Welcome to Australia – Teil 28

Ich raffte mich auf, schaute kurz in den Spiegel ob ich Tageslicht tauglich war und öffnete die Haustür. Davor stand Georg mit einem Mann. Er kam mir bekannt vor.

„Hallo Tom!“

Er reichte mir die Hand.

„Hallo Georg…, du willst sicher zu Abby.“

„Ja auch. Darf ich dir meinen Mann Alfred vorstellen.“

Er trat auf die Seite und gab die Sicht zu Alfred wieder frei. Etwas gebräunter im Gesicht, als Georg und einem smarten Lächeln auf den Lippen, drückte er mir auch die Hand.

„Hallo Tom, nett dass ich dich mal kennen lerne.“

Ich lächelte verlegen.

„Kommt doch herein, ich schau kurz ob Abby Zeit hat. Ihr könnt euch ja solange an den Küchentisch setzten und falls ihr Hunger hat, Darleen hat wieder voll aufgefahren.“

Georg und Alfred grinsten. Ich ließ die beiden in der Küche zurück und lief in die Praxis. Wie nicht anders zu erwarten war natürlich niemand am Empfang. So lief ich zu Behandlungszimmer eins und schaute kurz hinein.

Dort fand ich Barney vor, der von einem Hund aufschaute.

„Was kann ich für dich tun Tom?“

„Weißt du wo Abby ist?

„In der Drei!“

„Danke!“

„Bitte!“

Ich verschloss die Tür und lief zur Drei. Gerade wollte ich den Türgriff in die Hand nehmen, als die Tür aufgezogen wurde.

„Dreimal täglich ins Essen mischen und… oh Tom entschuldige, ich hatte dich nicht gesehen.“

Wieder einmal wäre ich fast über den Haufen gerannt worden. Ich trat ein Schritt zurück und ließ Abby gewähren. Eine ältere Dame mit Hund folgte ihr und beäugte mich.

„Das ist Mrs Prandigan, die Großmutter von Sophie“, sagte Abby zu mir und legte die Unterlagen ab.

„Das ist mein Neffe Tom, er geht mit ihrer Enkelin Sophie in dieselbe Klasse.“

„Ah, Sophie hat mir schon von dir erzählt. Irgendwelche wüsten Geschichten von Mafia und Kirchenmännern.“

Ich konnte nicht anders und fing laut an zu lachen, während Abby mich komisch musterte. Ich wandte mich zu Mrs. Prandigan.

„Dass sind alles nur Gerüchte… alles nur erfunden, keine Sorge Mrs. Prandigan.“

„So richtig geglaubt habe ich ihr das nicht.“

Ich grinste weiter und Mrs. Prandigan wandte sich an meine Tante.

„Und sie meinen wirklich, ich solle die Schokolade weglassen?“

„Ja, Mrs. Prandigan. Sie werden sehen, sie können mit Arco wieder ganz normal sparzieren gehen.“

Sophies Grandma lächelte und verabschiedete sich. Als sie aus der Tür war, wandte sich Abby wieder zu mir.

„Dass die Leute nicht verstehen, dass sie einem Hund mit Schokolade nichts Gutes tun…, warum bist du eigentlich hier?“

„Dein Bruder mit Mann sitzen in der Küche, die wollten zu dir.“

„Georg ist mit Alfred da?“

„Ja.“

„Sag dass doch gleich“, meinte sie und stürmte an mir vorbei.

Ich lief ihr langsam hinter her und verschloss die Praxistür von außen. Als ich in der Küche ankam, hing Abby gerade in den Armen ihres Schwagers.

„Dass finde ich lieb, dass ihr beide vorbei schaut“, meinte sie und ließ Alfred los.

„Die Idee kam von Fred“, meinte Georg.

Abby lächelte. Ich setzte mich wieder an meinen Platz und aß weiter an meinem Brot.

„Das mit dem Haus geht klar. Ein Mitarbeiter von mir füllt bereits die Formulare aus. Da die Corneys ihren Hausverkauf über uns abwickeln, ist das kein Problem.“

Abby sah ihren Bruder an.

„Was ist…, ohne Grund tauchst du hier nicht auf und bringst sogar Fred mit.“

„Ich sagte dir gleich, dass ist ein blöde Idee“, meinte Fred und wollte aufstehen.

„Sitzenbleiben die Herren und jetzt mal Klartext, was ist los?“

„Mein Arbeitgeber hat dicht gemacht…“, sagte Fred leise.

„Und nun sitzt du auf der Straße?“

„Ja…, aber Georg meinte, dass wäre endlich die Chance mich selbstständig zu machen.“

„Da gebe ich meinem Bruder ausnahmsweise mal Recht!“

„Wie gütig von dir Schwesterherz.“

Abby grinste ihren Bruder frech an und knuffte ihn in die Seite.

„Und Georg meinte auch…, ob ich euch nicht… fragen könnte…“

„Ob du den Umbau als Architekt übernehmen kannst“, fiel im Abby ins Wort.

Fragend schaute ich zwischen den dreien hin und her. Da ich eh nicht mitreden konnte, hatte ich bisher meinen Mund gehalten, aber wegen fehlender Information, verstand ich nun nichts mehr. Abby schien mein Blick zu deuten und Georg wohl auch.

