Der Reiterhof – Teil 4 Ende

Peter

Als ich aufwachte, herrschte noch völlige Ruhe im Haus. Tobi lag ebenfalls noch friedlich schlafend neben mir. Ich hatte es satt die ganze Zeit zu liegen. So befreite ich mich vorsichtig aus Tobis Arm.

Der quittierte dies mit einem Brummen. Als ich mich erhob, spürte ich einen Druck im Kopf. Mir wurde kurz schwindlig. Ich blieb einfach sitzen und wartete, bis das Gefühl verschwand. Auch das Aufstehen erwies sich schwieriger, als ich dachte.

Ich musste mich am Schrank festhalten um nicht mein Gleichgewicht zu verlieren. Es half aber nichts, denn plötzlich verspürte ich den Drang dringend auf die Toilette zu müssen. Also hangelte ich mich an der Wand entlang, bis ich das Bad erreicht hatte.

Leise öffnete ich die Tür und schlich mich regelrecht hinein. Drinnen angekommen zog ich die Tür zu. Das Hämmern in meinem Kopf hatte mittlerweile eine Stärke erreicht, dass es mir Tränen in die Augen drückte.

Ein kurzer Blick in den Spiegel und ich erschrak. Ich war total bleich, die Augen zusammen gekniffen und, das Pflaster, das meinen Kopf zierte war leicht rot. Nur mit großer Mühe konnte ich meine Shorts hinunter ziehen und ließ mich auf die Toilettenschüssel gleiten.

Übelkeit stieg in mir hoch, aber auch das erleichterte Gefühl einer sich leerenden Blase. Ich hechelte nach Luft, mein Kopf dröhnte und ich spürte, wie etwas auf mein Bein tropfte. Als ich meinen Kopf nach unten senkte und einen Bluttropfen auf dem Bein sah, konnte ich nicht anders und begann zu brechen.

Nur noch verschwommen nahm ich wahr, dass die Tür aufgerissen wurde.

„Scheiße… Peter“, hörte ich jemand rufen, konnte die Stimme aber nicht zuordnen.

Der Würgereflex ließ nach.

„Tim… Benjamin… bitte helft mir… Peter hat gebrochen und blutet wieder am Kopf.“

Mit viel Schmerzen hob ich den Kopf an und konnte Tobi wahrnehmen. Alles war Nebel eingehaucht.

„Benjamin renn du zu den Hellmanns und geb denen Bescheid ich bleib hier bei meinem Bruder und Tobi.“

Ich hörte die Worte meines Bruders klar und deutlich vor mir, doch irgendwie hallte alles nach. Plötzlich spürte ich, wie mich jemand von beiden Seiten hoch zog. Die Shorts wurde mir hochgezogen und ich wurde zum Waschbecken geführt.

Mittlerweile konnte ich nicht mal mehr mein Spiegelbild erkennen, alles verschwamm um mich herum, bis sich alles in Dunkelheit tauchte.

*-*-*

Tobias

Ich wusste nicht wie lange ich hier nun saß. Peters Eltern liefen die ganze Zeit den Gang auf und ab. Tim saß neben mir, war kreidebleich. Warum hatte niemand bemerkt, dass es Peter so schlecht ging.

Die Tür zur Station ging auf und meine Eltern kamen herein. Sie redeten kurz mit Peters Eltern, bevor mein Vater zu mir und Tim kam.

„Wir nehmen euch beide mit zum Reiterhof“, meinte er.

„Ich will aber hier bleiben“, widersprach ich.

Tim nickte zustimmend.

Mein Vater ging vor mir in die Hocke.

„Hör mir mal bitte zu Tobias“, begann er leise zu reden, „Peter wird operiert. Die Ärzte haben eine Schwellung am Gehirn festgestellt und…“

Warum redete er jetzt nicht weiter, entsetzt schaute ich ihn an.

„… und es bringt gar nichts, wenn ihr hier beiden sitzt und wartet. Ihr kommt jetzt mit, duscht, esst etwas und legt euch dann hin. Und keine Widerrede. Wenn wir morgen früh hier erscheinen, werden wir schon mehr wissen.“

Ich kannte Vater gut genug um zu wissen, dass es zwecklos war, jetzt noch zu widersprechen. Nickend stand ich auf. Tims Eltern waren ebenso zu uns getreten.

„Tim, es ist besser, glaube mir“, sagte seine Mutter, umarmte ihn kurz und küsste ihn auf die Stirn.

