You are not alone – Teil 3

„Hast du schon gehört Christopher, Westlife war in der Stadt“, meinte Michael.

„Echt, und ich hab nicht mal ein Plakat gelesen, die hätte ich gerne gesehen.“

„Da muss ich dich enttäuschen, dies war privater Natur, nur geladene Gäste.“

„Schade.“

„Ich weiß wie gerne du sie hörst, aber ich habe es aus einem anderen Grund erfahren, das mit Westlife nur neben her.“

„Wieso was war denn?“

„Westlife, war eigentlich ein Geschenk zum Geburtstag. Ein wohlhabender Junge, hat dies seinem Boyfriend als Geschenk ausgedacht.“

„Wow, dass ist ja süß.“

„Na ja, mit bitteren Beigeschmack, der Junge hat anscheinend gerade ne Herzkrankheit hinter sich und weil er bei der Fete so verausgabt hat, bekam er einen Herzanfall.

„O sche…, wie alt ist er denn gewesen.“

„Siebzehn, aber er lebt noch. Hatte Glück.“

„O Mann so jung. Woher weißt du das alles?“

„Ein Kollege von meinem Vater, dessen Sohn war auf der Party. Er konnte sich gar nicht richtig beruhigen, er hat das ja alles so hautnah mitbekommen.“

„Den Jungen würde ich gerne mal kennen lernen.“

„Wieso denn, ist doch kein Problemfall, na ja er ist krank, so meinte ich das jetzt nicht.“

Schon gut Michael, ich dachte ja nur wenn der so gute Beziehungen zu Westlife hat…“

Michael musste lachen und ich drückte meine Zigarette aus.

„Was machst du heute?“, fragte mich Michael, als er sein Frühstücksgeschirr wegräumte.

„Der Fliesenleger kommt heute, die Bäder im Nachbarhaus werden endlich fertig gestellt. Da werde ich wohl da bleiben müssen. Ich wollte nämlich noch zu deinem Vater.“

„Besonderer Grund?“

„Ja, Mr. Lukas hat doch dieses Austauschprogramm vorgeschlagen, also jemand aus der Stiftung drüben ein Jahr hier in Deutschland im Austausch von uns jemand rüber in die Staaten.“

„Und was wolltest du da besprechen?“

„Mr. Lukas hätte da jemand, nur wir hier haben niemand. Bei uns im Haus sind alle eingebunden, oder möchten nicht. Klara und Gunther, werden uns sowieso noch eine Zeit lang erhalten bleiben und Andreas und Thomas sowieso. Kirstin und Dennis, da denk ich mal, die werden Anfang des nächsten Jahres heiraten wollen.“

„Und Nico?“

„Nico war schon drüben, er will nicht mehr rüber, er meinte da erinnert ihn immer noch zuviel an seine Eltern. Und Frank ist einfach noch zu jung, mit seinen vierzehn Jahren.“

„Und wo sitzt dann das Problem?“

„Mr. Lukas möchte nicht, dass es ein einseitiges Austauschprogramm gibt.“

„Das verstehe ich. Sei mir nicht böse Chris, ich muss aber los, sonst komm ich zu spät zu meiner Vorlesung.“

„Schon okay“, sagte ich und er verabschiedete sich mit einem Kuss von mir.

***

Ich musste gar nicht zu Julius fahren, denn er kam später vorbei um nach den rechten zu schauen.

„Hallo großer, alles klar?“, fragte er.

„Hallo Julius, ich weiß genau, wenn du so fragst hast du etwas auf dem Herzen“, erwiderte ich.

„Du kennst mich schon zu lange, ja stimmt, ich habe etwas auf dem Herzen.“

Wir liefen durch die fertigen Wohnungen.

„Hättest du ein wenig Zeit, ich brauche deine Hilfe.“

„Um was dreht es sich?“

„Wir haben einen Problemfall im Jugendhaus.“

„Im Jugendhaus? Ein Jugendlicher?“

Seit einem halben Jahr hat das Amt ein wenig mehr sein Augen auf das Jugendhaus geworfen, weil da der Anlaufpunkt von hilfesuchenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen, am größten war.

„Nein, mit Ralf unserem Sozialpädagogen vor Ort. Nach einem schweren Fall, hatte er einen Nervenzusammenbruch. Er ist nicht mehr der alte.“

„Und wie kann ich helfen?“

„Er lässt seither niemanden mehr an sich heran. Und das Amt meinte, da du ja für das zweite Haus, noch jemand zur Unterstützung brauchst, ob sie ihn nicht zu dir versetzten.“

„Ich hätte nichts dagegen, wenn jemand von uns im zweiten Haus wohnen würde, aber ob dieser Ralf das richtige ist. Ich weiß selber wie mich das damals mitgenommen hat, als ich Thomas so grün und blau geschlagen vor mir sitzen sah.“

„So wie ich die Sache sehe, hat Ralf keine Freunde. Seine Familie wohnt in Norddeutschland, also niemanden wo er einen richtigen Anschluss hätte.“

„Du meinst also, dass ich ihn in unsere große Familie aufnehmen soll?“

„Wäre mir recht, natürlich nur wenn Ralf damit einverstanden ist. Das ist Grundvoraussetzung.“

„Kann man ihn mal treffen, ich meine so zu einem Schnuppergespräch?“

„Ich dachte, wenn ihr am Mittwoch, wie immer euren selbsternannten Familieabend habt, könnte er doch auch kommen. Dann sieht er gleich wie es bei euch so läuft.“

Familienabend. Seit einem viertel Jahr trafen wir uns jetzt alle vom Haus Mittwochsabends zu einer gemütlichen Runde, diesmal war es wieder bei mir und Michael.

„Ja würde gehen, meinst du Ralf kommt dann auch.“

„Ich denke schon, denn ich wird ihm mal ein wenig auf die Sprünge helfen. Vor zwei Tagen habe ich ihn aus ein Kneipe gezogen, weil er schon am Mittag stockbesoffen, zu randalieren anfing.“

„Und so was willst du mir als Hilfe geben?“

Ich verzog das Gesicht.

„Da will ich aber erst mal vorher ein privates Gespräch mit im führen, bevor ich ihn auf meine Hausgang loslasse. Noch etwas was ich wissen müsste?“

„Ralf hat eine Freundin. Sie wird im nächsten Monat nach Frankfurt ziehen. Sie will hier weiter studieren.“

„Und was?“

„Lehrerin.“

„Oh, eine Lehrerin, das wäre eine Bereicherung für unser Haus.“

„Das dachte ich auch“, meinte Julius mit einem Grinsen.

***

Nachdem mit den Arbeitern alles abgeklärt war, fuhr ich mit Julius zu dem besagten Jugendheim. Mir fiel gleich, ein junger Mann, der in einer Ecke saß, auf.

„Das ist Ralf“, sagte mir Julius und gemeinsam traten wir ein.

Der junge Mann wendete den Kopf, sah uns und setzte ein Lächeln auf.

„Hallo Julius, schön dass du mich besuchen kommst“, sagte er.

„Hallo Ralf, ich hab dir jemanden mitgebracht“, sagte Julius.

„Mein Nachfolger?“ meinte Ralf und sein Gesicht verlor jede Freundlichkeit.

„Nein Ralf, das ist Christopher, eventuell dein neuer Kollege.“

„Neu …hier?“

Julius setzte sich zu Ralf und ich tat das gleiche. Ich blieb wortlos und nickte ihm nur zu.

„Nein ich habe dir doch von Christopher schon erzählt. Er leitet das Wohnheim im Südviertel.“

„Ein bisschen jung, oder?“

Jetzt war ich doch ein wenig verärgert.

„Wie alt muss man den nach deiner Ansicht sein, um anderen helfen zu können oder für sie da zu sein?“, fragte ich.

„Oh Gott, wieder so ein Möchtegernpsychologe“, kam es von Ralf genervt.

„Tut mir leid Julius, die Idee war gut, aber wenn Ralf schon so eine Einstellung gegen mich hat, dann kannst du es vergessen.“

Ich war sauer, was bildete sich der Fatzke überhaupt ein, er kannte mich doch gar nicht, ich war schon auf dem Sprung aufzustehen und zu gehen.

„Christopher warte bitte“, und zu Ralf gewandt, „Ralf was soll der Scheiß, was für eine Nummer ziehst du hier ab. Ja, mag sein Christopher ist mit seinen einundzwanzig noch recht jung und hat keine psychologische Ausbildung wie du, aber was er in den letzten drei Jahren auf die Füße gestellt hat, kann sich sehen lassen.“

Ralf drehte sich wieder zur Wand und uns den Rücken zu.

„Dann feuert mich doch endlich, ich weiß ja, ich steh auf euerer Abschussliste.“

Julius schaute mich an und schüttelte den Kopf. Er wollte gerade ansetzten, aber ich hob die Hand und hieß ihn schweigen. Ich lief um Ralf herum nahm mir einen Stuhl und setzte mich vor ihn.

„Stimmt schon was du gesagt hast Ralf ich bin jung. Aber du bist nicht der einzigste, dem hier schlechtes wiederfahren ist.“

Ralf schaute mir in die Augen, ich sah wie ihm eine Träne herunterlief.

„Das dein letzter Fall in die Hose ging und der Junge umgebracht wurde, dafür kannst du genauso wenig was, wir ich oder Julius, oder sonst wer.“

„Ich kann nicht mehr…“, sagte Ralf leise und begann zu weinen.

Ich kam ihm näher und nahm ihn in den Arm.

„Lass es raus, wein dich einfach aus.“

Die Tür ging auf und eine Mädchen mit einem Jungen spazierte herein. Ich gab Julius einen Wink er solle sich um sie kümmern. Er stand auf und ging hinter die Theke, wo die beiden auch gleich zu ihm kamen.

Ralf schaute auf und mir direkt in die Augen.

„Ich hatte ihn in den Armen, als er starb… er war noch keine fünfzehn. Irgend so ein scheiß Zuhälter hatte ihn einfach niedergestochen….. ich konnte ihm net helfen… er ist in meinen Armen verblutet.“

Wieder fing Ralf laut an zu schluchzen.

Julius hatte die zwei Kids dermaßen in ein Gespräch verwickelt, das sie von all dem nichts mitbekamen.

„Hör mal zu Ralf“, fing ich leise an zu reden, „ich weiß das ist hart für dich jemanden zu verlieren, auch wenn er dir nicht unmittelbar nahe stand. Ich habe meine Eltern verloren, ich weiß wovon ich rede.“

Ralf sah mich wieder an.

„Willst du deswegen jetzt aber aufhören? Es gibt genug andere, die auf deine Hilfe angewiesen sind. Oder soll dem Jungen sein Tod umsonst gewesen sein, weil du aufgibst. dich aufgibst?“

„Ich kriege die Bilder aber nicht aus dem Kopf“, meinte Ralf.

„Verständlich, und du wirst noch eine Weile dran knabbern müssen, so was geht nicht von heut auf morgen weg.“

„Mut machst du mir ja keinen!“

Ralf hatte sich wieder ein wenig gefasst.

„Nein ich sage es nur wie es ist, Ralf. Ich habe einen bei mir wohnen, der Andreas, der wurde von eigenen „falschen“ Freunden zu Brei geschlagen, das ist jetzt zwei Jahre her. Noch immer träumt er davon und wacht Scheiß gebadet nachts auf.“

„Und was tust du so, was für Aufgaben hast du so?“

Das Eis war endlich gebrochen, Ralf lies mich gewähren.

