Schneemann – Teil 3

Etwas Warmes fiel auf meinen Bauch und ich öffnete meine Augen. Ganz orientierungslos schaute ich mich um. Die ersten warmen Strahlen der Sonne fielen durch das Fenster direkt auf unser Bett. Jetzt – Anfang Februar – schien das Wetter mit uns zu sein, denn seit einigen Tagen war es immer sonnig draußen gewesen, gut noch Saukalt – aber trocken. Dann erblickte ich meinen Schatz an meiner Seite. Er hatte seine Arm quer über meinen Bauch gelegt uns schlummerte friedlich vor sich hin. Er schien schönes zu träumen, denn er lächelte etwas. Er sah aus wie ein Engel.

Sein Harr schimmerte etwas gülden, in der Sonne. Ich blickte über ihn hinweg zu dem Wecker auf seiner Seite, es war fast Neun an diesem Mittwoch, Zeit um sich der harten Realität des Schulalltags zu stellen. Hans »wohnte« nun schon seit eineinhalb Wochen bei mir. Wohnen konnte man es nicht nennen da er fast nur übernachtete, tagsüber war er in der Schule – so wie ich – oder passte daheim auf die elterliche Wohnung auf. Seine Eltern hatten sich zu Weihnachten eine vierwöchige Urlaubsreise auf die Malediven gegönnt und Hans war – seit deren Abflug – abends immer bei mir. Mein Schatz regte sich etwas an meiner Seite.

« Guten Morgen! » flüsterte ich ihm zu und gab ihm einen Kuss und noch einen und … bis er reagierte.

« Guten Morgen, Tommi. Warum holst Du mich aus dem Reich der Träume? »

« Weil die Realität ruft, Hans, es ist gleich Neun. »

« Bähh, ich will nicht zur Schule. »

« Ich im Prinzip auch nicht, doch wir müssen. Aber wenn Du jetzt schön brav aufstehst, machen wir uns noch ein urgemütliches Frühstück. Was hältst Du davon, Babe ? »

« Hört sich viel versprechend an, außerdem ein Tag mit Dir – mon Cher – zu beginnen ist der Mühe schon Wert. Machst Du Kaffee oder Tee? »

« Wie Du möchtest, ich mache Tee für Dich und Kaffee für mich! »

« Nee, lass mal. Ich nehme auch Kaffee. »

Einmal noch berührten sich unsere Lippen zu einem innigen Kuss und dann konnte der Tag beginnen.

« Hey Tommi, in der engen Short siehst Du richtig sexy aus…! »

Ein prüfender Blick und meine Gesichtsfarbe änderte sich in Bruchteilen einer Sekunde in Tomatenrot… *g*

Ich ging aus dem Zimmer in die Küche und bereitete den Kaffee vor, versorgte meinen Papagei. Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, zog ich mir eine Jogginghose und ein Sweatshirt über und stiefelte die drei Etagen hinab um die Zeitung zu holen. Als ich an Doc. Hausach’s Wohnung im ersten Stock anlangte, kam mir dieser mit etwas viel Schwung entgegen. Er prallte mit seiner Breitseite voll auf mich drauf. Es war zum Glück nur ein leichter Schubs den er mir versetzte und mich etwas aus der Bahn warf aber nichts Weltbewegendes.

« Morgen Doktor, nicht so stürmisch heute. » ich sagte dies lachend zu ihm.

Doch er schaute mich nur kurz an und entschuldigte sich und machte dass er fort kommt. Komisch, sonst hat er doch immer einen Smalltalk gehalten. Es schien wohl etwas Wichtiges zu sein. Ich zuckte nur die Schultern und ging nach oben.

Ich legte die Zeitung auf die Anrichte und verschwand ebenfalls ins Bad. Hans rasierte sich gerade als er mein Spiegelbild erblickte.

« Sag einmal Thomas, hast Du ein Geist gesehen oder bist Du noch immer verlegen wegen vorhin? »

« nein und fast Hans… » ich erzählte ihm von dem Vorfall im Treppenhaus.

« Ist zwar etwas ungewöhnlich, gerade bei Felix, den Schwätzer, aber mach dir da keine Gedanken. Ist sicherlich ein Notfall zu dem er gerufen wurde. »

« Hans, Du hast sicherlich recht… » ich zog mich aus und stieg unter die Dusche.

« Hans, machst Du für mich auch ein Toast? »

« Ja ! » Dann hörte ich nur noch das Wasser rauschen.

