118. Morgengespräche
© by Pit 2014
Dennis
Der Alltag hatte uns wieder. Zusammen mit den anderen stand ich in der Küche und schnippelte Obst und Gemüse.
„Morgen zusammen“, hörte ich Sabine hinter mir rufen.
Ein gemeinschaftliches guten Morgen klang zurück. Ich drehte mein Kopf.
„Hallo Sabine.“
„Oh, der Herr Weltenbummler ist wieder zurück! Und wie war es?“
„Ein Traum…“
„Und wann kommen die neuen Bären?“
„Also… die Pandas kriegen wir nicht.“
Augenblicklich wurde es ruhig in der Küche.
„Warum?“, fragte Sabine und fing ebenfalls an Gemüse und Obstrationen zu schneiden.
Stimmt, das konnte noch keiner wissen.
„Leider ist das Weibchen verstorben und ein anderes Tier gab es nicht, dass zu dem Männchen passte.“
„Das ist aber schade“, meinte Sabine traurig.
Bis auf die Schneidgeräusche der Messer war in der Küche nichts zu hören, alle Ohren waren zu uns gerichtet.
„Ja, aber der Leiter der Station hat uns ein Pärchen rote Panda versprochen und die bekommen wir sogar geschenkt.“
„Rote Panda?“, kam es von Melanie, der Zooassistentin, „da wird sich der Ekkard aber freuen…“
Wie meinte sie das jetzt?
„Und wo will der Chef die Tiere unterbringen, das Haus platzt jetzt schon aus allen Nähten.“
„Das weiß ich nicht, aber wo doch beide Bärenhäuser zusammen gelegt werden, ist da sicher ein Platz“, grinste ich, „was macht denn Krümel, hat er die Woche gut überstanden?“, richtete ich meine Frage wieder an Sabine.
„Du wirst dich wundern, er wird immer frecher, bald kannst du ihn nicht mehr füttern. Am Donnerstag hat er Fritz sogar leicht gebissen.“
Erschrocken schaute ich sie an.
„Arg?“
„Nein!“, schallte es vom Eingang her, „Guten Morgen!“
Fritz war gekommen.
„Dann werde ich wohl aufpassen müssen.“
„Wirst du!“, meinte Sabine, während Fritz sich zu uns gesellte.
*-*-*
Volker
„Morgen Volker!“, hörte ich es rufen und drehte mich herum.
Micha kam des Weges gelaufen.
„Man, die haben ja richtig geackert… was ist das für eine Treppe?“
„Morgen Micha! Ja, wir haben geschuftet, während ihr unter den Palmen gefaulenzt habt!“, grinste ich.
„Gefaulenzt? Du kennst deinen Bruder, Dennis und ich waren nur einmal für paar Stunden am Strand, sonst hatte dein Bruder ein straffes Programm.“
„Ja, wenn Jürgen sich etwas vornimmt… Das dort ist der neue Abgang zu den Katakomben, die wir gefunden haben. Bei Heide kannst du dir später einen Schlüssel abholen.“
„Und wie sieht es aus da unten?“
„Die Spinnweben sind entfernt und gefegt haben wir auch…“, grinste ich.
„Und wie geht es dir?“
Mein Grinsen verflog und wieder kamen die Erinnerungen an gestern zurück.
„Volker, wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann sag es…, okay? Seit ich hier arbeite, hast du mir immer geholfen und es war sicher nicht immer leicht.“
Ich wollte etwas erwidern, doch er hob die Hand.
„Ich möchte nur, dass du weißt, du bist nicht alleine!“
„Danke…“
Was anderes fiel mir dazu nicht ein.
„Wenn ich mit Gregor reden soll, sag es… ich habe da eh noch eine Rechnung offen.“
„… ich weiß nicht ob das gut ist.“
„Warum? Du denkst sicher, dass ist eine Familienangelegenheit, aber es war Gregor, der es öffentlich gemacht hat, nicht du und das vor uns allen.“
Ich sah Michael länger an. Unser Zooclown konnte richtig ernst sein, wenn es sein musste. Vielleicht tat ihm der Umgang mit Dennis wirklich gut.
„Und was für eine Rechnung hast du mit Gregor offen?“
„Ich habe mich mit Gregor immer gut verstanden, was du nicht weißt, ich habe einmal sehr für ihn geschwärmt.“
Leicht entsetzt schaute ich ihn an nach dieser Offenbarung.
„Wusste Gregor das?“
„Ja, aber er meinte nur er fühle sich zwar geehrt, aber er kann eben nur ein Freund sein.“
„Ist etwas passiert, also ich meine jetzt, wegen der offenen Rechnung.“
„Das mit dir ist passiert und wie er dich genannt hat, das hat auch mich angegriffen.“
„Das hat er sicherlich nicht so gemeint…“
„Du nimmst ihn auch noch in Schutz?“
„Micha…, er ist mein Sohn?“
„Kein Sohn behandelt so seinen Vater!“
*-*-*
Phillip
„Guten Morgen! Jemand da?“
Ich rollte mit dem Rollstuhl in den Gang und ließ die Eingangstür hinter mir zufallen.
„Morgen! Ja ich, bin bei den Käfigen“, hörte ich Melanie erwidern, „Reinhard kommt etwas später, der muss noch etwas erledigen.“
So rollte ich zu dem Raum mit den Käfigen, wo unsere Patienten über Nacht blieben, wenn wir es erforderlich hielten. Melanie verteilte gerade das morgendliche Frühstück in die belegten Käfige.
