Zoogeschichten II – Teil 91

Bauangelegenheiten

Michael

Total im Gedanken versunken, machte ich mich auf den Weg zu Dennis. Ich fühlte mich etwas überrumpelt. Doch das Angebot, dass ich Jürgen und Volker mehr unterstützen sollte war verlockend.

Im letzten Jahr war ich eh schon Mädchen für alles gewesen, also würde dieser neue Aufgabenbereich, dies nur ausbauen. Dass ich eben ganz offiziell mich um alles kümmerte. Am Bärenhaus angekommen, zog ich meine Codekarte durch den Scanner.

Als ich eintrat, fand ich den Flur leer vor. Aber ich hörte Stimmen aus dem hinteren Bereich. Ich folgte diesen Stimmen und fand Sabine mit Dennis und Volker bei den Kleinbären vor.

„Morgen“, sagte ich, um mich bemerkbar zu machen.

„Morgen Micha“ kam es von Volker, „und wie geht es dir?“

„Soweit gut.“

„Du willst doch wohl nicht arbeiten“, fragte Sabine.

Dennis sagte nichts, er nickte mir nur zu.

„Doch, ich war sogar eben bei Jürgen.“

„Bei Jürgen?“, fragte Volker, „hat er dir unseren Vorschlag gemacht?“

„Welchen Vorschlag?“, wollte Dennis wissen, der mit einem Braunbärenbaby spielte.

„Ich soll mehr Volker und Jürgen unterstützen, also kein Savannenhaus mehr.“

„Oh, du trittst in Sklavendienste der Chefetage“, meinte Sabine grinsend.

Dennis öffnete die Klappe und die anderen zwei Racker kamen hereingetapst.

„So mal sehen ob ihr euch vertragt“, hörte ich Dennis sagen.

Was hatte er… heute Morgen schien doch alles noch in Ordnung.

„Ich muss dann mal zu Fritz rüber“, meinte Volker, „wir sehen uns sicher noch später.

Und schon war er weg.

„Und ich werde meiner Arbeit wieder nachgehen, sonst werde ich nicht fertig.“

„Wann kommt denn eigentlich Guido wieder, dessen Urlaub muss doch schon längst vorbei sein“, fragte ich Sabine.

„Der liegt immer noch im Krankenhaus.“

„Im Krankenhaus? Davon wusste ich nichts.“

„Ja, er hatte im Urlaub Blinddarmbeschwerden bekommen und musste sogar im Ferienort notoperiert werden.“

„Oha… hört sich nicht gut an.“

„Ja… die haben nämlich Schmu getrieben. Die Naht hat sich entzündet und seitdem liegt Guido im Krankenhaus.“

„Und hat Jürgen kein Ersatz für in?“

„Bis jetzt ging es, Dennis war ja dann da und mittags jetzt auch Lucca.

„Aber Dennis hat doch jetzt schon drei Bärchen, da hat er genug zu tun…, ich rede mal mit Jürgen, was man machen kann.“

„Du gehst schon völlig auf in deiner neuen Aufgabe!“, meinte Sabine und verschwand ebenso aus dem Bärenzwinger.

Ich drehte mich zu Dennis, der damit beschäftigt war, die Kleinen etwas auf Distanz zu halten. Ich kniete mich neben ihn.

„Und… alles klar?“

Dennis schaute mich kurz an.

„Ja… geht schon… na ja… ich weiß nur nicht, ob ich das schaffe.“

Ich setzte mich zu ihm und lehnte mich an ihn.

„Was meinst du?“

„Ich habe hier jetzt schon das dritte Bärchen. Ich weiß ja nicht, ob ich alles richtig mache.“

„Bis jetzt hast du alles richtig gemacht“, versuchte ich ihn zu beruhigen.

„Tut mir leid… irgendwie bin grad total unsicher“, sagte Dennis leise und kraulte Krümel.

„Dennis, du machst das schon richtig. Du handelst nach Gefühl und das merken auch die Tiere.“

Dennis drehte den Kopf und küsste mich kurz auf die Wange.

„Danke“, meinte er weiterhin leise.

„Für was?“

„Dass es dich gibt!“, lächelte er mir entgegen.

Volker

Mein Handy dudelte los und ich zog es aus meiner Tasche… oha… David.

„Morgen David.“

„Morgen Bruderherz… wo warst du denn?“

„Ich … ach so du meinst heute Nacht… ich habe wo anders geschlafen.“

„Habe ich etwas verpasst?“

„Könnte sein.“

„Warum ich anrufe… ich bin heute Morgen in der Uni, mich erneut einschreiben.“

„Wieso… ich dachte du hast einen Platz.“

„Habe ich auch, aber der Computer hatte einen Absturz und meine Daten wurden gelöscht. Lediglich meinen Namen hatten sie noch.“

„Ich weiß warum ich nicht so für Technisches zu haben bin.“

„Och Brüderchen, dann könnt ich dich jetzt nicht anrufen.“

Ich müsste grinsen.

„Wann sehen wir uns?“, fragte ich.