Weniges später folgte ich, mit Tim an meiner Seite, meinen Eltern zum Wagen.

*-*-*

„Tobi?“, hörte ich leise Tims Stimme.

Ich öffnete Augen und sah Tim direkt ins Gesicht

„Was ist?“

„Ich kann nicht schlafen…“

Ich atmete tief durch.

„Mir geht es genauso…“

„Kann ich…, ich bin nicht…, aber ich würde…“

„Kannst du auch vollständige Sätze sagen Tim? Ich weiß nicht was du meinst.“

Ich spürte, wie unruhig er war.

„Kann ich zu dir liegen?“, sagte Tim leise.

Ohne etwas zusagen, hob ich meine Decke an und Tim kroch zu mir.

„Danke“, flüsterte er.

Dicht an mich gedrängt, legte ich meinen Arm um ihn und es dauerte nicht lange, dass ich einschlief.

An nächsten Morgen wurde ich unsanft geweckt. Ein lautes Lachen störte mich.

„Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt, …da bist du…“, hörte ich eine bekannte Stimme sagen.

Ich öffnete ein Auge und sah Benjamin am Zugang meines Zimmers stehen.

„Du weißt schon, dass du den falschen Bruder im Arm hast?“

Ich hob den Kopf leicht und sah die Verknotung mit Tim. Ich konnte nicht anders um musste grinsen. Mittlerweile regte sich auch Tim. Benjamin kam an Bett, verschränkte die Arme vor seiner nackten Brust und kicherte.

„Habt ihr wenigstens gut geschlafen? Und wie geht es Peter.“

Mein Grinsen verschwand und ich versuchte mich von Tim frei zu machen.

„Ich weiß es nicht. Mein Vater hat uns gestern heimgebracht, als Peter gerade operiert wurde.“

„Operiert? Scheiße…!“

„Ja…, irgendeine Schwellung am Gehirn.“

„Morgen…“, brummte Tim und sah sich verschlafen um.

„Ich geh duschen, ich will so schnell wie möglich zu Peter…“

„Ganz ruhig Tobi, dass will ich auch“, sagte Tim neben mir, „ich mach mir genauso Sorgen.“

Ich setzte mich auf und stützte meinen Kopf zwischen die Hände.

„Ich will ihm… doch nur sagen…, dass ich ihn liebe und dazu… stehe.“

Tränen sammelten sich in meinen Augen. Tim legte seinen Arm um mich und Benjamin setzt sich zu mir aufs Bett.

„Ich denke, dass weiß er“, meinte Tim.

Mein Kopf drehte sich zu Tim.

„Glaubst du? Er würd ja nicht mal für mich kämpfen… hat er gesagt…“

„Doch…, würde er.“

„Wie kommst du darauf?“

„Weil ich meinem Herrn Bruder in den Arsch treten würde, wenn er dich gehen lassen würde!

Tim meinte dies Ernst.

„Das hat sich gestern noch… anders angehört.“

„Was?“

„Du bist gestern dazu gekommen… Peter weinte…, erinnerst du dich?“

„Ja, klar, da wollt ich dir die Fresse polieren“, sagte Tim und richtete sich auf.

Ich wich ein wenig zurück.

„Tobi…, ich werde dich schon nicht hauen…, keine Sorge oder meinst du ich hätte mich sonst heute Nacht zu dir ins Bett gelegt?“

Benjamin sagte die ganze Zeit kein Wort, hörte einfach zu.

„Peter… meinte gestern, er würde nicht um mich kämpfen…, wenn es keinen Sinn machte.“

„Mach es einen Sinn?“

Ich nickte.

„Dann geht mal jetzt beide duschen und schaut, dass ihr schnellst möglich ins Krankenhaus kommt“, mischte sich nun Benjamin ein.

„Bist du dann noch da, wenn wir zurück kommen?“, fragte Tim.

Stimmt, wenn seine Eltern ihn abholen, so wie die anderen es taten war er weg, bis wir vom Krankenhaus zurück kamen.

„Keine Sorge…, ich bleibe euch erhalten?“

„Wieso dass?“, fragte ich erstaunt.

„Meine Eltern sind für die Zeit, wo ich hier bin selbst in Urlaub geflogen und es ist ihnen unmöglich hier her zu kommen und früher abzuholen.“

„Das ist heftig!“

„Ich bin es gewohnt…, meine Eltern sind viel auf Reisen und wenn ich dadurch mit euch noch eine Woche zusammen bleiben kann…“

Benjamin grinste. Bisher war er eher unscheinbar neben Tim gewesen. Ich stand auf, schnappte mir meine Sachen und lief Richtung Bad.

