Zoogeschichten I – Teil 42

Annäherungsversuche

Dennis

Er schnappte sich meine Sachen und ließ sie auf den Boden plumpsen. Dann packte er mich, nahm mich in den Arm und verpasste mir einen Kuss, dass mir Hören und Sehen verging. Seine Hand wanderte unter mein Shirt und begann, mich am Rücken zukraulen.

Seine Zunge wühlte tief in mir und ich spürte, wie sich alle Kräfte in mir verabschiedeten und ich mich einfach Michael hingab. Doch plötzlich ließ er los, ich wankte ein wenig.

„Schlechtes Bollwerk… du lässt dich aber leicht erobern“, meinte Michael und lief lächelnd weiter.

„Es macht direkt Spass, den Beiden zu zuschauen, besser als jede Dailysaop!“

Etwas hinter uns liefen uns Volker und Fritz nach.

„Stimmt, das hier ist die harte Realität, mit echten Gefühlen und Allem drum und dran“, meinte Fritz und machte einen verklärten Blick.

„Stimmt und das ‚dran’ ist jetzt sicherlich hart“, meinte Volker und lachte dreckig.

Robert

„Tut mir leid Robert… ich wollte ihnen nicht zu Nahe treten.“

„Sind sie nicht… ewig kann ich das wahrscheinlich auch nicht verstecken…“

Ups, wie leicht mir das eben von den Lippen ging. Ich war erstaunt über mich selbst.

„Das weiß niemand?“, fragte Frau Gärleich.

„Heike weiß es…“

„Und ihre Eltern?“

Ich musste kurz auflachen, was Frau Gärleich sichtlich irritierte.

„Ja meine Erzeuger wissen das auch. Das war der Grund, wieso sie mich mit achtzehn aus dem Haus geworfen haben und mich als ihren Sohn aberkannt haben.“

„Sie haben was?“

„Seit fünf Jahren habe ich keinen Kontakt mehr zu ihnen, sie haben es mir strengstens untersagt, sogar per Anwalt.“

„Ihre Eltern wissen aber, dass sie hier sind?“

„Nein, ich bin von der Stadt weggezogen, habe alle Kontakte abgebrochen, nachdem mich meine Eltern überall schlecht gemacht hatten. Für ein Stück Scheiße, wie mich mein Vater nannte, hätte es in dieser Stadt keinen Platz. Seitdem lebe ich hier.“

„Aber sie haben hier sicherlich Anschluss gefunden?“

Ich atmete tief durch und schüttelte den Kopf.

„Außer den Kollegen aus dem Zoo niemand. Ich lebe, seit ich hier wohne, sehr zurückgezogen und habe sonst keine weiteren Kontakte.“

„Ich dachte nicht, dass es noch so intolerante Menschen gibt, aber da kann man wohl auch nichts ändern. Robert, das werden wir ändern. Ab jetzt leben sie sicherlich nicht mehr zurückgezogen!“

Was hatte diese Frau vor?

„Und ich will ja nicht vorgreifen… aber wenn es sich ergeben sollte, dass sie mein Schwiegersohn werden sollten… meinen Segen haben sie!“, lächelte mir Frau Gärleich entgegen.

„Und jetzt hole ich mal den jungen Mann herein, der sicherlich vor Nervosität vergeht… wir sehn uns morgen bei der Visite … gute Besserung und wenn sie etwas brauchen, einfach klingeln!“

Sie streckte die Hand aus und ich ergriff sie.

„Wird schon werden!“, meinte sie und schüttelte meine Hand.

Dann verließ sie das Zimmer. Ich konnte kurz einen Wortwechsel hören und dann klopfte es erneut. Die Tür öffnete sich wieder. Da stand Adrian.

Dennis

Manchmal wurde ich aus den Beiden nicht schlau. Beide waren sie verheiratet, hatten Kinder in meinem Alter, doch konnte man sie für ein altes Homopärchen halten. Unzertrennlich und unheimlich lieb.

Ich folgte Michael zum Wagen und sah direkt auf seinen Arsch, der bei seiner schwungvollen Gangart ordentlich hin und her wankte. Sehr verführerisch.