„Vor allem bin ich für die anderen da, eine Anlaufstelle. Die Jungs und Mädels haben Vertrauen zu mir. Zum anderen versuche ich so unbürokratisch wie möglich, ihnen zu helfen. Sei es mit der Schule oder dem Beruf, oder auch in privaten Dingen.“

„Hört sich interessant an und die wohnen alle bei dir?“

„Nicht bei mir, ich habe nur nen vierzehnjährigen Jungen in Pflege, der seine Eltern bei einem Hausbrand verloren hat. Ansonsten haben meine Schützlinge alle eine eigene Wohnung im Haus.“

„Könnt ich mir das mal ansehen?“

„Natürlich, wenn du Zeit hast, schon am Mittwoch, dann lernst du alle kennen, da haben wir immer nen sogenannten Familienabend.“

Das junge Pärchen hatte sich von Julius verabschiedet und war gegangen. Er gesellte sich wieder zu uns.

„So wie sieht’s aus bei euch beiden?“

„Gut“, meinte ich.

„Sorry Julius, wenn ich mich eben so gehen lassen habe.“

„Schon gut Ralf, verstehe es, so was würde mich auch aus der Bahn werfen.“

Ich stand auf und gab Ralf mein Visitenkärtchen.

„Also abgemacht, du kommst am Mittwoch vorbei und schaust dir das ganze an.“

„Okay“, meinte Ralf und diesmal war sein Lächeln echt.

„Ach so bevor ich es vergesse, hast du Probleme damit, das ich schwul bin“, fragte ich Ralf bevor wir gingen.

„Nein warum sollte ich mein Bruder ist es auch“, gab Ralf zur Antwort.

„Dann ist ja gut.“

„Du Christopher… noch solo?“

„Nein, bin in festen Händen, warum?“

„Mein Bruder sucht so was Süßes wie dich.“

Ich wollte antworten, aber Julius drängte sich vor.

„Da wirst er keine Chancen haben, mein Sohnemann wird Christopher nie hergeben.“

„Michael ist dein Freund?“

„Ja“, sagte ich mit einem frechen grinsen im Gesicht und öffnete die Tür, „ also bis Mittwoch und nicht den Kopf hängen lassen.“

Ralf winkte uns noch mal zu und schon waren wir draußen.

„Und?“ wollte Julius wissen.

„Lass ihm Zeit, das wird schon.“

„Okay, so wie du befehlen“, meinte Julius, fing laut an zu lachen, als wir in seinen Wagen stiegen.

***

„Du bist schon zuhause?“, fragte ich Michael verwundert, als ich in unsere Wohnung trat.

„Das ist ja ne Begrüßung, keine Kuss keine Umarmung?“

„Entschuldigung!“, sagte ich und nahm Michael in den Arm und verpasste ihm ein Hollywoodreifen Kuss.

Olala, jetzt haut es mich aber gleich von den Socken“, sagte Michael und schmiegte sich an meiner Schulter.

„Wo ist Nico?“

„Drüben bei Andreas, sie büffeln zusammen Mathe.“

„Andreas? Für den ist doch Mathe ein Fremdwort.”

„Seit er seine Lehre begonnen hatte nicht mehr, ich hab sein Zeugnis aus der Berufsschule gesehen, er scheint es jetzt voll drauf zu haben.“

„Na, da bin ich mal gespannt ob da was raus kommt.“

„Und, hast du dich mit meinem alten Herrn getroffen?“

„Ja, aber wir haben nur kurz über das Austauschprogramm geredet, er suchte mich aus einem anderen Grund auf.“

Ich erzählte ihm die ganze Geschichte mit Ralf.

„Und du bist sicher, er passt zu uns und unserem Haufen?“

„Ja, wird schon werden, er kommt am Freitag zu unserem Familienabend.“

„Dann werde ich ihn mal beschnuppern.“

„Dafür hab ich ihn ja auch eingeladen.“

***

Spät in der Nacht wachte ich auf. Der Mond schien durchs Fenster, so konnte ich mir in Ruhe Michael anschauen, der aufgedeckt und nackt neben mir lag. Er sah traumhaft aus im Mondlicht. Ich konnte nicht widerstehen und strich sanft über seine Rückenpartie hinunter zu seinem wohlgeformten Hintern.

Ein leises Schnurren war zu hören, aber er blieb bewegungslos liegen, seine Augen waren geschlossen. Ich beugte mich kurz vor und gab ihm einen Kuss auf den Rücken, bevor ich mich wieder leise zurückfallen lies.

„War das alles?“, fragte Michael leise und ich konnte im Mondlicht ein Grinsen auf seinem Mund wahrnehmen.

„Du bist also wach.“

„Natürlich. Meinst du, ich kann bei den Zärtlichkeiten meines Schatzes weiterschlafen, so was muss man genießen.“

„Jetzt sag nur noch, du liegst absichtlich nackt auf der Bettdecke“, sagte ich und musste leise lachen.

Michael stemmt sich auf und glitt zu mir herüber. Unsere Lippen trafen sich, sachte küsste er mir über die Lippen, streichelte sanft meine Brust und wühlte in meinen Haaren.

„Chris.“

„Ja.“

„Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch!“

Seine Augen funkelten im Mondschein.

„Ich will dich.“

„Du hast mich Michael!“

Tief drang er mit seiner Zunge ein und suchte die Meinige.

***

Ich war noch nicht recht wach, aber ich roch schon Kaffee. Mir war, als müsste ich dem Kaffeeduft hinterschweben. Ich richtete mich auf und schlug die Bettdecke zurück. Mit fast geschlossen Augen folgte ich dem Duft und so führte es mich in die Küche.

Da stand mein Engel und war am Kaffee kochen. bemerkte nicht, wie ich hinter ihn schlich, bis ich ihm ein Kuss sanft auf seinen Nacken drückte. Er zuckte leicht zusammen, aber genoss es sichtlich, als ich meine Arme um ihn schloss.

„Leute, könnt ihr das nicht im Schlafzimmer machen? Ihr seid echt zwei süße Boys, aber wenn ihr noch ne Weile nackt vor mir steht, kann ich für nichts mehr garantieren.“

Nico stand im Türrahmen und lächelte uns an. Erst jetzt wurde uns bewusst, dass wir beide völlig nackt vor ihm standen. Nico drehte sich um und war am gehen.

„Ach Michael, geiles Teil hast du da, würde mir auch gefallen“, meinte er noch und war wieder verschwunden.

„Ich glaub ich schlaf noch, war das wirklich unser Nico?“, fragte ich Michael.

„Ja war er. Müssen wir uns jetzt Sorgen machen?“

„Ich glaube wir sollten mal mit ihm reden, oder?“

„So?“

Michael machte mir wieder meine Nacktheit bewusst.

„Warum nicht, oder haben wir Geheimnisse vor ihm?“

„Nein, eigentlich nicht.“

So liefen wir beide nackt wie wir waren zu Nicos Zimmer. Michael klopfte.

„Dürfen wir rein kommen?“

Ein leises Geklapper war drin zu hören. Michael grinste mich an.

„Ja, könnt ihr.“

Michael öffnete langsam die Tür und wir traten ein. Das erste was mir auffiel war, das Nicos Shorts, die er eben noch anhatte, auf dem Boden lagen und er aufrecht im Bett, an die Wand gelehnt, saß. Mit seiner Decke war er notdürftig zugedeckt.

„Stören wir?“, fragte ich scheinheilig.

„Du kannst blöd fragen.“, kam es von Nico.

Michael und ich grinsten uns wieder an und setzten uns jeder auf eine Seite von Nico.

„Man, dass ist gemein?“

„Ihr wisst ganz genau, was ich meine.“

„Michael weißt du, was er meint?“

„Nö Christopher, ich bin völlig Ahnungslos.“

Ich merkte wie Michael mit sich kämpfe um nicht laut loszulachen.

„Meint ihr etwa, ich bin ein Engelchen, oder ich höre nicht wenn ihr neben dran zu Gange seit.“

Jetzt war es an uns rot zu werden.

„Du hast nie was gesagt, dass dich das stört“, sagte ich leise.

„Es stört mich auch nicht“, kam es leise von ihm.

„Und was dann?“

„Ich ..ich würde gerne mitmachen.“

„Nico… was sagst du da“, ich spielte einwenig den Empörten.

„Und was ist mit deiner Freundin von der Schule?“ setzte Michael hinzu.

„Ach die, mehr wie schmusen is da doch net drin.“

Wieder grinste Micha mich an.

„Und was ist jetzt, besser gesagt war wird jetzt?“, fragte ich.

„Kann ich nicht…?“

„Du bist erst vierzehn, wir machen uns strafbar“, meinte Michael.

„Ihr seid doch meine Pflegedaddys, dann habt ihr doch auch das volle Erziehungsrecht für mich?“

„Ja und?“

„Also ich weiß wenn die Erziehungsberechtigen erlauben, kann ich schon Sex mit nem volljährigen haben.“

„Guck an, unser Nico hat sich schlau gemacht.“

Nico grinste verlegen.

„Und wir stellst du dir das vor, das wir dich beim Sex dazwischen nehmen?“

„Au ja, Sandwich“, empfleuchte es Nico.

Michael musste lauthals loslachen. Ich schaute ihn scharf an, aber mein Micha konnte nicht aufhören. Nico wurde noch röter.

Michael schaute mir in die Augen und zwinkerte.

„Ist das dein Ernst?“

Michael nickte.

„Aber nur dies eine mal, okay?“

Nico schaute zwischen uns hin und her. Michael und ich näherten uns gleichzeitig Nico und gaben ihm beide einen dicken, fetten Schmatzer auf die Wangen. Danach erhoben wir uns, und ließen den verdutzten Nico in seinem Zimmer zurück.

***

Über das Erlebnis am Wochenende, war von Nico nichts mehr zu hören, nur das er sich jetzt jeden Morgen mit einem Kuss auf die Wange verabschiedete, wenn er zur Schule ging. Es war Mittwoch, und ich wollte noch verschiedenes einkaufen, für Abends, wenn alle bei uns einfielen.

Auf dem Flur begegnete mir Thomas.

„Morgen Thomas, du hier um diese Zeit?“

„Morgen Christopher, ja hab mir heut Urlaub genommen. Hättest du eine Minute Zeit für mich?“

„Natürlich, wo drückt der Schuh?“

„Nichts ist los, ich wollte dir nur was zeigen.“

Ich folgte ihm in die Wohnung. Seit beide richtiges Geld verdienten, waren die Möbel vom Amt langsam gewichen und hatten Möbel, die sich Thomas und Andreas selber gekauft hatten, Platz gemacht.

„Was willst du mir zeigen?“, fragte ich, während wir im Wohnzimmer angekommen waren.

Thomas zog ein paar Bücher aus dem Regal und zog ein kleine Kistchen hervor und reichte es mir. Ich öffnete es langsam und es kam ein Ring zum Vorschein.