„Soll ich dir nachher den Rücken eincremen?“, fragte Tim plötzlich.

Ich stoppte, drehte mich um und lächelte ihn an.

„Danke!“

*-*-*

Peter

Als ich erwachte, fand ich mich im Krankenhaus wieder. Dass Einzige, an was ich mich erinnern konnte, war, das ich mit tierischen Kopfschmerzen auf Toilette musste, danach war ich hier aufgewacht.

Die Schmerzen waren noch da, aber anders. Sie taten lang nicht mehr so weh und füllten sich auch komisch an. Ich griff nach meinem Kopf und spürte einen großen Verband.

„Na, na, na… Finger weg!“, hörte ich eine Stimme.

Eine Schwester kam in Sicht.

„Wie fühlst du dich?“, fragte sie und schaute nach meinem Puls.

„Geht… der Kopf tut weh…“

„Das wird auch noch bleiben, bis die Wunde verheilt ist.“

„Wunde? Das war doch nur eine Platzwunde…“, fragte ich erstaunt.

„Die meine ich auch nicht…, ich meine die Wunde deiner Op.“

„Ich wurde operiert?“

„Darüber kann dir sicher der behandelnde Arzt mehr erzählen…, hast du Hunger?“

Was war passiert und warum wollte sie mir nichts sagen. Ich schüttelte leicht den Kopf.

„Durst?“

„Ja…“

„Gut, ich bin gleich wieder bei dir…“

Schon war sie verschwunden. Dafür kam jemand anders ins Blickfeld.

„Hallo Peter, ich bin Doktor Klug. Deine Gehirnerschütterung wurde leider falsch eingeschätzt und ich musst dich operieren.“

„Falsch eingeschätzt? Das verstehe ich nicht, ich wurde doch gründlich untersucht.“

„Es gibt drei Stufen von Gehirnerschütterungen, junger Mann und mein Kollege in der Notaufnahme war wohl der Annahme, dass du die erste und leichteste Form von Gehirnerschütterung hast, da ein Symptom, die Bewusstlosigkeit nur wenige Minuten dauerte.“

„Sie meinen, als ich wieder unter dem Baum zu mir kam…?“

„Ja. Normalerweise, wenn die Gehirnerschütterung schwerer ist, dauert so etwas bis zu einer Stunde, in schweren Fällen fällt man sogar ins Koma.“

„Dann kann der Arzt aber nichts dafür.“

„Ja und nein, er hätte sich besser absichern müssen.“

„Und was ist passiert?“

„Du hattest eine leichte Blutung am Hirn, ein Äderchen war geplatzt.“

Mit großen Augen schaute ich ihn an.

„Da dein Gehirn, das einzige Körperteil ist, das komplett von Knochen umgeben ist, kann das Blut nicht entweichen. Also drückt das Blut auf das Gehirn.“

„Deshalb hatte ich so Kopfschmerzen?“

„Ja und du kannst froh sein, dass deine Freunde so schnell reagiert haben und du ins Krankenhaus gebracht wurdest.“

„Wieso?“

„Solche Hirnblutungen können zu empfindlichen Störungen deines Gehirns führen…“

Entsetzt schaute ich ihn an.

„Kein Sorge, wir haben deine Motorik und anderes schon getestet und konnten nichts finden.“

Ich hatte den Atem angehalten und blies in jetzt heftig aus.

„Wenn du aber etwas merkst, das dir seltsam vorkommt, dann sage es bitte sofort.“

Ich nickte und spürte sofort meinen Kopf wieder.

„Ruckartige Bewegungen mit dem Kopf solltest du in Zukunft noch vermeiden und wie gesagt, wenn etwas ist, sofort im Krankenhaus wieder melden.“

„Darf ich denn bald hier raus?“

„Du wirst wohl noch zwei oder drei Tage hier bleiben zur Beobachtung, dann kannst du wieder raus.“

*-*-*

Tobias

Zitternd saß ich neben Tim im Wagen. Wie versprochen fuhr uns mein Vater ins Krankenhaus. Ich sah hinaus, sah die Bäume an mir vorbei rasen. Hatte ich damit zu lange gewartet, Peter alles zu sagen, was ich empfinde?

