortritt und starteten unsere eigene Wohnungsbesichtigung. Am Ende trafen wir auf die vier Jungs im Wohnzimmer, wo sie bereits gemeinsam diskutierten, was alles gemacht werden soll.

 

Ich unterbrach ihre Diskussion und meinte: „Jungs, es bringt nichts, wenn ihr das jetzt lange diskutiert, soweit ich mich erinnern kann, gibt es Vorgaben, wie bei einer Wohnungssanierung vorzugehen ist. Ihr könnt, wenn der Sanierungsumfang festgelegt ist, immer noch eure Sonderwünsche einbringen.

 

Zuerst solltet ihr euch einig sein, dass ihr eine gemeinsame Wohnung beziehen wollt und eine offizielle Anfrage für die leerstehende Wohnung einreichen. Ihr könnt davon ausgehen, dass bis zu eurem Einzug sicher noch zwei bis drei Monate vergehen können. Ihr solltet die Zeit bis dahin nutzen und euch um Möbel für eure Wohnung kümmern.

 

Für die Küche wird euch ein Küchenstudio benannt, bei dem ihr euch eure Küche aussuchen könnt. Je nach Wohnungsgröße steht euch dafür ein bestimmtes Budget zur Verfügung, das vom Vermieter übernommen wird. Das vorgegebene Budget reicht für eine gut ausgestattete Standardküche mit vernünftiger Ausstattung.

 

Wenn das Küchenhaus Musterküchen verkauft, gilt der heruntergesetzte Preis für das vorgegebene Budget. Das bedeutet, ihr bekommt eine höherwertigere Ausstellungsküche für das gleiche Geld. Aber das bleibt am Ende eure Entscheidung. Ich denke wir sollten an der Stelle die Besichtigung abbrechen und zu unserer Besprechung zurückkehren.“

 

Wieder im Besprechungszimmer angekommen, erklärte Dieter: „Wie bereits gesagt, einem Einsatz von Gerry in der Obermeier GmbH steht nichts im Weg, wir sollten uns noch darauf einigen, wann Gerry bei euch anfangen kann.“

 

Ich lachte, blickte zu Dieter und meinte: „Die Frage nach dem Arbeitsbeginn hättest du dir ersparen können. Wenn ich die Lage bei den Handwerkern richtig einschätze, würde ich einfach behaupten, Gerry hätte schon längst hier anfangen können. Ich werde mich bei der Personalabteilung darum kümmern, dass Gerry einen Arbeitsvertrag erhält, der als Einstiegsdatum den heutigen Tag vorsieht.

 

Könntest du heute noch der Personalabteilung alle wichtigen Unterlagen zukommen lassen, beziehungsweise, dürfen die Jungs die Bewerbungsunterlagen digitalisieren und direkt weiterleiten, dann könnten Axel und Dennis den fertigen Vertrag bereits morgen von Gerry unterschreiben lassen. Dieter gib den Jungs deine Mailadresse, dann lasse ich dir von der Personalabteilung den Vertrag vorab zusenden.“

 

Dieter legte eine Visitenkarte auf den Tisch und meinte: „Meinetwegen könnt ihr die Unterlagen digitalisieren und an die Personalabteilung weiterleiten. Meine Mailadresse findet ihr auf der Visitenkarte.

 

Gerry willst du gleich hierbleiben und dich von Gregor und Pietro einweisen lassen, dann würde ich dich am späten Nachmittag wieder abholen. Wann ist bei euch morgens der Arbeitsbeginn, damit Gerry morgen pünktlich seine Arbeit antreten kann.“

 

Gerry grinste und erklärte: „Klar bleibe ich gleich hier, dann kann ich morgen gleich richtig einsteigen. Gregor kann mir heute die digitalen Aufträge zeigen und Pietro kann mir das Lager näherbringen, damit ich die benötigten Waren schneller finde. Gibt es für mich bereits einen eingerichteten Arbeitsplatz oder muss der erst noch beschafft werden.“

 

Axel erklärte: „Es gibt einen zweiten Arbeitsplatz, aber der muss erst für dich einge­richtet werden. Ich werde gleich in der IT-Abteilung anrufen und alles veranlassen, dass dein neuer Arbeitsplatz spätestens morgen zur Verfügung steht. Es gibt keinen festen Arbeitsbeginn, die ersten fangen gegen sechsuhrdreißig an und in den Büros sitzen die Mitarbeiter ab etwa acht Uhr.

 

Im Lager ist es besser, bereits sehr früh da zu sein, damit die Jungs auf den Baustellen noch die Ware erhalten können, die sie vergessen haben vorzubestellen. Kommt nicht jeden Tag vor, aber hin und wieder merken sie erst im Laufe des Nachmittags, wenn sie etwas vergessen haben. Wenn sie noch rechtzeitig im Büro anrufen, findest du den digitalen Auftrag frühmorgens bereits im System.

 

Ansonsten wird dir von ihnen ein Papierauftrag vorgelegt, den du abarbeiten und den Warenausgang verbuchen kannst. Bei den vorbereiteten Ausgabescheinen sind alle Informationen für den Warenausgang bereits für die Buchung hinterlegt, bei den Papieraufträgen musst du die Daten selbst erfassen, das wird dir Pietro noch alles zeigen.“

 

Ich hatte zwischenzeitlich kurz mit Philipp gesprochen, er meinte, Bernhard macht sich sofort auf den Weg zu euch, dann kann er den Rechner einrichten und dem neuen Mitarbeiter gleich in die Dokumentenverwaltung einweisen.

 

Nachdem Axel alles erklärt hatte, sagte ich: „Ich habe eine kleine Überraschung für euch, Bernhard wird in Kürze hier auftauchen und Gerrys Computer sofort einrichten und ihn einweisen. Er wird ihm auch in die Dokumentenverwaltung einarbeiten, damit er den Papierkram aus dem Lager selbst archivieren kann und nicht wie bisher alles in die Büros abgegeben wird. Ich werde gleich mit Dieter zu uns ins Büro fahren und wir werden dort unsere Besprechung fortsetzen. Eine Frage habe ich aber noch, wie kommt Gerry ab morgen ins Büro?“

 

Dieter meinte: „Kein Problem, er wird gegen sechsuhrdreißig hier sein. Er wird vorerst mit dem Kleinbus, der die Mitarbeiter in die Gärtnerei fährt, hier abgeliefert und am Nachmittag wieder abgeholt. Falls er mit zu Gregor nach Hause und nicht in die Wohngemeinschaft zurückfährt, muss er nur dem Fahrer sagen, dass er nicht abgeholt zu werden braucht am Nachmittag.“

 

Gregor grinste und erklärte: „Damit können wir gleich morgen anfangen. Ich werde noch heute meinen Eltern erklären, dass ich endlich meinen Traumprinzen wiedergefunden habe und morgen mit nach Hause bringe, um ihnen den jungen Mann vorzustellen. Ich werde ihn danach zu seiner Wohngemeinschaft bringen. Gerry, etwas anderes, wir werden seit Anfang letzter Woche, genauso wie die Mitarbeiter in der Gärtnerei, mit Kantinenessen vom Restaurant im Gutshof versorgt. Was sollen wir für dich mitbestellen?“

 

Er erklärte kurz, was für morgen auf der Auswahlliste stehen würde, und Gerry meinte, ihn würde der Lagerburger interessieren, passend zu seinem Arbeitsplatz.