„He, das reicht, gegessen wird zu Hause!“, riss mich Michael aus meinem Traum.

Leicht gerötet stieg ich in sein Auto, legte meine Sachen auf die Rückbank und schnallte mich an. Michael beugte sich kurz rüber und gab mir einen Kuss auf die Wange.

„Du bist sowas von goldig, weißte das?“, meinte Michael.

„Danke“, sagte ich verlegen und Michael startete den Wagen.

„Vielleicht ist dein Dad ja noch im Krankenhaus.“

„Kann gut sein, er kommt nie vor sechs nach Hause.“

„Hoffe, Robert geht es soweit gut. Er ist so ein lieber Kerl, aber leider ein Einzelgänger. Jeder versucht, ihn irgendwohin mitzuschleifen, aber er hat bis jetzt immer dankend abgelehnt.“

„Ihr habt das öfter probiert?“

„Klar. Immer, wenn wir ein paar Leute vom Zoo waren und zusammen fortgingen, haben wir ihn natürlich auch gefragt. Aber mitgegangen ist er nie.“

„Das ist schade. Ich kenne ihn zwar noch nicht lange, aber er scheint ein ganz Lieber zu sein.“

„Ja, aber ein Eigenbrödler.“

Durch den Feierabendverkehr benötigten wir etwas länger zum Krankenhaus.

Robert

Adrian schloss leise die Tür hinter sich und kam langsam an mein Bett.

„Hallo… Robert.“

„Hallo Adrian.“

Eine schöne Stimme hatte er, das fiel mir jetzt auch auf.

„Und es stört dich wirklich nicht… dass ich hier bin?“

Ich versuchte mich etwas aufzurichten. Den Kopf so schräg zu halten, störte mich doch sehr. Adrian kam ans Bett, half mir hoch und zog das Kissen zu Recht.

„Wieso … solltest du stören… endlich kann ich auch mit dir reden.“

Hatte ich schon zuviel gesagt?

„War wohl kein schöner Anblick… ich… total weggetreten.“

Adrian setzte sich auf den Stuhl neben meinem Bett, der da noch von seiner Mutter stand.

„Es war ungewohnt, keine Antwort zu bekommen…“

Ich konnte ihm ja jetzt schlecht sagen, dass er den geilsten Body hatte, den ich je gesehen hab.

„Du hast mit mir geredet?“

„Klar… ich habe dir alles gesagt, was ich mit dir mache, beim ausziehen…“

Ich stockte und Adrian wurde rot.

„Du hast keinen Grund, rot zu werden… verstecken musst DU dich bestimmt nicht… mit deinem Körper…“

Jetzt hatte ich es doch gesagt und spürte, wie sich das Blut in meinem Gesicht sammelte.

„Dir hat er gefallen?“

„Ja… klar!“

„Dominik hat immer…“

Adrian stockte mitten im Satz und brach in Tränen aus. Ich griff nach seiner Hand und streichelte zärtlich über seinen Handrücken.

„Ich krieg die Bilder… nicht aus meinem Kopf…“, meinte er und schluchzte.

„Ich will dir ja… nicht sämtliche Hoffnungen rauben…, aber das wird noch eine Weile so bleiben.“

„Hätte ich doch nur…“

„Gar nichts hättest du tun können…, du bist nicht schuld am Tod von Dominik und auch nicht an meinem Unfall… deswegen bist du ja wohl weggelaufen … oder?“

Adrian nickte.

„Es tut mir leid, Adrian, dass ich dich in so eine Situation gebracht habe… du realisierst, wo du bist und stehst nackt mit einem Fremden unter der Dusche.“

„Du bist mir immer noch fremd… ich weiß gar nichts von dir.“

„Ich heiße Robert, bin dreiundzwanzig Jahre alt, lebe alleine, bin Tierpfleger im Zoo und im Delfinarium beschäftigt. Was willst du noch wissen?“

Adrian lächelte, dass erste Lächeln in meiner Gegenwart überhaupt. Sein Gesicht wirkte gleich ganz anders…trotz der schwarzen Haare, irgendwie Engelhaft.