Ich war gerade beim rasieren, als ich Thomas im Spiegel erblickte. Er wirkte so abwesend, das es schon ein Blinder bei Sonnenfinsternis gesehen hätte. Ich fragte ihn, ob der einen Geist gesehen habe und er berichtete mir einem Vorfall im Treppenhaus mit Doc. Hausach. Ich erwähnte, dass es sicherlich ein Notfall sei wo er so schnell hin müsse und er sich da keine Gedanken machen sollte. Ich machte mir natürlich auch so meine Gedanken, seit Weihnachten, wo ich Felix kennengelernt habe, wirkte dieser immer ausgeglichen und hat eigentlich immer mit uns geschwätzt. Also kurz angebunden kannte ich ihn wirklich nicht. Dennoch hatte ich so eine Ahnung, warum mein Tommi diese Begegnung beunruhigte, Doc. Hausach ist Kinderarzt und macht im Krankenhaus normalerweise kein Notdienst, mit einer Ausnahme: Der Notfall ist ein Kind oder Jugendlicher!

Ich ging zurück in unser Zimmer, zog mich an und bereitete dann in der Küche den Rest des Frühstücks vor. Ich muss unbedingt mal mit Thomas sprechen, die Arbeitsteilung ist irgendwie nicht gerecht. Ich meine er macht den Kaffee und oder den Tee, ich dagegen decke den Tisch, hm irgendwie ungerecht!

Xavier saß in seinem Bauer und schob sich gerade ein Stück Apfel rein. War schon interessant zusehen, wie der kleine Kerl, auf einem Bein die Balance und mit dem Anderen das Futter hielt.

Ich holte den Toaster aus dem Schrank und legte schon mal vier Scheiben Brot hinein. Thomas sprach ja davon, das ich ihm ein! Toast machen sollte, also ließ ich sein Müsli im Schrank. Ich wohnte ja gerade mal zehn Tage bei ihm und ich fand unser Timing konnte sich schon sehen lassen, der Toaster schnappte und Thomas kam zur Tür hinein. Er bedankte sich bei mir, weil der Tisch schon fix und fertig war, er gab mir als Belohnung ein Kuss und strupelte durch mein frisch gestyltes Haar (na gut, da konnte er nichts kaputtmachen, weil ich mein Haar kurz trage und nur ‘Handtuchstyling’ praktiziere *g*. Ich deutete ihm sich zu setzen. Nahm die Kaffeekanne und schenkte uns ein, dann setzte ich mich neben ihm. Er lächelte mich seltsam an, so als ob er eine Entscheidung getroffen hatte, denn das hatte ich schon öfters bei ihm gesehen. Er verlangte die Schokocréme, als er sein Toast mit Butter präpariert hatte, das war absolut ungewöhnlich, da er eine Allergie gegen Kakao hatte. Ich fragte noch ob er ganz sicher sei und er nickte. Als er dann fertig war, gab er mir den Toast und überraschte mich…

« Hey, du bist ja schon mit dem Tischdecken fertig, Hans. Danke Schatz. » Hans war wirklich flott – oder ich trödele *g*.

Jedenfalls bekam er erst einmal ein Dankeschönkuss von mir und ich strupelte ihn dabei durch sein Haar. Er deutete mir mich zu setzten und schenke uns Kaffee ein, dann setzte er sich neben mir. Ich nahm ein Toast und schmierte mir Margarine darauf, dann suchte ich das Glas mit der Schokocréme. Ich wollte Hans ein Schokocrémetoast machen, weil ich ihn etwas Wichtiges fragen wollte.

« Gibst Du mir bitte mal die Schokocréme? »

« Bitte, Thomas… aber bist Du dir sicher? »

« Hundert Pro! » ich nahm das Glas entgegen und machte die Schnitte fertig.

Mein Schatz hatte nichts Besseres zu tun als mir dabei zu zusehen, danach reichte ich ihm die fertige Scheibe.

« Bitte für Dich, Babe! » ich strahlte ihn an.

Ich hatte die Entscheidung getroffen, mit Hans zusammen zu ziehen!

« Hans, könntest Du dir vorstellen bei mir zu wohnen? »

« Danke! Wieso mach ich doch schon? »

« Nein, ich meine Richtig. So ein gemeinsamer Haushalt, nicht nur für ein paar Tage ! »

Hans verschluckte sich fast an einem Bissen und schaute mich mit großen Augen an, dann machte es bei ihm ‘klick’ und seine Augen begannen zu leuchten.