 

Ich lachte und erklärte: „Gerry, lass dich von dem Namen nicht täuschen, die Bezeichnung hat nichts mit dem Begriff Warenlager zu tun. Den Lagerburger hat unser Chefkoch Sebastian im vergangenen Sommer während des Zeltlagers für die Kids kreiert. Er ist seitdem der Renner unter allen Gerichten, die in den Kantinen, im Jugendhotel, oder als vergünstigter Mittagstisch im Restaurant angeboten werden. Während des Zeltlagers stand er einmal wöchentlich auf dem Speiseplan.“

 

Gregor kicherte und erklärte: „Ich habe mich auch für den Lagerburger entschieden, was das Essen anbetrifft, scheinen wir den gleichen Geschmack zu haben. Dann wird dir sicher schmecken, was meine Mutter für uns morgen Abend auf den Tisch zaubern wird.“

 

Bernhard war inzwischen eingetroffen und meinte: „Ich werde euch jetzt Gerry entführen, damit ich mit ihm gemeinsam seinen digitalen Arbeitsplatz einrichten kann und er morgen bereits erfolgreich mitarbeiten kann. Heute müsst ihr leider noch auf den Luxus verzichten.“

 

Die zwei Jungs verabschiedeten sich ins Lager und ich meinte: „Kann ich mich noch ein paar Minuten mit Gregor unter vier Augen unterhalten. Euch beide, Axel und Dennis will ich nur sagen, passt gut auf Gerry auf, er wird für euch noch ein wichtiger Mitarbeiter werden. Dieter du könntest in der Zwischenzeit schon in mein Büro fahren, ich werde spätestens zehn Minuten nach dir eintreffen. Petra soll Philipp und Marcus davon informieren, dass wir uns gleich in das Gespräch mit der IT-Abteilung stürzen wollen.“

 

Als die drei das Besprechungszimmer verlassen hatten, schaute mich Gregor an und wollte wissen, was ich mit ihm unter vier Augen besprechen will. Ich antwortete: „Auch an dich die Bitte, pass gut auf Gerry auf, aber wichtiger erscheint mir dir zu sagen, sei immer ehrlich zu ihm. Wenn du dein restliches Leben mit ihm verbringen willst, halte dich an meine Worte, ich will keinen unglücklichen Gerry erleben, dem du sein Herz gebrochen hast, aber das hat dir auch schon einer deiner Kollegen erklärt, was dir dann blüht.“

 

Er schaute mich nachdenklich an und sagte: „Kommt das aus dem Zusammenhang heraus, was du eben Axel und Dennis mit auf den Weg gegeben hat, dass Gerry für die Firma ein wichtiger Mitarbeiter werden könne.“

 

Ich nickte nur und verabschiedete mich von Gregor und bat ihn, mich zu informieren, wenn er und Gerry sich geeinigt haben und in die Wohnung einziehen wollen. Ich ging zum Auto, setzte mich hinters Lenkrad und fuhr direkt zum Gutshof. Im Flur wurde ich bereits von Dieter, Philipp und Marcus erwartet. Ich bat sie in mein Büro und verständigte Petra, dass wir während der Besprechung nur in dringenden Notfällen gestört werden wollen.

 

Ich hatte mich kaum zu den dreien in die Besprechungsecke gesetzt als Dieter fragte: „Peter, ich würde gern wissen, was du mit deiner Aussage gemeint hast, als du Alex und Dennis erklärt hast, dass Gerry für die Firma noch einmal wichtig werden würde. Wieder so eine verblüffende Aussage, die ich nicht einordnen kann.“

 

Ich reagierte: „Dieter ich kann dir leider nicht erklären, inwiefern Gerry für die Firma eines Tages wichtig wird, ich habe nur aus den Gesprächen am Vormittag die Erkenntnis gewonnen, dass Gerry irgendwann eine wichtige Rolle spielen wird. Das ist ähnlich wie damals, als Bernhard sich bei uns um eine Ausbildung in der IT-Abteilung beworben hat, da hatte ich auch ein ähnliches Gefühl. Die beiden werden dir sicher bestätigen können, dass Bernhard für die IT ein sehr wichtiger Mitarbeiter geworden ist.“

 

Philipp meinte: „Ich kann das nur bestätigen, er hat das damals nicht so formuliert, wie er es vielleicht bei Gerry von sich gegeben hat. Bernhard ist ein wichtiger Mitarbeiter, er ist unser Spezialist für die Dokumenten- und Bauplanverwaltung und ein absolutes Genie in Sachen Programmierung und Software-Entwicklung. Da kommen selbst Marcus und ich nicht heran, eher in etwa vergleichbar mit Roland, unserem Genie, was das Webdesign betrifft.“

 

Ich meinte: „Lasst uns zum eigentlichen Zweck unserer Besprechung kommen, es geht um einen jungen Mann, der unter dem Asperger-Syndrom leidet, aber ein genialer Programmierer sein soll. Da Bernhard von euch zu den Handwerkern abkommandiert wurde, müssen wir das Gespräch und die Bürobesichtigung jetzt ohne ihn führen. Ich denke wir sollten mit Dieter in eure neuen Büroräume gehen, ihm alles zeigen und die Besprechung dort fortsetzen.“

 

Wir gingen zu den umgebauten ehemaligen Gebäuden, die früher den landwirtschaftlichen Fuhrpark beherbergten und fingen im Erdgeschoß mit der Besichtigung an. Unser erster Weg führte ins Rechenzentrum, dem Herzstück der IT. Marcus erklärte, was hier inzwischen alles untergebracht wurde. Dabei erfuhr Dieter, dass wir inzwischen auch Kundenserver in unserem Räumen stehen hatten, die im Auftrag betreut wurden.

