Lebenspartner auf Umwegen – Teil 2

2. Micha – Erinnerungen II

Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Kurz schaute ich aus dem Fenster. Jedoch sah ich nicht wirklich, was um mich herum passierte, sondern konzentrierte mich auf diese Gefühle von damals.

Die Beziehung zu Michael war nach 18 Monaten zu Ende, aber doch war es etwas Besonderes. Michael war mein erster Mann und wir haben uns geliebt, waren natürlich noch beide jung und gewissermaßen unreif. Dennoch, es war eine positive Erfahrung, die ich nicht mehr missen wollte, und ich bereute es sicher nicht, dass wir so bald miteinander geschlafen haben. Es stimmte einfach, die Atmosphäre, unsere gegenseitige Zuneigung, „die Chemie“, wie man so sagt. Wir hatten uns gegenseitig viel zu geben, das zählte. Und diese Punkte wollte ich in Erinnerung behalten. Wir haben es versucht, leider hat es auf Dauer nicht geklappt. Vertrauen wurde geschenkt, auch verletzt, aber ich habe mich immer wieder bemüht, es von neuem zu schenken. In der Beziehung von Menschen riskiert man sich immer ein Stück weit, der Einsatz steht, nun kann man gewinnen oder verlieren. Tja, man kann verlieren, aber was ist ohne Einsatz, ohne Einsatz hat man ganz sicher gar nichts. Und diesen Weg, all seine Talente zu vergraben, den wollte ich sicher nicht gehen. Nach der Trennung von Michael hatte ich mich eine Weile zurückgezogen, zu gemacht, um nicht erneut verletzt zu werden. Ich brauchte diese Zeit, um alles aufzuarbeiten, aber irgendwann war es genug. Schweren Herzens habe ich mich bemüht, mich erneut zu öffnen, mich erneut verwundbar zu machen. Mein Gott, geht das nicht anders? Wieso ist das mitmenschliche Leben manchmal so kompliziert?

Auch im Nachhinein noch wundere ich mich über mich selbst. Eher schüchtern und schon mehrmals den Abend errötend war ich es, ich, Micha Gutenberg, der sich aus dem Kuss löste, mich erhob, Michael an der Hand nahm und ihn in mein Schlafzimmer zog.

„Komm mit, wir machen es uns noch gemütlicher“ wisperte ich und schubste meinen Freund auf mein zweimal zwei Meter großes Doppelbett.

Alles um uns herum verlor an Kontur, nur noch wir zwei waren wichtig, es gab nur noch Michael. Ich legte mich auf ihn, ich nahm alles an ihm wahr, seinen ureigenen Geruch, der mich anmachte, das Leuchten seiner Augen, sein verklärtes Lächeln, seine weiche Haut, wovon ich nicht lassen konnte, sie zu streicheln und mit Küssen zu bedecken. Entschlossen rupfte ich an seinem T-Shirt und zog es ihm über den Kopf, Michael liess das bereitwillig geschehen. Schon folgte mein eigenes und wir schmiegten uns eng aneinander, genossen den Hautkontakt und ergaben uns in einen leidenschaftlichen Kuss. Unsere Hände konnten es nicht lassen, streichelten und liebkosten den nackten Oberkörper des anderen.

Wie schön sich der nackte Körper eines Mannes anfühlt! Immer noch meine ich, diesen Moment zu empfinden, dieses wohlige Kribbeln, die Geborgenheit und Nähe des intensiven Körperkontakts. Was gibt es schöneres?

Wieder war ich es, der dieses zärtliche Spiel durchbrach. Ich wanderte mit meiner rechten Hand Michael zwischen die Beine und streichelte seine deutliche Beule in der Hose. Wir schauten uns in die Augen und es bedurfte in diesem Moment keiner Worte. Die Zeit blieb stehen und die Köstlichkeit der folgenden Minuten kann ich jetzt noch förmlich schmecken. Michael öffnete seine Jeans und zog sie aus, dasselbe tat ich. Nun lagen wir nur noch in Unterwäsche da, er trug einen Slip aus ziemlich wenig Stoff, ich eine enge Shorts. Ich konnte nicht mehr anders, und packte mein Geschenk endgültig aus, zog ihm den Slip herunter und schon sprang mir sein steifer Schwanz entgegen, und was für ein schönes Exemplar, wohlgeformt und wahrlich nicht klein. An der Spitze sah ich es feucht schimmern. Noch einmal schaute ich Michael in die Augen, zog die Vorhaut zurück und küsste seine Eichel. Er seufzte wohlig auf und begann mich überall zu streicheln, wie er mich eben erreichen konnte. Mit meiner Zunge umspielte ich nun seine Eichel und nahm ihn in den Mund. Für mich war es sexuell äußerst erregend, ich konnte mir nicht vorstellen, dass Michael in diesem Moment mehr erregt war als ich. Ich durfte seinen Schwanz liebkosen, ihm Lust verschaffen, ihn selbst genießen und ihn genießen lassen, es war so unglaublich persönlich, was hier geschah.

