Zoogeschichten I – Teil 13

Feuerteufel

Die Feuerwehr hatte den Brand schnell unter Kontrolle. Zum Glück hatte die Steinmauer zwischen Heu und Kleinbärenhaus dem Feuer standgehalten, die Tiere waren nicht unbedingt in Gefahr.

Sabine stand mit den Anderen vor dem Asche-Matsch-Haufen. Ich hatte der Polizei das Feuerzeug gezeigt und sie nahmen es mit. Sabine grübelte… ein Feuerzeug direkt neben einem Heulager und dann noch der Schatten, den sie gesehen hatte….

Aber all das wurde unwichtig, als ein Zootransporter den Weg eingebogen kam. Volker und Michael stiegen aus.

„Was ist denn hier passiert?“, fragte Volker.

„Tja, euer Heu ist auch abgebrannt“, meinte Sabine.

„Das darf doch nicht war sein, aber hier draußen kann es sich doch gar nicht entzünden, ist doch genug durchlüftet.“

„Das scheint auch jemand angezündet zu haben. Dennis hat ein Feuerzeug gefunden, ein silbernes mit Drachenkopf drauf.“

Ich schaute die ganze Zeit zu Michael, der gespannt dem Gespräch folgte und als die Erzählung auf das Feuerzeug kam, wurde er weiß im Gesicht. Er schaute mich kurz entsetzt an, bevor er seinen Blick wieder abwendete.

„Aber jetzt mal zu unserem Neuankömmling. Wie geht es der Dame denn?“, fragte Sabine.

„Gut. Ein prächtiges Tier, aber sehr eigensinnig, zickig und wählerisch“, antwortete Volker.

„Frauen eben!“, meinte Fritz, der dafür einen Schlag von Sabine auf die Schulter bekam.

Alles begann zu lachen. Michael stand an der Seite und lachte nicht. Was war mit ihm los, war ich schuld? Warum reagierte er so auf das Feuerzeug?

„So, dann lasst uns mal das Tierchen in seinen Käfig schaffen“, meinte Sabine.

Volker stieg wieder in den Transporter und fuhr zum großen Bärenhaus. Langsam steuerte er den Wagen an das Gehege heran. Fritz half Michael und Sabine, die Rampe aufzubauen. Als Volker die Hecktür öffnete und die Holzkiste zum Vorschein kam, machte sich die Bärin bemerkbar.

Mit lautem Brüllen und Fauchen war sie nicht überhörbar und die Kiste wackelte schon bedenklich. Drei weitere Helfer stiegen mit in den Transporter und mit gemeinsamen Kräften schoben wir die Kiste an das Heck des Wagens.

„Ich mach schon mal den Schieber auf“, sagte Sabine und verschwand im Bärenhaus.

Langsam ließen wir die Kiste, die ein starkes Eigenleben hatte, die Rampe hinuntergleiten. Jetzt kam der schwierigere Teil. Wir mussten die Kiste über eine Schwelle heben. Mit so einem Vierhundert Kilotier, das munter in der Kiste zappelt, gar nicht so einfach.

Nach der Schwelle setzten wir die Kiste erst einmal ab. Alle schnauften ordentlich und Keiner machte eine blöde Bemerkung. Plötzlich hörten wir einen Schrei aus dem Bärenhaus. Alle rannten wir hinein.

Sabine lag auf dem Boden und hielt sich den Kopf.

„Sabine… scheiße… was ist denn passiert?“, rief Volker.

Ich sah mich vorsichtshalber um, ob nicht irgendwo ein Bär frei herum lief.

„Da war ein fremder junger Mann, der hat sich an den Käfigen zu schaffen gemacht“, erzählte Sabine.

Fritz half ihr auf. Ich sah am leeren Käfig von Tamara Stroh, dass zwischen die Gitterstäbe gedrückt war. Auf dem Boden lag ein kleiner Kanister, aus dem eine Flüssigkeit ausgetreten war. Ich ging hin, tunkte meinen Finger hinein und roch daran.

„Das ist Benzin!“, sagte ich.

„Ich hole die Polizei, mir reicht das jetzt“, sagte Volker und stürmte aus dem Haus.

„Geht’s wieder?“, fragte Fritz Sabine, die ihre Klamotten zurecht zog.

„Ja… als der Typ mich bemerkte, hat er mich über den Haufen gerannt, dabei bin ich gestürzt und hab den Kopf am Boden angehauen.“

Sie rieb sich über den Kopf.