„Nach der Uni wollte ich bei euch vorbei kommen.“

„Okay, geht klar, dann bis später.“

„Dann kannst du mir ja erzählen, was ich verpasst habe.“

„Überlege ich mir noch… du ich muss weiter bis später dann. Tschüss!“

„Tschüss Volker.“

„Ich steckte mein Handy weg, zog es aber gleich wieder heraus, als ich die Bärenhäuser erreicht hatte. Der Architekt war da und auch der Chef des Bauunternehmens. Ich verständigte kurz Micha und Jürgen, dass sie kommen sollten, bevor ich die zwei Herren begrüßte.

Robert

Adrian wusch unser Geschirr im Waschbecken, während ich die Reste in den Kühlschrank stellte.

„Jungs, lasst doch, ich mache alles weg!“, sagte Mutter, als sie die Küche betrat.

„Schon alles weg“, sagte Adrian und lächelte, als er sein Geschirrtuch aufhängte.

Mutter war ihm schon genauso verfallen wie ich. Kein Wunder bei Adrians Scharm.

„Und was habt ihr heute Morgen vor?“

„Robert will mir etwas die Gegend zeigen.“

Mutter schwieg, also hatte sie etwas auf dem Herzen.

„Ist etwas?“, fragte ich.

„Ich weiß nicht… ob es dir…euch etwas ausmachen würde, auf dem Friedhof vorbei zu schauen.“

Oma und Opa… an ihr Grab hatte ich natürlich auch nicht mehr gedacht.

„Kein Problem“, meinte Adrian einfach.

„Ich habe da noch ein kleines Gesteck, das ihr für mich einfach drauf stellen könntet.“

„Wie gesagt, kein Problem, dass machen wir gerne. Oder Robert?“

Ich nickte.

„Gut… Moment, ich gehe es nur schnell holen“, meinte sie und verschwand.

„Was ist mein Großer?“, fragte Adrian und nahm ich in den Arm.

„Ach ich dachte nur gerade an meine Großeltern…, sie hätte dir sicher gut gefallen.“

„Wie lange sind sie schon Tod?“

„Oma ist vor sieben Jahren gestorben und Opa folgte ihr kurz darauf.“

„Du hast wohl sehr an ihnen gehangen?“

„Tu ich immer noch…“

Adrian hauchte mir einen Kuss auf die Wange, bevor meine Mutter wieder erschien.

Michael

Zusammen mit Jürgen und Volker hörte ich den Auslegungen des Architekten zu. Als erstes musste dieser kleine Wald zwischen den beiden Häusern weichen und das Gebiet musste abgesperrt werden.

„Wie sieht es aus, bei den späteren Erdarbeiten, habe wir genug Platz um mit den Lkws zu rangieren?“, fragte der Baumensch.

Volker schaute sich um.

„Wird schwierig, ohne den täglichen Fluss der Besucher zu stören“, meinte Jürgen.

„Und was ist mit dem alten Tor?“, fragte ich.

„Welches meinst du?“, fragte Jürgen.

„Das hinterm Affenhaus. Ich weiß es wird nicht mehr benutzt, aber wenn wir es wieder in Gang setzten würden, ein – zwei Bäume entfernen, könnten die Lkw das Bärenhaus direkter anfahren und müssten nicht quer durch den Zoo.“

Jürgen lächelte mich an.

„Da werden wir uns gleich darum kümmern“, meinte Volker, zückte sein Handy und stellte sich etwas abseits.

„Und wohin mit den Büschen?“, fragte nun wieder der Baumensch.

Jürgen schaute mich an.

„Öhm…, als das Grünzeug können wir zu den Giraffen und Elefanten schaffen, die essen das gerne“, antworte ich.

„Wurzelwerk?“

„Könnten wir hinter dem Futterhaus deponieren. Wir brauchen oft Holz und Wurzeln für die Tiere.“

„Gut, dann wäre das ja geklärt“, meinte Jürgen stolz und klopfte mir auf die Schulter.

Volker hatte bereits mit den Mechaniker ausgehandelt, dass sie das Tor wieder in Gang bringen sollte. Schlüter war angewiesen, zwei Bäume zu fällen und auch den Rest, damit eine Fahrspur entstand.

„Okay, ich komme dann auf Bedarf wieder, wenn es irgendwelche Probleme geben sollte“, meinte der Architekt.

„Und an wen soll ich mich dann wenden?“, fragte der Baumensch.

„An Michael“, sagten Jürgen und Volker im Chor.

Ich wurde rot.

Sebastian

Heike und Phillip diskutierten über die Delfine, während ich damit beschäftigt war, die Tiere zu füttern. Die zwei Damen waren nicht zu sehen, so konnte ich beruhigt, die Schleuse nach draußen öffnen.

Theo zog an und schwamm als Erstes hinaus. Ich schnappte mir den Eimer mit Fischen und folgte ebenso den Delfinen nach draußen. Auch hier blieb ich von Zurufen älteren Damen verschont.

Ich war so im Gedanken versunken, dass ich überhaupt nicht mitbekam, dass Phillip hinter mir stand.

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