Eine andere Liebe – Teil 5

Gegen Abend im Restaurant

 

„Ja Marlene, natürlich serviere ich auch“, sagte ich zu unserem Azubi, „aber mit dir zusammen!“

„Meinst du ich bin dazu schon bereit?“

„Marlene, zweifelst du wieder an dir selbst, natürlich kannst du das, bin doch dabei, da kann nichts schief gehen“, versuchte ich sie zu beruhigen.

„Wenn du meinst“, sagte sie immer noch unsicher.

Sie musste da durch. Ich hatte zwar das nie gelernt, als Beruf, aber mir ging es nicht anders, als Paps mich hier heraus schickte, dass ich zum ersten Mal Speisen servieren musste.

„Ich soll dir übrigens einen Gruß von Lukas sagen“, versuchte ich sie abzulenken.

„Oh danke, wann kommt er denn wieder?“, kam es von Marlene.

„Normalerweise erst, in sechs Wochen wenn der Gips abkommt, aber sobald er entlassen wird, will er wieder anfangen, zumindest mal im Büro, wo er sitzen kann, damit er nicht allzu viel versäumt.“

„Den Ehrgeiz möchte ich mal haben“, sagte Marlene und verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse.

„Oh, die ersten Gäste kommen“, sagte ich und machte mich auf sie zu Begrüßen.

Es machte mir Spaß, wie mein Vater, den Umgang mit unseren Gästen zu pflegen. Umso größer war meist die Überraschung, wenn sie erfuhren, dass ich erst siebzehn bin. Kleider machen halt doch Leute.

Mit Anzug sah man doch gleich anders aus und ich genoss das immer öfter. Ich brachte die Gäste an ihren Platz und lies von Marlene, die Karten bringen. Um die Getränkebestellung kümmerte ich mich selber, das essen wollte ich Marlene überlassen.

Meine Mutter war herunter gekommen und beobachtete mich mit einem Lächeln hinter der Theke. Nach dem ich alles aufgenommen hatte, lief ich zu ihr.

„Zwei weiße Martini trocken, einen Portwein und drei Wasser bitte.“

Ich stecke den Zettel auf das Stechbrett und gesellte mich zu meiner Mutter.

„Du wirst von Tag zu Tag besser Markus“, meinte Gisela zu mir.

„Danke Mum, es macht mir auch Spaß“, sagte ich zu und sah aus dem Blickwinkel eine kleiner Gruppe marschieren. Ich zwinkerte meine Mutter zu und begab mich zu ihnen.

„Du musst Markus sein, siehst deinem Bruder wirklich ähnlich“, kam es von dem jungen Mann der vor allen stand.

„Max?“,, vor mir stand ein Junge mit schwarzen wirren Haar und unbeschreiblich schöne Augen.

„Ja bin ich“, bekam ich zur Antwort.

„Kommt euer Tisch ist dort drüben“, sagte ich und führte sie an unseren Familientisch.

„Einen Moment bitte ich komme gleich zu euch“, sagte ich und ging zu Marlene, die gerade angefangen hatte die Bestellung für Essen aufzunehmen.

„Herr Scheffler, besteht die Möglichkeit für ein Fünf-Gänge-Menue?“, fragte mich der eine Gast.

„Natürlich, was haben sie sich denn vorgestellt oder kann ich ihnen etwas empfehlen?“, gab ich in meiner freundlichsten Art von mir.

„Wir verlassen uns voll und ganz auf sie Herr Scheffler.“

Ich nahm die Karte zur Hand und zählte einige Gänge auf, womit die Gäste einverstanden waren. Ich nickte Marlene zu und sie schrieb alles auf. Nach einem kurzen Wortwechsel mit den Gästen, lief ich zu Markus zurück.

Meine Mutter war inzwischen da und nahm die Getränke auf. Alle lachten sehr ausgelassen.

„Na habe ich was versäumt?“, fragte ich in die Runde.

„Nicht wirklich“, kam es von meiner Mutter und lief zurück zur Theke.

