Welcome to Australia – Teil 36

Linda hatte es vorhergesehen. Molly und ich waren mit den Johnsons mitgegangen und sahen nun das Ausmaß der Schäden. Das Wasser stand immer noch bis zur dritten Stufe der Kellertreppe.

„Wenigstens ist hier oben alles trocken geblieben“, sagte Linda und lief weiter ins Haus hinein.

„Das riecht aber übel“, meinte Lesley.

„Kein Wunder, wenn alles sich mit dem Abwasser vermischt“, erklärte Molly.

„Erinner mich nicht daran“, sagte Lesley und rümpfte die Nase.

„Und was machen wir nun?“, fragte mein Schatz.

„Abwarten, was sonst“, meinte Lesley, „oder willst du einen Eimer nehmen und das Wasser  hinaustragen?“

Berry schüttelte den Kopf.

„Aber wohin sollen sie das Wasser den pumpen, draußen würde es doch auch nicht ablaufen“, stellte Molly ihre Frage in den Raum.

„Das lasst mal die Sorge der Feuerwehr sein“, mischte sich Linda ein.

„Es wird noch eine Weile dauern, bis wir an der Reihe sind, es ist nicht nur unser Keller vollgelaufen.“

Ich sah Linda an, dass sie noch mehr Sorgen hatte, als ihren Keller. Aber ich wusste auch nicht, wie ich ihr helfen konnte und ich wollte helfen.

*-*-*

Spät am Abend lag ich alleine im Zimmer, die Johnsons waren bei Riley eingeladen und Molly hatte ihre Zimmer auch wieder für sich. Der Verband nervte kolossal und ich beschloss, ohne zu fragen, ihn einfach abzumachen.

Langsam wickelte ich die Binde auf und lies sie zu Boden gleiten. So gut ich eben schauen konnte, empfand ich die Wunde als fast normal aussehend. Das Jucken ließ langsam nach und ich konnte auch meinen Arm besser bewegen.

Piepend fuhr mein PC hoch, bis auf dem Monitor das gewohnte Bild auftauchte. Grinsend schaute ich auf Berry, der mit mir im Arm wie ein Sieger posierte. Ich öffnete das Internet und wollte meine Mails abrufen, doch weder das Internet, noch die Seite ging auf.

Vielleicht wegen der Überflutung, dachte ich und so schloss ich alles wieder. Wieder prangte mir Berry entgegen. Es klopfte.

„Herein!“, rief ich.

Die Tür ging auf und Bob schob seinen Kopf herein.

„Hi Bob…“

„Hallo Tom…, was machst du?“

„Ich wollte Emails abrufen, aber das Internet ging nicht.“

„Hat Molly erwähnt.“

Ich nickte.

„Du hast deinen Verband abgenommen?“

„Ja, es juckte so schrecklich…, so ist es besser.“

„Okay…“

Ich schaute ihn an.

„Bob, was ist?“

„Ich…, ich wollte dich einfach nur fragen wie es dir geht?“

„Gut!“

„Wirklich?“

„Ja! Mit Berry ist wieder alles im Lot und wenn morgen wieder keine Schule ist, wollte ich meine Mutter besuchen…“

Bob hatte sich die ganze Zeit nicht bewegt und schaute mich durch dringend an.

„Bob, was ist wirklich los? Du willst doch nicht nur wissen wie es mir geht.“

„Doch, ich habe mir halt so meine Sorgen gemacht und… es ist ja auch viel passiert…“

„… ja es ist viel passiert“, fiel ich ihm ins Wort, „aber daran kann man nichts mehr ändern…“

Bob schob die Tür ganz auf.

„Du hast bald Geburtstag.“

„Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.“

„Solltest du aber.“

*-*-*

Ich saß mit Bob alleine am Frühstückstisch. Wir lauschten beide dem Radio. Der Wetterbericht sagte überhaupt nichts Gutes voraus. Die Überschwemmung war nicht mal vorbei, da raste Zyklon direkt auf Queensland mit 260 Stundenkilometern zu.

„Wir werden wahrscheinlich nicht so viel abbekommen“, meinte Bob, der ebenso wie ich den Nachrichten gelauscht hatte.

„Glaubst du?“, fragte ich.

„Es bleibt schwül und warm, es kommen Gewitter mit viel Regen, so haben sie es vorhin auf alle Fälle vorhergesagt.“

„Dann wird dass Wasser nicht zurück gehen.“

„Wahrscheinlich…“

Ich dachte an Lindas Haus, dass jetzt schon bis zum Kellermit Wasser gefüllt war.

„So nachdenklich…?“

„Ja…, ich mache mir Gedanken wegen Lindas Haus…“

„Wenn das Wetter so bleibt…“, Bob unterbrach kurz und sah mich durch dringend an, „… bleibt nur noch Abriss.“

Schockiert sah ich ihn an.

„Schau Tom, dass ganze Haus ist aus Holz, das sich jetzt voll Wasser zieht. Lindas Haus ist alt und nicht mehr das stabilste und durch das viele Wasser verliert es noch mehr an Festigkeit.“

„Aber…, aber wo sollen sie denn dann hin?“

„Riley sagte, sein Haus ist groß genug, um alle aufzunehmen und da Riley und Linda eh vorhatten zusammen zu ziehen, ist dass die einzige klugen Entscheidung.“

Bei Riley wohnen, das war auf der anderen Seite der Stadt. Berry würde dann nicht mehr einfach so kurz vorbei kommen können. Bob biss von seinem Brot ab und sah mich weiter an.