„Dann hat er bestimmt auch das Feuer draußen gelegt und das hier drin auch!“, meinte Fritz, „weißt du noch, wie der Kerl aussah?“

„Klar, den würde ich sofort wieder erkennen. Braungebranntes Gesicht, blonde Stoppelhaare und die dicke Goldkette am Hals, die ist mir als Erstes aufgefallen.“

„Scheiße“, kam es von Michael und verschwand auf dem gleichen Weg wie Volker, wo er fast mit der Polizei zusammen gestoßen wäre, die Volker inzwischen alarmiert hatte.

Sabine erzählte noch einmal genau, was eben passiert war. Ich dagegen ging nach draußen, wo die Kiste mit unserer neuen Bärin stand. Von Michael war keine Spur zu sehen. Nachdenklich lief ich weiter und schaute mich um.

Ich machte mir nun richtig Sorgen um Michael, irgendetwas stimmte da nicht. Ich lief zurück, wo die anderen nun schon warteten, schließlich sollte die Bärin ja noch heute in den Käfig. Da nun Michael fehlte, erklärte sich ein Polizist bereit, mit anzupacken.

Ihm war zwar etwas mulmig zumute, da er wusste, was sich in der Kiste befand, aber Fritz versicherte ihm, dass nichts passieren konnte. Mit vereinten Kräften hievten wir die Kiste nun ins Gehege, bis vor den Schieber.

Volker kletterte auf die Kiste und zog an dem vorderen Holzschieber, damit die Bärin freien Zugang zum Käfig hatte. Sie fauchte und brüllte heftig, aber aus der Kiste kam sie nicht heraus.

Ich lief zu Sabine ins Haus, um zu sehen, was von diesem Bären schon zu sehen war.

„Gut dass du kommst, Dennis. Würdest du bitte schnell rüber laufen und Gemüse oder Obst holen?“

„Ja klar, kein Problem.“

So rannte ich die Treppe hinunter, durch den unterirdischen Verbindungsgang zum Küchenhaus, um dort was Essbares zu holen. Die Lichter brannten noch, aber niemand war zu sehen.

Ich schnappte mir eine Schüssel und ging ins Kühlhaus. Ein paar Äpfel, Pfirsiche und Karotten schmiss ich in die Schüssel und verließ das Kühlhaus wieder. Plötzlich fühlte ich einen kurzen Schmerz und alles wurde dunkel um mich herum.

*-*-*

„Er kommt wieder zu sich!“, hörte ich Sabines Stimme.

Mein Kopf tat höllisch weh, ich versuchte aufzustehen.

„Langsam junger Mann, bleiben sie noch liegen.“

Ich schaute in die Augen eines jungen Sanitäters, der mich anlächelte.

„Dennis, was ist passiert?“, fragte Volker.

Ich stützte mich ab und rieb an meinem Hinterkopf.

„Ich wollte Gemüse und Obst für den Bären holen und als ich aus dem Kühlhaus kam, spürte ich nur noch einen Schmerz am Hinterkopf… dann weiß ich nichts mehr.“

Ein Beamter der Polizei stand dabei und notierte kräftig.

„Da haben sie jetzt eine ordentliche Beule. Ich gebe ihnen jetzt eine Spritze gegen die Schmerzen, falls es ihnen aber schlecht oder schwindlig werden sollte, müssen sie sofort zum Arzt.“

„Muss es eine Spritze sein, haben sie keine Tablette oder sowas?“, fragte ich und spürte, wie mein Puls gerade am davon galoppieren war.

„Ein kurzes Pieksen und schon ist es vorbei!“

„Sagen sie!“, meinte ich und sah ehrfurchtsvoll die Nadel an, die er gerade auf die Spritze steckte.

Ich schloss einfach die Augen und versuchte an etwas Anderes zu denken, aber es gelang mir einfach nicht. Ich spürte, wie er mit der Hand meinen Arm hielt und biss die Zähne zusammen.

Der Stich ging mir durch den ganzen Körper und für kurze Zeit vergas ich den Schmerz am Hinterkopf.

„Sehen sie, schon vorbei“

Na toll, wieder um Jahre gealtert. Ich atmete tief durch und versuchte aufzustehen, der Sani half mir auf.

„Ich bring dich heim Dennis“, meinte Sabine.