„So Markus, ich will dir erst mal unsere heitere Runde vorstellen. Das hier ist mein bester Freund Richard und seine Freundin Nathalie, meine Mutter und hier dieses grinsende Mädel ist Jule und hier Jules Mutter. Mein Bruder Chris konnte heute Abend nicht, der hatte schon was anderes vor.“

Ein Grinsen ging durch die Runde. Ich verstand zwar nicht aber gab jedem einzelnen die Hand und nickte zur Begrüßung.

„Max erzählte uns, dass du noch ins Gymnasium gehst?“, fragte Jule.

Ich verstand sofort was sie meinte und setzte mich zu ihnen an den Tisch.

„Ach du meinst, weil ich hier bediene. Ich helfe oft hier im Hotel aus, es ist eben ein Familienbetrieb. Da muss jeder mit anpacken, sonst läuft es nicht. Normalerweise bin ich auch nur im Büro, aber unsere Marlene ist heute das erste Mal am Bedienen und da mir meine Eltern die Verantwortung für die Azubis übertragen haben, helfe ich hier heut Abend ein bisschen, um ihr die Unsicherheit zu nehmen“, beantwortete ich die Frage.

„Du machst das aber recht professionell“, sagte Nathalie.

„Danke, ich mach das ja auch schon eine Weile“, gab ich ihr zurück.

Der Abend wurde recht nett und als Rosi meinen Dienst übernahm, konnte ich mich ganz und gar auf meine Gäste konzentrieren.

„Und da fand ich ihn auf einem Felsvorsprung liegen“, war ich grad am erzählen, als meine Mutter kam.

„Markus kommst du Telefon, es ist Lukas“, sagte sie im leisen Ton.

„Wenn man von Teufel spricht, könntet ihr mich für einen Augenblick entschuldigen, bin gleich wieder da. Mum könntest du noch nach Getränken fragen, wäre nett von dir. So mein Teufelchen verlangt nach mir, bin gleich wieder da.“

„Gerne doch, für dich tue ich doch fast alles“, erwiderte sie mit einem hämischen Grinsen, was ihr am Tisch die Lacher einbrachte.

*-*-*

„Hallo Lukas, Schatz was ist?“,

„Ich wollte dir nur sagen, dass ich nächsten Freitag raus darf.“

„Wirklich find ich super, aber ich denke, dass ist nicht der einzige Grund warum du anrufst, oder?“

„Ja schon…“

„Was ist los mein Kleiner, raus mit der Sprache!“,

„.. ähm, darf ich bei dir wohnen?“,

„Wie bei mir wohnen? Was meinst du?“

Ich stand irgendwie auf der Leitung, was wollte der Kleine von mir.

„Ich komm doch gleich zu euch hoch, weil ich nicht viel versäumen will….. und da wollt ich fragen, ob ich bei dir wohnen darf.“

„Hm… mal überlegen…“

„… du möchtest nicht…“

„Würdest du mein hinreisendes Lächeln sehn, würdest du wissen, dass ich das eben nicht ernst gemeint habe.“

„Echt jetzt?“

„Ja klar.“

„Hast du darüber schon nachgedacht?“

„Ja und sogar nach einer Lösung gesucht.“

„Auch eine gefunden?“

„Ja! Aber ich denke, dass verrat ich dir erst, wenn du wieder hier bist.“

„Markus spann mich bitte nicht auf die Folter.“

„Doch mach ich mein Kleiner, weil du immer so ungeduldig bist.“

Eine kleine Pause folgte.

„Markus.“

„Ja.“

„Ich liebe dich.“

„Ich dich auch mein Kleiner.“

„Grüß mir die anderen alle!“

Ja… mach ich!“

„Bye.“

„Bye.“

„Markus.“

„Was ist denn Lukas?“,

„Ich vermisse dich.“

„Du siehst mich morgen wieder.“

„Kuss.“

„Kuss und nun geh schlafen.“

„Ja mach ich Papa.“

„Du kleiner Verrückter, ich liebe dich.“

„Das wollte ich noch mal hören, bye.“

„Ja das du verrückt bist. Bye.

