Zoogeschichten III – Teil 104

Nur ein Versuch

Dennis

Auf der anderen Seite wurde es still, nur ein leichtes Atmen konnte ich hören.

„Wer spricht… da?“

Was machte ich hier nur? … scheiße!

„Tut mir leid, Herr Meisenberger, es war eine blöde Idee von mir, anzurufen…“, meinte ich und wollte schon auflegen.

„Dennis? … du bist Dennis?“, hörte ich die Stimme meines Vaters.

„Ja“, sagte ich leise.

„Dennis… ich werd verrückt… Sandra komm her… Dennis ist dran“, hörte ich ihn ausrufen.

Mir war so unwohl bei der Sache, was hatte ich da nur angerichtet?

„Bist du noch dran?“

„… ja“, antwortete ich.

„Ich weiß jetzt gar nicht, was ich sagen soll…“

„Ich auch nicht… vielleicht sollten wir… das Gespräch lieber beenden…“

„Nein Dennis, bitte nicht…“, hörte ich eine verzweifelte Stimme, „bitte nicht auflegen.“

„Okay“, meinte ich.

„Wie… wie alt bist du jetzt eigentlich? … lass mich nachrechnen…“

„Ich bin heute achtzehn geworden.“

„Stimmt…, heute Morgen dachte ich noch… irgendwas ist heut… ich wusste nur nicht mehr, was.“

„Und jetzt?“, fragte ich ihn.

„Dennis… ich weiß es selbst nicht… das alles kommt für mich jetzt so überraschend.“

„Ich weiß… es war eine blöde Idee von mir, anzurufen.“

„Nein Dennis, war es nicht… ich freue mich wirklich… ach so, alles Gute zu deinem Geburtstag!“

„Danke…“

Wieder Schweigen am Telefon.

„Willst du mich besuchen?“, fragte mein Erzeuger.

Michael

„Wo bleibt der Kleine nur?“, fragte ich nervös.

„Er wird sicher gleich kommen“, meinte Sebastian neben mir.

Er hatte Brit im Arm, von der er überhaupt nicht lassen konnte. Immer wieder sah ich auf die Uhr. Ich hatte schon zweimal angerufen, aber seine Nummer war immer besetzt. Die Tür ging auf und erwartungsfroh schaute ich hinüber.

Es waren aber nur Robert und Adrian. Freudig wurden sie von den Anderen begrüßt. Ich schenkte mir ein Glas Wasser ein und trank es in einem Zug leer.

„Bist wohl am Verdursten“, hörte ich eine Stimme hinter mir.

Ich drehte mich um und Robert stand vor mir.

„Wo ist denn das Geburtstagskind?“, fragte er.

„Noch nicht da“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Wenn das so ist, kann ich ja kurz noch meine Tiere besuchen.“

„Ja, mach das.“

Volker

Eilig sprintete ich in den zweiten Stock. Es war ruhig im Krankenhaus, war auch kein Wunder um diese Zeit. Ich blieb vor der Glastür zur Intensivstation stehen und versuchte, etwas zu erkennen.

Aber es war alles abgedunkelt. Nur bei der Nachtschwester brannte Licht, die zu meinem Glück gerade hoch schaute. Sie stand auf und öffnete die Tür zur Intensiv.

„Die Besuchszeit ist um, mein Herr.“

„Ja, weiß ich. Ich wollte nur fragen, ist Herr Gerstner noch bei seinem Sohn?“

„Ja, ist er.“

„Können sie ihm bitte kurz ausrichten, dass ich hier bin.“

„Ja kann ich … wie ist denn ihr Name.“

„Ach so ja, Volker Kolping heiße ich.“

„Einen Moment bitte“, meinte die Schwester und die Tür schloss sich wieder.

Wenige Minuten später öffnete sie sich wieder und Rolf kam heraus.

„Mensch Volker, wo warst du? Lucca hat sogar nach dir gefragt.“

„Tut mir leid, Rolf. Im Zoo gab es Ärger, es ist was eingestürzt und ich mitten drin…“

„Eingestürzt? Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Rolf besorgt.

„Pssst“, machte die Nachtschwester und schaute uns böse an.

„Kann ich Herrn Kolping mit zu meinem Sohn nehmen?“, fragte Rolf leise.

„Die Besucherzeiten sind vorbei, Herr Gerstner…“

„Mein Sohn fragt aber ständig nach ihm… bitte!“

Sie schaute auf die Uhr und dann wieder zu uns.

„Aber höchstens eine halbe Stunde noch, dann ist Schluss!“

„Danke!“

Rolf zog mich in die Intensivstation und verpasste mir einen grünen Kittel. Danach betraten wir gemeinsam Luccas Zimmer.

