Aschenbrödels Bruder – Teil 11

Wir fuhren auseinander.

„… oh entschuldigt…, ich störe wohl grad!“

Ich schaute zu Constanze und verdrehte die Augen.

„Constanze, du weißt ja, ich liebe deinen Messerscharfen Verstand, alles in Sekunden zu erfassen!“

Sie wurde leicht verlegen. Ich griff nach meinem Handtuch und der Flasche.

„Komm Lucas, lass uns hinübergehen, bevor noch mehr ihre Aufwartung machen.“

Lucas lächelte mich an und folgte mir.

*-*-*

Ich war verwundert, dass die Schmerzen sich in Grenzen hielten. Da ich in der Academy den Verband nicht wechseln wollte, auch wenn Lucas begierig war mir zu helfen, wollte ich das Ding jetzt nur noch loswerden.
Es juckte fast überall und mein Körper schrie nach einer Dusche. So wickelte, oder zog mehr an dem Teil herum, bis ich völlig von ihm befreit war. Ich atmete tief durch und plötzlich spürte ich einen leichten Schmerz.
Ich schnappte mir eine neue Short und lief ins Bad. Dort angekommen, entledigte ich mich meines letzten Kleidungsstücks und stieg unter die Dusche. Es dauerte ein wenig, bis das Wasser wollige Wärme erreichte und über meinen Körper nach unten seinen Weg bahnte.
Ich schloss die Augen und ließ nun das Wasser über meinen Körper gleiten. Er dankte es mir, in dem er sich entspannte, naja fast alles entspannte sich. Meine Gedanken hingen plötzlich bei Lucas.
Die Berührungen waren sanft, erregend und doch stark genug, um mich ein paar Mal in die Höhe zu heben. Im unteren Bereich begann sich etwas zu regen. Ein angenehmes Gefühl, dass ich ebenso noch nicht kannte, wie die Gefühle für Lucas.
Dann dieser Fastkuss. Noch nie hatte ich einen anderen Jungen geküsst und nun war dieser Wunsch Lucas Lippen auf meinen zu spüren, extrem stark. Mit einer Hand strich ich über meine Lippen, mit der anderen über meine Brust.
Meine Gedanken fingen an, um Lucas zu kreisen bis es plötzlich an der Tür heftig zu klopfen begann.

„ Benjamin! Beeil dich, ich will auch ins Bad!“

Sabine. Mit einem Schlag war alles weg und ich stand da, wie ein begossener Pudel.

„Bin gleich fertig!“, rief ich zurück und begann mich einzuseifen.

Wenig später öffnete ich nur in Shorts die Tür.

„Wenn du fertig bist, kannst du mir den Verband helfen anlegen?“, fragte ich Sabine, die mir auf dem Flur schon entgegen kam.

„Gerne, aber da musst du dich jetzt etwas gedulden.“

„Okay…, ich creme mich ein und lege mich einfach aufs Bett, bis du kommst.“

Sie nickte und verschwand im Bad.

*-*-*

„So, dass müsste jetzt halten…“, meinte Sabine.

„Danke.“

„Deine Tabletten…“

„Habe ich genommen.“

Sabine schaute auf die Bettdecke.

„Ist was?“

„Constanze… war nicht die einzige…, die euch gesehen hat. Ich kann mir Lucas also abschminken.“

Ich konnte nicht anders und fing an zu lachen. Sabine schaute mich traurig an und wollte aufstehen. Ich griff nach ihrem Arm und hielt sie fest.

„Bleib…, entschuldige…, ich finde es nur verrückt, dass wir uns in denselben Kerl vergucken.“

Nun lächelte sie auch etwas.

„Er hat was…“, meinte Sabine.

„Da gebe ich dir Recht…, besonders die Augen.“

„Dieses Blau…“

Ich grinste von einem Ohr zum Anderen und Sabine seufzte.

„Komm schau nicht so, du wirst schon einen finden, ich versprech dir dann auch ich lass meine Finger von ihm.“

„Das will ich dir auch geraten haben.“

„Ich kann ja schauen, ob er etwas taugt.“

„… taugt Lucas was?“

Ich atmete tief durch.

„Ich weiß es nicht… Sabine… Lucas ist der erste Kerl, für den ich etwas empfinde.“

„Mein Bruder verliebt, das glaubt mir niemand.“

Plötzlich fiel sie mir um den Hals und drückte sich ganz fest an mich.

„Danke, dass es dich gibt.“

Sie ließ mich los, schaute mich noch mal durchdringend an und verließ dann mein Zimmer. Ich schaute noch eine Weile zur Tür, die wie immer seit neusten offen stand. Ich schaute zum Fenster.
Ich konnte vereinzelt Schneeflocken sehen, die dicht an der Scheibe vorbei flogen. Langsam erhob ich mich. Nicht die Rippe schmerzte, sondern wie immer meine Füße, wenn ich eine Weile getanzt hatte.
Ich schaute zum Fenster hinaus und sah, wie der Schnee eine leichte Puderzuckerschicht über den Boden legte. In der Nachbarschaft konnte ich die ersten Weihnachtsbeleuchtungen sehen. Wir hatten uns in den letzten Jahren, daran nie beteiligt.
Ich griff nach meiner großen Strickjacke und zog sie über. Barfuß wie ich war verließ ich mein Zimmer, tapste die kalte Steintreppe hinunter. Den kühlen Stein empfand ich jetzt mehr als eine Wohltat.
Ich lief zum Wohnzimmer und öffnete die Tür. Wie vermutet, saß meine Mutter auf dem großen Sessel vor dem Kamin. Seit dem Streit mit meinem Erzeuger, war sie gegen ihre Gewohnheit jeden Abend zu Hause.