« Du meinst es ernst? »

« Nein, mein Großer, ich nehme dich nur gehörig auf den Arm und breche mir dabei ein ab… Sicher mein ich es Ernst. Hans du bist mein Glück und ich liebe Dich. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen als mit Dir zusammen zu Leben. »

« Ich weiß nicht was ich sagen soll…. »

« Sag einfach »Ja!« »

Tat er natürlich nicht, ich meine einfach ja sagen, nein er beugte sich zu mir hinüber und küsste mich…

« Ich interpretiere dieses mal als deine Zustimmung! »

« Ja, Tommi ! » und er wischte sich eine Träne aus den Augenwinkel. Dann hüllte er sich für einen Moment in Schweigen.

« Thomas, wie lange denkst Du schon darüber nach? Ich meine so wie ich dich bisher kennengelernt habe, brichst Du ‘große’ Entscheidungen nicht übers Knie. »

« Also, Hans, ganz so lange noch nicht. Am vergangenen Wochenende sprach Felix mich darauf an, ob die Wohnung für uns noch ausreichend ist. Er deutete an, das er gerne ein ‘abgeschiedenes’ Bureau hier einrichten möchte. »

« Wieso Felix ? »

« Na weil er unter anderem mein Vermieter ist. »

Ich biss von meinem zwischenzeitlich erstellten Erdbeerkonfitüren – Toast ab.

« Da habe ich ihn auch gleich gefragt, ab wann es für ihn aktuell sein wird. Er meinte spätestens zum Sommer, jedoch wäre er auch gerne etwas früher hier drin. » dabei deutete ich auf meine kleine Wohnung. « Ich möchte nun deine Meinung dazu wissen, da ich diese Angelegenheit ja nicht für mich alleine entscheiden will. »

« Also, ich würde mich echt freue, mit Dir zusammen zu leben. Ich meine, in den letzten Tagen – besonders wenn ich alleine daheim bin – ich freue mich auf den Abend, wenn ich weiß das ich wieder hier sein kann… Thomas, Du fehlst mir einfach! »

Konnte es sein, das ich rot wurde, zumindest fühlte es sich so an. Gut, ich bekomme ja auch nicht jeden Morgen eine Liebeserklärung zwischen Kaffee und Toast serviert. Ich legte meine Hand auf Hans’ und streichelte sie, wir sahen uns verträumt an.

« Schatz und wie geht es nun weiter? »

« Hm… » ein leichtes grinsen zog durch mein Gesicht, « ich denke wir räumen auf und machen uns auf den Weg?! »

« Arsch ! »

« Gern geschehen, aber wir sollten jetzt nichts übers Knie brechen. »

« Mann, Du bist ja sooooo Vernünftig. »

Die Worte trieften vor Ironie, aber das mochte ich an Hans. Er hatte ein Gespür dafür wann es ernst war und wann spaßig. Zusammen stellten wir das Geschirr in die Spülmaschine und anschließend verzogen wir uns. Ich für mein Teil ging noch mal ins Bad, um die Zähne zu putzen. Eine Viertelstunde später verließen wir die Wohnung, draußen war es – obwohl der Himmel Azur war und die Sonne schien – s…kalt. Ein Grund für mich eine Hand in die Tasche von Hans’ Jacke zu stecken, seltsamerweise traf ich dort meist auf eine Andere.

« Guten Morgen Jungs » quäkte eine Stimme von der anderen Straßenseite herüber.

« Guten Morgen Frau Schmidhuber » begrüßten wir unsere Nachbarin.

Frau Schmidhuber hatte uns am Weihnachtstag zusammen Händchen haltend durch die Strasse schlendern sehen und ihre Meinung über uns als Paar, war sicherlich nicht die Selbstverständlichste. Seit Hans ihr beim Schneeschippen mal geholfen hat und sie ihn ‘ausfragen’ konnte, akzeptierte sie uns. Wie Hans mir später erklärte, hatte sie ihr ‘Bild’ von Homosexuellen aus den Talkshows und konnte sich nur schwer Vorstellen, das es da auch etwas anderes geben könnte.

« Schönes Wetter heute, gelle? »

« Ja, sagt mal Jungs, ist der Doktor noch da ? »

« Nein, Herr Hausach ist schon weggefahren. »

« War es was Dringendes, Frau Schmidhuber? »

« Nein, nicht so wichtig! »

« Dann wünschen wir ihnen noch einen schönen Tag, Frau Schmidhuber. »

« Ja, ja macht mal das ihr zur Schule kommt… »

Hans lächelte mich an, beim weitergehen.