„Volker“, sagte Lucca leise, als er mich sah.

„Hallo Lucca“, sagte ich leise und strich ihm sanft über den Büschel Haar, der unter dem Verband hervor schaute.

„Schön, dass du… da bist.“

Der Junge hörte sich ja schon recht gut an. Rolf drückte mich auf den Stuhl, der am Bett stand. Er selbst blieb hinter mir stehen.

„Volker… ich wollte… dir noch etwas… sagen.“

„Strengt dich das nicht zu sehr an?“, fragte ich besorgt.

„Es geht… schon… es tut alles weh… aber die Schmerzmittel wirken schon…“

„Und was wolltest du mir sagen?“

„Dass… dass ich es ganz… in Ordnung finde…, dass du mit Papa zusammen bist…“

Irgendwie wurde ich jetzt verlegen, spürte, wie das Blut in mein Gesicht strömte.

„Danke“, stammelte ich.

„Könntest du mir noch … einen Wunsch erfüllen?“

Einen Wunsch? Was kam denn jetzt? Ich nickte.

„Schnapp dir Papa und bring… ihn mal an die frische… Luft… unternehme was mit ihm!“

„Nein Lucca, ich bleibe hier“, kam es von Rolf.

Lucca versuchte, böse zu schauen, was ihm aber so gut wie überhaupt nicht gelang.

„Volker… bitte!“, bettelte Lucca.

„Du siehst doch selber, dass er nicht will“, meinte ich.

„Seit wann… interessiert dich… was er will… du kannst… doch so schön… bestimmend sein…“

Lucca schien es gut zu gehen, wenn er jetzt schon so frech sein konnte.

„Ich kann dich doch nicht einfach alleine lassen“, sprach Rolf.

„Du hast den Wunsch deines Sohnes gehört…“, meinte ich.

„Gegen euch zwei komme ich nicht an“, sagte Rolf und Lucca lächelte etwas.

Auch ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen.

„Und ich soll wirklich nicht bei dir bleiben?“

„Dad…, bitte! Du kannst … doch später wieder … kommen.“

„Hör auf deinen Sohn!“, meinte ich.

„Also gut!“

Dennis

Ich legte auf und nahm meine Sachen. Als ich mich umdrehte, erschrak ich, denn Mum stand in der Tür. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt.

„Und?“, fragte sie und zeigte Richtung Telefon.

„Ich soll ihn besuchen.“

Mum atmete tief durch.

„Und, möchtest du das tun?“

„Ich weiß es nicht… ich weiß auch nicht, ob es so gut war, ihn anzurufen.“

Sie zuckte mit der Schulter und eine Träne lief über ihre Wange.

„Mum bitte… wie oft soll ich dir noch sagen, du bist meine Mum… die ich liebe, daran wird sich sicher nichts ändern.“

Ich ging zu ihr hin und nahm sie in den Arm.

„Tut mir leid Dennis… ich habe nur Angst, dich zu verlieren.“

„Tust du nicht… versprochen… Ehrenwort!“

Unten ging die Haustür.

*-*-*

Dad war doch früher nach Hause gekommen und so saß ich nun hinten in seinem Mercedes und ließ mich in den Zoo fahren.

„Und du weißt wirklich nicht, was Michael vorhat?“, fragte Dad.

„Nein, weiß ich nicht.“

Mum sah schweigend zum Fenster hinaus. Ich hob die Hand und streichelte über ihre Schulter. Plötzlich spürte ich ihre Hand, wie sie meine streichelte.

Volker

„Wo willst du mit mir hin?“, fragte Rolf.

„Zu Dennis’ Geburtstag. Du bist auch eingeladen.“

Rolf seufzte.

„Was hast du eigentlich vorhin mit eingestürzt gemeint?“, fragte er plötzlich.

Schweren Herzens erzählte ich ihm die ganze Gesichte, was sich am Morgen zugetragen hatte.

„Du bist echt verrückt… warum bist du so leichtsinnig?“

„Bin ich nicht! Es sah alles sehr stabil aus“, verteidigte ich mich.

Rolf sah zu mir.

„Volker… ich könnte nicht ertragen, wenn ich dich jetzt verlieren würde… ich würd das nicht durchstehen…“

„Jetzt mach mal halblang! Ich lebe, mir ist so gut wie nichts passiert und jetzt versuch, dich etwas auf die Feier zu freuen, okay?“

Rolf nickte mit dem Kopf.

„Siehste… geht doch“, meinte ich und streichelte ihm kurz über sein Bein.

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