Tut – – Tut – Tut

*-*-*

„So da bin ich wieder. Ich soll euch allen einen schönen Gruß von Lukas sagen.“

„Danke. Du wolltest uns weiter erzählen, wie du und Lukas zusammen gekommen seid.“

„Stimmt. Ach so, über das Handy hab ich dann die Rettungswacht gerufen. Danach bin ich zu ihm runtergestiegen, weil er immer noch keinen Ton von sich gab. Später im Krankenhaus stellten sie dann fest, er hatte ein Bein gebrochen, zwei Rippen auch und eine Prellung am Kopf.“

Ich schaute Max an.

„Und du, Kim erzählte uns, dass du in den Rücken getroffen worden bist.“

„Ja“, gab Max kurz zurück

„Was für ein Gefühl war das wenn ich fragen darf?“, fragte ich vorsichtig.

„Uff… ein bisschen schwer zu beschreiben.“

Ich sah wie Jule seine Hand nahm und streichelte.

„Ich spürte diesen stechenden Schmerz im Rücken, als würde jemand ganz schnell ein Loch in mich hineinbohren. Dass ich gefallen bin hab ich nicht mehr gespürt. Es wurde irgendwie alles dunkel um mich herum. Ganz weit weg, hörte ich Schreie und Stimmen. Ich hatte irgendwie das Gefühl über mir zu schweben, zu sehen wie ich da liege.“

Eine kleine Pause folgte und Max nahm einen Schluck.

„Dann irgendwann hörte ich meinen Namen. Die Dunkelheit verflog und ich merkte das ich gerade auf einer Trage in den Krankenwagen gehoben wurde. Ich konnte leicht Jule hier erkennen.“

Er schaute kurz zu ihr herüber, sie lächelte.

„Ich weiß noch, dass ich sie nach Kian fragte und dass sie bei mir bleiben solle, weil ich so Angst hatte, danach bin ich erst wieder im Bett aufgewacht.“

„Das ist das erste Mal, dass du mit uns darüber redest“, meinte seine Mutter.

„Es ist mir bisher schwergefallen und das tut es jetzt auch noch“, antwortete Max.

„Ich wollte keine na ja Wunden aufreisen“, sagte ich stockend.

„Ist schon gut Markus ich kann das ja nicht ewig mit mir herum tragen“, kam es von Max.

Meine Mutter kam an den Tisch.

„Markus erzählte mir davon, dass deine Freunde planen, Kim zur Abschlussvorstellung einzuladen“, fing sie an, „wie habt ihr das euch vorgestellt?“,

„Kim ist doch in seinem Rollstuhl transportfähig, oder?“, fragte Max.

„Ja ist er“, antwortete meine Mutter.

Ich merkte, dass sie der ganzen Sache sehr kritisch gegenüber stand. Ich gab ihr ein Zeichen, sie solle sich neben mich setzten, was sie auch tat. Marianne, Max’s Mutter ergriff das Wort.

„Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen Frau Scheffler“, sagte sie.

Mütterliche Intuition dachte ich.

„Ja, das Management hat bereits alles geklärt. Er würde mit einem Privatjet abgeholt, seinen Pfleger Andreas kann er mitnehmen, dafür habe ich schon gesorgt. Ein Zimmer stände auch bereit, und am nächsten Tag wird er wieder zurück geflogen.“

„Soviel Aufwand nur für Kim?“, sagte meine Mutter erstaunt.

„Ja, wissen sie Frau Scheffler, er war mir eine große Hilfe, als ich in der Reha war. Und die Jungs wollen ihn ja schließlich auch kennen lernen. Es ist kein Aufwand, wenn man bedenkt, was es für ein Erlebnis es für Kim und uns wird. Ach so bevor ich es vergesse Markus, du und Lukas seid natürlich auch eingeladen.“

Ich bedankte mich freudestrahlend.

„Typisch unser Max immer ein großes Herz für andere“, sagte Jule stolz und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Soll ich das Mark erzählen“, sagte Nathalie grinsend.