 

Danach gings nach oben in die Büros der IT, wobei Philipp erklärte: „Im Erdgeschoß sind noch Büros, die auch direkten Kundenkontakt haben, vor allem die Immobilienverwaltung und die Vermietungsabteilung. Hier im rechten Büroflügel sitzt der Teil der IT, der Webdesign macht, sowie die Mitarbeiter, die die Netzwerke verwalten.

 

Auf der linken Seite, wo bisher die wenigsten Büros belegt sind, wird zukünftig die Abteilung Dokumenten- und Bauplanverwaltung, sowohl die Weiterentwickelung als auch die Supportabteilung untergebracht. In diesem Bereich rechnen wir mit den höchsten Zuwachsraten, sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Einnahmen innerhalb der nächsten zwei Jahre.

 

Notwendig wurde die Ausgliederung aus der Firmen-IT, weil das Produkt im deutschsprachigen Raum vermarktet wird und die Überschüsse der Stiftung zugutekommen sollen. Bernhard wird nach Abschluss seiner Prüfung der technische Leiter der GmbH und Ludwig der kaufmännische Direktor, für die Vertragsverwaltung mit den Kunden.

 

In den nächsten Tagen erfolgt die Gründung der neuen GmbH, die offiziell Mitte bis Ende Februar ihren Geschäftsbetrieb aufnehmen wird. Die betroffenen Mitarbeiter werden von der GmbH übernommen. Die beiden Räume im Bereich des Treppenhauses sind Besprechungsräume, die von allen genutzt werden können.“

 

Wir gingen in einen der beiden Besprechungsräume und ich bat Dieter um eine erste Einschätzung, wie er die Arbeitsumgebung für den neuen Mitarbeiter sieht.

 

Er schaute uns an und erklärte: „Was ich bisher von euren Büros gesehen habe, zeigt mir, dass ihr mit modernster Technik arbeitet. Da mein neues Sorgenkind ein Software-Genie ist, wird ihm die Arbeitsumgebung sicher gefallen. Ich kann ihn nicht einschätzen, wie er tickt, obwohl er jetzt seit drei Tagen bei uns in der Wohngemeinschaft lebt.

 

Wir sollten dringend in den nächsten Tagen das Bewerbungsgespräch mit Noah Lindner führen, damit nicht nur ich Sicherheit bekomme, sondern auch ihr wisst, ob die Zusammenarbeit mit Bernhard möglich ist.“

 

Philipp meinte: „Morgen wird es wohl nicht gehen, aber am Donnerstag können wir den ganzen Vormittag einplanen. Die meiste Zeit wird Noah wahrscheinlich mit Bernhard zusammen sein, damit der Abschätzen kann, inwieweit, die beiden miteinander klarkommen, in ihrer Zusammenarbeit. Peter, wie sieht es bei dir aus?“

 

Ich schaute alle drei an und sagte: „Ich habe keine wichtigen Termine am Donnerstag, am Vormittag ist bisher nichts geplant. Ich gehe doch davon aus, dass ich nur bei den anfänglichen Gesprächen dabei bin und ihr mich am Ende nur noch braucht, wenn die Entscheidung bei euch gefallen ist. Ich würde nur vorher, am besten morgen, noch ein Vier-Augen-Gespräch mit Bernhard führen. Philipp, sag ihm, dass er morgen früh gegen neun Uhr bei mir sein soll.“

 

Philipp nickte und bestätigte, dass er Bernhard davon informiert, dass er morgen früh bei mir im Büro erscheinen soll. Wir verabschiedeten uns von Dieter bis zum Donnerstag. Marcus fragte, ob ich noch kurz Zeit hätte, er wolle mit mir noch etwas Persönliches besprechen.

 

Während Philipp Dieter nach draußen begleitete, sagte Marcus: „Peter, ich bin mir inzwischen nicht mehr so sicher, ob es Sinn macht Noah als Programmierer ins Team von Bernhard zu holen. Asperger-Syndrom bedeutet doch Autismus. Wenn ich mich richtig informiert habe, sind Autisten in sich gekehrt und haben kaum Kontakt zu anderen Personen.“

 

Ich schaute ihn an und meinte dazu: „Autisten sind mit ihrem Wissen Spezialisten, die Problem damit haben mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. Bei dem Vorstellungsgespräch mit Noah, versuchen wir herauszufinden, ob Bernhard als Bezugsperson für ihn in Frage kommt. Sollte das so sein, ist in fast allen Fällen eine gute bis sehr gut Zusammenarbeit möglich.

 

Bernhard kann ihn meines Erachtens mit seinen Aufgaben zur Programmierung für die Dokumentenverwaltung gut fordern und wenn beide auf einer Ebene kommunizieren können, wäre Noah eine absolute Bereicherung für die IT-Abteilung. Dieter ist sich bewusst, dass das Experiment schiefgehen kann und er dann woanders nach einem Arbeitsplatz für sein Sorgenkind suchen darf. Ich bin trotzdem erst einmal optimistisch, dass Noah und Bernhard das hinbekommen.“

 

Als Philipp wieder den Besprechungsraum betrat, sagte er: „Hat dich Marcus mit seinen Bedenken zur Einstellung von Noah konfrontiert und wie stehst du zu seinen Aussagen?“

 

Bevor ich antworten konnte, erklärte Marcus: „Peter hat mir erklärt, dass er in der Mitarbeit von Noah Vorteile für die Weiterentwickelung der Dokumenten- und Bauplanverwaltung sieht, unter der Voraussetzung, dass Bernhard und Noah eine gemeinsame Kommunikation aufbauen können. Wobei er zumindest optimistisch ist, dass die beiden Jungs genau das schaffen werden.

 

Am Donnerstag werden die zwei sich beschnuppern und versuchen die Kommunikation aufzubauen. Sollt es nicht laufen, wird sich Dieter für sein Sorgenkind einen anderen Arbeitgeber suchen müssen. Willst du morgen mit Bernhard deswegen ein Vorgespräch führen, damit er am Donnerstag mit der richtigen Einstellung, sich an dieses beschnuppern heranwagt.“

 

Ich grinste: „Da liegst du nicht vollständig daneben, aber mir ist wichtiger, dass Bernhard unverkrampft an die Sache herangeht. Dass ist das, worüber ich morgen mit ihm sprechen will. Er soll Noah vor allem unvoreingenommen entgegentreten, anders kann sich keine richtige Kommunikationsbeziehung zwischen den beiden aufbauen. Ich persönlich schätze Bernhard so ein, dass er das sicher auf die Reihe bekommt. Das hat er uns bereits in den letzten gut zweieinhalb Jahren gezeigt.“

 

Philipp meinte: „Ich denke wir sollten einfach abwarten, wie sich am Donnerstag die Zusammenarbeit und die Kommunikation zwischen Bernhard und Noah entwickelt. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass die beiden auf einer Ebene zusammenkommen, die eine Beschäftigung als Programmierer in unserem Unternehmen ermöglicht.“

 

Damit beendeten wir unsere Nachbetrachtung unserer Gespräche mit Dieter und ich ging wieder ins Gutshaus in mein Büro. Ich betrat Petras Büro und sie erklärte sofort: „Peter, kannst du mir erkläre, was heute für ein Tag ist, heute war es so ruhig, als wären wir noch in der Weihnachtspause. Vor zwei Stunden kam ein einziger Anruf aus dem Allgäu für dich, er wollte den Chef der Stiftung sprechen.

