Das 24. Türchen – eine Adventsgeschichte

„Cosmo du?“, fragte ich verwirrt.

Cosmo war in das Licht der Straßenlaterne getreten.

„JA, da staunst du, du kleiner Schwanzlutscher.“

„Aber ich… verstehe nicht…“

„Was gibt es da noch zu verstehen? Du hast meinen besten Freund umgepoltund dafür wirst du büßen!“

„So haben wir das aber nicht ausgemacht Cosmobaby“, mischte sich nun Thorsten ein.

„Ach halt doch deine Fresse, du Tuckenbübchen.“

Was jetzt kam, damit hatte wahrscheinlich nicht mal Cosmo gerechnet. Thorsten holte plötzlich aus und trieb das Messer tief in Cosmos Arm. Das passierte rasend schnell und doch schien es, als würde in dieser Sekunde die Zeit eingefroren. Cosmo riss die Augen auf, war vollkommen perplex, doch dieser Moment hielt nur für den Bruchteil einer Sekunde an. Er begann, aus vollem Hals zu schreien und lockte dadurch die gesamte Klasse sowie auch Dirk an.

Thorsten schien davon gar nichts mitzubekommen, er krächzte hysterisch: „Wehe, du krümmst meinem Fabi auch nur ein Haar, dann mach ich dich tot!“

„Thomas?“ Gabriellas Tonfall spiegelte ihr Verwirrung und auch Fassungslosigkeit wider.

„Gabriella, das ist gar nicht Thomas, sondern sein Bruder … Thorsten“, stammelte ich, als nun auch Dirk dazu kam.

Ab da ging alles irgendwie sehr schnell. Knut und Henning stürzten sich auf Thorsten und überwältigten ihn spielend zu zwei. Dirk kniete sich neben Cosmo, aus dessen Oberarm noch immer das Messer prangte.

„Ruft jemand den Krankenwagen und die Polizei“, rief er laut.

Sofort zückten einige ihr Handy, hielten dann aber in ihrer Bewegung inne, als man aus der Ferne ein Martinshorn vernehmen konnte.

Carsten und Gabriella hatten sich dicht neben mich gedrängt, während Marcel vor uns dreien stand. Ich fühlte mich richtig abgeschottet von dem Geschehen.

Die Sirenen wurden für einen Moment unerträglich laut, verstummten abrupt, während nur noch Blaulicht die Straße und den Vorgarten in ein unwirkliches Licht tauchte.

Dann kam Hektik in den Vorgarten, es wimmelte plötzlich nur so von Polizisten um uns herum. Allen voran dieser Sörens, der die Situation kurz überblickte.

„Sind wir zu spät?“, rief er entsetzt.

„Nein“, meinte Thomas, der neben ihm auftauchte, „er hat den Falschen erwischt…“

„Den Falschen?“, fragte Sörens verwirrt, während seine Kollegin bereits einen Krankenwagen alarmierte.

Plötzlich wurde mir erst richtig bewusst, was da eben passiert war. Der Schockzustand wich von einer Sekunde auf die andere und ich spürte, wie meine Knie weich wurden.

„Mir ist so schlecht“, brachte ich unter äußerster Anstrengung gerade noch hervor, bevor ich mich abrupt umdrehte und in den Busch kübelte.

„Na prima“, kommentierte Sörens trocken meine Brechgeräusche.

*-*-*

„He guten Morgen. Gut geschlafen?“, fragte mich Carsten, als ich meine Augen öffnete.

„Nach so einer Hammerberuhigungsspritze hättest du auch wie ein junger Gott geschlafen“, meinte ich.

„Alles klar mit dir?“, fragte Carsten besorgt.

„Denke schon… aber werde wohl eine Weile brauchen, bis ich das verarbeitet habe.“

„… wir beide werden das gemeinsam machen, okay?“

„Ja“, sagte ich leise, während sich Carsten zu mir vor beugte und mich mit einem Kuss niederstreckte.

Er hielt dabei meine beiden Handgelenke fest, so dass ich mich nicht wehren konnte.