Er schmeckte einfach … umwerfend. Ich schwebte im siebten Himmel und saugte und leckte behutsam und nahm Michaels Männlichkeit tief in mich auf. Erst war es etwas ungewohnt, ich musste ein wenig würgen, aber ich beachtete es gar nicht und es störte mich nicht die Bohne. Währenddessen schaute ich meinem Süßen in die Augen, dieser Blick war ein Band, wie ich es auch später inniger nicht mehr erlebt habe. Zugleich konnte ich seine Lust im Gesicht ablesen, erkennen, wie es ihm besonders gefiel. Michael begann zu seufzen und zu stöhnen. Wir waren beide so unglaublich erregt, dass es nicht lange andauerte.

„Micha, ich bin gleich soweit…“, kam es mit einer fast heiseren Stimme von Michael.

Ich weiß, dass es unvernünftig war, aber es war der Zauber des Moments. Ich wollte ihn kosten, ihn in mir aufnehmen, so intensiv es ging, ihn verkosten, ganz. So ließ ich nicht von ihm ab, und schon zuckte es durch Michaels Körper, seine Haut glänzend von Schweiß. Mit einem wohligen Stöhnen ergoss er sich in meinen Mund und ich genoss jeden Schub weißen Saft, den mir Michael schenkte. Ich lächelte und war einfach nur froh, hatte ich doch meinen Schatz glücklich gemacht, es war wunderschön. Wir lächelten uns an und schmiegten uns so eng aneinander wie wir konnten und gaben uns erneut einem innigen Kuss hin.

„Micha, ich würd dich so wahnsinnig gern in mir spüren“, flüsterte Michael, strich mir dabei sanft durch die Haare und bedeckte mein Gesicht mit Küssen.

„Ich hab das noch nie gemacht, ich kann das nicht“, gab ich recht hilflos von mir, „und bist du dir sicher?“

„Ja“, erwiderte Michael mit einer festen Stimme.

Dass wir ein Gleitmittel improvisierten, gehört hier nicht hin.
Da Michael schon Erfahrungen auf dem Gebiet hatte, entspannte er sich und machte mir Mut:

„Nur zu, komm ruhig ganz in mich rein, es tut nicht weh, im Gegenteil, es ist wunderbar, dich in mir zu fühlen.“

Als mein Schwanz ganz in ihm war, überkam mich ein Gefühl äußerster Intimität. Konnte man etwas Persönlicheres miteinander machen? Ich spürte seine Enge und intensive Wärme, ich war in ihm, er lag auf dem Rücken, seine Beine zur Seite gespreizt. Ich beugte mich vor und zu ihm herab und indem ich Michael fickte, küssten wir uns immer wieder und er streichelte meinen Körper, spielte mit meinen Brustwarzen und lächelte mich durchtrieben an. Nicht nur ich begann immer wohliger zu seufzen und zu stöhnen, Michael genoss es sichtlich ebenso wie ich.

Schon viel zu schnell merkte ich, wie die Säfte in mir hochstiegen und ich konnte es nicht aufhalten, schon spritze ich ab und hatte das Gefühl, das nimmt kein Ende.

„Mein Kleiner, ich spüre dein Sperma in mir, ich hab genau gefühlt, als du gekommen bist … bitte bleib noch in mir, ich mag dich noch genießen.“

Ich ließ mich auf ihn herab und umarmte ihn. In diesem Moment begriff ich das Wort „körperliche Vereinigung“. Ich sehnte mich danach, mit Michael eins zu werden, wäre am liebsten mit ihm verschmolzen, verstand die Intensität des sexuellen Aktes ein gutes Stück mehr. Es war wunderschön, und unsere Zärtlichkeiten an diesem Abend nahmen schier kein Ende.

Ich schaute durchs Fenster des Zuges ins Grau. Die Landschaft flog nur so an mir vorüber, ich bekam davon eigentlich gar nichts mit. Ein Lächeln umspielte meinen Mund und eine wohlige Wärme durchfloss mich.

Jener Abend war seither ein besonderer geblieben, mein erstes Mal… So hatte meine „schwule Karriere“ begonnen. Im Laufe der letzten 11 Jahre hatte ich vielleicht Sex mit 10-15 unterschiedlichen Männern. Für die schnelle Nummer war ich nie wirklich zu haben. Das machte mich einfach nicht satt, meine Sehnsucht ging tiefer und verlangte eindeutig nach mehr. Sicher, auch der schnelle Sex kann sehr schön sein, wenn man Glück hat, doch ich meine, zumeist wird er einen schalen Beigeschmack zurücklassen. Das Gefühl der Geborgenheit und sich einfach fallen lassen zu können, das war mir sehr wichtig.