 

Als ich erklärte, dass du die nächsten Tage schwer zu erreichen bist, weil du viele Termine, auch auswärts hast, wollte er mit einem kompetenten Mitarbeiter der Stiftung sprechen. Ich habe das Gespräch deswegen an Ludwig weitergeleitet, der eine halbe Stunde später einen dreistündigen Termin für morgen früh um neun Uhr eingetragen hat.

 

Ich gehe davon aus, dass er dich morgen bei diesem Termin über das Gespräch mit dem Anrufer aus dem Allgäu informieren will. Was mich wundert, dass er seinen Großvater und Felix ebenfalls zu diesem Termin eingeladen hat. Es war auf alle Fälle kein Anwalt oder Notar, der angerufen hat, so hat er sich nicht angehört mit seinem Dialekt.“

 

Ich erklärte: „Ich kann dir nicht sagen, warum es heute ausnahmsweise so ruhig war. Vielleicht liegt es auch daran, dass die die meisten Mitarbeiter wissen, dass ich die nächsten Tage viel beschäftigt bin und in der Zeit einen Termin zu bekommen, sehr schwierig sein kann. Die Jungs wissen, dass sie mich abends zu Hause, persönlich oder mit ihren Anrufen nerven können, wenn es etwas wirklich Dringendes ist.

 

Dann lasse ich mich morgen einfach davon überraschen, was Ludwig mit dem mysteriösen Anrufer besprochen hat. Wenn er Gerhard zum Termin eingeladen hat, kann ich mir nur vorstellen, dass er ein Angebot erhalten hat, dass die Stiftung etwas übernehmen soll. Bei unserer aktuellen Situation bei den Rücklagen in der Stiftung, kann ich mir durchaus vorstellen, dass ihm ein größeres Objekt  angeboten wurde.

 

Zumindest unser Termin bei den Handwerkern war sehr erfolgreich, wir haben für das Lager einen gut ausgebildeten Logistiker von der Lebenshilfe bekommen. Kurioserweise hat sich der junge Mann als Schwuler geoutet, nachdem Dennis ihm offen erklärt hat, dass er mit Axel verbandelt ist. Aber das war noch nicht alles, was herausgekommen ist. Gerry, so heißt der junge Mann, wollte unbedingt mit dem Mitarbeiter sprechen, der für die digitalen Auslagerungsaufträge zuständig ist.

 

Der wiederum ist einer der neuen Mitarbeiter, der in den letzten Monaten neu bei den Handwerkern angefangen hat. Gregor, erkannte Gerry wieder, die beiden hatten sich vor etwa eineinhalb bis zwei Jahren, kurz bei unserer schwulen Jugendgruppe getroffen. Als er ihn danach befragte, bestätigte Gerry, dass er dort gewesen sei und Gregor ihm damals sehr angenehm aufgefallen sei.

 

Er wollte bei seinem nächsten Besuch bei der Jugendgruppe Gregor ansprechen, zu einem weiteren Zusammentreffen ist es jedoch nie gekommen, da Gerry einige Tage später von einer Gruppe homophober Jungs zusammengeschlagen wurde und lange Zeit im Krankenhaus verbrachte. Er hat noch immer mit den Folgen zu kämpfen und hat sich nach eigenen Angaben, nicht mehr getraut, die schwule Jugendgruppe zu besuchen, da er befürchtete, dass er dort als körperlich Behinderter nicht erwünscht sei.

 

Ich schickte die beiden Jungs los, damit Gregor Gerry seinen weiteren Kolleginnen und Kollegen im Büro vorstellen könne. Als die beiden händchenhaltend wieder ins Bespre­chungszimmer zurückkamen, meinte Dennis frech, ob sie bereits Heiratspläne hätten. Dieter schaute mich nur kurz an und meinte, ich soll doch den Jungs das Angebot unterbreiten, dass ich vorher mit ihm, Axel und Dennis besprochen hatte.

 

Ergebnis des Vorschlags, wir haben mit den beiden Jungs die noch leerstehende zweite Wohnung im Bürogebäude besichtigt und ich habe den Handwerkern sofort einen Sanierungsauftrag für diese Wohnung erteilt. Vermutlich werden die beiden Jungs in den nächsten drei bis vier Monaten dort einziehen.“

 

Petra lacht und sagte: „Peter, ich wundere mich nicht mehr, wenn du wieder einmal als Samariter für queere junge Menschen in Erscheinung trittst. Das ist bei dir so selbstver­ständlich, wie bei anderen Leuten die tägliche Körperpflege.“

 

Ich unterbrach sie und meinte: „Blöd ist nur, dass ich vor wenigen Minuten mit Marcus und Philipp vereinbart habe, dass Bernhard morgen um neun Uhr in meinem Büro erscheinen soll, da ich mich mit ihm über einen weiteren Mitbewohner der Lebenshilfe unterhalten will, der demnächst in der IT-Abteilung als Programmierer anfangen soll. Ich vermute, dass du Ludwig und den anderen Teilnehmern den Neun-Uhr-Termin bereits bestätigt hast.“

 

Petra betätigte, dass sie den Termin Gerhard, Felix und Ludwig gegenüber bereits betätigt hat. Ich meinte: „Petra, reservier mir bitte die Zeit ab dreizehn Uhr für den Termin mit Bernhard, du kannst da ruhig auch drei Stunden einplanen. Am Donnerstagvormittag findet das Einstellungsgespräch mit dem Bewerber für die IT-Abteilung statt, das kannst du ebenfalls im Terminplaner hinterlegen. Der Freitagstermin mit der Telefonkonferenz wegen des Zeltlagers an der Ostsee sollte bereits eingetragen sein.“

 

Ich meinte noch zu Petra, dass sie mir heute Nachmittag nur noch dringende Gespräche durchstellen soll, da ich mich gleich noch mit Klaus zusammensetzen will und mit ihm einige kurzfristig notwendige Angelegenheiten besprechen will. Danach ging ich in mein Büro und kaum saß ich an meinem Schreibtisch, tauchte Felix bei mir auf und wollte eine Auskunft von mir haben.