„Kannst du, er hat keinen Grund eifersüchtig zu werden“, erwiderte Jule grinsend.

„Mark?“,

Jule zog ein kleines Bild aus der Tasche.

„Der Mark von…?“, fragte ich erstaunt.

„Ja, das ist mein Mark, aber bitte halt den Schnabel, braucht nicht gleich morgen in der Zeitung stehen.“

„Ist gut, ich wusste das nur nicht“, antwortete ich.

Am nächsten Morgen – erster Schultag

Ein bisschen müde war ich schon, wir waren doch recht lange zusammen gesessen. Ich lief die Treppe hoch zu meinem Klassenzimmer und trat ein. Ich merkte gleich, dass etwas nicht stimmte.

„Ah, schaut das Schwuchtel betritt das Zimmer“, kam es von Marco, den ich eh nicht sonderlich leiden konnte.

„Und was dagegen?“, sagte ich im festen Ton und sah im in fest in die Augen, „der letzte der mich angepöbelt hat, wurde von der Polizei abgeholt.“

Mittlerweile stand ich direkt vor ihm. In der Klasse war es vollkommen ruhig.

„Seh es ruhig, ich werde dich schon nicht angrabschen, ich hab schon einen Freund, ich bin versorgt.“

Durch die Klasse ging ein Raunen.

„Also, wo liegen die Schwierigkeiten?“, immer noch rede ich ruhig und sachlich.

Marco hatte bis jetzt keinen Ton mehr gesagt. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich mich ihm so öffentlich entgegen stelle.

„Tut mir Leid, war ja nicht so gemeint“, kam es leise von Marco.

„Dann ist ja gut, ich habe keine Lust mir noch mal die Lippe zu verarzten zu lassen.“

Alle schauten mich fragend an. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte kam unser Lehrer herein und begann mit dem Unterricht. Ich merkte, dass meine Klasse nicht recht bei der Sache war. Laufend schaute jemand von ihnen zu mir rüber.

Ich dachte nur hoffentlich bin ich bald zu Hause, ich wollte nicht wissen, was noch alles auf mich zu kam. In der großen Pause, stand meine ganze Klasse um mich herum und es kam eine Frage nach der anderen.

Sogar Marco richtete aus Neugier einige Fragen an mich. So erzählte ich von Tommy und seinem Tod. Einige Mädchen meiner Klasse bekamen feuchte Augen. Dann sprach ich auch, das mit Lukas an und was ihm passierte.

Als ich ihnen aber dann von Westlife erzählte, war die Ruhe gebrochen, alle riefen wild durcheinander.

„Also Leute wenn ihr nichts dagegen habt und ihr die Tour auf euch nehmen wollt, versuche ich was auszumachen, dass wir als ganze Klasse auf das Konzert gehen können, aber ich kann nichts versprechen.“

Alles jubelte um mich herum, und ich wunderte mich, dass die Jungs mitmachten, wo doch angeblich keiner Westlife hörte. Ich musste grinsen. So ging dieser Schultag, doch noch ruhig zu Ende.

Zuhause angekommen, klemmte ich mich natürlich gleich Max zu erreichen. Er hatte mir seine Geschäftsnummer vom Management gegeben, wo er jetzt arbeitete.

„Tourmanagement Skylife guten Tag, sie sprechen mit Max Kehrer.“

„Hallo Max, hier spricht Markus.“

„Ach hallo Markus, was gibt es?“,

„Sag mal gibt es noch Karten für die Vorstellung für in Frankfurt?“,

„Ich könnte da was regeln, wie viele brauchst du denn?“,

„Fünfundzwanzig, oder eine mehr falls unser Lehrer noch mit fährt.“

Ich erzählte ihm, was mir am Morgen in der Schule passiert war.