„Hi. Weißt du, ob etwas ansteht?“
„Ich weiß nur, dass Reinhard sich das eine Zebra noch einmal anschauen wollte, dass mit der Nagelverletzung. Shawn wird er sich auch gleich ansehen wollen, ob das mit den Ohren besser geworden ist.“
„Sonst irgendwelche Meldungen?“
„Du, ich habe gleich mit dem Füttern angefangen, weiß nicht, ob irgendwelche Meldungen eingegangen sind.“
„Ich schau gleich mal nach.“
So rollte ich in Doc Ekkards und mein Büro, wo er netterweise einen Bürotisch für mich aufstellen ließ. Reinhard hatte mich nicht nur für das Labor haben wollen, kleine Tiere, die ich problemlos vom Rollstuhl aus untersuchen konnte, hatte er mir auch überlassen.
Mir gefiel die Regelung, denn so konnte ich etwas dazu lernen und Ekkard war etwas entlastet. Seit dem Weggang seiner Kollegin aus Altersgründen vor gut einem Jahr hatte sich immer noch kein Ersatz gefunden, was mit eigentlich wunderte, denn es war ein herrlicher Arbeitsplatz, besonders wenn man Tiere so liebte wie ich.
Auf der Ablage bei Reinhard lagen drei Blätter, die ich mir nahm. Elefanten…, oh bei den Bärchen, die bei Dennis in Obhut waren stand eine Impfung an, dass konnte ich machen, das letzte Blatt war aus der Affenabteilung, keine großen Tiere, aber zu flink für mich, aber das konnte ich mit Reinhard noch klären.
„Hast du schon die Blutproben von Hannelores Abteilung bestimmt?“, hörte ich Melanie fragen.
Die Saruskraniche hatten Nachwuchs bekommen und wie so üblich bei Vögeln, war eine Geschlechtsbestimmung der jungen Tiere schwierig. Eine Blutuntersuchung der Tiere verschaffte da Gewissheit.
„Ja habe ich. Zwei Mädels und ein Junge, aber wegen der Blutwerte des Jungen muss ich noch mal mit Reinhard reden. Das Blutbild sieht nicht sehr gut aus, der Junge müssen ein paar Aufbaupräparate verabreicht werden, sonst sehe ich schwarz für ihn.“
„Morgen!“, schallte es vom Eingang her.
„Morgen Reinhard“, hörte ich Melanie sagen, der wenige Sekunden später im Büro erschien.
„Morgen Phillip…, neue Fälle?“
„Morgen Reinhard. Ja bei den Elefanten steht die Untersuchung von Gloria an, bei Dennis Impfung der drei Bärchen und dann ist irgendetwas bei den Lemuren vorgefallen, da gab es wohl einen heftigen Streit, zwischen den Damen.“
„Das mit Dennis übernimmst sicher du gerne!“, grinste Reinhard.
„Klar, nur beim Impfstoff, solltest du mir kurz helfen. Ach so, ich habe die drei Blutproben der Kranichkids untersucht. Zweimal weiblich, einmal männlich, welcher mir etwas Sorgen macht, vom Blutbild her.“
„Okay. Ich hatte noch ein Gespräch mit einem Vertreter über ein neues Präparat, wäre mir recht, dass du da kurz drüber liest, was du dazu sagst.“
„Kein Problem.“
*-*-*
Dennis
„Und wie lief es mit Michael?“, fragte Sabine, als wir auf dem Weg zum Bärenhaus waren.
„Gut, wobei wir so gesehen, nicht viel Zeit für einander hatten. Jürgen hatte ein straffes Programm.“
Sabine lachte.
„Das kann ich mir gut vorstellen.“
„Einmal für ein paar Stunden, waren wir am Strand.“
„Ja, du hast etwas Farbe bekommen.“
„Eher Sonnenbrand“, lachte ich.
„Das freut mich, dass es gut läuft. Streit der Platzhirsche im Zoo, können wir nicht gebrauchen“, grinste Sabine.
„Ja, hoffen wir mal, dass es so bleibt. Ist in der letzten Woche etwas vorgefallen?“
„Nein, nicht dass ich wüsste. Die Bauarbeiten nerven, also der Krach, die Tiere sind etwas nervös deswegen, aber ich muss sagen, sie bemühen sich sehr, den Stress für die Tiere klein zu halten.“
„Sieht man schon Vorschritte?“
„Ja, aber dass schaust du dir lieber selbst an. Der Anbau für unsere Küche ist schon halb fertig. Da freue ich mich richtig darauf, wenn wir unsere eigene Küche haben werden.“
„Warum? Ist doch jetzt auch nicht anders, oder meinst du diesen herrlichen Sparziergang am Morgen, mit Futter im Wagen, wäre nicht schön?“
Wieder lachte Sabine.
„Ohne Futter wäre er auch schön. Nein, ich meine wegen der Sauberkeit. Wie oft stand ich da und habe den Dreck von anderen wegmachen müssen, so ist es nur unser Dreck.“
„Oh, da hinten kommt Phillip.“
„Ja, die Impfung deiner Bären steht an.“
„Meine Bären, wie sich das anhört.“