« Ja, Thomas, wie geht es denn nun weiter. Ich meine Wohnungsmäßig? »

« Ich denke wir sollten uns über einige Dinge im Klaren werden. Da wäre zuerst einmal wie soll die Wohnung aussehen, dann was können wir uns leisten. Ich bekomme zwar ein guten ‘Unterhalt’ von der Stiftung, aber damit muss ich haushalten. So sehe ich die Sache. »

« Ich denke mal, das meine Eltern mich finanziell unterstützen werden und dann kann ich ja auch noch jobben! »

« Wenn dabei nicht die Schule zu kurz kommt, mein Lieber. Übrigens wir sind da! Sehen wir uns zur Pause? »

« Ja ! »

Bevor wir uns trennten, um unsere Klassenräume aufzusuchen, gab ich meinem Schatz schnell noch ein Bussel. So gestärkt gingen wir voller Tatendrang an Alltag an. Hans hatte jetzt Geschichte, während ich mich mit einer Kurvendiskussion beschäftigen durfte. Ist eigentlich jemanden schon mal aufgefallen, das es dabei sicherlich nichts zum Diskutieren gibt und bei der Präsentation der Resultate alle das gleiche herausbekommen sollten? Fast, mein Ergebnis lag Meilenweit davon entfernt. Sagen wir mal so, ich hatte in diesem Fach eine sichere Zwei, doch hierbei machte wirklich eine schlechte Figur…

« Thomas, wie ich sehe hast Du noch Schwierigkeiten mit dieser Thematik! »

Herr Schneider, mein Mathelehrer ging durch die Reihen und schaute jedem bei der Lösungsfindung über die Schultern. Ich schien schon im Ansatz etwas falsch gemacht zu haben und er deutete mit dem Finger auf eine Gleichung. Ich schaute ihn an und er lächelte mich aufmunternd an, so nach dem Motto »denk noch einmal nach und gib nicht auf«. Ich war mir sicher, dass ich gleich meine Lösung an der Tafel präsentieren durfte und sah mir diese Geschichte noch einmal an und erkannte, das ich in der Ableitung etwas vergessen hatte. Herr Schneider nickte. Dann ging er zum nächsten Schüler, auch hier sprach er einige Worte. Sie schienen aber nicht besonders anzukommen, denn Herr Schneider ging weiter und schüttelte nur den Kopf. Ich schaute noch einen Augenblick zu den Jungen hinüber bevor ich mich wieder mit meinem Problem beschäftigte. Es dauerte auch noch eine weile, bis der erlösende Pausengong ertönte.

« Halt! » sprach der Mathelehrer, als die ersten Schüler schon ihre Sachen wegpacken wollten.

« Bevor ihr alle nun vor Langeweile sterbt oder euer Gehirn mit anderen Sachen ruiniert, macht doch die Aufgaben auf Seite 98ff. Wir sehen uns dann am kommenden Montag wieder. »

Damit war sein Unterricht beendet, fast…

« Thomas, kommst Du mal her? »

Ich glaube nicht, dass er ein »Nein« akzeptiert hätte. Also ging ich zum Pult.

« Thomas, ich weiß, das Du ein guter Schüler bist und diese ganze Geschichte um Differentialrechnung und Kurvendiskussion ist nicht so ganz ohne. Wenn Du Hilfe brauchst, in der 11B gibt es einen Schüler – Mathias – mit dem kannst Du ja mal sprechen. »

« Danke Herr Schneider. Darf ich? »

« Es ist deine Pause, mach dich von dannen… » grinste er mir zu und schaute zur Tür.

Dort stand Hans und wartete schon auf mich.

« Na, was wollte er? »

« Er hat mir ein Tipp gegeben, Hans. Ich komme mit der Thematik in Mathe nicht so zurecht und mein Gefühl sagt mir, das ich die nächste Arbeit in den Teich setzten werde. Sag mal kennst Du einen Mathias, der soll bei Dir in der Klasse sein? »

« Ja, ein eher stiller Kerl, scheint ganz nett, er ist unser Mathe- und Physikgenie. Manche von meinen Mitschülern mobben ihn als Streber. Ich denke aber, dass ihm diese ganze Sache nur Spass macht, denn in drei anderen Fächern sieht es bei ihm nicht so rosig aus. Ansonsten habe ich mit ihm nicht sehr viel zu tun. Komisch, jetzt fällt mir erst auf, dass ich meine Mitschüler gar nicht so richtig kenne… »

« Glaubst Du, dass er mir Nachhilfe geben könnte? »

« Da musst Du ihn selber fragen. Komm, wir gehen ihn mal suchen, sicher ist er auf dem Pausenhof. »

Wir gingen hinaus und hielten nach Mathias Ausschau! Hans entdeckte ihn bei der alten Birke, auf eine Bank sitzen und die Sonne genießen.