„Den Bus müsstet ihr aber selber finanzieren, die Karten denk ich könntet ihr so bekommen.“

„Super, wäre echt toll. Ich weiß wir haben genug in der Klassenkasse, dafür würde es schon reichen.“

„Gut ich gebe dir eine Telefonnummer von einem Unternehmen, die öfter für uns fahren, die sind recht billig.“

Wir sprachen noch kurz über Kim und Lukas und beendeten dann das Gespräch. Bevor ich mich wieder meiner Aufgaben fürs Haus widmete, versuchte ich noch meine Hausaufgaben zu erledigten, bis schließlich meine Mutter herein kam.

„Willst du heute nichts zu Mittag essen“, fragte sie mich.

„Doch schon, hab ich ganz vergessen.“

„Was ist den mit dir los, so aufgekratzt habe ich dich ja schon lange nicht mehr erlebt.“

So erzählte ich ihr, während wir zum Essen liefen, die Vorkommnisse am Morgen.

Krankenhaus

 

„Hi Lukas“, sagte ich als ich sein Zimmer betrat.

„Du kommst spät, mein Großer“, kam es mir entgegen.

„Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte ich.

„Ich bin so alleine hier und…“, weiter lies ich ihn nicht kommen.

Ich unterbrach ihn mit einem langen Kuss. Er riss mich fast von den Beinen, so umklammerte er mich. Langsam befreite ich mich.

„Noch einen…“, kam es von ihm mit einem Blick wie ein Dackel der auf Drogen stand.

Ich musste lachen. Ich setzte mich neben ihn auf den Bettrand und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Ich erzählte ihm von den gestrigen Abend und was heute Morgen in der Schule vorgefallen war, er hörte mir zu und hing förmlich an meinen Lippen.

„Wir zwei fliegen nach Frankfurt?“, fragte er fassungslos.

„Natürlich will ich dich dabei haben, ohne dich gehe ich nirgends hin.“

„Und mein Gipsfuß, hast du auch an den gedacht, der ist bis dahin noch nicht unten.“

„Wenn Kim mit kann, kannst du erst recht mit.“

„Der hat ja auch seinen Krankenpfleger dabei“, sagte er traurig.

„Du nicht?“, sagte ich mit einem Lächeln und ein langer Kuss folgte.

„An so einen Krankenpfleger könnte ich mich gewöhnen“, hauchte er mir ins Gesicht, „kann ich noch mehr von dieser Behandlung haben?“

Ein weiterer Kuss folgte.

„Und außerdem muss ich dich eines besseres belehren, der Gips ist bis zu dem Konzert ab, also brauchst du keinen Pfleger“, grinste ich, wofür ich mir ein Kissen im Gesicht einhandelte.

„Und du bist ja ruhig, Kim darf nichts erfahren Lukas“, sagte ich, während ich ihn auf dem Flur zu Kim schob.

„Du ich hätte einen besseren Krankenpfleger für Kim als Andreas.“

„So wer denn?“

„Martina.“

„Was ist mit mir?“,

Ich drehte mich erschrocken um, hinter mir lief Martina. Ruckartig bremste ich den Rollstuhl. Lukas hatte Mühe sich darauf zu halten.

„Ich meinte du wärst der bessere Krankenpfleger für Kim“, sagte mein Lukas ganz unverblümt.

„Lukas“, sagte ich leicht entsetzt.

Martina fing an laut zu lachen.

„Und warum kommst du jetzt gerade auf mich?“, wollte Martina wissen, „und wofür überhaupt?“

Lukas erzählte ihr, was wir für Kim eine Überraschung geplant hatten. Sie war von der Idee mehr als begeistert.

„Und ihr meint, Kim wollte mich überhaupt dabei haben.“

„Komm Martina, so wie dich Kim immer anhimmelt“, sagte Lukas frech grinsend.

„Du Martina“, fing ich leise an, als wir neben hier herliefen.

„Ich weiß nicht wie ich, oder ob ich das fragen darf, überhaupt“, brachte ich mehr im Stotterton raus.

„Ich denke ich weiß was du meinst, Markus. Ich muss dir sagen, ich weiß es selber noch nicht so richtig, ich weiß nur, dass ich Kim sehr arg mag“, kam es von Martina.

„Ich will halt nur nicht, dass sich Kim falsche Hoffnungen macht“, sagte ich zu ihr.