 

Er erklärte mir: „Ich habe vor einer Stunde eine Mail von Axel mit einer Reihe von Unterlagen erhalten, in der er mich aufforderte bei der Obermeier GmbH eine weitere Wohnung anzulegen, die demnächst saniert und vermietet werden soll. Sie seien bereits dabei den Sanierungsumfang festzulegen, können ihn aber ohne Stammdaten nicht erfassen. Kannst du mir sagen, wo die weitere Wohnung plötzlich herkommt.“

 

Ich lachte und erklärte: „Die Wohnung gibt es schon seit vielen Jahren, sie wurde bisher nicht ins System aufgenommen, weil sie lange Zeit als Reserve bei den Büroflächen angedacht war. Heute Vormittag haben wir beschlossen, sie jetzt doch als Mitarbeiterwohnung zu nutzen, da durch die fortschreitende Digitalisierung bei den Handwerken die Büros jetzt mit drei Mitarbeitern besetzt werden können. Da Edi inzwischen endgültig ausgeschieden ist, nutzen Dennis und Axel gemeinsam sein ehemaliges Büro, was wiederum zu zwei weiteren freien Büroräumen geführt hat.

 

So wie es aussieht haben wir ein weiteres schwules Pärchen, die beide im Handwerksbetrieb arbeiten und die vermutlich nach der Sanierung die Wohnung gemeinsam beziehen werden.“

 

Felix schaute mich an und sagte: „Wer der eine Mitarbeiter sein könnte, kann ich mir vorstellen, ich habe ihn bei der Weihnachtsfeier kennengelernt. Er arbeitet im Büro und bereitet die Materialbestellungen und die Bereitstellung der Materialien für die Elektriker vor. Wenn mich nicht alles täuschte, sollte das Gregor sein. Mir fällt aber kein weiterer Mitarbeiter bei den Handwerkern ein, der ebenfalls schwul sein könnte.“

 

Ich erklärte ihm: „Den kannst du auch noch nicht kennen, weil er erst seit heute bei den Handwerkern ist. Wir hatten heute Vormittag einen Vorstellungstermin für einen neuen Mitarbeiter im Lager und als Gregor und der neue Mitarbeiter Gerry aufeinandergetroffen sind, hatte ich gleich ein komisches Gefühl. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sich die beiden Jungs vor etwa eineinhalb Jahren zum ersten Mal in der Gruppenstunde der schwulen Jungs gesehen haben.

 

Gerry hat das auch sofort bestätigt und erklärt, dass er sich schon damals in Gregor verknallt hatte. Nur ist er nie wieder bei den Gruppentreffen aufgetaucht, weil sein mangelndes Selbstvertrauen und der tätliche Angriff auf ihn, keine weiteren Besuche zugelassen haben. Du kannst die Wohnung anlegen, damit die Jungs mit der Planung anfangen können. Die Sanierungskosten werden von der Obermeier GmbH getragen, da sie die Eigentümerin der Immobilie ist.“

 

Felix grinste und ging in sein Büro zurück mit der Bemerkung, dann werde ich alles vorbereiten, dass die Sanierung unverzüglich geplant werden kann. Für Gleichgesinnte machen wir doch alles möglich.

 

Ich rief bei Klaus an und fragte ihn, ob er Zeit für mich hätte, da wir in der Angelegenheit, eigenständige GmbH für die Dokumenten- und Bauplanverwaltung so langsam in die Gänge kommen sollten, wenn die Firma spätestens Anfang März der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Er meinte, er wäre in fünf bis zehn Minuten bei mir und würde seine Unterlagen mitbringen.

 

Während ich auf ihn wartete, klingelte mein Smartphone. Ich sah, dass Bernhard mit mir sprechen wollte und nahm den Anruf entgegen. Ich begrüßte ihn und erklärte: „Falls dich Philipp schon von unserem Termin informiert hat, der findet jetzt nicht am Vormittag, sondern erst am Nachmittag statt, da Petra und Ludwig mir einen Termin mit der Stiftungsverwaltung untergejubelt hat.“

 

Bernhard lachte und sagte: „Philipp hat mich schon informiert, kein Thema, die Besprechung mit mir findet erst am Nachmittag statt. Ich rufe dich aber nicht deswegen an, ich würde mich gern mit Gerry und Gregor und mit dir zusammensetzen. Am liebsten wäre uns, wenn wir uns heute, so kurz nach siebzehn Uhr bei dir treffen können. Mit den beiden Jungs habe ich das bereits abgesprochen und Gregor würde Gerry auch nach Hause bringen.“

 

Ich meinte: „Wenn dir der Termin so wichtig ist, nehme ich mir die Zeit für dieses Gespräch. Ich erwarte euch so kurz nach siebzehn Uhr bei mir im Büro. Gleich kommt Klaus zu mir zu einer Besprechung wegen der Dokumenten- und Bauplanverwaltung. Darüber werden wir beide morgen ebenfalls reden.“

 

Kaum hatte ich aufgelegt, als Klaus in mein Büro eintrat und sich in die Bespre­chungsecke setzte. Ich setzte mich zu ihm und fragte: „Klaus, langsam, aber sicher kommt der Endspurt. Wie weit bist du mit den Vorbereitungen des Vertrages für die GmbH?“

 

Klaus antwortete: „Der Vertrag ist so weit fertig, wir müssen nur noch das Stammkapital festlegen. Ich hoffe es bleibt dabei, dass Eigentümer der neuen Firma die Stiftung ist. Bleibt es bei deiner Androhung, dass ich als Geschäftsführer und Bernhard und Ludwig jeweils als Prokuristen für die Gesellschaft eingesetzt werden sollen?“

 

Ich schaute ihn an und sagte: „Das Bernhard und Ludwig als Prokuristen feststehen liegt in der Natur der Sache, Bernhard als technischer Prokurist und Ludwig als der Kaufmann. Wenn du die Aufgabe als Geschäftsführer nicht übernehmen willst, was ich gut verstehen kann, werde ich wie bei vielen Firmen den Posten des Geschäftsführers übernehmen, mit einem kleinen Unterschied, dass ich mir wie üblich kein Gehalt zahlen werde. Alles, was ich in Anspruch nehmen will, ist die Übernahme der verauslagten Kosten, oder eventuell anfallende Reisespesen.