„Jetzt wo ich so daliege, hätte ich Thomas doch fragen sollen, wie er sich aus den Fesseln hat befreien können.“

„Viel wichtiger ist, dass er sofort die Polizei gerufen hat und so vielleicht noch Schlimmeres verhindern konnte.“

„Irgendwie kommt mir das alles wie ein schlechter Traum vor.“

„Das Einzige an der Sache, was mich wirklich irritiert, ist das mit Cosmo. Ich hätte nicht gedacht, dass er sich so daneben benimmt. Wie er herum geschrien hat, als er mitgenommen wurde. Und Thorsten ist ja sowieso völlig gaga.“

„Der kommt sicher in eine Anstalt, das hat ja nichts mehr mit schwer erziehbar zu tun.“

„Aber ich muss gestehen, ich hätte es nie gemerkt, dass sich Thorsten für Thomas ausgegeben hat. Er hat so normal geredet, so wie Thomas eben auch.“

„Na ja, Gabriella hat das schon bemerkt, weil sich Thomas alias Thorsten ihr gegenüber so komisch benommen hat.“

„Komisch ist gut, die Rolle des Freundes konnte er ja nicht spielen. Wie sollte er auch wissen, dass sein Bruder und Gabriella ein Paar sind.“

„Aber krass ist das alle mal oder? Auf alle Fälle wird nichts mehr so sein, wie es einmal war.“

„Da hast du recht. Aber Themawechsel… heute ist Weihnachten.“

Oh Gott, stimmt. der 24.12.

„Weißt du schon, was du heute so alles machst?“, fragte Carsten leise.

„Noch nicht so richtig… bin ja noch nicht mal ganz wach.“

„Das kann man ändern“, meinte Carsten und küsste mich erneut.

Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte er ab und lächelte mich an.

„Und? Jetzt wach?“

„Hm… ich kriege mein linkes Auge nicht richtig auf.“

Kaum hatte ich das gesagt, spürte ich seine Lippen erneut auf den meinen, energischer und auch länger als zuvor. Als er diesmal absetzte, keuchte ich nun schon mehr.

„So, nun scheinst du wach zu sein.“

Diesmal grinste ich nur.

„Ach deine Mum hat mich gebeten, dir das zu geben.“

Carsten beugte sich über mich und gab mir einen Zettel.

„Das war im 24. Türchen drin.“

Ich faltete ihn auf und las ihn.

Was kann es Schöneres geben
als einen Freund und Partner,
mit dem man alles teilen kann,
was dein Herz bewegt.

„Stimmt…“, meinte ich.

Carsten lächelte mich weiter an.

Ich richtete mich auf und sah ihn an.

„Ich habe da noch etwas für dich. Ich weiß zwar, Bescherung ist erst heut Abend, aber das möchte ich dir jetzt schon geben.“

Ich öffnete die Schublade meines Nachttisches und zog einen roten Umschlag hervor.

„Für mich?“, fragte Carsten.

Ich nickte. Er nahm den Umschlag zitternd entgegen und öffnete ihn vorsichtig. Sein Gesicht hellte sich auf und er begann heftig zu strahlen.

„Du bist verrückt“, war alles, was er heraus brachte und umarmte mich.

„Nein, bin ich nicht. Mum hat mir fünf Karten von Rosenstolz gegeben, in der Annahme, dass ich sicher jemanden finden werde, dem ich die gerne schenken würde.“

„Du bist klasse!“

„Weiß ich… fröhliche Weihnachten!“

Und wieder streckte er mich mit einem weiteren Kuss nieder.

*-* Ende *-*

So, das war sie nun, in voller Länge. Ich hoffe, es hat euch gefallen und ich konnte euch ein paar schöne Stunden bereiten oder auch aufregende? Auf alle Fälle bedanke ich mich bei denen, die mich die ganze Zeit mit Feedbacks begleitet und mich sogar noch auf die eine oder andere Idee gebracht haben.
Auch die sehr rege Benutzung der Shoutbox fand ich köstlich. Das nennt man dann wohl interaktives Schreiben. Was mir jetzt noch bleibt, ist euch allen ein schönes Weihnachtsfest zu wünschen und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
Auch danke ich hier nochmals den Autoren, die mir dieses Jahr wieder ihre Geschichten zur Verfügung stellten. Spezieller Dank an die Autoren der Gedichte, die mit uns ihre Gedanken teilten.
2008 war ein schönes Jahr für mich, mit neuen Freundschaften, interessanten Menschen, vielen tollen Gesprächen. Natürlich gibt es auch Trauriges, aber das gehört auch zum Leben.
Ich wünsche mir für 2009, es wird genauso ergiebig sein. Auf neue Autoren freue ich mich natürlich auch, also habt Mut und schickt mir eure Geschichten. So genug geschrieben für dieses Jahr. Feiert schön, vergnügt euch.

Bis zum nächsten Jahr!

Euer Pit

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