Was war mit Enrico, was würde mich erwarten, was würde aus uns werden? Immer wieder wanderten die Gedanken unermüdlich durch meinen Kopf, ohne jedoch eine Antwort zu finden. Es blieb mir nichts anderes übrig als abzuwarten.

Noch einmal dachte ich an meine Liebschaften. Fast ein Jahr lang wollte ich nach der Beziehung mit Michael keinen Mann in meinem Leben haben. Zu verletzt war ich dann doch, als die Seifenblase mit einem Knall zerplatzte und sich in dunkles Nichts auflöste. Selbst nach all den Jahren schossen mir Tränen in die Augen.

„Michael, ich hab dich wirklich geliebt…“, flüsterte ich leise vor mich hin.

Sehr intensiv hatten wir gelebt und geliebt. So viel Zeit haben wir miteinander verbracht, vier mal waren wir zusammen in Urlaub gefahren, was beinahe meine ganzen Ersparnisse aufgebraucht hatte; seine Eltern hingegen hatten eh viel Geld, daher konnte er sich mehr leisten als der durchschnittliche Student.

Und dann dieser furchtbare Satz: „Es geht nicht mehr, Micha, ich … ich habe dich nie geliebt, ich habe mich getäuscht. Das war es. Machs gut – und sorry…“

In diesem Moment brach alles in mir zusammen. Wie, er hatte mich nie geliebt? Kann es einen brutaleren Satz geben? Kann man ermessen, wie sich das anfühlt? Wie ist es möglich, mit ein paar lächerlichen Worten ein ganzes Leben in Schutt und Asche zu zerschlagen?

So viele Tränen wie in dieser Zeit habe ich nie mehr geweint. Einige Monate später hatte mir Michael einen Brief geschrieben. Er entschuldigte sich und meinte, er hätte mich bloss verletzen wollen, in Wirklichkeit sei er selbst mit seinem Leben nicht klar gekommen, ich wäre ein toller Partner gewesen und ob wir es nicht doch wieder probieren wollten miteinander. In Gedanken habe ich ihm verziehen, aber ich konnte ihn einfach nicht mehr wieder sehen. Michael war ein wunderbarer Mensch und die Zeit mit ihm war klasse, aber zu tief hatte er mich verletzt.

Eine Zeit lang hatte ich dann versucht, über Anzeigen in Zeitungen einen Mann zu finden. Oh Mann, was waren mir da für Exemplare zuweilen begegnet, von allen Sorten… Besonders enttäuscht haben mich die Jungs, die bemüht waren, das Blaue vom Himmel zu erzählen und einen dann doch nur ins Bett bekommen wollten. Das eine oder andere Mal bin ich ja schwach geworden, muss ich zugeben, aber zumeist widerte mich so etwas eher an.

Rainer tauchte vor meinem inneren Auge auf, ein junger Lehrer. Faustdick hatte der es hinter den Ohren. Wie die Unschuld vom Lande hat er sich aufgeführt. Er wusste genau, dass er blendend aussieht, zwar blond, was nicht gerade mein Faible ist, aber bildschön, braungebrannt, stahlblaue leuchtende Augen, ein hübsches männliches Gesicht wie aus dem Katalog und ein semiprofessioneller Schwimmer, muss ich mehr sagen? Ich hätte gar nicht gedacht, dass er mich so toll findet, vielleicht hatte er es auch nur besonders nötig. Jedenfalls, nachdem wir gesittet Konversation betrieben hatten, uferte es dann nach ein paar Gläsern Wein sehr schnell aus. Plötzlich im Gespräch stand er auf, kam zu mir herüber und zog mich – und sich im Wechsel – einfach aus. Währenddessen liebkoste er mich auf die zärtlichste Weise. Was für ein Selbstbewusstsein! Und ich konnte einfach nicht widerstehen. So hemmungslosen und heißen Sex hatte ich nie wieder, nach dieser Nacht waren wir beide fix und fertig. Dass es schön war, kann ich nicht leugnen. Ich habe ihn nie wieder gesehen.

Aber all das war nichts für mich. Die Erinnerungen an die paar weiterer One-Night-Stände meiner Laufbahn schob ich besser schnell ans untere Ende meines Erinnerungsvermögens. Ein Flop nach dem anderen, und danach gähnende Leere in meiner Seele. Mir war schnell klar, dass ich einen Mann fürs Leben brauche. So konnte es nicht weitergehen…

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