Ich saß hinter der Theke und versuchte etwas Licht in das Chaos der Papiere zu bringen. Die Tür der Zwei ging auf und Abby kam heraus.
„Hallo Tom, schon wieder da, ich hab dich gar nicht kommen hören.“
„Eben zurück gekommen und ich dachte mir, ich helfe euch etwas.“
„Du sollst dich doch etwas schonen mit deinem Arm.“
„Abby…, mir fällt die Decke auf den Kopf, ich muss etwas tun.“
„Schon gut, aber übertreib es nicht… ähm, wer kommt als Nächstes?“
Ich reichte ihr grinsend die Unterlagen.
„Danke… Mrs. Parker… kommen sie bitte?“
*-*-*
Der Warteraum hatte sich geleert, meine Ablagen waren leer und einsortiert. Abby, Bob und Barney kamen fast gleichzeitig aus ihren Behandlungszimmern.
„Steht noch etwas an?“, fragte Bob.
„Nein, dass waren die letzten…“, antwortete ich.
„Wenn dass so weiter geht, können wir anbauen“, meinte Abby und lehnte sich gegen die Theke, „mir kommt es so vor, als würden es immer mehr Patienten werden.“
„Gut dass der Vorschlag von dir kommt, ich hätte mir nicht getraut etwas zu sagen“, meinte Bob mit einem frechen Grinsen.
„Das Haus nebenan steht doch zum Verkauf“, mischte sich Barney ein.
„Seit wann?“, wollte Bob wissen.
„Heute morgen als ich kam, stand ein großes Schild vor dem Haus „Zum verkaufen“ und eine Telefonnummer darunter.“
Bob und Abby schaute sich an.
„Ich wusste nicht, dass die Corneys das Haus verkaufen wollen“, sagte Abby.
„Ist mir auch neu“, meinte Bob.
„Egal…, das Geld würde für einen Umbau reichen, aber nicht um ein Haus zu kaufen.“
Ich schaute zwischen den drei Erwachsenen hin und her. Plötzlich kam mir ein Einfall, ich wusste nicht, wie ich plötzlich zu dieser Idee kam.
„Ähm… könnten wir hinüber gehen in die Küche…, ich hätte da eine Idee.“
Bob und Abby sahen sich an.
„Ich für meinen Fall werde jetzt nach Hause gehen“, meinte Barney, „euch noch einen schönen Abend.
„Dir auch Barney“, meinte Abby und Bob nickte.
Barney verschwand, ich ließ den Computer herunter fahren, während Abby und Bob in den Räumen die Lichter löschten.
*-*-*
„Du bist verrückt Tom“, meinte Abby und holte sich einen neuen Kaffee.
„Wieso denn? Ich weiß doch gar nicht, was ich mit dem ganzen Geld soll. Ihr habt soviel für mich getan und jetzt bin ich mal dran.“
Ich hatte den beiden vorgeschlagen, einen Teil meines Geldes zu nehmen um das Nachbarhaus zu kaufen. Da die beiden Häuser dicht bei einander lagen, hätte man vielleicht eine Verbindung schaffen können.
Die Idee meine Großeltern dann auch noch hier her zu holen, ließ die zwei erst einmal verstummen.
„Tom, das haben wir gerne gemacht“, meinte Bob, „du musst doch nichts zurück geben.“
„Und ich weiß nicht, ob wir uns da nicht übernehmen“, fügte Abby an.
Ich stand auf, nahm mir ein Glas und füllte es mit Cola. Die Haustür ging auf und Molly kam zurück, sie hatte den Mittag bei einer Freundin verbracht.
„Was liegt an?“, fragte sie“, stellte ihre Tasche auf den Boden und setzte sich zu mir.
„Dein Cousin will unter die Großunternehmer gehen“, meinte Bob und nippte an seiner Tasse.
„Wie? Bitte?“
Ich musste über Bobs Witz grinsen.
„Die Corneys ziehen weg und Tom hat vorgeschlagen, das Haus zu kaufen, es mit unserem zu verbinden, die Praxis zu erweitern und in die freie Wohnung Grandma und Grandpa aus Amerika zu holen.“
„Cool, die zwei hier, das wäre optimal…, aber können wir uns dass überhaupt leisten?“
„Tom will alles bezahlen…“
Molly sah mich mit großen Augen an und ich wurde verlegen, aber ich versuchte mich zu wehren und zählte Kontrapunkte auf.
„Ihr habt selber schon gesagt, wie nervig es ist, das jeder und alle durch die Haustür marschiert, praktisch durch unsere Privatsphäre. Die Praxis würde größer werden und mit dem Garten der Nachbarn und deren Stall könntet ihr mehr Tiere aufnehmen, das hinter dem Haus platz jetzt schon aus allen Nähten.“
„Da muss ich Tom Recht geben“, warf Molly ein.
„Aber ich möchte nicht, dass Tom soviel Geld für uns ausgibt“, wehrte Aby ab.
Ich atmete tief durch und seufzte.
„Dann sehe es als geliehen an! Was ist denn daran so schlimm, woher das Geld kommt.“
„Es ist dein Geld, Tom, für dich!“
„Abby, du sagst immer wir sind eine Familie. Was stört dich daran, dass ich etwas für die Familie…, für meine Familie tun möchte? Noch vor einem Jahr ging es mir dreckig. Ich hatte keine Zukunft vor Augen, hatte mich mit dem was war abgefunden. Das alles habt ihr für mich geändert. Sagt jetzt nicht, das war kein großes Opfer für euch. Ich war doch praktisch wild fremd für euch und trotzdem habt ihr es auf euch genommen.“
Ich machte kurz Pause und holte tief Luft. Bob wollte etwas sagen, aber ich redete einfach weiter.