„Fred hat bisher in einem Architektenbüro gearbeitet und könnte mit unseren Auftrag seinen ersten Verdienst als freier Architekt verzeichnen“, erklärte Georg.

Jetzt verstand ich.

„Wärst du damit einverstanden, Schwesterchen?“, fragte Georg.

„Ich schon, aber ihr müsst den Bauherr erst fragen.“

„Gut, wo ist Bob?“

„Ich meinte nicht Bob, ich meinte Tom“, sagte sie und zeigte auf mich.

Mir blieb der letzte Bissen meines Brots im Hals stecken und begann zu husten. Georg stand auf und klopfte mir auf den Rücken, während Abby mir ein Glas Wasser reichte.

„Danke“, sagte ich mit dünner Stimme und trank das Glas mit einem Zug leer.

„So du Bauherr, dann lass mal hören“, meinte Georg zu mir.

Ich schaute ihn mit großen Augen an.

„Ähm… was denn?“

„Wie du dir den Umbau vorstellst…, es müssen ja Pläne und alles gemacht werden, bevor ihr beginnen könnt.“

„Wie ich… ähm… ich hab nur den Vorschlag gemacht…“

„Genau Tom“, sagte Abby, dann kannst du Fred auch erzählen, wie du dir das vorstellst. Du bist Geldgeber, also sagst du wie gebaut wird.“

„Das ist nicht fair, Abby.“

Sie grinste breit.

„Hier ist eine kleine Liste, wie wir uns ungefähr die Praxis vorstellen…, da kennst du dich ja nicht aus, aber den Rest wirst du schon schaukeln. Braucht ihr mich noch?“

„Nein, aber kannst du heute Mittag mit Tom in die Bank kommen, um die Verträge zu unterschreiben… oder auch Bob, er ist ja Toms Vormund.“

„Kein Problem. Du kannst ihn gleich selbst fragen, drüben in der Praxis.“

„Gut, Tom kann ja Fred erzählen, wie er sich alles vorstellt“, meinte Georg.

Fred stand auf und gab Abby einen Kuss auf die Wange.

„Danke“, meinte er zu ihr.

„Bedank dich bei Tom, der Kuss ist eigentlich für ihn, es war seine Idee.“

Ich wurde tief rot und die drei lachten laut.

*-*-*

Ich stand mit Fred vor dem Haus.

„Ich weiß halt nicht was möglich ist. He ich bin siebzehn, werde bald achtzehn, woher soll ich wissen, wie man Häuser baut.“

Fred lachte neben mir.

„Das ist mir schon klar, Tom. Du sagst einfach, wie du es dir vorstellst und ich setzte mich dann hin, arbeite einen ersten Bauplan aus. Dann sieht man, was geht und können dann immer noch Änderungen beschließen.“

„Okay… gut. Also…“

Ich atmete tief durch. In der nächsten viertel Stunde schilderte ich Fred, wie ich mir das vorstellte. Er  hatte einen Notizblock dabei und schrieb und schrieb.

„Noch etwas?“, fragte er.

Ich schüttelte den Kopf.

„Gut, damit sollte ich etwas anfangen können.“

Ich sah ihn mit großen Augen an. Wie konnte man sich mit Vorstellungen eines siebzehn Jährigen ein Haus planen?

„Alles klar mit dir? Tut der Arm wieder weh?“

Ich schüttelte den Kopf. Klar tat der Arm weh, aber das war es nicht.

„Was ist los mit dir, Tom?“

„Ich… ich kann mir nicht vorstellen, dass du aus meinen Ideen oder Vorschläge ein Haus umbauen kannst.“

Fred lachte und ein bisschen konnte ich verstehen, warum Georg diesen Mann liebte. Dieses Lachen war magisch, es steckte an, es munterte auf und es beruhigte.

„Tom, wenn du Lust hast, dann besuch uns doch einfach mal, dann kann ich dir sicher mehr zeigen.“

Ich nickte. Am Haus ging die Tür auf und Abby kam mit Georg heraus.

„Na, habt ihr alles zusammen?“, rief Abby.

„Ja, euer Junior hat mir detailliert alles beschrieben, was ihm im Kopf so vorschwebt“, antwortete Fred und wandte sich zu mir, „schon mal überlegt, ob du nicht Architekt werden willst? Die Vorstellungskraft und das räumliche Sehen hättest du dazu.“

Bei mir ratterte das Gehirn los und der erste Gedanke der mir kam, dass man dann sicher auch viel rechnen musste.

„Ich weiß nicht recht, da muss man doch sicher viel rechnen und Mathematik liegt mir nicht so.“

„Gut, war auch nur als Anregung gedacht…, Schatz können wir?“

Georg nickte. Die beiden verabschiedeten sich mit Umarmung und Wangenkuss, auch bei mir. Hochrot stand ich neben Abby und winkte ihnen nach.

„Na du Bauunternehmer alles klar mit dir?“

Ich sah Abby an, die wie immer grinste.

„Sind die immer so?“

„Wie sind sie denn?“

Ich kam in Erklärungsnotstand und wusste nicht wie ich mich ausdrücken sollte, so zuckte ich einfach mit den Schultern.

„Meinst du vielleicht ihre Herzlichkeit?“

Ich nickte.

„Ich kenne Georg und Fred nicht anders…, mir gefällt es.“

„Aha.“

„Stört es dich von einem Mann geküsst zu werden…, wohl bemerkt auf die Wange…?“

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