Manny 4 – Türchen 9

„Wie wäre es, wenn wir auch zum Flughafen fahren, darüber würde sich deine Großmutter sicher freuen.“

„Aber Noah…?“

„Für den wäre es auch ein neues Erlebnis, etwas was er noch nicht gesehen hat. Du weißt selbst, der Junge muss mehr raus, mehr von seiner Umwelt kennen lernen.“

Levi ließ sich wieder zurück gleiten und seufzte.

„Du hast ja Recht. Ich habe ja selbst erlebt, wie sich Noah verändert, seit er mehr Kontakt nach draußen hat.“

Er überlegte kurz.

„Meinst du, wir bekommen das hin, du weißt, er schläft um diese Zeit schon.“

„Das lass mal meine Sorge sein, du solltest dich aber mit deiner Tante kurz schließen, damit sie Bescheid weiß.“

„Okay…“, er gähnte, „steht noch etwas an…, ich bin müde.“

Ich lächelte.

„Dann lass uns mal schnell ins Bett gehen, bevor du mir hier auf der Couch einschläfst.“

*-*-*

Nach ausgiebigen Kuscheleinheiten und dem morgendlichen Sport, war ich auf dem Weg nach unten in die Küche. Levi hatte mit Ella das Haus bereits verlassen. Sie hatte mir am Abend vorher anvertraut, dass dieser Robert, so etwas, wie ihr Freund wäre, es aber Levi noch nicht sagen wollte.

Ich hatte dieses Thema bewusst nicht mehr angesprochen, denn es passte einfach nicht ins Gespräch. Von Ella hatte ich auch erfahren, warum sie sich so schnell mit Robert anfreundet hatte, der zwei Monate vorher neu in die Klasse gekommen war.

Seine Eltern waren aus beruflichen Gründen, in diesen Stadtteil gezogen, sogar nur drei Straßen weiter, und bewohnten wie wir ein kleines Häuschen dort. Wie Ella hatte Robert einen Bruder, der dasselbe Schicksal teilte, wie Noah,

Mir war dieser Junge auch schon ein paar Mal aufgefallen, wenn ich Ella von der Schule abholte. Einen Kopf größer als der Rest und blonden Lockenkopf, fiel er eben auf, auch wenn ich bis dahin nicht wusste, dass es Robert war.

Irgendwie würde ich das Levi schon beibringen, dass Ella ihren ersten Freund hatte. Aber es machte mich auch mächtig stolz, dass Ella mir so vertraute und mir das alles erzählt hatte. Die ersten Bauarbeiter trafen ein und so war ich froh, in der Küche anzukommen.

„Morgen Sofia.“

„Morgen Marcus!“, lächelte mich unsere Köchin an.

Ich ließ mir einen Kaffee heraus.

„Marcus, hätten sie irgendwann Zeit, sich mit mir zusammen zusetzten, wegen dem Geburtstag. Ich müsste wissen, was geplant ist, wegen dem Essen, damit wir alles rechtzeitig einkaufen.“

Ich überlegte kurz.

„Haben sie jetzt kurz Zeit?“

„Öhm ja…“

„Dann setzten sie sich doch kurz zu mir, damit ich sie in unsere Pläne einweihen kann.“

Sie rieb ihre Hände am Handtuch ab und setzte sich zu mir. Ich ließ mich aber so nieder, dass ich den Flur in Auge hatte. Trotz der Vorsichtsmaßnahmen, wollte ich auf Nummer sicher gehen und sehen, wer da ein und ausgeht.

„Wie sie wissen, findet der Geburtstag im Garten statt und bei der Menge an Leuten und…“

„Wie viele kommen denn“, unterbrach mich Sofia.

„Im Augenblick bin ich bei zweiundzwanzig Personen und deswegen denke ich mir und auch weil die Kids sie bei der Party dabei haben möchten, dass wir einen Cateringservice nehmen, damit sie nicht die ganze Zeit in der Küche verbringen.“

Sofias Augen wurden glasig.

„Noah und Ella möchten mich dabei haben?“

Ich grinste.

„So gesehen, gehören sie auch zu dieser Familie!“

„Danke Marcus!“

„Danken sie nicht mir, sondern den Kids.“

Die Rettung nahte, bevor das hier ausuferte.

„Bin wieder da“, hörte ich Levi rufen.

Automatisch schaute ich Richtung Flur, wo wenige Sekunden später mein Chef erschien.

„Frühstückt Noah wieder in seinem Zimmer?“

„Da musst du ihn selbst fragen?“

„Okay… ich versuch es mal“, meinte Levi frohgelaunt und schon war er wieder verschwunden.

Ich wandte mich wieder zu Sofia.

„Die Leute vom Cateringservice kommen entweder heute oder morgen vorbei, um die Details zu besprechen, da hätte ich sie gerne dabei, sie wissen am besten, was in der Familie gegessen wird.“

„Kein Problem, Marcus“, sagte Sofia und erhob sich wieder.