„Nee, brauchst du nicht, da ist schon einwenig mehr dahinter, dass spür ich schon selber.“

*-*-*

 

Am nächsten Tag in der Schule

„Also Leute, die Karten haben wir umsonst bekommen, wir haben einen Platz auf der Ehrentribüne bekommen“, sagte ich zu meiner Klasse in der großen Pause.

Einige Mädchen jubelten worüber ich mir nicht ein Grinsen verbeißen konnte. Marco kam auf mich zu.

„Du ich wollt mich…“, fing er an zu stammeln.

„Schon gut Marco, ich verstehe es…“, entgegnete ich ihm.

„Eins bleibt aber noch zu entscheiden, wollen wir das Geld für den Bus von der Klassenkasse nehmen oder zahlt jeder für sich?“, fragte ich einmal in die große Runde.

„Also ich weiß nicht ob ich für alle spreche, aber ich finde wir zahlen dass mit der Klassenkasse, da ist genug drin“, sagte Marco laut.

Ich nickte ihm dankend zu, und wusste dass ich einen neuen Freund gewonnen hatte.

*-*-*

Die Wochen bis zum Konzert vergingen wie im Flug. Der Bus war bestellt, Max war mir da sehr behilflich gewesen, worüber ich ihm auch sehr dankbar war. Mein Lukas hatte endlich seinen Gips los.

Ich weiß nicht wie, aber wir brachten es sogar fertig das Geschäft und unser Privatleben streng zu trennen, immerhin sahen wir uns ja dadurch jeden Tag. Martina war mittlerweile ständiger Gast bei Kim, obwohl sie vor zwei Wochen aus dem Krankenhaus entlassen worden war.

Und für Kim, na ja eine schwierige und freudige Zeit hatte für ihn begonnen. Er hatte mit seinem Lauftraining begonnen. Aber jeden Tag, wenn ich ihn besuchte merkte ich immer wieder Fortschritte. Und dann kam der große Tag der Überraschung.

Unter einem Vorwand lockte ich meine Eltern ins Krankenhaus. Wir saßen in der Cafeteria auf der Terrasse.

„Die könnten wenigstens mal die Tische abwischen“, sagte meine Mutter.

„Gisela wir sind hier nicht im Hotel, also sei ruhig und ertrag es“, kam es von meinem Vater.

Aus dem Blickwinkel sah ich Kim auf den Krücken zu uns laufen, meine Eltern bemerkten ihn nicht, weil sie mit dem Rücken zu ihm saßen.

„Mum, wie findest du eigentlich Martina?“, versuchte ich die Unterhaltung an zuspornen.

„Sie ist ein nettes Mädchen, warum fragst?“,

„Ich dachte nur, es könnt sich ja zwischen Kim und ihr es ergeben“, antwortete und sah zu wie Kim immer näher zu uns humpelte.

„Meinst du wirklich, ach ich weiß nicht, wäre schön der Gedanke. Aber ob sie ihn so akzeptiert mit seiner Krankheit?“, sagte sie leise und mein Vater nickte zustimmend.

„Mit welcher Krankheit?“,

Die Köpfe meiner Eltern wirbelten herum. Kim stand direkt hinter ihnen, mit Martina an seiner Seite. Sie zwinkerte mir zu.

„Kim…“, rief meine Mutter starrte ihn mit großen Augen an, „mein Gott… wie ist… warum.“

Mein Vater sprang auf und nahm Kim in die Arme.

„O Gott Junge wie sehr hatte ich mir das gewünscht in all den Jahren. Du stehst auf deinen eigenen Füssen, ich glaub es nicht was ich da sehe.“

Meine Mutter saß immer noch sprachlos auf ihrem Stuhl.

„Und hast du gar nichts zu sagen?“, meinte Kim zu unserer Mum.

„Doch…“, sie stand auf, fiel meinem Bruder um den Hals und begann an zu weinen.