„… das ist weit weg…“, meinte ich und trank einen Schluck Kaffee.

Bob nickte.

„… und so gut kennen ich mich noch nicht aus… in Griffith.“

„Führerschein…“

„Hä?“

„Mach deinen Führerschein…, du wirst bald achtzehn!“

Auf die Idee war ich noch nicht gekommen.

„Tom, es ist ja nicht so, dass du jetzt am Hungertuch nagen müsstest, du hast Geld. Setzte es sinnvoll ein. Erst einen Führerschein und dann vielleicht ein kleines Auto, muss ja nicht neu sein. Würde reichen für den Anfang.“

Ich nickte. Stimmt, an das Geld hatte ich nicht gedacht. Es klingelte an der Haustür. Bob stand auf und ging hinter sich die Tür schließend in den Flur. Es war niemand den ich kannte. Mich wunderte sowieso, dass so wenige den Hintereingang benutzten und immer den Haupteingang durch die Wohnung betraten.

Wenig später kam Bob wieder herein. Er trank seinen Kaffee im Stechen aus.

„Ich geh dann mal rüber in den Praxis, wenn du Lust hast, kannst ja auch kommen.“

Ich nickte. Er stellte seine Tasse ab und verschwand. So saß ich nun alleine am Tisch. Darleen war auch heute zu Hause geblieben und so beschloss ich, erst die Küche sauber zu machen, bevor ich in die Praxis ging.

Die Tasse leerend stand ich auf und räumte das Geschirr in die Spüle. Sollte ich es gleich wegspülen, oder es bis zum Mittagessen stehen lassen. Ich schaute kurz zum Flur und entschloss mich dann, es schnell wegzuspülen.

Eine viertel Stunde später betrat ich die Praxis. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sie so voll war. Es standen sogar Leute im Flur.

„Dich schickt der Himmel“, meinte Molly, als sie mich sah, „der PC spinnt und Mum braucht mich in der Drei.“

„Bin da, du kannst zu ihr“, meinte ich.

Sie drückte sich an mir vorbei und schlingerte zwischen den Leuten durch, bis sie die Drei erreichte und darin verschwand. Entsetzt sah ich auf den Schreibtisch, alles lag durch einander.

Die Tür zur eins ging auf und Barney kam heraus.

„Oh, hallo Tom, weißt du, wer als nächstes dran ist?“

Ich kam gar nicht zur Antwort, den gleich drei Herrschaften stürmten zur Theke und bekundeten, dass doch ihr Tierchen dran wäre. Mir wurde das etwas zu laut und Barney trat ebenfalls einen Schritt zurück.

Ich zog die oberste Dateikarte heraus, die mir ins Augen fiel.

„Mr. Brown…?“, rief ich.

„Ja?“, meldete sich ein kleiner Mann mit einem Hasen im Arm.

„Sie sind der nächste, bitte gehen sie in die Eins!“

„Aber junger Mann…“, begann eine Frau vor mir.

„Entschuldigen sie bitte…, sie kommen sofort dran, wenn einer der Ärzte frei ist. Aber bis dahin würde ich sie gerne bitten, etwas zurück zutreten und mich meine Arbeit tun zu lassen, sonst kommt gar niemand dran!“

Barney grinste, nahm die Kartei entgegen und der Rest der Meute trat zurück.

„Danke!“, meinte ich und setzte mich hin.

Ich startete den PC neu, nachdem ich gesehen hatte, dass er sich hoffnungslos aufgehängt hatte und fand auch ein Blatt, wo Molly alle Namen aufgeschrieben hatte, nebst Tieren. Alle Karteien legte ich auf einen Stapel, um erst mal Platz zu bekommen.

Dann fing ich an, nach Mollys Liste die Karteien zu sortieren. Eine nach der anderen legte ich auf die Theke, bis ich alle beieinander hatte. Die Tür zur Zwei ging auf und Bob kam mit einer Frau und dessen Katze heraus.

Er sah kurz zu mir und lächelte.

„Tom wird ihnen das Rezept ausstellen. Sie müssen aber leider die Apotheke in Wood Park aufsuchen, die andere ist wegen der Überflutung geschlossen.“

„Ich suche ihnen die Adresse gerne heraus“, meinte ich freundlich.

„Danke Tom“, meinte die Frau und lächelte mich an.

Dank der Liste, fand ich schnell die Adresse.

„Tom, wer kommt als nächstes?“, fragte Bob.

„Liegt oben auf“, sagte ich ohne aufzuschauen.

„Danke!“

„Mrs. Hardy, würden sie mit bitte folgen.“

Ich schaute kurz auf und sah, wie die Dame von vorhin ihm folgte. Na also, geht doch.

„Hier, ihre Adresse und das Rezept“, sagte ich zu der Dame vor mir.

„Danke!“, meinte sie und verließ die Praxis durch den Nebeneingang.

Ich atmete tief durch und sah, dass der PC endlich wieder seinen Dienst verrichtete. Ich trug also jeden Tierhalter mit Tier ein und bekam so langsam Ordnung in die Sache.

„Hallo…“

Ich schaute auf und vor mir stand Timothy mit Pudel Henry unterm Arm.

„Timothy… hallo.“

„Ganz schön voll hier…, meinst du jemand kann Henry mal angucken?“

„Aber sicher doch…, geht nur ein bisschen, wie du siehst.“

Timothy nickte.

„Bist du alleine hier?“

„Ja…“

Schade. Ich dachte, vielleicht wäre Berry mit ihm hergekommen.

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