„Darf ich dich stören?“

Etwas aufgeschreckt schaute sie mich an.

„Ich habe dich gar nicht gehört. Komm herein, ist alles in Ordnung? Hast du Schmerzen?“

„Nein, alles in Ordnung“, antwortete ich und schloss hinter mir die Tür.

Ich ließ mich in den anderen großen Sessel nieder und schaute zum Feuer, dessen mollige Wärme, ich auf meinem Gesicht spürte. Dann blickte ich wieder zu Mum, die ebenso auf das Feuer starte.

„Darf ich dich etwas fragen?“

„… ähm ja?“

„Warum wird das Haus vor Weihnachten nie geschmückt?“

„Wir haben doch jedes Jahr einen Weihnachtsbaum.“

„Ja, aber den Rest… Kerzen, etwas im Fenster, oder draußen im Garten.“

Sie hob ihre Augenbraun.

„Dein Vater hielt das für unnötig…, wir waren selten zu Hause, also für was braucht man das.“

„Ja… Vater ist… nicht mehr da, aber wir schon. Könnten wir morgen Mittag zusammen losziehen, uns ein Paar Sachen besorgen und es hier gemütlicher machen?“

„Meinst du?“

„… Moment…“

Ich erhob mich, verließ das Wohnzimmer und stellte mich an die Treppe.

„SABINE!“

Wenige Sekunden später erschien Sabine an der Treppe oben.

„Benjamin, ist etwas? Hast du wieder Schmerzen?“

„Nein…, hast du kurz Zeit und könntest herunter kommen?“

„Öhm ja, was willst du denn?“

„Komm ins Wohnzimmer zu Mum und mir.“

„Okay…“

Sie kam die Treppe hinunter und folgte mir ins Wohnzimmer. Während ich mich auf die Lehne bei Mum setzte, ließ sich Sabine auf den Platz im Sessel fallen, den ich vorher besetzt hatte.

„Sabine, was hältst du von der Idee, dass Haus und vor dem Haus etwas weihnachtlich zu dekorieren?“

„Öhm… ja, würde mir gefallen, aber das haben wir doch noch nie gemacht.“

Ich stand auf und stellte mich zwischen Mum und Sabine.

„… es wird sich ja jetzt wohl… einiges ändern…“

Beide schauten mich traurig an.

„Warum…, warum ändern wir dann einfach etwas, damit es uns besser geht?“

„Junge, wo hast du plötzlich diesen Elan her? Bisher warst du immer so ruhig und zurückgezogen.“

„Er ist verliebt“, kicherte Sabine.

Ich strafte sie mit Blicken.

„Danke auch…“

„… darüber… haben wir uns… noch gar nicht unterhalten“, meinte Mum.

Ich setzte mich dieses Mal zu Sabine.

„Es tut mir Leid, Mum…“

„Junge, du musst dich nicht entschuldigen!“

„Es ist… es ist irgendwie selbst für mich noch neu. Mein Kopf ist ein wirrwarr und ich weiß selbst noch nicht was kommen wird.“

„Benjamin, egal was ist, du kannst jederzeit zu mir kommen.“

„Das gilt für mich auch“, meldete sich Sabine zu Wort.

Ich lächelte beide an.

„… und was meinte Sabine jetzt mit du bist verliebt?“

Mist! Sabine fing wieder an zu kichern. Ich spürte die Wärme im Gesicht, die aber nun sicher nicht vom Kamin kam, sondern das Blut, dass in Windeseile in meinem Kopf schoss.

„ähm… ja… ich… man… ach ich weiß auch nicht.“

Nun kicherten beide und ich wünsche mich ins nächste Mauseloch. Da fiel mir wieder der eigentliche Grund ein, warum ich herunter gekommen war.

„Sabine, was machst du morgen Mittag?“

„Ähm, ich wollte mich mit meinen Freundinnen treffen und shoppen gehen.“

„Könntest du das verschieben und mit Mum und mir shoppen gehen?“

„Ähm… du und shoppen?“

„Ja, ich weiß, aber zur Verschönerung dieses Haus, opfere ich mich freiwillig.“

„Hört, hört, mein Sohn sprüht ja voll Hingabe.“

„Okay, dann ist das ausgemacht!“, lächelte ich.

*-*-*

Wenn ich gewusst hätte, dass ich der Packesel der Familie war, hätte ich mir das mit dem Shoppen noch mal überlegt. Mum und Sabine waren ja regelrecht im Kaufrausch. Da war die Idee mit dem Kaffeetrinken gerade recht.
Ich stellte die Tüten alle auf der Bank ab und ließ mich daneben fallen. Die beiden standen an der Theke und gaben ihre Order an. Sabine kam dann zu mir und setzte sich, während Mum immer noch in der Nähe der Kasse stand und mit der Kassiererin diskutierte.

„Einen Moment bitte“, hörte ich sie sagen, dann kam sie zu uns.

„Kinder…, meine Geldkarte funktioniert nicht mehr, habt ihr etwas Geld?“

Nickend zog ich mein Geldbeutel hervor und reichte ihn ihr. Wieso funktionierte ihre Karte nicht mehr?

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