„Wow, der war sicherlich teuer, ist der Brilli echt?“

„Ja, ich will ihn Andreas schenken, wir sind heute drei Jahre zusammen.“

„Dann haben wir ja was zu feiern, heut Abend.“

„Ja, wenn du nichts dagegen hast.“

„Wieso sollte ich?“ ich gab ihn den Ring zurück, „ich muss wohl noch ein paar Flaschen Sekt einkaufen.“

***

Ich hatte gerade die Wohnungstür von Thomas zugezogen, als ich in meiner Wohnung das Telefon klingelte. Ich stellte meinen Korb ab, und schloß die Tür auf und rannte zum Telefon.

„Hier Christopher.“

[Julius] „Hallo Christopher, ich habe eine gute Nachricht für dich.“

„Hallo Julius. Und die wäre?“

[Julius] „Ich habe jemanden gefunden, der bei dem Austauschprogramm mit machen würde.“

„Das ist ja super. Du ich gehe jetzt noch kurz einkaufen, dann schau ich bei dir vorbei.“

[Julius] „Okay, ich bin da, hab noch einiges an Bürokratischen aufzuarbeiten.“

„Dann bis nachher Julius. Bye.“

[Julius] „Bye.“

Der Tag wurde immer besser, hoffentlich hörte dieser Tag auch so toll auf, ich hatte innerlich immer noch ein wenig Bedenken wegen Ralf. Ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken. und setzte mich ins Auto und fuhr zum Einkaufcenter.

***

Wenig später stellte ich den Wagen auf dem Parkplatz ab. Er fiel mir gleich auf, der Kerl auf dem Rad, besonders wie liebevoll er mit seinem weißen Hund spielte. Fasziniert von dem Schauspiel, schnappte ich meinen Korb und lief zum Center.

Unsere Blicke trafen sich kurz und es lief mir kalt den Rücken runter. So kalt und traurig kam mir sein Blick vor. Ich zog meinen Wagen aus der Kettenschlange und schon war der Gedanke an diesen Typ wieder Vergangenheit.

Suchend schob ich meinen Einkaufswagen durch die Regalreihen und lud alles ein, was auf meiner Liste geschrieben stand. Noch kurz beim Sekt vorbei und schon stand ich in der Endlosschlange, der Kasse.

Als ich auch dieses Hindernis hinter mir hatte, schob ich den Wagen zum Auto zurück um mein Eingekauftes zu verräumen.

Kurz noch zu den Wägen, um meine Steckmünze einzulösen. Zurück beim Auto, fiel mir der weiße Hund auf, der alleine am Baum stand, von dem Typen von vorhin keine Spur. Diesmal war der Blick, den ich vorhin von ihm einfing plötzlich eingebrannt, auch das Gesicht.

Ich startete den Wagen und machte mich zu Julius auf.

***

An der Pforte zeigte ich meinen Ausweis und konnte ungehindert durch die Tür eintreten, als der Summer ging. Die Vorsichtsmassnahmen, die das Amt beschlossen hatte zeigten Wirkung. Unerwünschte Menschen kamen erst gar nicht in die Nähe der Büros, in denen sich eventuelle misshandelte oder entlaufende Jugendliche aufhielten.

Ich lief direkt zu Julius und klopfte an seiner Tür.

„Herein.“

Ich öffnete und steckte meine Kopf hinein.

„Hallo Christopher komm herein.“ Julius streckte mir seine Hand entgegen, die ich lächelnd schüttelte.

„Hallo Julius, so nun erzähl mal, wen hast du gefunden“, ich setzte mich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.

„Bevor ich anfange, noch einen Gedanken nebenher. Kirstin und Dennis wollen doch heiraten.“

„Ja, im Frühjahr nächstes Jahr haben sie gesagt.“

„Gut. Frag sie mal ob sie nicht Lust hätten Frank zu adoptieren.“

„Ist das dein Ernst?“

„Ja ist es. Frank hat sich so toll bei den beiden eingelebt und wir würden ihn ungern zu einer anderen Familie geben. Ob sie ihn nun als Sohn oder als Bruder von einen der Beiden adoptieren, das wäre egal.“

Da muss ich erst mal langsam vorfühlen bei den Beiden. Aber ich denke ich werde den Vorschlag mit dem Bruder vorziehen, schon allein wegen dem Altersunterschied.“

„Gut mach das! War auch nur so ein Gedanke.“

„So aber nun erzähl mir, was hast du mit Mr. Lukas ausgeheckt?“

„Wir haben im Heim ein Mädchen, das demnächst achtzehn wird und somit das Heim verlassen müsste. Susanne hat einfach mit ihr geredet und ihr den Austausch vorgeschlagen, worüber Miriam, das Mädchen aus dem Heim, sofort interessiert war.“

„Was meint Mr. Lukas dazu?”

„Er hat schon jemanden passendes gefunden. Eine junge Farbige, die Jura studieren möchte, aber in dem Jahr in Deutschland, sich praktische Erfahrungen suchen möchte.“

„Bei Monika?“

Monika war die Jugendrichterin hier im Amt, sie war mir stets eine große Hilfe gewesen, wenn es um ein wenig schwere Fälle ging.

„Ja, sieh hat ein Praktikum Platz bei sich geschaffen.“

„Und wann kommt das Ganze ins Rollen?“

„Wenn das zweite Haus fertig ist, und dann eine Wohnung für das Mädchen frei ist.“

„Aber wir hätten doch noch die kleine Dachwohnung bei uns.“

Die Wohnung hatten wir bisher noch nicht hergegeben für eventuelle Notfälle.

„Für die habe ich einen anderen Kandidaten.“

Julius lehnte sich auf seinem Bürostuhl zurück und auf seine Stirn zogen sich dicke Falten. Ich kannte Julius Gesichtsausdruck, wenn ihn etwas bedrückte. Ich schaute ihn fragend an.

„Wir haben von der Kripo Unterlagen über einen Achtzehnjährigen bekommen.“

„Ein Krimineller?“

„Nein, ein Helfer oder Opfer, wie immer du auch willst.“

„Versteh ich jetzt nicht ganz, was dass mit der Kripo zu tun hat.“

„Dieser junge Mann war sozusagen ein Lockvogel um einen Hehlerring auffliegen zulassen, erfolgreich!“

„Und was hat er mit uns zu tun, ich meine warum bekommen wir die Unterlagen?“

„Bei dem Einsatz, als die Gruppe aufflog, bekam der Junge mit, wie sein einzigster Freund erschossen wurde. Er ist Vollwaise so wie du und hat deswegen sehr an diesem Freund gehangen. Seit diesem Ereignis spricht er kein Wort mehr.“

„Das hört sich nicht gut an.“

„Einer aus der Kripo kennt unser Programm, und weil sie ratlos sind, haben sie uns um Hilfe gebeten.“

„Naja, wir können unser Glück versuchen, ich kann das heute Abend beim Treffen anscheiden und fragen was die anderen dazu meinen.“

„Wäre mir lieb, Christopher. So das wäre schon alles ich muss jetzt noch eine Stock höher zu einer Besprechung.“

„Ja und ich will pünktlich zu Hause sein, damit ich mit Micha, das Essen für heute Abend richten kann.

„Sag meinem Sohnemann nen schönen Gruß von mir.“

„Mach ich.“

„Ach noch etwas, was sagst du zu Haustieren in der Wohnung?“, fragte mich Julius beim Herausgehen.

„Wieso, macht mir nichts, dein Sohn hat das Aquarium, Kirstin eine Katze.“

„Ich fragte nur, weil dieser Junge einen weißen Hund hat, von dem er sich nicht trennen will.“

„Einen weißen Hund?“

***

Ich schloss zu Hause die Wohnungstür auf und es war ungewöhnlich ruhig in der Wohnung. Ich stellte meine Sachen in der Küche ab und lief hinüber ins Wohnzimmer. Da lag mein Micha und schlief tief und fest.

Ich beugte mich zu ihm herunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Doch er schlief fester, als ich dachte, er rührte sich nicht. Ich lief zurück in die Küche und packte mein Zeug aus. Ich begann das essen vorzubereiten, als doch plötzlich Micha in der Tür stand.

„Hab ich dich gar nicht kommen hören.“

„Habe ich bemerkt, als ich dir nen Kuss gab.“

Er kam zu mir, nahm mich in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Ich war schon dabei wieder schwach zu werden.

„Ich lieb dich, mein Kleiner“, hauchte er mir ins Ohr.

Ich erwiderte mit einem Kuss.

„Hilfst du mir?“, fragte ich als wir uns wieder voneinander gelöst hatten.

„Gerne.“

„So bereiteten wir das Abendessen gemeinsam zu. Nico kam von seinem Fußballtraining zurück. Er wollte auch helfen, aber wir schickten ihn erst mal unter die Dusche. er stank wie ein junger Puma.

„Glaubst du eigentlich an Zufälle?“, fragte ich Micha.

„Kommt drauf an, wieso?“

„Heut morgen beim Einkaufen, als ich aus dem Wagen stieg, fiel mir ein junger Mann auf nem Fahrrad auf.“

„Kaum lässt man dich alleine, schaust du schon anderen Männer hinterher.“

Ich knuffte Micha in die Seite.

„Ja, ist ja schon gut, zieh meine Aussage zurück“, meinte Micha mit einem frechen Grinsen, erzähle lieber weiter.

„Wir hatten kurz Blickkontakt. Micha, du wirst mir nicht glauben, aber ich habe schon lange nicht mehr so traurige, hasserfüllte, kalte Augen gesehen.“

„Und was hat das mit Zufall zu tun?“

„Er spielte mit einem weißen Hund, die gibt es ja nicht so oft.“

„Ja und?“

Später war ich dann noch bei deinem Vater, er hat übrigens jemand für das Austauschprogramm gefunden, und der erzählte mir von jemanden Neuen, der möglicherweise bei uns einziehen würde.“

„Eins nach dem anderen, erzähle der Reihe nach, erst das mit dem Zufall.“

„Ach so, ja und als ich dann mich von Julius verabschieden wollte, fragte er mich ob ich Haustiere mag, und ich antwortete, du hast ein Aquarium und Kirstin einen Katze, würde mich nicht stören. Er dann dazu, das der Neue einen weißen Hund hätte.“

„Chrisi, weißt du wie viele weiße Hunde es hier gibt?“

„Deswegen frage ich dich ja, ob du an Zufälle glaubst.“

„Lass dich einfach überraschen.“

„Werde ich, aber jetzt müssen wir uns sputen, die Bude wird gleich voll.“

Gerade noch rechtzeitig, als es an der Tür klingelte, wurden wir fertig. Micha öffnete die Tür und die ganze Meute strömte ins unsere Wohnung und machte es sich bequem. Ein paar Minuten später stand Ralf vor der Tür, und zu meiner Überraschung hatte er noch jemand mitgebracht.

„Hallo Ralf“, begrüßte ich ihn.

„Hallo Christopher, darf ich dir Barbara meine Freundin vorstellen, sie war in der Nähe und ich dachte, ich bring sie einfach mal mit.“

„Ist gut, dann kann sie sich auch gleich einwenig umschauen. Hallo Barbara.“

„Hallo Christopher, bei dir geht es ja laut daher“, sagte sie,

„Ist ja die ganze Meute vom Haus da, dann geht es immer laut zu, bis es Essen gibt.“

„Aha, Fütterung der Raubtiere.“

„So kann man es nennen, kommt aber erst mal rein, dann kann ich euch meine Raubtiere vorstellen.“

Ralf und Barbara folgten mir ins Wohnzimmer, wo gerade eine heiße Diskussion über einen möglichen Swimmingpool im Garten stattfand, aber abrupt endete als der Besuch bemerkt worden war.