„Schon gut Mum, ist alles in Ordnung. Ich wollte es nicht früher sagen, weil ich Angst hatte es klappt nicht und ihr könntet wieder enttäuscht sein. Dank meines Bruders und meiner Martina hier, habe ich es aber geschafft laufen zu lernen“, erklärte Kim.

„Du hast es die ganze Zeit gewusst?“, fragte mich mein Vater mit einem Grinsen.

Ich nickte.

„Natürlich und ihr könnt nicht glauben wir schwer es mir fiel, meinem Mund halten.“

„Die Überraschung ist euch jetzt aber echt gelungen, komm setzt euch Kinder“, meinte meine Mutter.

„Ich dachte schon du sagst das nie, so langsam merke ich nämlich wie mir die Kräfte schwinden“, meinte mein Bruder, der sich mit Hilfe von Martina sich auf den Stuhl fallen ließ.

Mein Vater wiederum stand auf und lief zum Ausgang des Cafes, und sprach dort mit einer Person. Diese Person war niemand anderes als mein Lukas. Nach einem kurzen Wortwechsel kamen beide zurück an unseren Tisch.

„He mein kleiner, wo kommst du denn her“, fragte ich ihn überrascht.

„Wieso freust du dich nicht mich zu sehen?“, entgegnete er lächelnd.

„Doch natürlich“, sagte ich, was mit einem Kuss belohnt wurde.

Da kein Stuhl mehr frei war, setzte sich Lukas einfach auf eins meine Beine und kuschelte sich an mich. Alle grinsten.

„O Gott, wo bringen wir dann Kim unter“, kam es plötzlich von meiner Mutter.

Bevor Kim irgendetwas darauf sagen konnte, meldete sich mein Vater zu Wort.

„Schon alles erledigt, Mum, brauchst dir deswegen keine Gedanken mehr zu machen“, sagte ich in einem ruhigen Ton.

„Wie, was ist schon erledigt“, fragte Paps.

Es ist alles durchdacht, wir müssen es nur noch in Angriff nehmen.“

Alle schauten mich fragend an.

„Wir haben doch neben meinem Zimmer noch ein ganzes Stück großen Speicher“, fing ich zu erklären an.

„Ja, der voll mit Krempel liegt“, warf Mum ein.

„Das ist kein Problem, den alten Krempel kriegen wir sicher entsorgt. Wenn ich dann ein Eck meines Zimmers her gebe. Dafür einen Durchbruch zu Lukas Zimmer bekomme, wäre genug Platz für Kim eine eigene Wohnung zu schaffen, sogar mit eigenem Eingang.“

„Wann hast du dir das alles überlegt?“, fragte Mum.

„Och, dass ist mir so durch den Kopf gegangen.“

„Einfach so…“

„Ja…!“

Lukas begann zu kichern.

„Die Idee ist nicht schlecht, die Frage ist, will Kim denn bei uns wohnen?“, stelle Paps die Frage.

„Nichts in der Welt würde mich davon abkriegen, ich habe schon zuviel verpasst in dieser Familie, noch mal passiert mir das nicht.

„Okay, dann ist es beschlossene Sache!“

„Das würdest du für mich tun Paps?“, sagte Kim freudestrahlend.

„Ja mein Junge natürlich, ich will nur haben das du endlich hier raus kommst.“

Meine Mutter saß immer noch sehr ruhig auf ihrem Platz.

„Dann musst du es aber auch gleich so ausbauen, dass zwei Leute reinpassen“, warf sie plötzlich ein.

„Aus welchem Grund“, fragte mein Vater.

„Na ja ich denke Kim wird da ja nicht alleine wohnen wollen“, sagte sie und nahm Martina ihre Hand fest in die Ihre, die wiederum dies mit einem Lächeln bestätigte.

*-*-*

Ich weiß nicht wie er es schaffte, aber in den nächsten Tagen lief mein Vater zu Hochform auf. Unverständlich wie er es so schnell schaffte, den Speicher entrümpeln zu lassen, eine Baugenehmigung bekam, und mit den Umbauarbeiten anfangen zu lassen.