War es zu spät? Ich spürte wie Tränen über meine Wangen liefen. Im Krankenhaus angekommen stieg ich wortlos aus und folgte den anderen. Ich hatte endlich einen Schritt nach vornegewagt und nun das.

Ich spürte den Arm meines Vaters, wie er sich um meine Schulter legte und mich durch die Tür zog.

„Junior, jetzt zieh nicht so ein Gesicht, es wird wieder alles gut werden. Ich habe heute Morgen mit Frau Hellmann gesprochen und die meinte, die Operation wäre gut verlaufen!“

Ich nickte, obwohl ich den Worten nicht recht Glauben schenken konnte. Tim hatte bereits den Fahrstuhl geholt und wir stiegen hinein. Wenige Augenblicke später waren wir auf der Station angekommen, wo wir gestern schon waren.

Tims und Peters Eltern waren nirgends zu sehen und Mein Vater lief zielstrebig auf ein Zimmer zu. Er klopfte und ein „Herein!“ war von drinnen zu hören. Nur schemenhaft nahm ich Peters Name auf dem Schild neben der Tür wahr.

„Morgen Tim“, hörte ich seine Mutter sagen und folgte zaghaft meinem Vater.

Peter kam ins Blickfeld neben ihm seine Eltern. Tim umarmte seine Eltern bevor er sich neben Peter aufs Bett setzte.

„Hallo Bruderherz“, meinte er nur und griff nach dessen Hand, während ich immer noch verschüchtert neben meinem Vater stand.

Irgendwie spürte ich, dass alle Blicke auf mich gerichtet waren, auf alle Fälle bildete ich mir das ein. Ich hob den Kopf und meine Blicke trafen Peters.

„Dieter, unten gibt es einen guten Kaffee, Lust auf eine Tasse?“, fragte Peters Vater.

„Ja warum nicht, gegen Kaffee ist nie etwas einzuwenden.“

Und schon waren die Erwachsenen draußen. Etwas hilflos stand ich am Kopfende des Bettes und schaute zwischen Tim und Peter hin und her.

„Ich muss schon sagen, dein Schatz ist ziemlich heiß“, ließ Tim plötzlich vom Stapel.

Blut stieg mir ins Gesicht.

„Hä?“, war das erste Wort das Peter nun von sich gab und Tim grinste frech.

„Na ja…, ich konnte heute Nacht nicht schlafen und hab Tobias gefragt, ob ich bei ihm schlafen kann.“

Wo kam nur all das viele Blut her, das sich in meinem Kopf sammelte.

„Du hast bei Tobias geschlafen?“

„JA!“

„Du weißt aber schon, dass das mein Freund ist!“

„Ja, aber man kann ihn ja mal kurz ausleihen, so als Kuschelkissen, dachte ich.“

Was war das zwischen den beiden. Sie grinsten sich eins und ich überlegte, in welchem Loch ich mich am liebsten verkriechen würde.

„Mein Kissen, such du dir selber eins.“

„Zu spät!“, grinste Tim weiter.

Nicht nur Tim grinste breit, sondern Peter auch. Er hob mir seine Hand entgegen. Zögernd lief ich auf die andere Seite des Bettes griff nach seiner Hand und setzte sich zu ihm.

„Dann lass ich euch mal alleine und schau was die Alten so treiben…“, meinte Tim und verließ ebenso das Zimmer.

Peter schaute mich durchdringend an und hatte meine Hand fest im Griff.

„Hallo… Tobi“, meinte er leise.

„Hallo Peter“, sagte ich.

Ein Ziehen an meiner Hand, ließ mich näher rücken.

„… in zwei, drei Tagen darf ich hier wieder heraus.“

„… toll!“

Es war gewöhnungsbedürftig Peter nur mit einem Verband am Kopf zu sehen und ohne Haare.

„Die sollen schnell nachwachsen“, meinte Peter, der meinen Blick bemerkte.

„Tut es sehr weh?“

„Ich spüre nichts…, liegt wohl an dem Medikamenten die ich bekomme.“

Zaghaft hob ich die Hand und strich an seiner Stirn entlang.

„Was ist mit dir los?“, fragte Peter.

Ich atmete tief durch.

„Mir ging… noch einmal alles durch den Kopf… was gestern passiert ist.“

„Und?“

Wieder spürte ich den Kloss in meiner Kehle und schaute kurz zur Decke.

„… ich habe gedacht… ich habe dich verloren.“

„… hast du nicht.“

„Lass mich bitte ausreden…“

Peter nickte unscheinbar.