„Ich will das jetzt nicht aufwiegen, weil ihr das für mich getan habt, ich will das, weil es mir Spaß macht, etwas zu tun, etwas Sinnvolles. Wir alle hätten es dadurch besser. Wenn ein Teil von der Praxis hier im Haus wegfällt, könnte ich mein Refugium ebenfalls erweiter, ich profitiere doch genauso wie ihr davon…“
In der Küche war es nun still. Jeder dachte über das Gesagte nach. Etwas leiser sprach ich weiter.
„Ihr habt… mir das gegeben… wovon ich immer geträumt habe… Familie.“
Tränen machten sich in meinen Augen breit und Molly griff nach meiner Hand.
„Lasst mich doch auch etwas für… meine Familie tun.“
Bob und Abby seufzten fast gleichzeitig. Nach einer kurzen Weile des Schweigens und einem Blickaustauschs zwischen Bob und Abby, schaute sie zu mir.
„Also gut Tom, aber nur geliehen, wir zahlen dass alles zurück! Ich werde mit Georg telefonieren, damit der sich um das Finanzielle und die Planung kümmert! Geliehen Tom, nur geliehen!“
Sie verließ die Küche und ich lächelte zufrieden.
*-*-*
Ich saß wieder vor meinem Computer und schrieb nun schon seit einer halben Stunde an der Mail an Grandma. Natürlich schrieb ich ihr von meiner Idee, sie herkommen zu lassen und was Bob und Abby alles machen konnten.
Die Schussverletzung verschwieg ich allerdings. Ein Klopfen an der Verandatür ließ mich aufschrecken. Ich blickte hinüber und konnte Berry entdecken. Ich drückte senden und lief zur Glastür, um ihm zu öffnen.
„Hi Schatz“, begrüßte er mich gefolgt von einem Kuss.
„Hi“, lächelte ich zurück.
„Was machst du?“, fragte er und berat mein Zimmer.
„Mails beantworten, habe grad meiner Grandma geschrieben.“
Er legte seine Jacke aufs Bett und zog mich zu sich. Er roch frisch geduscht.
„Warum bist du heute Mittag so schnell verschwunden?“
„Du warst beschäftigt und ich hätte wahrscheinlich eh nur im Weg herum gestanden, weil helfen“, ich blickte auf meinen Arm, „hätte eh nicht helfen können.“
„Dann hättest du wenigstens dich richtig verabschieden können?“
„Noch mehr von deinen dreckigen Küssen?“, grinste ich frech.
Berry rollte die Augen.
„Habe dich vermisst…“, sagte er leise und küsste mich.
Es klopfte und die Tür ging auf.
„Tom hast du Lust… oh du hast Besuch.“
Molly stand in der Tür.
„Ja, habe ich Molly und auf was soll ich Lust haben?“
„Ach, das ist nicht so wichtig…“
„Molly, was willst du machen?“
Berry ließ mich los.
„Dad und Mum sitzen in der Küche und planen deinen Vorschlag durch.“
„Was für einen Vorschlag?“, unterbrach uns verwundert Berry.
Stimmt, er konnte das ja nicht wissen, wo er doch für meine Idee Ausschlaggeber war.
„Euer Umbau hat mich auf eine Idee gebracht“, antwortete ich.
„Welcher Umbau?“, fragte nun Molly.
„Riley und Timothy wollen zu uns ziehen und da der Dachboden ungenutzt ist, wollen wir den Speicher umbauen, damit genug Platz ist.“
„Und das konntest du mir heute Mittag nicht sagen?“, fragte ich nun.
„Schatz, so etwas würde ich dir doch nicht zwischen Tür und Angel sagen und zudem war es da ja noch gar nicht aktuell.“
Molly kicherte und Berry sah zu ihr.
„Dein Tom will das Nachbarhaus kaufen, die Praxis vergrößern und unsere Großeltern aus Amerika herholen.“
Berry sah mich mit großen Augen an.
„Dass hast du dir heute alles in deinem kleinen Kopf selber ausgedacht?“
Irrte ich mich, oder wollte mich Berry aufziehen.
„Ja, dass habe ich mir ganz alleine ausgedacht, stell dir vor!“
„Ich bin dann mal wieder in der Küche…, wenn ihr noch kommen wollt“, meinte Molly und verschwand wieder.
Berry zog mich wieder zu sich.
„Coole Idee!“, meinte er grinsend und küsste mich auf die Nase.
„Dachte ich auch“, und grinste zurück.
„Willst du in die Küche?“
„Ich weiß nicht?“
„Warum?“
„Mir hat das Verwöhnen gestern sehr gefallen!“
Berry lachte laut.
„Gut, wir können das ja jetzt weiter machen.“
„Das dachte ich auch gerade“, erwiderte ich und grinste.
*-*-*
Die Nacht war wieder irgendwie kurz. Müde saß ich am Frühstückstisch alleine. Berry war nach Hause gegangen, Bob und Abby in der Praxis und Molly noch nicht aufgetaucht. Es klingelte an der Haustür.