Nachdem ich Ralf und Barbara vorgestellt hatte, ging die Diskussion von vorne los und endete erst. Als Micha und ich das Essen brachten.

2.

Es war noch recht früh als das Telefon klingelte. Was heißt recht früh, gestern Abend war es spät geworden und ich hatte mir erlaubt heute länger liegen zubleiben. Jetzt war es schon halb elf, als ich aus dem Bad zum Telefon stürzte.

Es war niemand anderes als Julius, der mir erzählte, das unser eventueller Neuzugang Carsten, hinter der alten Schule beim Basketball spielen anzutreffen sei. Ich beschloss gleich hinzufahren, also zog ich mich an.

Zehn Minuten später, stellte ich meine Wagen vor der Schule ab und umrundete das Gebäude. Das Erste, was ich sah, war der weiße Hund. Es war derselbe wie am Supermarkt. Ich schaute mich um und fand schließlich den Kerl am letzten Basketballkorb.

Ich lief langsam auf ihn zu, bis ich ungefähr drei Meter hinter ihm stand. Der Hund kam auf mich zugelaufen, und beschnupperte mich, dann trottete er zurück und legte sich wieder in die Nähe seines Herrchen nieder.

„Hallo“, sagte ich, doch er reagierte nicht.

„Carsten?“

Er lies den Ball fallen und drehte sich um. Wieder sah ich diese traurigen Augen.

„Hallo ich bin Christopher, ein Freund von Julius. Ich weiß, dass du nicht redest, aber ich wollte dir kurz etwas erzählen, wenn ich darf.“

Er nickte und lief zu seinem Fahrrad. Seine Statur erinnerte mich stark an Micha, genauso muskulös und sportlich gebaut. Da er nur noch seine Shorts und Turnschuhe anhatte, konnte ich diesen Anblick ausreichend genießen.

Ich musste lächeln, weil ich an Micha denken musste, wie er wieder sagen würde, dass ich ohne ihn wieder Männer hinter her gucken würde. Carsten trocknete sein Gesicht mit einem Handtuch ab, bevor er wieder zu mir zurückkam.

Er setzte sich vor mir auf den Boden, sein Hund kam und lies sich auf dem Schoss mit dem Kopf bei ihm nieder.

Ich setzte mich ebenfalls direkt vor Carsten auf den Boden. Ich wusste nicht wie ich anfangen sollte, es blieb erst bei einem Blickkontakt, bevor Carsten mich ausreichend musterte.

„Ich weiß, es muss dir komisch vorkommen, dass dich ein Wildfremder einfach anspricht. Julius hat mich eben angerufen und ich wollte dich ein bisschen kennen lernen, bevor ich dir einen Vorschlag machen wollte.“

Carsten sah auf seinen Hund hinunter und kraulte ihn am Kopf. Ich wusste nicht ob ich jetzt langweilte, ob es Desinteresse war, ich beschloss einfach weiter zu reden.

„Ich hatte Einsicht in die Unterlagen, und weiß somit was dir wiederfahren ist. Es tut mir leid, dass du deinen Freund verloren hast.“

Eine kleine Regung in seinem Gesicht war zu erkennen, na wenigstens hörte er mir zu.

„Ich bin eigentlich nur hier um dir eine neue Bleibe anzubieten, und wenn es dir bei uns gefällt, kannst du bei uns wohnen bleiben, natürlich mit Hund.“

Carsten schaute mich fragend an.

„Komisch, du brauchst nichts zu sagen, ich kann alles in deinen Augen lesen.“

Ich schluckte kurz, weil sich seine Augen verengten.

„Also ich weiß nicht, ob du schon von unserer WG gehört hast. Ich bin sozusagen der Leiter unseres Hauses und bei mir wohnen alles Leute in deinem Alter ungefähr, die, wie soll ich sagen Probleme hatten und alleine sind, nein waren, denn jetzt sind wir irgendwie eine große Familie, und ich möchte dich einladen, ein Teil davon zu werden.“

Wieder schaute er zu seinem Hund hinunter, der wiederum seine Kopf hob und sein Herrchen anschaute.

„Überlege es dir. Hier ist meine Karte mit Adresse und Telefonnummer drauf.“

Ups, ich vergaß, telefonieren würde er ja nicht, wenn er kein Wort sprach, aber man sollte es ja nicht unversucht lassen.

„So ich muss wieder, mein Pflegekind, hat gleich Schule aus und ich hab ihm versprochen ihn ab zuholen. Melde dich bitte bei mir, okay?“

Er nickte und stand ebenso auf wie ich. Ich streckte im meine Hand entgegen, die er nur zögernd schüttelte.

„Also Carsten, viel Spaß noch beim Basketball. Ich hoffe wir sehen uns bald.“

Er nickte wiederum und ich konnte ein kleines Lächeln auf seine Lippen sehen.

***

Irgendwie hatte ich ein durchwachsenes Gefühl wegen Carsten, als ich zum Wagen zurück lief. Ich startete den Motor und war kurze Zeit später zu Nico unterwegs. Im Radio lief Reach von Gloria Estefan.

Ich war im Gedanken versunken. Sie kreisten um Carsten, wie ich ihm helfen konnte. Mein Ziel war erreicht und Nico wartete schon.

„Hallo Nico, wartet du schon lange?“

„Nein, bin gerade rausgekommen.“

Er stieg ins Auto und ich machte mich auf den Heimweg.

„Du Christopher, mir ist da heute was in der Schule aufgefallen.“

„Was bestimmtes?“

„Ja, bei einem Klassenkameraden. Er heißt Bernd und wir hatten Sport gemeinsam heute Morgen.“

„Und was ist dir bei ihm aufgefallen.“

„Er hat nicht mitbekommen, wie ich gesehen habe, dass er sich umzieht. Sein Körper war übersäht mit blauen Flecken und Striemen.“

„Das hört sich nicht gut an.“

„Dies dachte ich auch, weil ich ja bei euch schon soviel gehört habe, wenn ihr was erzählt habt. Aber ich hab mich dann nicht getraut ihn anzusprechen.“

„Schlimm?“

„Ja schon, weil wenn es das ist, was ich denke, ich ihm gerne helfen würde.“

„Du weißt wir sind immer für dich da, also wenn du dabei Hilfe brauchst, sage es uns, okay?“

„Ja schon in Ordnung, danke.“

Ich war hellhörig geworden und versuchte noch mehr über den Jungen heraus zubringen, jedenfalls nahm ich mir vor später bei Direx Schlüter anzurufen.

***

Ich saß gerade an meiner schriftlichen Überarbeitung einer Kostenaufstellung, als Michael nach Hause.

„Hallo Chris, und wie war dein Tag?“ meinte Micha und gab mir einen Kuss

„Wenn ich es so sehe, erfolgreich und durchwachsenen.“

„Muss ich das jetzt verstehen?“

„Ich habe den Jungen mit dem weißen Hund getroffen, es war derselbe wie der vom Supermarkt.“

„Also doch Zufall und warum durchwachsen?“

„Wie dein Vater angekündigt hat, sprach er kein Wort, dafür umso mehr mit seinen Augen, was ich beim erstenmal als Kälte empfand, entsprach nur seinen Gefühlen.“

„Und was ist dabei jetzt heraus gekommen?“

„Das weis ich eben noch nicht, ich habe ihm meine Karte dagelassen, und er hat mit einem zarten Lächeln geantwortet.“

„Dann hoffen wir mal das Beste, aber ich denke, du erweichst ihn auch noch.“

„Bin ich eigentlich irgendwie zu aufdringlich oder zu fordernd?““

„Das kann ich jetzt eigentlich nur vom Bett behaupten, wenn ich Sex mit dir habe.“

Letztere Aussage wurde mit einem frechen Grinsen von Micha begleitet.

„Wo ist unser Kleiner, Nico“, fragte mich Micha.

„Sitzt in seinem Zimmer und brütet über seinen Hausaufgaben.“

„Alleine?“

„Nein, mit einem Klassenkameraden.“

„Daher, die fremden Schuhe am Eingang.“

„Genau, ich habe niemand im Schrank versteckt.“

„Würdest du ehrliche Haut, auch gar nicht fertig bekommen.“

„Wieder mal eine Fehleinschätzung deinerseits, mein lieber Schatz.“

Wir funkelten uns regelrecht an, aber ich beendete das Gespräch mit einem ausgedehnten Kuss.

„Ihr müsst aber auch immer rumknutschen“, kam es von der Tür.

„Und du musst dich immer anschleichen“, meinte mein Michael, der Nico ebenfalls erkannt hatte.

Er stürzte sich auf ihn und begann Nico durchzukitzeln.

„Hör auf Michael, dass ist unfair“, schrie Nico vor lachen.

„Unfair, wieso willst du nicht als zickige Memme da stehen?“

Vom Krach angelockt stand plötzlich Nicos Mitschüler im Flur und beobachtete grinsend das Schauspiel.

„Christopher“, sagte ich und hielt im meine Hand hin.

„Bernd“, meinte dieser und schüttelte mir meine Hand.

„Keine Sorge, du bekommst Nico unversehrt zurück, die zwei toben sich nur gerade aus.“

Michael lies von Nico ab und half ihm auf.

„Ich hoffe, dass wird dir eine Lehre sein, sich immer an uns heranzuschleichen.“

„Mach ich doch nie“, antwortete Nico grinsend.

Michael nahm ihn in den Arm und wuschelte ihm durchs Haar. Mir entging nicht das Bernd diese Szene traurig beobachtete. Wenig später, nachdem die beiden was in der Küche etwas getrunken hatten, waren sie auch schon wieder in Nicos Zimmer verschwunden.

Mit dem Telefon in der Hand ging ich auf den Balkon hinaus und wählte die Nummer von Direx Schlüter zuhause. Seine Frau nahm das Gespräch entgegen, leitete mich aber gleich an ihn weiter. Nach den üblichen Begrüßungsfloskeln, kam ich gleich zum Thema und sprach ihn wegen Bernd an. Er meinte, das Bernd nicht sonderlich auffiel, außer, dass er eben früher einer der besten Schüler der Schule war und jetzt total abgerutscht ist mit den Noten.

Über die Eltern konnte er mir nicht viel sagen, nur das der Vater eine hohe Position inne hatte und viel Beziehungen. Ich versprach mich mal wieder bei ihm blicken zu lassen und beendete das Gespräch mit dem Direx.

Nachdenklich zündete ich mir eine Zigarette an und lies mich in den Liegestuhl fallen. Michael kam mit zwei Tassen Kaffee auf den Balkon. Ihm war das Telefongespräch nicht entgangen. Er gab mir eine Tasse und setzte sich zu mir.

„Was hat es mit Bernd auf sich?“

„Nico erzählte mir, das ihm beim Sport eben aufgefallen ist, dass Bernds Körper mit blauen Flecken und Striemen überzogen wäre.“

Michael verzog das Gesicht.

„Autsch, und du meinst er wird…?“

„Das weiß ich eben nicht, ich weiß dass ich mich da selber auf dünnem Glatteis bewege, aber wenn wirklich was dran ist, muss man irgendwie einschreiten.“

Es klingelte an der Wohnungstür.