« Hi Mathias » begrüßte ich ihn.

« Hi ! »

« Du genießt die Sonne? »

« Nicht direkt, Thomas. Ich mache so eine Art Selbstversuch! »

Also Humor schien er ja zu haben.

« Darf ich dich in deinem Experiment mal stören, Mathias? »

« Wenn es sich nicht vermeiden lässt, was möchtest Du? »

« Ich habe gehört, das Du in Mathe fit sein sollst und da hapert es bei mir… » ich erzählte ihm von der Unterredung mit Herrn Schneider.

« Hm, könnte ich machen, nur… » er unterbrach sich.

« Was nur? » hakte ich nach.

« … nur gebe ich Schwanzlutschern keine Nachhilfe! » ein hämisches Grinsen zog über sein Gesicht.

Das saß, ich schaute zu Hans hinüber, der mich zornesrot anstarrte. Jetzt nur nicht die Fassung verlieren, lautete die Devise. Bevor ich etwas sagen konnte, hörte ich Hans schon wieder im ruhigen Ton reden.

« Ja, Mathias, es ist Deine Entscheidung. » ein teuflisches Grinsen machte sich auf dem Gesicht meines Freundes breit. « Komm Thomas, lassen wir ihn sein Experiment fortführen. Ich denke, dass wir auf seine Hilfe verzichten können. Ich könnte ja mal Frau Simon vom physikalischen Institut der Uni fragen, sie kennt sicherlich einen Studenten, der Nachhilfe in Mathe gibt. »

Wir drehten uns zum gehen um.

« Du kennst Frau Simon? » hörten wir Mathias noch aufgeregt fragen, doch reagierte Hans nicht mehr darauf.

« Wer ist Frau Simon, Hans? »

« Frau Simon, ist die Leiterin des physikalischen Institut der Uni. Sie hat ihre Doktorarbeit über »die Materialsicherheit in der Luft- und Raumfahrt, bei intensiver Strahlungsbelastung im All« geschrieben und arbeitet seit ihrer Habilitation, eng mit der ESA zusammen. Sie war damals bei der D2 – Mission, eine der Leiterin für die physikalischen Experimente. »

« Und woher kennst Du sie? »

« Mein Paps spielt im gleichen Schachclub wie Frau Simon und daher kenne ich sie auch. »

« Und was hat unser homophober Mitschüler…? »

« Mathias? » ich nickte Hans zu.

« Mathias, interessiert sich eben für die Luft- und Raumfahrt. Doch so wie es scheint, wird er nie soweit kommen, denn eines der Fächer, in denen er schlecht abschneidet ist Englisch. Mathe und Physik alleine, nutzen in diesen Bereich nichts, wenn er sich nicht verständigen kann. Er sieht seine Felle davon schwimmen, wenn Frau Simon das erfahren würde. Hier – in dieser Gegend – gibt es keinen Weg an sie vorbei, wenn man Physik studieren will. »

« Und willst du es ihr sagen? » Hans schaute mich entgeistert an.

« Nö, warum sollte ich. Es geht mich doch nichts an, nur weiß das Mathias nicht… » grinste er, « außerdem, wird sie es sicherlich selber merken wenn er hier studieren sollte. »

Ich knuffte, meinem Hans in die Seite – ganz vorsichtig natürlich – doch ich hatte ja immer noch das Problem in Mathe.

« Hans und was mache ich jetzt? Ich meine das Problem Mathe besteht ja noch immer. »

« Gibt es bei Dir in der Klasse keinen der dir helfen könnte? »

« Hm, da gibt es noch jemanden… » murmelte ich vor mich hin.