„Dann werde ich mich mal Mittagessen kümmern.“

„Guten Morgen!“, schallte es durch den Flur.

Mike war angekommen, aber nicht nur er, sondern er hatte auch Oliver im Gepäck.

„Oliver?“

„Auch guten Morgen“, grinste mich dieser an.

„Morgen Sofia, könnten sie mir wieder eine Tasse ihres berühmten Kaffees machen“, fragte Mike, bevor ich weiter reden konnte.

„Guten Morgen Michael… natürlich“, lächelte Sofia, „auch wenn der berühmte Kaffee eigentlich aus dem Kaffeeautomat kommt.“

„Egal. Er schmeckt einfach gut!“

Und wieder wurde daran gehindert zu fragen, was Oliver hier wollte, Levi kam die Treppe herunter.

„Guten Morgen Mike… Oliver.“

Die Begrüßerei war zwar schön, begann mich aber zu nerven. Ein gemeinschaftliches „Guten Morgen“ schalte in den Flur.

„Oliver, was führt dich hier her?“, kam mir Levi mit seiner Frage zuvor.

„Dein Bruder!“, antwortete Oliver.

„Mein Bruder?“

„Ja, Noah wollte die Blumen für den Garten und den Kübeln vor dem Haus aussuchen.“

„Noah?“

Verwundert hatte ich gefragt.

„Ja, ich habe versprochen, mit ihm in den Gartencenter zu gehen.“

Levi sah mich strahlend an.

„Ich hätte da nur ein klitze kleines Problem.“

„Das da wäre?“, fragte Levi.

„Ich brauch einen Fahrer, mit dem da“, er hob seinen Gips in die Höhe, „kann ich nicht fahren.“

In der Zwischenzeit war Mikes Kaffee durchgelaufen. Sofia schnappte sich die Tasse und reichte sie meinem Bruder.

„Ich bin dann oben“, meinte Mike noch und verschwand in den Flur.

„Also ich muss nach dem Frühstück ins Büro… habe eine wichtige Videokonferenz!“, sagte Levi und ließ sich am Frühstückstisch nieder.

Nun sah Oliver mich an und ich seufzte, aber groß sagen konnte ich nichts, denn Noah erschien in der Küche.

 

„Hallo Onkel Oliver!“, meinte er und setzte sich zu seinem Bruder.

„Morgen Noah!“

Während Oliver und Levi breit grinsten, schüttelte ich nur den Kopf.

*-*-*

Ich sollte wirklich mehr Auto fahren und es wunderte mich, dass keine negativen Äußerungen von Oliver kamen. Da fiel mir etwas ein.

„hat sich Adrian mal gemeldet?“

„Nein, aber ich habe gehört, dass er verzweifelt versucht, einen Anwalt zu finden, der mich verklagt.“

„Wieso das denn? Hast du ihn so schwer zugerichtet?“

„Das weißt du nicht? Nur einen gebrochenen Unterkiefer…“

Nur! Das reichte völlig aus, dass er eine Weile auf Eis lag, weil er nicht sprechen konnte.

„… und warum findet er keinen Anwalt?“

„Man erzählte mir, dass er keine Chance hätte, weil der Grund der Schlägerei diskriminierend wäre und kein Anwalt dieser Welt bereit ist eine Klage auf zusetzten.“

„Woher weißt du das alles?“

„Freunde aus dem Fitnesscenter haben mir das erzählt, trotz Einschränkung, muss er dort für ziemlichen Wirbel gesorgt haben, der Geschäftsführer hat sogar seine Mitgliedschaft gekündigt und ihn rausgeworfen.“

„Wow, das hätte ich jetzt nicht gedacht…“

Der Gartencenter war erreicht und ich suchte nach einem Parkplatz. Meine anfängliche Sorge, Noah konnte sich langweilen oder gar wieder verschließen, war unbegründet. Aufgeregt klebte er an der Scheibe und zog alles in sich auf.

„Er hat es verdient, so äußert man sich nicht in der heutigen Zeit.“

Wieder war ich über Olivers Äußerungen verwundert. Nie hätte ich gedacht, dass er sich so auf meine Seite stellt. Sein bisheriges Handeln hätte mich das niemals vermuten lasen.

„Aussteigen!“, rief Oliver laut.

Doch ich war schneller draußen, aus Sorge Noah könnte das Nachbarauto beschädigen. So fing ich die aufgehende Tür ab. Brav wie Noah war, suchte er auch sofort meine Hand. Oliver sah sich das ganze Kopfschüttelnd  und grinsend an.

„Ich hätte nie gedacht, meinen kleinen Bruder in dieser Rolle zu sehen.“

Darauf sagte ich nichts.

„Noah, möchtest du den Wagen schieben?“

Aber Noah schüttelte den Kopf und blieb dicht an meiner Seite.