„Bleib sitzen Chris, ich öffne schon.“

Wenig später kam Michael mit einem Mann zurück, der sich als Bernds Vater vorstellte. Ich setzte alles auf eine Karte und bat ihn kurz auf ein Gespräch zu uns auf den Balkon. Michael brachte ihm ebenfalls einen Kaffee.

Ich hatte bald den Eindruck, das dieser Mann nicht derjenige sein konnte, der seinem Sohn Leid zufügen konnte. Wir unterhielten uns über sein soziales Engatmend.

„Herr Franzen, ist ihnen in letzter Zeit etwas Sonderbares an ihrem Sohn aufgefallen?“

„Jetzt wo sie es sagen, meine Frau und ich haben bemerkt, das er total ruhig geworden ist, er war immer ein lebenslustiges Kind und fast nie zu bremsen, aber jetzt ist er meist nur auf seinen Zimmer.“

„Ist er mit jemand häufig zusammen, hat er noch andere Freunde.“

„Der Einzigste, den er bisher immer besuchte, war sein Cousin, deswegen freue ich mich sehr, dass er mit Nico jetzt einen neuen Freund gefunden hat.“

„Mir fällt es jetzt ein bisschen schwer, das zu sagen, haben sie in letzter Zeit Bernd einwenig näher angeschaut?“

„Um ehrlich gesagt nein, meine Frau und ich sind in letzter Zeit oft geschäftlich unterwegs, deshalb verbrachte er auch viel Zeit bei meiner Schwester und bei seinem Cousin.“

„Mit Bitte auf Rücksicht auf Bernd, Nico unser Pflegekind nach dem Sportunterrichtet beim Umziehen beobachtet, das ihr Sohn mit blauen Flecken und Striemen über seht ist.“

Herr Franzen wurde kreidebleich.

„Kann. kann ich das sehen?“

„Moment Herr Franzen, Bernd weiß nicht das wir das wissen, und ihn jetzt direkt darauf anzusprechen, wäre der größte Fehler.“

„Aber.. aber was können wir sonst tun?“

Herr Fransen war den Tränen nahe. Michael lies uns nun alleine und verlies den Balkon.

„Wie gesagt es war Nico der es entdeckt hat, und weil er hier im Haus einiges schon mitbekommen hat, was … „ ich stockte kurz, „Misshandlungen angeht, wendete er sich an mich. Wir müssen abwarten, in wie weit Bernd vertrauen in Nico bekommt und ihm die ganze Sache erzählt. Und das andere… sie dürfen ihn nicht mehr zu ihrer Schwester geben, weil ich denke, das dort die Person ist, wo Bernd leid zufügt.“

„Sie meinen wirklich, ich sollte nicht mit ihm direkt reden?“

„Nein auf keinen Fall, wenn sie schon sagen er ist letzte Zeit sehr ruhig geworden, dann nicht. Überlassen wir es Nico, ich denke unter Gleichaltrigen kommt da eher ein Gespräch zustande. Und eins noch, wenn sie reden möchten oder ihre Frau, rufen sie mich einfach an auch wenn es nur einfache Fragen haben, anrufen. Ich und Michael sind die ganze Zeit zu erreichen, ich gebe ihnen später noch meine Karte.“

„Ich hätte nicht gedacht, dass so was meinem Sohn widerfahren könnte. Ich habe viel davon schon gehört, auch in anderen Ländern, wo ich geschäftlich unterwegs bin, aber warum gerade mein Sohn…?“

Herr Fransen stützte seinen Kopf auf die Hände und begann zu weinen. Michael kam zurück und brachte ein Päckchen Papiertaschentücher.

„Davor ist niemand sicher Herr Fransen, aber bitte reden sie sich nicht ein, dass sie schuld daran wären. Das hilft Bernd überhaupt nicht. Er braucht jetzt viel Zuwendung und Liebe, auch von ihnen und ihrer Frau. Und falls sie keine Lösung finden, bringen sie Bernd einfach hier her, wenn sie auf Geschäftsreise sind.“

„Wie kann ich ihnen nur danken Herr Miller?“

„Brauchen sie nicht, dafür sind wir da.“

„Und wie geht es dann weiter?“

„Das hängt alleine von Bernd ab.“

***

Als sich Herr Franzen soweit beruhigt hatte riefen, wir Bernd und Nico zu uns.

„Hallo Bernd, ich bin gekommen um dich abzuholen“, meinte Herr Fransen.

„Och Papa, noch ne viertel Stunde, Nico hat mir grad etwas Tolles gezeigt, am Computer.“

„Also okay, aber dann müssen wir, deine Mutter wartet auf uns.“

„Danke Paps.“

„Ach Bernd, was hältst du davon, wenn du in Zukunft hier schläfst, wenn wir geschäftlich unterwegs sind, habe gerade mit Herr Miller geredet, dass würde gehen.“

„Du meinst ich muss nicht mehr zu Tante Tina?“

„Nein, den Weg könnten wir uns dann sparen.“

Ein Freudenstrahl ging über Bernds Gesicht wie ich es erwartet hatte.

„Mensch Papa, das wäre toll.“

Er fiel seinem Vater um den Hals und rannte dann mit Nico wieder ins Zimmer zurück.

„Sie scheinen recht zuhaben Herr Miller, bei meiner Schwester ist etwas faul.“

„Bitte Mr. Fransen, jetzt nichts überstürzten, wir müssen erst heraus bekommen was da gelaufen ist, vor allem brauchen wir Beweise. Verfrühtes Handeln könnte alles schwieriger machen.“

„Es fällt mir zwar schwer, aber ich werde mich dran halten.“

„Versuchen sie einfach weiter zumachen wie bisher, und wie gesagt wenn es Probleme gibt bei uns anrufen.

„Wenn es hilfreich ist, meine Frau und ich müssen morgen für drei Tage nach London.“

„Dann bringen sie ihren Sohn doch einfach heute Abend zusammen mit ihrer Frau her, wir kümmern uns um ihn. Machen sie sich da keine Sorgen, er hat hier im Haus genug Anlaufstellen.“

„Meinen sie…“ er kam ins Stocken, „ …. er ist auch …vergewaltigt worden?“

„Ich glaube eher nicht, Herr Franzen, wenn ihr Sohn vergewaltigt worden wäre, zumindest von einer männlichen Person, müsste sich Bernd mir und Michael anders gegenüber verhalten. Mein Lebenspartner leben unser Schwulsein sehr offen und ich weiß von Nico, das es eigentlich alle in seiner Klasse wissen, besonders Bernd, weil er viel mit ihm zusammen ist.“

„Und sie haben keine Probleme mit dem offenen Leben?“

„Eigentlich nicht, gut wir laufen nicht mit dem Schild herum, wir sind schwul, aber Probleme haben wir weniger.“

„Oh mein Gott, warum haben ich das nicht selber gemerkt.“

„Herr Franzen, ein Kind verschließt sich bei so etwas und es kommt nur durch ein Zufall meist heraus, so wie in diesem Fall jetzt mit Nico.“

Herr Franzen starrte in den Garten.

„Sie fahren mit ihrem Sohn jetzt nach Hause, packen ihm einige Sachen zusammen und kommen dann wieder hier her.“

„Mann, ich muss aufpassen, dass ich mir nichts anmerken lasse.“

„Ich weiß ich verlange viel von ihnen, aber denken sie an Bernd, es geht jetzt nur um ihn.“

„Herr Miller, ich muss mich bei ihnen bedanken.“

Er war aufgestanden und streckte mir die hand entgegen.

„Nennen sie mich doch bitte Christopher, so wie es hier alle tun.“

„Okay, Karl ist mein Name.“

Nico und Bernd waren völlig aus dem Häuschen, als sie erfuhren, dass Bernd die nächsten Tage hier verbringen durfte. Sie verabschiedeten sich und ich zog Nico zu einem Gespräch in die Küche…

***

„Ich weiß, wie viel ich jetzt von dir verlange, aber anders denke ich, kommen wir an Bernd nicht ran.“

„Nein es ist schon gut Christopher, wenn ich Bernd damit helfen kann, tu ich es gerne.“

„Dränge ihn nicht zu sehr, versuche den richtigen Moment abzupassen.“

„Werde ich schon irgendwie hin bekommen.“

„Gut, dann lass uns mal die Matratze hoch holen.“

„Für was, mein Bett ist breit genug.“

„Meinst du es ist richtig, Nico?“

„Lass mich einfach machen, wenn es nicht klappt, die Matratze ist schnell herauf geholt.“

„Nico ich bin stolz auf dich.“

Ich nahm ihn in den Arm.

„Christopher danke.“

***

Cirka drei Stunden später standen Franzens vor der Tür. Nico schnappte die Tasche von Bernd und da waren die beiden auch schon in Nicos Zimmer verschwunden. Frau Fransen stand mir gegenüber und ich sah an den roten Augen, dass sie geweint haben musste, als sie ihre Sonnenbrille ausgezogen hatte.

Ich bat das Ehepaar zu uns in den Garten. Frau Franzen gab mir die Hand.

„Lieber Christopher, ich weiß nicht wie ich ihnen danken soll.“

„Noch gar nicht Frau Franzen, jetzt warten sie erst mal ab, was sich ergibt, Hauptsache ihr Sohn ist mal aus dem Gefahrenbereich weg.“

„Ich kann es immer noch nicht fassen, das bei meiner Schwägerin…..“

„Das kann meist niemand. Ihr Sohn kann hier jetzt mal ein paar Tage verschnaufen und am Sonntag können sie ihn dann wieder wohl behalten bei uns abholen. Und was sich mit der Familie ihrer Schwägerin ergibt, das werden wir dann sehen.“

„Ich danke ihnen trotzdem noch mal, so ausgelassen wie heute, habe ich meinen Sohn schon lange nicht mehr erlebt.“

„Das ist ja schon ein Anfang.“

Sie versuchte ein wenig zu Lächeln.

„Und dieses Haus da drüben, gehört dann auch noch zu ihnen, wird das dann nicht ein wenig viel Arbeit für sie?“, fragte mich Karl.

„Wenn man es so sieht eigentlich nicht, in Amerika, habe ich noch drei Häuser dieser Art.“

„Sind sie Rockefeller?“

„Nein das nicht gerade. Ich bin Vollweise, aber durch einen glücklichen Zufall, wurde ich von amerikanischen Verwandten aufgespürt und habe ein ordentliches Erbe bekommen, damit habe ich einen Fond gegründet, der die Häuser unterstützt.“

„Ein kleiner Finanzmensch!“

„Nein Karl das bin ich nicht, Geld war mir nie so wichtig. Eine Kanzlei in New York verwaltet dies alles. Lukas & Armstrong.“

„Hat die nicht Elisabeth engagiert um ihre Güter vor ihrem Mann zu schützen?“, fragte Franzen seine Frau.

„Lukas & Armstrong stimmt, aber nicht zu schützen, das waren alles Güter, die ihr Mann heimlich gekauft hatte, die jetzt in ihren Besitz übergegangen sind.“

„Sie kennen nicht zufällig Frau von Söden, Christopher?“

„Nein, den Namen habe ich noch nicht gehört.“

„Ich dachte, weil ihr Sohn schwul ist.“

„Man kann nicht alle Schwule kennen, die hier leben, Herr Franzen“, sagte ich mit einem Lächeln.