« Und was ist mit ihr oder ihm? »

« Es ist ein ‘Er’ – Alexander – mit Namen. Der scheint auch einige Probleme damit zu haben, wenn wir zusammen lernen könnten… Hans das könnte sogar funktionieren, nur wie bekomme ich ihn dazu mit mir zu büffeln! »

« Thomas, du sprichst in Rätsel. Wo liegen die Schwierigkeiten? »

« Alexander – Hans – ist in unserer Klasse ein Arschloch. Hackt auf jeden und alles herum. Ich denke der könnte sein Abi locker schaffen, doch er eckt immer an und versaut sich seine Chancen. Er meidet mich, seit er weiß dass ich Schwul bin. Wie soll ich da mit ihm ins Gespräch kommen? »

Hans grinste mich an, mit dem schönsten Potwallächeln der Welt.

« Thomas, ich sehe Du hast dir schon ein Schlachtplan zu Recht gelegt und so wie ich das sehe, ist Alexander heute Nachmittag bei Dir und ihr lernt Mathe… »

Ich muss einfach aufpassen, Hans scheint mich doch schon besser zu kennen als ich dachte. Aber das ist auch nicht verwunderlich, in den sechs Wochen, die wir nun zusammen sind, sprechen wir abends meist noch über den Tag und vor allem auch über unsere Gefühle und Ängste.

Ich hatte tatsächlich eine wage Idee wie ich zumindest mit Alexander ins Gespräch kommen konnte, ich musste nur etwas zu spät kommen. Der Pausengong ertönte wieder und es begab sich eine Karawane in Richtung der Klassenräume…

« Hans sehen wir uns gleich im Schulcafé? »

« Ja, Thomas ! »

« O.K. Hans, ich komme wahrscheinlich etwas später. »

« Ich werde auf dich warten, Tommi. »

Unsere Wege trennten sich.

« Schön, das sie auch noch kommen Thomas. » Frau Krause grinste in die Runde.

« Sie wissen ja Frau Krause, ab einem bestimmten Alter ist man halt nicht mehr so flott… » lächelte ich seelenruhig zurück, « … wie Sie Frau Krause, an ihnen geht die Zeit ja spurlos vorbei … »

Ich denke ich sollte mal die Biolehrerin beschreiben, Frau Krause ist so um die fünfzig, etwas rundlich und kommt im gestreckten Zustand so auf 1.60 m. Ihr Markenzeichen ist ihr Humor, den sie an den Tag legt. Frei nach dem Motto, wer austeilen kann muss auch einstecken können, kann eine humoristische Antwort sie auch nicht schocken. Das einzige Problem dabei ist: sie behält meist die Oberhand und das letzte Wort.

« Genug geschleimt, mein ach so alter Schüler, aber bevor ihre ach so müden Knochen einrosten, wie wäre es denn damit, das sie mal ein kurzes Statement zur letzten Unterrichtseinheit abgeben? »

« Sie sehen nicht so aus, als ob sie ein »Nein« akzeptieren würden, Frau Krause? »

« Werde ich ablehnen, also schießen sie mal los Thomas. Ich gebe ihnen sogar noch eine Tipp ‘Pflanzen’! »

Gut fing ich mal an. Nicht das es da viel zu sagen gibt, Frau Krause wollte immer eine kleine Zusammenfassung, worüber wir gesprochen haben und in der letzten Stunde hatten wir mit den Pflanzen begonnen… dennoch hatte ich einige geplante Lücken aufzuweisen…

« Na Thomas … » meldete sich Alexander zu Wort. « … haste da nicht etwas ausgelassen? »

« Na dann unterstützen sie ihn Alexander! » Frau Krause ist schon O.K. und soviel zum Thema dazwischenschwätzen.

Alexander, ergänzte wirklich meine Lücken vollständig und fügt auch einiges hinzu, wo ich dachte dass dies nicht zum Thema gehörte.

Mein – sorry – unser Statement verlief zu aller Zufriedenheit und schon wieder grinste unser Biolehrer von einem Ohr zum anderen.

« Das habt ihr recht gut gemacht Jungs, mein Kompliment Alexander und auch dir Thomas. Und da ihr schon so gut im Team arbeitet, möchte ich, dass ihr euch das Thema »Zellteilung« zugute führt. Euer Referat erwarte ich, in anbetracht von Thomas’ Alter, in drei Wochen. Schön das wir da einer Meinung sind. So weiter im Unterricht… »

Wir schauten uns – unter uns gesagt – saublöde an. Doch ich hatte mein Ziel erreicht mit Alexander ins »Gespräch« zu kommen.

Der Unterricht, verging wie alle Stunden bei Frau Krause, recht schnell und schon ertönte der Gong zur Pause.

« Thomas ! » rief Alexander etwas abschätzig in den Raum.