„Und der Bär?“

„Sitzt schon längst in seinem Käfig.“

„Den möchte ich aber noch sehen, bevor wir nach Hause fahren und Krümel will ich auch noch holen.“

„Du und deine Bären“, meinte Sabine und lachte.

„Aber alleine geht ihr zwei nicht, Fritz und ich kommen mit, wer weiß, wer hier als nächstes niedergestreckt wird!“, meinte Volker und schaute vorwurfsvoll den Beamten an.

„Es sind jetzt jede Menge Beamte hier, die den Park durchkämmen. Der Kerl kann nicht einfach so heraus hier“, meinte Sabine.

„Und wie ist er hier herein gekommen? Ohne Codekarte läuft bei den Häusern überhaupt nichts!“, sagte ich.

Alle guckten sie mich an.

„Was starrt ihr denn jetzt so. Ins Bärenhaus kommt man nur mit Codekarte und hier in die Küche auch, ebenso auf das Gelände des Zoos. Der muss eine Karte besitzen, oder er ist ein Geist.“

„Einer von uns?“, fragte Fritz.

Plötzlich kam mir Michael in den Sinn, ich konnte ihn nicht entdecken.

„Bist du blöd oder was, wer von uns sollte hier denn den Feuerteufel spielen?“, regte sich Sabine auf, „alles sind langjährige Mitarbeiter… na ja, bis auf Dennis, aber der kann es ja nicht gewesen sein.“

„Warum?“, fragte der Beamte plötzlich.

Entsetzt sah ich ihn an.

„Soll ich mich etwa selber niedergeschlagen haben?“

Ich wurde laut.

„Ganz ruhig Dennis!“, meinte Sabine, „Dennis kann es nicht gewesen sein, denn beim ersten Feuer war er noch zu Hause, beim Zweiten war er bei mir und vorhin … ich kann Dennis sehr wohl von dem Typen, der mich umgerannt hat, unterscheiden. Zudem ist er nicht blond.“

Der Beamte nickte und ging weg.

„Da hört sich doch alles auf, jetzt werde ich auch noch verdächtigt!“, brummelte ich vor mich hin.

„Komm, wir gehen zu Fine“, sagte Sabine.

„Fine?“, fragte ich.

„Ja, unsere neue Bärin.“

„Gute Idee, nur raus hier.“

Zusammen mit Volker und Fritz, unserem selbsternannten Geleitschutz, gingen wir zurück ins Bärenhaus. Ehrfürchtig stand ich vor den Käfig der Bärin. Sie kam mir riesig vor. Sie kaute an einem Holzstück herum.

„Sie scheint wohl noch Hunger zu haben“, meinte Fritz.

Ich schaute ihn an.

„Ich geh bestimmt heut nicht mehr, um ihr was zu Essen zu holen!“, meinte ich und die Anderen lachten.

„So, hol deinen Krümel und dann ab nach Hause, morgen ist auch noch ein Tag“, meinte Sabine.

Krümel schlief fest, merkte gar nicht, dass ich ihn hochgenommen hatte. Ich lief mit Fritz und Sabine zum Personalhaus, um noch meine Sachen zu holen. Alles war hell erleuchtet und so ging ich in den Umkleideraum für die Männer.

„Bist du wahnsinnig, hier alles in Brand stecken zu wollen, es ist ein Tier drauf gegangen!“, hörte ich plötzlich Michaels Stimme und hielt inne.

„Jetzt hab dich doch nicht so, war doch eh ein alter Bär!“, sagte eine mir fremde, männliche Stimme.

Dann hörte ich kurzes Gepolter.

„Jetzt reg dich wieder ab!“, sagte die Stimme.

„Abregen? Du hast vorhin Sabine angefallen, bist du jetzt voll abgedreht?“

„Die olle Tusse stand halt im Wege, was sollte ich machen?“

„Du begreifst es nicht, oder? Karl, es ist aus zwischen uns, ich will nichts mehr von dir wissen. Lass mich endlich in Ruhe!“

Oha, sein Ex. Na ja, ich wusste ja noch nicht so viel von Michael.

„Wenn ich dich nicht haben kann, dann soll dich niemand haben, auch nicht dieser kleine Scheißer, dem du nachsteigst.“

So langsam bekam ich es mit der Angst. Ich schlich zur Tür und wollte den Raum verlassen.

„Lass ja die Finger von Dennis… sonst…!“

„Was sonst… du kannst mir gar nichts!“

Ich lief gegen einen Stuhl der scheppernd umfiel.

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