„Weißt du, das erste Mal in meinen Leben stehe ich für etwas ein, sage meinen Eltern, dass du mein Freund bist, dass ich dich liebe und dann passiert das…“

Ich spürte, wie die ersten Tränen sich ihren Weg über die Wange bahnten.

„… ich dachte, jetzt wird alles gut…, jetzt schaffe ich alles und dann brichst du im Bad zusammen und… alles vorbei… ich dachte, dass ist die Strafe, weil ich so lange mit deinen Gefühlen gespielt habe.“

„Aber doch nur, weil du nicht wusstest, was du wolltest.“

„Das wusstest du aber nicht und ich komm mir so Scheiße vor…, wenn ich daran denke, was ich dir damit angetan habe.“

„Tobias…, es ist vorbei!“

Ich ließ den Kopf sinken, wischte mir die Tränen aus den Augen und nickte.

„Dann dein Ausspruch, du würdest nicht um mich kä…“

„Halt Tobias…, ich würde um dich kämpfen, ich liebe dich doch auch und will dich nie wieder loslassen.“

Um das Gesagte zu verstärken, drückte er meine Hand noch fester.

„Tut mir Leid, ich grüble zu viel…“

„Stimmt, dass tust du. Du zerdenkst alles.“

„Zerdenken? Was ist denn dass für ein Wort?“

„Gerade erfunden, für dich!“

Er lächelte.

„Ich habe schon gemerkt, dass du alles sehr genau durch denkst, aber oft zu falschen Schlüssen kommst.“

„Aha… und wann hast du Psychologie studiert?“

„Arsch!“

„Selber!“

Nun musste ich auch grinsen.

So etwas muss man nicht lernen, dass kenne ich von mir selbst“, sprach Peter weiter.

„Da haben sich ja dein zwei gesucht und gefunden“, erwiderte ich.

„… mit Umwegen… ja!“

Peters Augen funkelten.

„Bekomme ich nun meinen Begrüßungskuss, oder soll ich die Schwester rufen, dass ich hier grausam gequält werde?“

Ich konnte nicht anders und fing an zu lachen.

„So gefällst du mir viel besser!“

Ich beugte mich nach vorne und gab ihm einen Kuss. Ich spürte, wie er seinen Arm um mich legte. Dabei hörte ich nicht, wie die Tür aufging.

„Na, na, na, hatte ich nicht gesagt, du sollst dich schonen?“, hörte ich eine Stimme hinter mir und fuhr hoch.

Ein Mann im weisen Kittel stand am Bett und beide liefen wir rot an.

„Entschuldigt, ich wollte eure Zweisamkeit nicht stören und nur nach Peter schauen.“

Ich stand auf und machte dem Arzt Platz. Er nahm Peters Hand und fühlte wohl erst den Puls.

„Schmerzen?“

„Nein.“

„Auch kein Druckgefühl unter dem Verband?“

„Nein.“

„Gut! Aber du meldest dich sofort, wenn sie etwas ändert.“

„Ja!“

„Nachher kommt eine Schwester und entfernt den Verband. Dann komme ich noch einmal nachschauen.“

Peter nickte leicht.

„So dann werde ich zwei wieder alleine lassen“, meinte der Arzt und grinste komisch.

Als er das Zimmer verlassen hatte, setzte ich mich wieder zu Peter. Ich griff nach seiner Hand.

„Was wird jetzt werden?“, fragte ich leise.

„Was meinst du?“

Ich schaute ihn lange an.

„Was Tobias… sag was…“

„Wenn du aus dem Krankenhaus kommst, dann sind die Ferien fast vorbei…, wir werden abreisen… uns nicht mehr sehen…“

„Wer sagt das?“, fragte Peter verwundert.

„… ähm… niemand…, das ist doch so!“

Peters Griff um meine Hand verstärkte sich.

„Komm…, soweit ist Reutlingen von Stuttgart nicht weg…“

„Du… du meinst das wirklich ernst, mit uns beiden.“

„Klar, was sonst. Tobias ich liebe dich, das ändert auch nichts daran, dass wir ein paar Kilometer auseinander wohnen.“

Ich nickte.

„Du denkst wieder zu viel.“

Peter lächelte.

„Du hast ja Recht…, aber da ist…“

„Nichts aber“, unterbrach mich Peter.

Er richte sich mühsam auf und legte seine Hand auf meine Schulter.

„Das wird schon werden…, vertrau mir“, sagte er leise.