« Ja, was gibt es Alexander? »

« Da hast Du mich ganz schön rein geritten … »

« Soweit ich mich erinnern kann, hattest Du etwas an meiner Zusammenfassung auszusetzen… »

« Punkt für Dich … » er konnte sogar lächeln. « … und nun ? »

« Ich schlage vor, wir setzen uns zusammen und besprechen das mal in Ruhe. » ein nicken seinerseits bestätigte meinen Vorschlag.

« Alexander, da habe ich noch etwas! » jetzt schaute er mir direkt in die Augen.

Mir ist noch nie Aufgefallen, dass er grüne Augen hat und sein Blick schien mir etwas unsicher zu sein.

« Du hast heute Morgen ja mitbekommen, dass es in Mathe bei mir nicht so dolle aussieht und da wollte ich Dich fragen, ob Du mir da auf die Sprünge helfen könntest? »

Jetzt schaute er mich verblüfft an.

« Thomas, hab ich das gerade richtig verstanden, Du fragst mich – mich Alexander – ob ich Dir in Mathe helfe? »

Ein rascher Blick um uns herum. Kein anderer Schüler mehr da.

« Ja, Du hast richtig gehört. Ich habe so das Gefühl, das es bei Dir auch ein paar Komplikationen gibt. » er wusste, dass ich auf das Gespräch mit Herrn Schneider anspiele.

« Gut, ich möchte noch ins Café, kommst Du mit? »

« Ja, dort treffe ich mich mit Hans und wahrscheinlich auch mit Peter und Kathrin. »

Jetzt dachte ich, er macht die Biege, es war ein offenes Geheimnis an der Schule, das Hans und ich zusammen waren. Dem schien aber nicht so, er ging lässig neben mir her und beobachtete mich wohl aus den Augenwinkel. Ich tat übrigens gleiches. Im Schulcafé besorgten wir uns das Nötigste zur Verköstigung, dann schaute ich mich um und sah Peter in einer ruhigen Ecke des Cafés sitzen, noch schienen sie uns nicht gesehen zu haben.

« Hi, Leutchen » meldete ich mich am Tisch angekommen und Alexander im Schlepp.

Kathrin schaute uns mit großen Augen an.

« Was will der denn hier? » zischte Kathrin Alexander an.

Doch Hans sprang in die Bresche, er spürte, dass es wohl nicht ganz ohne Komplikationen abgehen würde…

« Hallo, ich bin Hans, wir kennen uns ja noch nicht. » und er reichte ihm die Hand.

Alexander, welcher sich schon nach einem anderen Tisch umsah – seine Reaktion auf die ablehnende Haltung von Kathrin – gab Hans die Hand. Ich glaubte Enttäuschung und Frustration in seinem Gesichtsausdruck zu sehen, doch bin ich mir da nicht so sicher.

« Hi, ich bin Alexander. » ertönte es eingeschüchtert, etwas seltsam die Situation. Schließlich kannten wir ja nur den ‘Vorwitzigen Alexander’ doch auch hier hatte mein Freund etwas parat.

« Ehm, ist nett Hans, aber könntest Du mich wieder los lassen? »

« Ups, ja natürlich, ich vergesse mich immer so leicht… » Hans spielte echt super mit und meistere die gespannte Situation hervorragend.

« Setze Dich doch zu uns, Alexander! » forderte Hans ihn auf, « Thomas schleppt dich ja nicht ohne Grund an. »

Hans meinte das ehrlich und überging lächelnd einen anfliegenden Protest von Kathrin. Aber er ließ auch nicht aus, dass er mein Freund ist und machte es in der kleinen Gruppe sehr öffentlich, indem er seinen Arm um mich legte, als ich mich neben ihm setzte.

« Ich hoffe Du hast keine Probleme damit, das ich mit Thomas zusammen bin, Alexander? »

« Ehm, nein… also… ich… ich… » stotterte Alexander vor sich hin. Es war mal schön ihn sprachlos zu sehen. *g*

« Lass mal gut sein, Alexander. Dass ich Schwul bin, weißt Du ja schon länger und dass Hans mein Freund ist, denke ich, macht dir auch keine Probleme. » zu meinem Freund gewandt, der mich richtig frisch verliebt ansah « Hans kann manchmal sehr direkt sein, wie Du – Alexander – es ja mitbekommen hast. Dafür mag ich ihn auch so. »

« Man, hör dir einer den Thomas an, » plapperte Peter « ist ja schon fast unanständig, wie er Süßholz raspelt. Alexander der ist zum Glück nicht immer so. Nicht war Kati? »

Kathrin schmollte noch, aber ihren Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien der Zorn auf Alexander so langsam der Neugier platz zu machen.