„Es hat dich … nicht gestört… mich Auszuziehen…?“

„Adrian…, ich habe dir nur geholfen und ich wollte dir helfen.“

Dies war wohl nicht die Antwort, die er sich erhofft hatte. Sein Lächeln verschwand wieder. Trotzdem behielt ich seine Hand in meiner und streichelte den Handrücken weiter.

„Darf ich dich etwas Persönliches fragen?“, fragte ich.

„Was?“

„Das mit Dominik… kann es sein, dass du für ihn geschwärmt… in ihn verliebt warst?“

Ich schaute Adrian in die Augen. Sie zuckten nervös, als ich die Frage stellte, aber ich konnte keine Gegenwehr entdecken.

„Ist es so offensichtlich?“

Seine Stimme zitterte.

„Nein Adrian. Aber was ich bis jetzt von deiner Mutter erzählt bekommen hab, lässt mich darauf schließen.“

„Meine Mutter weiß, dass ich…?“

„Deine Mutter hat Vermutungen, sonst gar nichts.“

„Oh Gott… sie weiß es…, was mach ich jetzt nur.“

Er wollte aufstehen, aber ich hielt seine Hand fest.

„Adrian, ganz ruhig. Sie hat darüber nichts Negatives gesagt!“

„Du meinst…?“

„Ja. Sie hat nichts dagegen, dass du… schwul bist… wieso auch?“

„Aber man hört doch immer, dass dann ein großer Krach kommt, die Eltern einen rausschmeißen.“

Autsch… das tat weh, deutlich spürte ich den Stich in meinem Herzen.

„Adrian, deine Mutter liebt dich und würde das nie tun.“

„Robert… was war das eben? … Deine Augen wurden plötzlich so traurig.“

Wow, konnte der gut beobachten. Ich schaute kurz zum Fenster, atmete tief durch, um ihn dann wieder anzusehen.

„Ich hab solche Eltern…“, meinte ich, sprach aber nicht mehr weiter.

„Wie… deine Eltern…?“

Ich sah förmlich, wie sich die Zahnrädchen in Adrians Kopf in Bewegung setzten.

„Du bist auch schwul?“

Ich konnte die Betonung dieser Frage nicht deuten. War es Entsetzen oder Verwirrtheit? Ich nickte Adrian zu. Er senkte seinen Kopf und schaute auf unsere Hände.

„Bisher hatte ich das nie Jemandem erzählt… bis auf Dominik eben. Am Anfang machte er sich noch über mich lustig, meinte, das würde vorüber gehen mit dem Schwulsein. Aber er merkte schnell, dass ich es ernst meinte. Dominik schwörte immer wieder, bei jedem Treffen, er sei nicht schwul. Er nahm ich aber oft in den Arm, kuschelte mit mir… zu der Zeit hat er auch mit dem Trinken angefangen.“

„Und wo bist du dabei geblieben?“

„Ich habe auf alles verzichtet… Hauptsache, ich konnte mit ihm zusammen sein.“

„Er wusste also, dass du in ihn verliebt warst?“

Adrian nickte wieder. Ich konnte seine Augen nicht sehen, spürte aber ab und zu eine Träne auf unsere Hände tropfen.

„Glaubst du nun…dass Dominik, mit deiner Liebe nicht fertig geworden ist und deswegen getrunken hat und vielleicht auch deswegen umgekommen ist?“

Und wieder nickte Adrian. Auch wenn es mir einen Stich im Kopf verursachte, setzte ich mich auf.

„Adrian… hör mal zu… schau mich an und hör mal zu.“

Adrian hob den Kopf.

„Dominik ist sich nicht mit seinen Gefühlen für dich im Klaren gewesen. Nicht, dass du dich für ihn interessiert hast, war sein Problem. Die Möglichkeit, dass er auch schwul sein könnte, hat ihn sicherlich erschreckt.“

„Deswegen der Alkohol?“

„Glaube ich schon… du hast wirklich keine Schuld an seinem Tod. Es hätte auch bei etwas Anderem passieren können, als er betrunken war – wenn du nicht dabei gewesen wärst.“

„Das ist eigentlich nicht das… was mich verwirrt…“, meinte Adrian.

„Was ist es dann?“

„Was ich für dich empfinde!“

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