 

Bei der Bank trittst du jedoch wieder als derjenige auf, der sämtliche Zahlungen mit einem Geschäftsführer oder Prokuristen absegnet, Ausnahmen gibt es nur, wenn du Krank oder in Urlaub sein solltest. Letztendlich entscheidest du, ob du den Posten als Geschäfts­führer annimmst.“

 

Klaus meinte: „Ich bin durch und durch Buchhalter und Steuerberater, deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mich gut als Geschäftsführer eigne. Wenn du kein Problem damit hast in einem weiteren Unternehmen als Geschäftsführer aufzutreten, bist du die besser geeignete Person für diesen Posten. Alternativ kann ich dir nur vorschlagen, deinen Sohn Philipp als Geschäftsführer einzusetzen, immerhin hat er die fachliche Qualifikation, wenn es um IT geht.“

 

Ich antwortete: „Die fachliche Qualifikation ist sicher vorhanden, da zweifle ich nicht, aber er ist zusammen mit seinem Kollegen Siegfried Leinweber für die Leitung der IT-Abteilung zuständig. Da wir die Dokumenten- und Bauplanverwaltung aus dem Bereich IT ausgliedern und als eigenständige Firma führen, würde sich Siegfried benachteiligt sehen, wenn ich Philipp als Geschäftsführer bestelle.

 

Bevor ich hier große Diskussionen in Gang setze, werde ich den Posten des Geschäftsführers übernehmen, vielleicht kann Ludwig über kurz oder lang in diese Position hineinwachsen. Das würde ich zumindest als langfristiges Ziel sehen.

 

Klaus kannst du für nächste oder übernächste Woche einen Termin beim Notar für die Beurkundung der Gründung der GmbH beantragen. Dazu einen Termin bei der Bank, bei der sämtliche Konten der Stiftung liegen, für die Kontoeröffnung mit allem, was wir für die neue Firma brauchen werden. Gleichzeitig werden wir das Stammkapital auf das Konto überweisen.

 

Ich werde mit Bernhard nachher noch besprechen, inwieweit die Kunden- und Vertragsverwaltung vorbereitet ist, damit Ludwig mit der Erfassung der Kunden und Verträge starten kann. Es hilft nichts, wenn wir Anfang März starten und können die Dienstleistungen nicht bei den Kunden abrechnen.

 

Ist in der Buchhaltung der neue Mandant schon angelegt, denn das wäre eine Grund­voraussetzung, dass wir Erträge generieren und Gelder einziehen können.“

 

Klaus antwortete: „In Grundzügen haben wir einen neuen Mandanten, der über die Stiftung konsolidiert wird, bereits angelegt. Was noch fehlt ist der endgültige Firmenname, den wir auch für den Gründungsvertrag brauchen.

 

Es gibt einige Vorschläge, wir haben aber bisher keinen Firmennamen festgelegt. Zur Auswahl stehen, Gutshof Software GmbH, Sonneneck Software GmbH, Maurer Software GmbH und Bauplan-Soft GmbH. Ich habe mir gestern noch überlegt, ob wir sie nur DoBaSo GmbH nennen, im Grunde genommen eine Abkürzung von dem sperrigen Begriff Dokumenten- und Bauplanverwaltungs-Software GmbH.“

 

Ich lachte und erklärte: „Das ist es doch, wir sollten auf so eine Abkürzung zurück­greifen, ich hätte da noch so eine verrückte Kurzform. Wie wäre es mit DoPlaSo GmbH, klingt genauso abgefahren. Klaus, stelle diese beiden zur Abstimmung mit dazu und informiere alle, dass wir bis Freitag eine Entscheidung haben wollen.“

 

Klaus grinste und sagte; „Okay, ich werde mich gleich um den Punkt, aber auch um den Notar- und Banktermin kümmern. Bernhard soll auf mich zukommen, wenn er mit Ludwig seine Verwaltungssoftware testen will, kannst du ihm das bitte ausrichten.“

 

Ich schaute Klaus an und brachte ihn auf den neuesten Stand: „Vermutlich wird er übermorgen einen neuen Programmierer in sein Team aufnehmen können. Er ist zwar in Sachen Programmierung ein Wunderkind, aber mit seinem Asperger-Syndrom leicht gehandicapt. Ich hoffe jedenfalls, dass die zwei Jungs arbeitstechnisch harmonieren.

 

Was uns dann noch fehlt wären ein oder zwei Mitarbeiter im Support für die Dokumenten- und Bauplanverwaltung. Die neuen Auszubildenden kommen erst im September und werden am Anfang noch keine große Hilfe sein. Ausgeschrieben ist die Stelle seit Mitte Dezember aber wir haben bisher nur wenig Bewerbungen.“

 

Klaus verabschiedete sich und ging zurück in sein Büro. Ein Blick auf mein Smartphone zeigte mir, dass ich keine große Sache mehr in Angriff nehmen sollte, da es bereits kurz vor siebzehn Uhr war und die drei Jungs in kurzer Zeit bei mir im Büro auftauchen würden.

 

Es wurde dann doch siebzehnuhrfünfzehn, bis die Jungs auftauchten und wir uns in die Besprechungsecke setzten. Bernhard meinte: „Tut mir leid, dass wir später hier sind, dafür ist der Vorschlag, den wir dir unterbreiten wollen, mit Dennis, Axel und Pietro abgestimmt.“

 

Ich blickte die drei an und überlegte, was sie mir jetzt vorschlagen könnten. Bernhard sprach weiter: „Könntest du dir vorstellen, dass Gerry den Meister Fachlogistik mit unserer Unterstützung machen kann und im Anschluss daran, die Leitung der Logistikabteilung übernimmt? Axel und Dennis haben bereits zugestimmt, unter der Voraussetzung, dass du dem Vorschlag zustimmst. Wir haben sogar mit Pietro darüber gesprochen, da die beiden Chefs eigentlich ihm den Vorschlag machen wollten. Pietro meinte dazu, dass Gerry wohl besser geeignet sei, das habe er in den wenigen Stunden, die er jetzt hier ist, bereits feststellen können.“

 

Die drei schauten mich an und warteten auf meine Reaktion. Es dauerte etwas bis ich mich äußerte: „Grundsätzlich spricht nichts dagegen, aber wie seid ihr überhaupt auf diese Idee gekommen?“

 

Bernhard grinste und erwiderte: „Peter, ganz einfach, ich habe Gerry seinen Rechner eingerichtet und ihn in die Dokumentenverwaltung eingearbeitet. Ich habe noch keinen Mitarbeiter erlebt, der das so schnell kapiert hat.