„Das ist doch auch ein ganz anderes Alter, Karl“, sagte Frau Franzen, „der ist doch jetzt in Amerika, wegen der Herzgeschichte, ist doch auf der Geburtstagsfeier seines Sohnes zusammen gebrochen.“

„War auf dem Geburtstagsfeier eine bekannte Gruppe anwesend?“, fragte ich neugierig.

„Moment“, sagte Herr Franzen.

Er lief zur Balkontür und rief seinen Sohn zu sich, der unmittelbar gleich erschien.

„Wie hieß die Gruppe, die an der Geburtstagsfeier von Kai da war?“

„Das war Sebastian der Geburtstag hatte, Kai hat ihm nur die Feier ausgerichtet, die war megacool, da war Westlife da, na ja bis auf das Ende, wo dann Kai zusammengebrochen ist und mit dem Krankenwagen abgeholt wurde.“

„Es geht ihm ja den Umständen wieder besser, danke, du kannst wieder zu Nico.“

Und schon war Bernd wieder im Haus verschwunden.

„Westlife hieß die Gruppe, zwar sehr bekannt, aber nicht ganz die Musik Richtung die ich und meine Frau hören.“

„Verstehe ich, im Gegensatz zu mir, ich wäre gerne anwesend gewesen.“

„Wenn sie in drei Monaten in New York sind könnten sie auf das nächste Konzert gehen, das weiß ich von Frau von Söden, Kais Mutter.“

„Da weiß ich nicht wann ich das nächste Mal hinkomme.“

„Ich kann ja mal mit Elisabeth reden, das würde ich gerne für sie tun, Christopher“, meinte Frau Franzen.

„Danke, das ist nett von ihnen.“

Karl stand im Garten und schaute sich um.

„Was ist Karl?“, fragte seine Frau.

„Hier würde gut ein Schwimmbecken herpassen.“

„Hören sie mir ja auf, das ganze Haus diskutiert schon seit gestern darüber“, meinte ich.

„Wäre keine Schwierigkeit für uns, unsere Firma baut schließlich die Dinger.“

„Echt, das ist jetzt wirklich ein Zufall.“

„Christopher kommst du mal bitte“, Michael stand auf dem Balkon.

„Ja was ist?“

„Draußen steht ein Junge mit einem Fahrrad und er hat einen weißen Hund dabei.“

***

Ich hatte mich von Franzens verabschiedet, Michael übernahm den Part des Gastgebers. Carsten war wirklich gekommen. Ich fiel fast die Treppe hinunter, konnte mich aber vor der Eingangstüre gerade noch abfangen.

Da stand Carsten tatsächlich. An seinem Fahrrad war ein kleiner Hänger montiert, in dem mehre Karton steckten. Sein Hund saß artig neben ihm.

„Hallo Carsten, ich freu mich, dass du meine Einladung angenommen hast, komm ich zeige dir deine neue Bleibe.“

Carsten folgte mir wortlos. Wir liefen bis zu der Wohnung unterm Dach. Ich öffnete die Wohnungstür. Der Hund lief hinein und fing alles an zu beschnuppern. Von unten hörte ich jemanden Hallo rufen.

Ich rannte die Treppe wieder hinunter. Ein Mann stand vor mir.

„Guten Abend, ich bin Tröger von der Kripo, ich komme wegen Carsten.“

Ich schaute den Mann ein wenig entsetzt an.

„Nein nicht deswegen, ich wollte ihm behilflich sein einzuziehen.“

„Sie kennen Carsten schon länger?“

„Ja ungefähr seit eineinhalb Jahren. Na ja zu einer Zeit, wo er noch redete.“

„Ich bin grad nach oben mit ihm gegangen um ihn seine Wohnung zu zeigen. Dann sind sie also der bekannte von Julius bei der Kripo.“

„Ja bin ich, dann müssen sie Christopher sein.“

„Ja exakt, gut dass sie da sind, ich werde nachher auch noch ihre Hilfe brauchen, aber aus einem anderen Grund.“

„Gut ich steh zu ihrer Verfügung, aber jetzt möchte ich erst mal zu Carsten.“

„Dann folgen sie mir unauffällig“, sagte ich mit einem Lachen.

***

Oben angekommen, war ich dann erst mal einwenig aus der Puste.

„Carsten, du hast deinen ersten Besuch.“

Carsten kam aus der Küche getreten und begann zu lächeln als er Tröger sah. Die Beide fielen sich in die Arme.

„Siehst du Carsten, ich hab dir doch gesagt, es kann nur noch aufwärts gehen. Wo ist Joe?“

Carsten lies einen kleinen Pfiff von sich und der Hund kam angetrottet.

„Joe heißt also das Prachtexemplar von Hund“, sagte ich.

„Ja, das ist Joe, den hat der Carsten mit dreizehn geschenkt bekommen, seitdem sind sie unzertrennlich. So dann lass mich mal dein neues Reich begutachten.“

Herr Tröger folgte Carsten und lies sich alles zeigen.

„Komm dann gehen wir mal runter und werden deine Sachen hoch tragen.“

Carsten nickte und ich folgte den beiden nach unten.

„Wenn ihr mich sucht, ich bin hier in meiner Wohnung, ich habe noch jemanden anderen da, bis gleich.“

Carsten nickte wieder und Tröger lächelte.

***

„Unser Haus platzt hier bald aus allen nähten“, meinte Michael, der es sich mit Franzens auf dem Balkon gemütlich gemacht hat.

„Deswegen, haben wir ja auch das zweite Haus“, gab ich zur Antwort, „wobei zwei Wohnungen ja schon vergeben sind.“

„Wie zwei Wohnungen, haben wir so viele Neuzugänge?“

„Nein, aber eine Wohnung ist für Ralf und Barbara und die zweite für Dennis und Kirstin.“

„Dennis und Kirstin, die ziehen aus, warum?“

Ganz einfach, weil wir unsere Wohnung vergrößern.“

„Davon hast du mir noch gar nichts erzählt.“

„Diesen Gedanken hab ich auch erst seit ein paar Tagen im Kopf. Dein Vater war mir behilflich und mir etwas bei der Planung geholfen.“

„Wenn ihr immer unter eine Decke steckt.“

Du Nico hat so ein kleines Zimmer, und falls jetzt Bernd öfters kommt oder er andere Freunde einladen will, kann er ein größeres Zimmer gut gebrauchen, er bleibt ja nicht ewig vierzehn.“

„Da hast du Recht.“

„Sie haben ein großes Herz Christopher“, meinte Frau Franzen, welche die ganze Zeit die Unterhaltung zu gehört hatte.

„Ja das hat mein Chrisi“, sagte mein Micha und nahm mich in den Arm.

***

Wenig später als sich Franzens verabschiedet hatten, kam Tröger vorbei.

„Kaffee?“

„Gerne.“

Ich schenkte ihm eine Tasse ein und stellte sie vor ihn.

„Milch … Zucker?“

„Nein danke ich trinke ihn schwarz.“

Ich setzte mich zu ihm an den Tisch und begann ihm von Bernd zu erzählen und fragte ihn welche rechtliche Handhabe wir hätten.

„Also wenn der Junge eine Aussage machen würde, könnte wir die oder den Täter ohne Gerichtsbeschluss verhaften, nur für eine Haussuchung, bräuchten wir einen. Aber für das müsste er erst mal reden.“

Gut, dann melde ich mich sofort, wenn wir mehr wissen.“

„Hier ist meine Karte Christopher, dann können sie mich jederzeit erreichen auch privat.“

„Sagen sie bitte du zu mir, ich bin noch nicht so alt“, meinte ich.

„Gut ich bin der Christian“, erwiderte Tröger.

***

Später ging ich mit Michael noch einmal nach Carsten sehen.

„Hallo Carsten.“

Es kam keine Antwort, natürlich kam keine Antwort, wenn er nichts sagte. Ich hörte Joe bellen und folge einfach dem Laut.

Wir betraten gemeinsam das Wohnzimmer und fanden Carsten nackt auf dem Sofa sitzen bei seinem Hund.

„Also Carsten wenn wir dich stören, wir könne wieder gehen“, meinte ich

Er schüttelte den Kopf und wies auf das Sofa.

„Wenn ich nichts anhabe, fühle ich mich freier“, sagte Carsten, „entschuldige Christopher, wenn ich die ganze Zeit nichts geredet hab, aber der Schmerz über den Verlust meines Freundes war so groß, dass ich einfach mich entschloss, so wieder meine innere Ruhe zu finden.“

Ich war jetzt total perplex und starrte Michael an.

„Ich hab dir doch gesagt, du bringst ihn zum Reden“, sagte Micha.

„Aber…,“ ich wusste immer noch nicht was ich sagen sollte.

„Und wer bist du?“, fragte Carsten.

„Ich bin Christophers Freund, ich hoffe du hast damit keine Probleme?“

„Nein, bin ja selber schwul, obwohl Christopher ein richtiger süßer Typ ist.“

Jetzt war ich noch am rot werden.

„Der Grund warum du letztendlich hier her gekommen bist?“

„Ja.“

„Ich?“ stammelte ich.

„Ja, du Christopher. Du kommst heute Mittag auf den Basketballplatz, redest einen dir völlig fremden Jungen an, der kein Wort spricht und bietest ihm gleich deine Freundschaft an.“

„Ja, das ist mein Christopher, immer erst die anderen, dass hat dich wohl beeindruckt?“, fragte Micha ihn.

„Ja schon, ich hab bisher noch nie einen kennen gelernt, der so offen und frei mir gegenüber tritt, schon gar nicht ein Fremder.“

„Willst du jetzt gar nichts mehr sagen?“, fragte mich Micha und stupste mich an.

Jetzt fingen wir alle drei an zu lachen. Carsten stand auf und zog sich eine Shorts und ein T Shirt über. Ich musste schon einwenig schlucken, was da für ein Gott vor mir herlief.

„Und wer soll in der Mitte schlafen“, sagte Micha plötzlich.

„Wie… was…, “ ich wurde aus meinem Gedanken gerissen.

Carsten und Michael fingen schon wieder an zulachen.

„Also wenn ich nicht genau wissen würde, wie sehr du mich liebst, könnte man meinen du hast dich gerade in Carsten verguckt“, sagte Micha zu mir.

„Das wundert dich, Carsten sieht ja auch verdammt gut aus“, sagte ich ruhig.

„Das habe ich auch schon gemerkt“, grinste mich Micha an.

„Könnt ihr mal aufhören, mich als Objekt eure Begierde zu behandeln, sagte Carsten, aber ich merkte das er dass nicht böse gemeint hatte, weil er es mit einem lächeln gesagt hatte.

„Und wie geht es jetzt weiter?“, fragte Micha.

„Christopher.“

Irgendjemand stand unten im Flur und schrie nach mir. Ich stand auf und lief zur Wohnungstür.

„Ich bin hier oben“, rief ich.

Langsam stampfte jemand die Treppen hinauf.

„Du Julius?“

„Ja ich. Ich habe vorhin bei dir angerufen und Nico war dran. Er erzählte mir, dass du dich um einen Neuzugang kümmern würdest, und ich dachte, dass könnte nur Carsten sein.“

„Dann komm mal rein und begrüße ihn selber.“

Julius folgte mir in die Wohnung.