„Du könntest ihn rein setzten“, grinste mich Oliver an.

„Ja, setz den Jungen noch Flausen in den Kopf! Themawechsel! Welche Blumen oder Pflanzen möchtest du Noah zeigen?“

Sträucher für die Straße, die nicht mit viel Sonne auskommen und vielleicht das ganze Jahr über blühen…“

„… und für den Garten?“

„Ähnliches, aber vielleicht auch Rosen, oder andere Dauerblüher.“

Seit wann kannte sich Oliver so gut mit Pflanzen aus? Die nächste Stunde ging damit drauf, eben diese Pflanzen zu suchen und Noah war nicht leicht zufrieden zu stellen. Bei den Rosen gestaltete es sich schon einfach, weil sich der Junge daran erinnerte, sogar darauf bestand, dass diese roten Rosen die Lieblingsblumen seiner Mutter seien.

Mit nun zwei gut gefüllten Einkaufswägen kehrten wir an die Scottschen Familienkutsche zurück und das nächste Problem kam in Sicht. Wie diese gesamte Grün unversehrt in den Wagen zu laden, ohne etwas zu beschädigen.

Irgendwann riss mir der Geduldsfaden und ich setzte Noah auf die Mitte der Rückbank und stellte ihn von beiden Seite4n mit Pflanzen zu. Nachdem auch der letzte Strauch verladen war, schob Oliver die Wägen zurück an die Sammelstelle.

„Wir hätten vielleicht doch den Lieferdienst in Anspruch nehmen sollen“, sagte Oliver grinsen.

„Dafür ist es jetzt zu spät. Komm, schauen wir dass wir zurück kommen, dass wir Noah da heraus bekommen.“

*-*-*

Das Noah zwischen den Pflanzen eingeschlafen war, wunderte mich nicht, denn ich selbst müde. Dass natürliche gerade dann, als wir im Wohnviertel ankamen, auch noch der Cateringchef anwesend war und somit Sofie und Levi zum Ausladen keine Zeit hatten, durfte ich alles schön alleine ausladen.

Mein lieber Bruder Oliver hatte es sich in den Kopf gesetzt, trotz seines Gipsarmes Noah immer noch schlafend ins Zimmer zu bringen. So konnte ich nur hoffen, dass Sofia Levi ausbremste und nicht zu viel bestellte und Oliver den Jungen unbeschadet ins Zimmer brachte.

Es dauerte eine Weile, bis ich den Wagen geleerte und gesäubert hatte, denn ich hatte nur einen Parkplatz fünf Häuser weiter gefunden. Die Pflanzen selbst hatte ich alle neben der Treppe platziert.

Beim letzten Gang zum Haus zurück, gefiel mir der Anblick mit dem vielem Grün vor dem Haus. Als ich die Treppe zum Haus erreichte, trat gerade Levi heraus.

„Ich bedanke mich bei ihnen und freue mich jetzt schon auf das Essen!“

„Danke Mr. Scott, ich lass ihnen alle Papiere zuschicken.“

„Danke… auf Wiedersehen!“

Die zwei schüttelten sich die Hände und ich konnte im Hintergrund nun auch Sofia entdecken. Aber noch jemand stand da. Meine Mutter. An Heimweh würde icx sicher nicht mehr erkranken, dafür sah ich meine Familie einfach zu viel.

Der Herr vom Cateringservice lief nickend an mir vorbei, als mich Levi endlich bemerkte.

„He, du bist schon zurück? Wo ist Noah?“

Ich seufzte.

„Liegt in seinem Zimmer und schläft, Oliver hat ihn hochgetragen.“

„Oliver?“, trat nun Mum in den Vordergrund.

Ich antwortete ihr nicht sondern setzte nur ein aufgesetztes Grinsen ein.

„Oh Gott“, kam als Reaktion und sie verschwand.

Sofia verschwand in ihrer Küche.

„Muss ich mir jetzt Sorgen machen?“, fragte Levi, der immer noch meiner Mutter hinterher schaute.

„Ich weiß nicht…“

Levi kam die Treppe herunter und legte seine Arme um mich.

„Könnte nicht schon Sonntag sein?“, säuselte er mir ins Ohr, da war so herrlich Ruhe.“

…und das nach einem Sonntag frei.

„Hast du genug essen und trinken bestellt?“

Er hob den Kopf und sah mir in die Augen.

„Ich?“

Seine Hand wanderte nach oben und er zeigte als Bestärkung auf sich.

„Sofia und deine Mutter haben geredet, ICH habe lediglich mit dem Kopf genickt.“

„Brav!“, meinte ich grinsend und streichelte ihm durchs Haar.

„Hä?“, entfleuchte es ihm verwirrt.

„Ich sage nur, gegen meine Mutter kommst selbst du nicht an!“

Seufzend lehnte er seinen Kopf wieder auf meine Schulter.

„Warst du wenigstens erfolgreich…, war Noah brav?“

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