*-*-*

Ein paar Tage später…

Peter

Die Heilmanns hatten sich alle Mühe gegeben. Auf dem kleinen Parkplatz, wo sonst die Autos standen, wurden Tische mit Bänken aufgestellt. Ein großes Grillfest war geplant. Tim hatte meine Tasche hochgetragen, während Eltern bei Tobis Eltern saßen und sich angeregt unterhielten.

Mein Blick wanderte zu der Scheune, die nun abgebrannt ihr Dasein fristete.

„Alles klar mit dir?“, hörte ich Tobis Stimme neben mir und spürte, wie er den Arm um mich legte.

„Ja…“, sagte ich, ohne mir darüber bewusst zu sein, was ich gerade sagte.

„Dafür scheinst du aber sehr im Gedanken.“

„…hm?“

Er umrundete mich, ging vor mir in die Knie und nahm meine Hände.

„Du bist so abwesend.“

Ich atmete tief durch.

„…es ist komisch, was sich in kurzer Zeit alles ändern kann.“

Tobi nickte.

„ Ich weiß nicht ob du das verstehst…, was ich meine. Zwei Wochen und plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war. Ich habe einen Freund, den ich liebe, meine Familie nimmt mich ernst und ich bin knapp am Tod vorbei geschlittert.“

„Wie sagen sie in den Filmen immer, viel zu viel für so ein junges Leben.“

Ich musste grinsen.

„Du hast ja Recht, ich denke zu viel.“

„He ihr beiden, Lust noch auszureiten?“, hörten wir Alexander rufen.

Wir schauten beide zu ihm.

„Musst du nicht helfen?“

„Wer sagt denn, dass ich mit reiten will“, lachte er.

„Meinst du ich kann ausreiten?“, fragte ich Tobias.

„Frau Heilmann solltest du fragen, ich bin kein Doktor.“

Alexander war in der Zwischenzeit zu uns gekommen.

„Von der komme ich gerade und die meinte, ich solle euch fragen.“

„Echt?“

„Sie meinte, du grübelst zu viel und das Reiten würde dich ablenken.“

„Da hat sie Recht, aber ich bin da nicht anders als Peter“, meinte Tobi.

„Dann hilft es euch beiden“, lächelte Alexander.

Wenig später, saßen Tobi und ich auf unseren Schulpferden und verließen trabenderweise den Hof. Es dauerte nicht lange und wir kamen an den Strand. Tobi lenkte Gahna neben meinen Jacco und griff nach meiner Hand.

„Schade, dass alles bald vorbei ist“, meinte ich.

„Wieso? Zuhause können wir doch auch reiten gehen.“

„Das ist nicht dasselbe. In einer Reitschule…, da biste vielleicht zwei oder drei Stunden und dann fährst du wieder Heim.

„Öhm…, ichglaube ich muss dir da was erzählen.“

Ich ließ seine Hand los und stoppte das Pferd.

„Der Name Schlenker sagt dir wirklich nichts, oder?“, fragte Tobias.

„Dein Nachname?“

Tobias nickte und ich schüttelte den Kopf.

„Der Pferdehof Müllerschön auch nicht?“, fragte er weiter.

„Davon habe ich schon gehört, da kann man seine Pferde unterbringen, wenn man selbst dazu keinen Platz hat.“

„Ja…, Müllerschön… ist der Nachname meines Großvaters…, der Pferdehof gehört uns. Meine Eltern sind beides Tierärzte und leiten diesen Hof.“

„… ähm… und dann schicken sie dich hier her, wo du zu Hause reiten kannst, soviel du willst?“

Ich musste grinsen.

„… öhm ja…, aber es ging wohl mehr um mich, als ums Reiten zu lernen.“

„Das Gefühl bekomme ich hier langsam auch, dass das Reiten nur eine Nebensache ist.“

„Eigentlich egal, … oder? Hauptsache am Schluss ist alles so, wie es richtig ist.“

„Ist es bei dir richtig?“, wollte ich wissen, obwohl ich Tobis Antwort schon kannte.

„Ja“, meinte er, beugte sich herüber und gab mir einen Kuss.

„Ich liebe dich auch“, hauchte ich und küsste ihn zurück.

Mit einem Lächeln trabten wir beide weiter.

*-* Ende *-*

 

 

 

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1 Kommentar

  1. Vielen Dank für den Teil, habe es doch zum Anlass genommen und alle Teile gelesen. Schade, dass es der letzte Teil sein soll…
    Zugabe, zugabe………..

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