„Carsten, ich möchte dir noch jemanden vorstellen“, sagte ich als wir das Wohnzimmer betraten.

„Hallo Carsten, ich bin Julius vom Amt, die rechte und linke Hand von Christopher.“

„Und mein Vater“, setzte Micha zu.

„Eine gewisse Ähnlichkeit ist nicht zu verleugnen“, kam es von Carsten und streckte ebenfalls seine Hand aus.

Julius starrte mich und Michael ungläubig an.

„Er spricht?“

„Natürlich kann er sprechen, ist das was besonderes?“, fragte Micha, obwohl er genau wusste, was sein Vater damit meinte.

„Entschuldige Julius, ich hätte es dir vielleicht sagen sollen, Carsten hat sich entschlossen seine Sprechblockade aufzugeben“, meinte ich.

„Wie hast du das wieder geschafft, Christian probiert das jetzt schon drei Monate.“

„Das ist der gute Einfluss von Christopher“, sagte Carsten.

„Aha.“

Julius schaute noch immer ein wenig verdutzt drein.

„Wir waren gerade an der Frage, wie es jetzt weiter geht“, meinte Michael zu seinem Vater.

„Da wüsste ich schon was, aber Carsten müsste damit einverstanden sein“, antwortete dieser.

„Setzten wir uns erst einmal… Joe Platz, ganz ruhig Kleiner“, sagte Carsten, „was hätten sie den vorzuschlagen.“

„Also würdest du dich für eine Stelle im Sozialamt interessieren, eine Ausbildung, dafür hast du ja.“

„Hört sich nicht schlecht an, und weiter.“

„Eine Kollegin von mir, die Susanne ist überflutet mit Arbeit, und so dachten wir uns, ob sie nicht eine Kollegin oder Kollegen dazu bekommen sollte.“

„Und wie genau würde mein Aufgabenbereich aussehen?“

Julius erzählte, was alles unter Susannes Sachgebiet viel, das sie auch viel mit mir zu tun hatte, Grund ihrer vielen Arbeit, ich musste grinsen.

„Und wann könnte ich anfangen?“

„Ab dem nächsten Ersten“, antwortete Julius.

„Da hätte ich ja noch zwei Wochen Zeit mich hier einzugewöhnen“, sagte Carsten.

„Heißt das, du willst den Job?“ meinte Micha.

„Natürlich, oder soll ich hier etwa verkümmern?“

„Och, da gebe es bestimmt jemanden, der dir die Langeweile schon vertreiben könnte“, sagte Micha und grinste mich dabei schief an.

„Du treibst mich ja regelrecht in die Arme von Carsten“, konterte ich.

„Du bist also auch schwul, dann sag ich mal, willkommen im Club“, meinte Julius, „du wirst echt eine Bereicherung sein für unseren Laden.“

„Wieso?“

„Versteh das bitte nicht negativ, aber wenn wir einen Schwulen vor Ort haben, ist es besser, schon alleine für die Fälle, mit denen wir es zu tun haben. Vierzig Prozent der Jugendlichen sind schwul.“

„Nein, ich versteh es schon richtig, das hört sich ja richtig gut an der Job.“

„Du hast also noch zwei Wochen Zeit?“, fragte ich.

„Ja wieso?“

„Ich bräuchte jemand für die Planung für unseren Swimmingpool.“

„Swimmingpool?“, drang es gleichzeitig aus Michaels und Julius Mund.

„Ja ich habe jemanden gefunden, der uns ein solches Ding in den Garten stellt.“

„Schatz, du wirst mir langsam unheimlich“, sagte Micha und lächelte mich dabei an.

„Ich weiß, ich mir schon lange“, und alle fingen an zu lachen.

2.

Am folgenden Abend, es war schon spät, als Nico zu mir ins Wohnzimmer kam. Er setzte sich zu mir auf die Couch und kuschelte sich an mich.

„Was ist denn los Kleiner?“ ich legte den Arm um ihn.

„Ach Bernd hat sich in den Schlaf geheult und ich konnte ihm nicht helfen“, antwortete Nico.

„Lass ihm doch Zeit Nico, so schnell geht das nicht.“

„Ich bin doch für ihn da, ich will ihm doch helfen.“

„Er muss das wollen, ich denke, im Augenblick denkt er ganz auf sich allein gestellt zu sein, und das ihm niemand helfen kann.“

„Ich gebe ihm so viele Chancen, lass so viele Türen aufstehen, aber er nimmt es nicht in Anspruch, er reagiert nicht drauf.“

„Sein Schmerz wird sehr tief sitzen“, meinte ich und strich Nico über die Haare.

„Und warum hast du nicht den Mut und fragst mich direkt?“

Unsere Köpfe flogen herum Bernd stand an der Tür zum Wohnzimmer.

„Ähm.. wie lange stehst du da schon“, fragte Nico.

„Lange genug um alles zu hören.“

Nico senkte seinen Kopf.

„Ich mach mir doch so Sorgen um dich, ich habe richtig Angst.“

„Wieso?“

Ich stand auf schob Bernd zur Couch und lies die zwei alleine, aber in der Küche konnte ich jedes Wort hören. Michael kam aus dem Schlafzimmer und wollte mich etwas fragen, aber ich gab ihm ein Zeichen still zu sein und sich zu mir zu setzten.

***

„Also wieso hast du Angst um mich?“

„Ich habe deinen nackten Körper gesehen als du dich nach dem Sport umgezogen hast.“

Stille.

„Tut mir leid Bernd, es war keine Absicht, ich bin nur sehr erschrocken… als ich deinen… Rücken sah.“

„… ich… wie konnte ich so naiv sein, zu glauben, es würde nie einer sehen.“

Wieder Stille.

„Tut das sehr weh?“

„Nicht mehr so schlimm wie am Anfang.“

„Bernd… wer war das?“

Wieder Schweigen.

„Wer hat so perverse Gedanken und tut dir das an.“

Bernd murmelte etwas was ich nicht verstand.

„Dein Onkel?“ das kam von Nico.

„Ja.“

„Spinnt der? Wie kommt er darauf dir das anzutun, das ist doch krank.“

„Hör auf das tut weh“, kam es von Bernd.

„Ich wollte dich nur in den Arm nehmen“

„Ich weiß Nico, lieb von dir, aber es tut doch ein wenig mehr weh, wie ich vorhin zugegeben habe.“

„Mensch Bernd, das muss verarztet werden“, sagte Nico.

Ich wollte schon aufstehen, aber Micha hielt mich zurück und schüttelte den Kopf.

„Ich will zu keinem Arzt, der stellt bestimmt Fragen und so wie ich aussehe, gibt es keine Ausrede. Ich habe nur Angst, dass etwas herauskommt und ich dann Ärger bekomme mit meinem Onkel.“

„Du brauchst keine Angst zu haben, du bist bei mir und da passiert nichts. Und außerdem brauchen wir nicht zum Arzt, wir haben alles hier. … darf ich Christopher und Michael holen?“

„Meinetwegen, es hat sowieso kein Sinn mehr, was zu verheimliche wollen.“

Michael ließ mich los und nickte mit dem Kopf, ich sah wie ihm einige Tränen herunter kullerten. Ich wischte sie mit meinem Daumen weg und gab ihm eine Kuss. Da war Nico schon in der Küche. Er brauchte nichts zu sagen, wir wussten Bescheid.

Ich folgte Nico und Michael ging ins Bad um den Verbandkasten zu holen. Bernd saß noch an derselben Stelle wo ich ihn hingesetzt hatte, nur hatte er kein Tshirt mehr an. Ich musste schlucken als ich seinen Rücken sah.

Da waren nicht nur Flecken und Striemen, da musste jemand eine Zigarette an ihm ausgedrückt haben.

„Michael beeilst du dich bitte.“, sagte ich.

Bernd zuckte zusammen, er hatte die ganze Zeit auf den Boden geschaut.

„Du brauchst keine Angst zu haben Bernd.“

Bernd hatte glasige Augen, und nickte mir zu. Michael kam herein und gab mir den Kasten. Nico setzte sich wieder neben ihm und Bernd griff nach seiner Hand.

„Das könnte jetzt ein wenig weh tun Bernd, ich mach dir da eine Brandsalbe drauf“, meinte ich.

Er nickte nur, sagte aber weiterhin nichts. Er zuckte wieder zusammen als ich ihm die Salbe auftrug. Michael kniete sich vor ihm hin.

„Bernd, es ist jetzt wichtig, dass du mir genau zuhörst. Du bist hier bei Freunden, dir kann hier nichts geschehen. Kannst du mir erzählen was passiert ist?“

Bernd fing leise an zu erzählen, immer unterbrochen von Weinkrämpfen. Nico saß die ganze Zeit still neben ihm und ich sah, dass er selber mit den Tränen kämpfen musste.

„Ist gut Bernd, so was wirst du nie wieder ertragen müssen. Wärst du bereit einem Mann von der Polizei zu erzählen, denn eins ist sicher, dein Onkel muss hinter Gitter.“

Bernd sah immer noch zum Boden, aber er nickte. Michael und Nico blieben bei ihm sitzen, während ich in die Küche lief um Christian Tröger anzurufen.

Es dauerte nicht lange und er kam. Bernd erzählte noch einmal seine Geschichte, Tröger lies ein Band mitlaufen. Er war genauso entsetzt wie wir, als er es hörte.

***

Am nächsten Morgen kam ich fast nicht aus dem Bett. Christian war noch eine Weile geblieben, während Nico und Bernd wieder ins Bett gingen.

Als erstes wollte ich mit Carsten, an seine neue Arbeitstelle fahren, das er schon mal rein schnuppern konnte. Wie gewöhnlich zeigte ich meinen Ausweis an der Pforte und ich wurde mit Carsten eingelassen.

Ich versuchte ihm zu erklären, was für verschiedene Abteilungen für was zu ständig waren. Bei Susannes Zimmer angekommen klopfte ich.

„Morgen.“

„Morgen Christopher, schön dich zu sehen.“

„Hast du eine Minute Zeit Susanne, ich möchte dir Carsten vorstellen.“

„Carsten? Du hast ihn mitgebracht?“

„Ja hab ich“, und zog Carsten durch die Tür ins Büro.

Sie gaben sich einander die Hand, das Übliche halt.

„Julius hat mir schon erzählt heute morgen, das ich endlich Unterstützung kriege, dann werde ich mal „unser“ Büro anders gestalten müssen, einen zweiter Schreibtisch muss rein.“

Während Susanne und Carsten über die Arbeit redeten, schaute ich kurz bei Julius vorbei.

„Hallo“, sagte ich als ich bei ihm eintrat.

„Woher hast du nur so gute Beziehungen?“

„Wie.. was meinst du?“

„Einmal lag hier bei den Unterlagen von Lukas & Armstrong eine Einladung von einem Kai von Söden für das nächste Westlife Konzert dabei und eben hat mich ein Sebastian an er will dich unbedingt noch kennen lernen, bevor er nach Amerika fliegt“

„Du musst entschuldigen, ich kenne keinen von Beiden, wobei hast du grad von Söden gesagt?“

„Ja, ein Kai von Söden.“

Da fiel mir das Gespräch mit Franzens ein, die hatten von einer Frau von Söden gesprochen, da hatten sie ja wirklich schnell was in Bewegung gesetzt.