 

Wir haben dann noch ein paar der elektronischen Auslagerungsaufträge abgearbeitet und Gerry hat mir erklärt, dass so wie es momentan ist, kein effektives Abarbeiten der elektronischen Liste möglich ist, wenn die Liste alphabetisch nach Warenbezeichnungen sortiert ist. Effektiver wäre es, wenn als Sortierungsbegriff der Lagerplatz verwendet wird, weil dann die Wege kürzer wären, um einen Auftrag fertigzustellen und er zusätzlich noch Zeit einsparen würde.

 

Der nächste Punkt war sein Hinweis, dass wir auf den Lieferscheinen den Platz angeben sollen, wo das vorbereitete Material zur Abholung bereitgestellt werden soll. Gerry meinte dazu, dass das einfach sei, da die Plätze für die Bereitstellung im System angelegt seien und von der Arbeitsvorbereitung eingetragen werden, aber eben nicht auf dem Schein ausgedruckt wird.

 

Zwei Verbesserungsvorschläge schon am ersten Arbeitstag, die die Arbeit im Lager rationalisieren, haben mich hellhörig gemacht. Ich habe ihn deshalb gefragt, ob er sich vorstellen kann, als Logistiker, mit einem Meistertitel, den gesamten Logistikbereich der Gutshofgruppe zu betreuen.

 

Genau das hat auch Axel und Dennis überzeugt, damit sie zugestimmt haben, wobei sie mir augenzwinkernd erklärten, dass du zu ihnen gesagt hättest, sie sollten gut auf Gerry aufpassen, weil du der Meinung bist, dass er für die Firma noch einmal wichtig sein würde. War das wieder so eine Eingebung, die du schon bei mir hattest. Wahrscheinlich hattest du nicht erwartet, dass es so schnell gehen könnte.“

 

Ich grinste und meinte: „Ehrlich gesagt, ich hatte nicht damit gerechnet, dass heute schon etwas geschieht, aber ich war mir sicher, dass es nicht lange dauern wird. Bei dir hatte es auch nur wenige Tage gedauert, bis Philipp und Marcus deinetwegen auf mich zugekommen sind und du der Spezialist für die Dokumentenverwaltung wurdest.

 

Für Gerry gilt das gleiche wie für Axel und Dennis, die Firma übernimmt alle Kosten für die Meisterschule, wenn er sich verpflichtet nach Erreichen des Meistertitels mindestens weitere fünf Jahre im Unternehmen zu bleiben. Ansonsten muss er einen Teil der Gesamt­kosten zurückzahlen, dass gilt jedoch nicht, wenn er unverschuldet aus dem Unternehmen ausscheiden muss. Gerry, ich hoffe, dass Bernhard dich nicht überrumpelt hat, mit seinem Vorstoß.“

 

Gerry lachte und erklärte: „Im Grunde genommen hat er mich schon etwas überrumpelt, aber nachdem Axel und Dennis ihre Zustimmung erteilt haben, gefällt mir der Vorschlag umso besser. Ich werde mich bemühen, meinen Meistertitel so schnell wie möglich abzuschließen.“

 

Gregor sagte dazu: „Gerry, ich werde dich beim Lernen unterstützen, das ist doch selbstverständlich. Peter, Gerry und ich haben uns bereits entschieden, wir wollen gemeinsam in die freie Wohnung über den Büros einziehen. Was mich aber interessieren würde, woher wusstest du bei Gerry und Bernhard, dass sie für die Gutshofgruppe eines Tages sehr wichtig sein können?“

 

Ich antwortete: „Gregor, ich kann das nicht vernünftig erklären, es gibt immer wieder Situationen, da fühle ich, dass mein Gegenüber nicht mit offenen Karten spielt, das ist auch so ein Punkt, den ich nicht einfach erklären kann. Auch dafür gibt es genügend Beispiele. Erst vor gut zwei Wochen, war es Pit, der sich bei uns als Gärtner beworben hatte, aber im Vorstellungsgespräch, alles unternahm, damit wir ihn nicht einstellen würden. Immerhin hat er in einem persönlichen Gespräch eingeräumt, dass er zu dieser Bewerbung gezwungen wurde.

 

Genauso verhält es sich mit dem Gefühl, dass der Mitarbeiter eines Tages für die Firma wichtig sein soll. Es gibt noch ein weiteres Phänomen, dass ich keinem Menschen erklären kann. Darüber kann dir aber Bernhard sicher besser Auskunft geben als ich.“

 

Die zwei Jungs schauten Bernhard an, der wohl noch überlegte, was ich wohl meinen würde. Plötzlich antwortete er: „Peter, du sprichst wohl auf das erste Zusammentreffen mit Benjamin an, wo du dir sofort sicher warst, dass wir beide ein Paar werden würden. Wir waren uns noch gar nicht so sicher, vor allem ich, weil ich bis dahin immer davon ausgegangen bin, dass ich ein lupenreiner Hetero bin.

 

Wir beide hatten es plötzlich auch besonders eilig eine gemeinsame Wohnung zu beziehen. Bei euch beiden sieht es so aus, als dass ihr damit in meine und Benjamins Fußstapfen treten würdet. Wobei, bei uns beiden war es einfacher, ich hatte wenige Tage vorher bereits eines der Appartements im Gesindehaus bezogen und Benjamin ist bei mir mit eingezogen.

 

Wir waren aber nicht die einzigen zu der Zeit, Benjamins Bruder Christian und Ludwig, die im Appartement neben uns wohnen, hat das gleiche Schicksal ereilt. Auch dort wusste Peter schon vor den Jungs, dass die zwei Jungs zusammengehören und kurzfristig zusammenziehen. Es gibt sicher noch mehr Beispiele, wo Peter Dinge sieht, von denen die Betroffenen zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung haben.“

 

Es klopfte und Thomas betrat mein Büro und meinte: „Ich habe noch Licht in deinem Büro gesehen und habe beschlossen deinen Arbeitstag für heute zu beenden. Soweit ich informiert bin, sind wir heute zuständig für die Vorbereitung des Abendessens. Eigentlich solltest du längst in der Küche stehen, damit unsere Jungs nicht verhungern.“

 

Ich lächelte und erklärte: „Thomas, mein Schatz, mag ja sein, aber meine Mitarbeiter sind genauso wichtig wie das Abendessen. Darf ich dir unser neuestes schwules Pärchen bei den Handwerkern vorstellen. Da haben wir zum einen Gregor Poschinger, er arbeitet in der Obermeier GmbH als Arbeitsvorbereiter und Einkäufer bei den Elektrikern und ist seit Anfang Oktober dort beschäftigt.

 

Neu seit heute ist Dieters Schützling Gerald Miller, der seit heute als Fachlogistiker bei uns beschäftigt ist. Er will aber lieber als Gerry angesprochen werden. Er hat Bernhard mit seiner schnellen Auffassungsgabe derart imponiert, dass er ihn gleich als zukünftigen Chef der Logistik sieht und ihm vorgeschlagen hat den Meistertitel in Fachlogistik zu erwerben.