Durch das heillose Durcheinander stand dann auch plötzlich der Tag des Konzertes vor der Tür. Meine Klassenkameraden waren bereits am Morgen mit dem Bus gestartet, gegen die Mittagszeit brachten uns unsere Eltern zum Flughafen.

Martina kam mit ihrem eigenen Auto und hatte Kim dabei. Wir betraten das Empfangsgebäude und fanden auch bald die anderen. Max kam auf mich zu und begrüßte mich. Martina trat dazu.

„Du bist also der Sagenumwogene Max“, sagte Martina und gab Max die Hand.

„Hallo Martina, Sagenumwogen?“, fragte Max.

„Ja Kim hat mir viel von dir erzählt, und so wie mir scheint, hast du dass hier ja alles auf die Füße gestellt“, erwiderte Martina.

„Ja, das kann man so sagen.“

„Und ich bin froh und stolz so einen Freund zu haben“, kam es von Kian, der hinter Martina mit seinen Krücken auftauchte.

„Hallo Kim“, sagte Max erfreut.

„Komm her endlich kann ich dich so in den Arm nehmen wie ich das damals schon gern getan hätte“, meinte Kim.

Max ging auf ihn zu und lies sich fest von Kim umarmen. Tränen rannen ihm an seinen Wangen herunter.

„He Kleiner nicht weinen, es ist alles in Ordnung“, sagte Kim.

„Mir ging nur in sekundenschnelle, alles noch mal durch den Kopf, was eigentlich passiert war“, sprach Max, „irgendwie kann ich das gar nicht glauben, und doch bin ich jetzt der glücklichste Mensch der Welt.“

Während ich dem Gespräch gelauscht hatte, blödelten Lukas und Max’s Bruder Christian mit einander rum. Das Wochenende konnte ja heiter werden, dachte ich. Unser Flug wurde aufgerufen und alle begaben sich an Bord des kleinen Jets.

In Frankfurt wurden wir von einem Tourbus abgeholt, der sie zur Halle brachte. Kaum hatte der Bus den Hinterhof der Halle passiert, stand auch schon Kian, Max’s Freund vor der Tür des Wagens. Max stieg aus und fiel seinem Schatz in die Arme.

Ein wildes Gejohle und Blitzlichtgewitter kam von Zaun, wo sich viele Fans erhofften, doch einen Blick auf ihre Stars zu ergattern, und mit dieser romantischen Szene belohnt wurden. Eine ganze Gruppe fing laut an zu schreien, als ich den Bus verlies.

Es war meine Klasse, die mit dem Bus mittlerweile auch angekommen war. Ich lief zum Zaun und begrüßte diese freudig, hinter mir stand Lukas ein wenig nervös und zappelte herum.

„Hi Lukas, kannst ruhig an den Zaun kommen, wir fressen dich schon nicht“, kam es von Marco und streckte ihm durch den Zaun die Hand entgegen.

Ich lächelte ihm zu und bedankte mich nickend. Alle machten sich auf den Weg in die Halle, wo Christian endlich seinen Freund Trevor in die Armen schließen konnte und Jule sich auf Mark stürzte und ihn mit Küssen übersäte.

Wir gingen durch einen Seiteneingang zu der für sie reservierten Tribüne und suchten unsere Plätze. Meine Klasse saß bereits auf ihren Plätzen und trotz der Begrüßung draußen, standen alle noch einmal auf um mich und Lukas zu begrüßen.

Wir setzten uns und nach der Vorgruppe konnte die Show endlich los gehen. Westlife fing gleich mit Unbreakable an, was im Saal von den tausenden von Fans lautstark mitgesungen wurde. Wie ein Lichtermeer sah es aus, wenn man in das Publikum schaute, wo fast jeder mit seinem Lämpchen zum der Takt der Musik winkte.

Lukas suchte in Dunkeln meine Hand und umgriff sie.

„Ich liebe dich Markus“, flüstert es in mein Ohr.

Ich nahm ihn in den Arm gab ihm einen Kuss.

„Ich dich auch mein Herzblatt.“

Engumschlungen genossen wir die Musik.

* Ende *

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