„Weißt du schon was wegen Bernds Onkel?“, fragte ich.

„Ja Bernds Onkel denke ich wird in diesem Augenblick festgenommen. Christians Truppe hat heute früh, seine Wohnung durchsucht. Sie scheinen jede Menge Belastungsmaterial gefunden zu haben unter anderem Bilder und Videosammlungen. Das Gute daran ist, meinte Christian vorhin am Telefon, das Bernd wahrscheinlich gar nicht aussagen muss, weil es genügend Beweise sind.“

Ich atmete irgendwie auf.

„Das freut mich für Bernd, denn ich denke, davor hatte er auch Angst, vor Gericht aussagen zu müssen.“

„Denke ich mir.“

„Ob das Bernd je verkraften wird?“

„Weiß ich nicht, er braucht jetzt viel Liebe und Wärme.“

„Ich denke die bekommt er“, sagte ich.

***

Später holte ich mit Carsten, Nico und Bernd von der Schule ab.

Carsten beobachteten die beiden, wie sie zum Auto gelaufen kamen.

„Ich glaube, da haben sich zwei gefunden. Sie würden ein schönes Pärchen abgeben, wenn sie schwul wären.“

Ich grinste und startete den Motor.

***

Zwei Wochen später hatte sich einiges getan. Das Nachbarhaus war endlich fertig und bei einer feierlichen Stunde wurde mir der Schlüssel übergeben. Danach gab es ein großes Fest, wo auch viele Leute vom Amt zugegen waren, die ich auch noch nicht kannte.

Bernds Eltern und Bernd selber waren wieder auf dem Weg der Besserung, der Onkel dingfest, die Beweise ausreichend. Nico und Bernd waren zu einer festen Einheit verschweißt, es waren immer nur beide zusammen anzutreffen.

Carsten freute sich, weil er nach dem Wochenende im Amt anfangen konnte. Mittlerweile haben sich auch Kirstins Katze und Joe der Hund vertragen. Sie lagen am Rande und beobachteten das Spektakel im Garten.

Es war noch jemand gekommen, über den ich mich sehr freute. Sebastian. Er hatte seinen Bruder dabei und um ehrlich zusein, ich konnte sie fast nicht auseinander halten, wie das bei Zwillingen so üblich war.

Er hatte uns die Geschichte erzählt, als Kai sein Freund ihm und Phillip das Konzert schenkte. Bei der Stelle wo Kai mit einem Herzanfall in seinen Armen lag, wurde es mir sogar komisch und merkte wie es auf meine Tränendrüsen drückte.

Ich hatte mir was Besonderes überlegt.

„Du willst doch nächsten Monat wahrscheinlich deinen Kai besuchen, wenn es klappt“, fragte ich Sebastian.

„Schon, aber wie gesagt, ich weiß nicht ob es geht.“

„Ich hab hier was für dich. Das ist eine Grußkarte, von uns allen. Jeder unserer WG hat etwas reingeschrieben, wir möchten, dass du sie Kai mitnimmst.“

„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll“, kam es von Sebastian.

„Bedanke dich einfach“, meinte sein Bruder Phillip.

***

Die Wochen vergingen wie im Flug, ich war so in meiner Arbeit versunken, dass ich meine Einladung nach Amerika fast vergaß. Ich klärte alles mit Ralf ab, der inzwischen im neuen Haus wohnte und dort seine Arbeit verrichtete.

Nico hatte wir für die Dauer unseres Aufenthaltes bei Franzens untergebracht, und Carsten versprach in unserem Haus nach dem Rechten zu sehen.

Wie immer war es Julius, der mich und Michael zum Flughafen brachte. Wir verabschiedeten uns herzlich und bestiegen den Flieger. Einige Stunden später landeten wir dann in New York. Die Widersehensfreude mit Patrick war groß.

Natürlich schauten wir auch bei Mr. Lukas vorbei, der mich unter anderem über den Stand der laufenden Geschäfte unterrichtete.

Das war mir aber bis dahin alles egal. Das Einzigste, worüber ich mich am meisten freute, war das Konzert von Westlife. Da Sebastian uns eine Nummer hinterlassen hatte, rief ich am nächsten Morgen gleich bei ihm an.

„Hallo Sebastian, hier ist Christopher.“

„Hallo Chris, bist du schon in den Staaten?“

„Ja, gestern sind ich und Micha angekommen.“

„Das trifft sich gut, was macht ihr heute Mittag?“

„Bis jetzt noch nichts, warum fragst du?“

„Weil heute Mittag die ersten Proben stattfinden und ich und Kai euch gerne dazu einladen würden.“

„Echt wow, hätte nicht gedacht, dass ich so nah an meine Lieblingsgruppe heran komme. Und wie geht es deinem Kai, ich freu mich schon ihn persönlich kennen zu lernen.“

„Kai ist auch schon gespannt auf euch. Also wir werden so gegen zwei euch einen Wagen vorbei schicken, wo seid ihr abgestiegen?“

„Wir wohnen bei meinem Cousin, auf dem Firmengelände der Miller- Holding – Group.“

„Okay dann schicken wir den Wagen dahin, wir sehen uns heute Mittag.“

„Geht in Ordnung bis heut Mittag, bye.“

„Bye.“

***

Aufgeregt saß ich zwischen Patrick und Micha, als wir vor der Carnegie Hall vorfuhren. Wir liefen die Treppe hoch zum Eingang und hielten Ausschau, wohin wir mussten. Aber da kam uns Sebastian schon entgegen gelaufen, mit einem bildhübschen Jungen im Arm.

„Hallo Sebastian“, rief ich.

„Hallo Christopher“, sagte er und begrüßte mich mit einer Umarmung, „hallo Michael, toll dass ihr kommen konntet.“

„Ja Christopher ist schon die ganze Zeit aufgeregt, wie ein kleines Kind“, antwortete Micha, was ihm einen Lacher einbrachte.

„Das ist übrigens Kai mein Freund, und das sicher Patrick, von dem du erzählt hast.“

„Ja genau“, meinte ich.

***

„Danke übrigens für die Karte, die habe ich rahmen lassen und hängt jetzt in meinem … unserem Zimmer“, sagte Kai und lächelte dabei Sebastian an, „Sebi hat mir viel von euch erzählt, finde es toll wir euch einsetzt.“

„Danke Kai, hier in New York ist aber Patrick zuständig, es gibt hier auch schon drei Häuser“, erwiderte ich.

„Ich weiß, ich habe mit Sebi eins davon angeschaut, weil meine Mutter euch gern finanziell unterstützen möchte.“

„Das finde ich super.“

„So bevor wir hier Wurzeln schlagen, gehen wir rein, wir haben auch gleich unsere Probe, Kai“, sagte Sebastian.

Kai nickte und wir folgten den beiden in Richtung Saal. Mein Herz schlug höher als wir ihn betraten. Ich bekam gar nicht mit wer sich sonst noch im Saal aufhielt, ich wurde von Micha nach vorne geschoben, denn ich hatte nur Augen für Westlife, die gerade Unbreakalbe sangen.

„Chrisi, nun setz dich schon dahin“, flüsterte Micha und drückte mich in einen Sitz.

Er neigte sich an meine Ohr.

„Ich glaube wir müssen unserem Nico einige Autogramme mitbringen, hast du gesehen wer da noch alles sitzt?“

„Aufgeschreckt von Michas Frage schaute ich mich um. Da konnte ich zwei Sänger von Blue entdecken, die anscheinend grad mit Küssen beschäftigt waren. Da war Trevor von O- Town, der einen netten Jungen m Arm hatte, daneben, die gleiche Ausführung, noch mehr Zwillinge.

Sebastian lehnte sich zurück, und begann mir zu erklären, wer da alles saß.

„Der da drüber bei Trevor, das ist Max Kian’s Freund, Christian in den Armen von Trevor. Dahinter ist Patrick Nuo, ein Schweizer Sänger, daneben die ganze Meute gehört zu Max. Der junge Mann, der neben meinem Bruder Phillip sitzt ist Andreas, ein weiterer Bruder von mir…“

Ich kam aus dem Staunen überhaupt nicht mehr heraus. Westlife beendeten ihr Lied und Applaus kam von den wenigen Zuschauern.

„So ich muss jetzt auf die Bühne, Kai komm bitte“, meinte Sebastian und Kai folgte ihm.

Das war mir neu, als ich sah, wie Marc von Westlife eine der Mädchen, die bei Max standen, in den Arm nahm und sie küsste.

„Ich dachte Marc wäre solo“, sagte ich leise zu Micha.

„Du siehst das Gegenteil.“

Sebastian, Kai und Phillip waren auf die Bühne gegangen. Phillip und Kai stellten sich ans Mikrofon und Sebastian setzte sich ans Klavier. Er begann zu spielen und Kai setzte ein.

Jahre sind vorbei
Schmerzen sind geblieben
ich fühl mich so allein
vermisse deine Liebe
Geh mit mir wenn du willst
Allezeit bis in den Tag
Ich seh dich dort oben
Was ich fühl wenn du weinst
Zeig mir deine wahre Macht
über mich
The love you feel
neverending like you are
my only shinning star
he makes you see
the lonely comes
Eternity
Jahre sind vorbei
und ich schau auf die Sterne
ich sehe wie du weinst
ich hör es aus der Ferne.

© Alle Rechte bei der Gruppe „Invade“

Ich war total gefesselt von Kais Stimme.

„Du benimmst dich wirklich wie ein verrückter Teeny, das wird ja langsam peinlich“, holte mich Micha wieder von meiner Wolke runter.

„So schlimm?“

„Du solltest dich mal beobachten.“

Er grinste, so wusste ich, dass er es nicht ganz so Ernst meinte, ich küsste ihn.

„Hey, nicht so stürmisch“, kam es hinter meinem Rücken.

Es war Sebastian, wir mussten lachen.

„Kommt ihr drei mal mit?“ meinte er.

Wir folgten ihm zu den andern. Er stellte uns vor versammelter Mannschaft vor. Und jetzt hieß es Händeschütteln oder auch Umarmungen. So tauchte ich ein in die Welt des Showbusiness. Max hatte anscheinend für alle einen Tisch beim Italiener bestellt.

Nun hatte wir doch ein wenig Zeit, alle ein wenig mehr kennen zulernen. Es wurden viele Geschichten erzählt, die wir so nie aus der Presse erfahren hatten.

***

Zufrieden viel ich am Abend in die Arme von Michael. Noch völlig aufgedreht, genoss ich die Ruhe in Michaels Nähe. Mein Kopf lag auf seiner Brust und wir konnten eine sanfte Brise, die durchs offene Fenster hereindrang.

„Wenn ich nicht alles selber erlebt hätte, würde mir alles wie ein Traum vorkommen“, sagte ich leise.

„Da muss ich dir ausnahmsweise Recht geben“, antwortete Micha, „bist du glücklich mein Schatz?

„Ja, Micha. Mit dir an meiner Seite, kann es mir gar nicht besser gehen.“

„Chrisi.“

„Ja?“

„Ich liebe dich!“

„Ich dich auch mein Schatz, mehr als ich es dir je sagen könnte.“

Zufrieden schlummerten wir engumschlungen ein.

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