 

Da Axel und Dennis, aber auch der Mitarbeiter im Lager der gleichen Meinung waren, hat Bernhard um ein dringendes Gespräch gebeten. Sie sind vor zwanzig Minuten ins Büro gekommen und haben mir diesen Vorschlag unterbreitet. Ich habe den Vorschlag angenommen und Gerry wird demnächst mit der Meisterschule beginnen.

 

Gleichzeitig haben mir die beiden Jungs erklärt, dass sie meinen Vorschlag von heute Vormittag annehmen und gemeinsam in die zweite Wohnung im Bürogebäude der Handwerker einziehen wollen. Dieter sieht darin kein Problem, nachdem ihm nach dem Outing die Erkenntnis kam, dass Gerry von seinen Eltern nicht wegen seiner leichten Behinderung abgeschoben wurde, sondern wohl eher, weil er schwul ist.

 

Ich wollte das Gespräch gerade beenden, als du mein Büro gestürmt hast. Keine Angst, du wirst schon nicht verhungern, wenn es unser Abendessen heute ein paar Minuten später geben wird.“

 

Gerry schaute mich an und sagte: „Die Vermutung, was die Einstellung meiner Eltern angeht, hatte ich auch schon. Sie haben mir gegenüber immer nur davon gesprochen, dass ich in der Lebenshilfe mit meiner leichten Behinderung besser aufgehoben wäre, da sie sich nicht so intensiv um mich kümmern könnten. Ich befürchte, Dieter liegt mit seiner Vermutung richtig.

 

Wenn ich das mein Schatz, richtig interpretiere, seid ihr beide ebenfalls ein Paar. Was ich aber nicht verstehe ist die Ansage, dass eure Jungs verhungern könnten. Kann mir das einer erklären?“

 

Bernhard lachte und sagte: „Gerry du vermutest richtig, Thomas und Peter sind ein glückliches Ehepaar. Peter und Thomas haben insgesamt vier Kinder, zwei stammen aus Peters Ehe mit seiner verstorbenen Frau Gabi und zwei Jungs haben die beiden adoptiert. Die beiden letztgenannten gehen noch zur Schule und leben bei den beiden.

 

Dazu kommen noch Felix und ein weiterer Dennis, die bei ihnen im Gästezimmer untergekommen sind bis im Sommer die neuen Wohnungen im Gutshofgelände fertiggestellt sind. Seine beiden älteren Kinder leben ebenfalls im Gutshaus und sind verheiratet, Martina ist mit Christoph verheiratet und sie haben zwei süße Kinder, Kevin und Katharina. Sein Sohn Philipp ist seit Ende November mit seinem Marcus verheiratet.

 

Bevor ich es vergesse, bis zum vergangenen Wochenende gab es noch Florian als Pflegekind, der jetzt bei seinen Adoptivväter Manuel und Daniel im Verwalterhaus lebt. Dazu haben Peter und Thomas derzeit noch drei Pflegekinder im Alter von fünfzehn bis siebzehn Jahren, wovon einer bei seinem Sohn im Gästezimmer untergebracht ist und die beiden anderen leben ebenfalls in der Wohngemeinschaft im Verwalterhaus.

 

Gerry schaute uns an und gab von sich: „Das hätte ich niemals vermutet, dass Peter schwul ist und mit einem Mann verheiratet ist. Dass er vier Kinder hat, das kann ich mir eher vorstellen. Mit allem, was ich bis jetzt von ihm gehört habe, verstehe ich so langsam, dass er zu den Menschen gehört, die sich für alle benachteiligte Menschen einsetzen.“

 

Ich erklärte: „Gerry, wenn du wirklich meine große Familie kennenlernen willst, lade ich dich und Gregor gerne zu einem Zusammentreffen ein. Ich denke, wir sollten uns am Sonntag nachmittags bei uns in der Wohnung, hier im Gutshaus in der ersten Etage, zum Kaffee treffen. Ist euch vierzehn Uhr angenehm? Ansonsten würde ich sagen, wir beenden unser nettes Gespräch an dieser Stelle und plaudern gegebenenfalls am Sonntag weiter, nicht dass ich am Ende als Rabenvater beschimpft werde, weil ich meine Kinder verhungern lasse.“

 

Alle lachten über meine letzten Satz und Gerry erklärte: „Es freut mich, wenn ich deine große Familie am Sonntag kennenlernen darf. Gregor, du kommst doch sicher auch mit.“

 

Gregor bestätigte, dass er am Sonntag zusammen mit Gerry zu uns zum Kaffee kommen wird. Die drei Jungs standen auf und verabschiedeten sich von Thomas und mir und verließen das Büro. Ich ging an meinen Schreibtisch und beendete alle Programme an meinem Notebook und schaltete ihn aus.

 

Thomas hatte bereits die Tür zum Flur geöffnet und mein Büro verlassen. Ich löschte das Licht und versperrte mein Büro. Gemeinsam ging es nach oben in unsere Wohnung. Unterwegs erklärte ich Thomas, dass ich für den Sonntag die ganz große Gutshoffamilie einladen werde und wir zum Kaffeetrinken das Nebenzimmer im Restaurant nutzen werden.

 

Thomas lachte und meinte: „Da werden die beiden aber überrascht sein, wenn du ihnen die gesamte Gutshoffamilie präsentieren wirst, vor allem wenn alle zusagen.“

 

Unser erster Weg führte uns in die Küche, wo wir sofort das Abendessen vorbereiten wollten. Mit Erstaunen stellten wir fest, dass David und Tobias bereits dabei waren, das Abendessen vorzubereiten und wir uns nur noch an den gedeckten Tisch setzen durften. Während das Essens erklärte ich den Jungs meinen Plan für Sonntag mit der Überraschung für Gerry und Gregor, wobei ich ihnen erklärte, dass beide schwul seien und sich vor knapp zwei Jahren zum ersten Mal bei einem Gruppentreffen der Jugendgruppe über den Weg gelaufen sind.

 

Leider kam Gerry danach nie wieder zu einem Treffen, da er nur kurze Zeit später, brutal zusammengeschlagen wurde. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus und der Reha traute er sich nicht mehr zum Treff, wegen seiner leichten körperlichen Behinderung, einer Folge der brutalen Misshandlung. Heute Vormittag sind sich die beiden nach fast zwei Jahren im Büro der Handwerker wieder über den Weg gelaufen und sofort hat es wieder gefunkt bei den beiden Jungs.

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