« Also Leute, Alexander ist aus zwei Gründen hier. Der erste ist ein Referat in Bio, den uns die Krause aufs Auge gedrückt hat. Der zweite ist etwas, wo ich mich gerne mal mit Alexander unterhalten möchte, nämlich unsere Matheprob’s in der Kurvendiskussion. Vielleicht läst sich ja daraus eine zwischenmenschlich freundschaftliche Symbiose entwickeln. »

Alexander lächelte etwas schüchtern in meine Richtung. Hans, er ist von Natur aus ein Entdecker- und Forschertyp, fing an Alexander geschickt in ein Gespräch zu verwickeln. Als es wieder soweit war, (hat jemand schon mal festgestellt, das Pausen einfach viel zu kurz sind) verabschiedeten sich Hans, Peter und Kathrin von uns. Am Tisch blieben nur noch Alexander und ich übrig.

« So und was machen wir jetzt? » fragte ich Alexander.

« Ich denke wir überlegen uns wie wir in Mathe vorgehen sollen und ehrlich gesagt, ich habe noch immer nicht verstanden warum Du mich gefragt hast. »

« Alexander, Herr Schneider hat mich ja nach dem Unterricht zu sich gebeten. Es scheint so, das ich wirklich etwas nicht verstanden habe. Er gab mir den Tipp, mal Mathias aus der 11B zu fragen, so Nachhilfe mäßig. »

« Und hast Du? »

« Ja, ich habe. Doch es stellte sich heraus, dass er ein homophobes Arschloch ist und mir daher nicht helfen will. Hans fragt mich anschließend ob es denn nicht noch eine Alternative gibt in meiner Klasse. Die einzige Alternative in meiner Klasse bist Du… »

« Das verstehe ich ja nicht, ich habe da doch selber Schwierigkeiten mit, Du hast doch Herr Schneider mit mir sprechen sehen! »

« … wenn Du mich nicht andauernd unterbrechen würdest, Alexander. Genau deswegen nämlich, Du hast Probleme mit der Materie in Mathe, aber es sollte schon sehr mit dem Teufel zugehen, wenn dieses genau die gleichen Prob’s sind die ich habe. Also hab ich mir gedacht, wenn wir in Mathe zusammenlernen, hat jeder etwas davon und ohne uns jetzt zu sehr zu loben, wir sind nicht die schlechtesten Schüler. »

« Du willst mich also nicht verarschen? » Alexander klang sehr skeptisch.

« Nö, ich sehe in Dir einen Mitschüler der mir und dem ich helfen kann. Es ist also auch eigennützig. Glaubst Du das funktioniert? »

« Ich sehe kein Grund es nicht auszuprobieren. Wann fangen wir an? »

« Hast Du heute Nachmittag Zeit? »

Alexander nickte nur und als er mich ansah, sah ich ein kleines funkeln in seine Augen.

« Dann lass uns losziehen, wir können zu Dir oder zu mir! »

« Zu dir, Thomas, Du wohnst ja hier in der Nähe. »

Wir schnappten unseren Müll, entsorgten diesen und machten uns auf den Weg. Unterwegs fiel mir auf, dass es sich zugezogen hat und dunkelgraue Wolken den Himmel bedeckten. Das war es wohl mit dem schönen Wetter, ging mir durch den Kopf. Ansonsten sprachen wir nicht sehr viel miteinander.

« Komm rein Alexander! » nachdem ich die Tür zur Wohnung geöffnet habe.

« Möchtest Du nicht deine Jacke ausziehen, dort ist der Garderoben – Ständer. »

« Ach, ja. » etwas zögerlich schien er noch zu sein mein Gast.

« Dann folge mir mal in die Küche, hast Du etwas gegen Tiere? » fragte ich ihn bevor wir die Küche betraten.

« Nein, wieso, hast Du ein Hund oder eine Katze? »

« Nicht ganz, einen Papagei. »

« Thomas, veräppeln kann ich mich auch alleine! » stieß er einwenig zornig vor.

« Du musst mir nicht glauben, darf ich Dir Xavier vorstellen! » und deutet mit der Hand auf den Vogel, der auf der Lampenstange meines Halogenfluters – seinem Lieblingsplatz – saß.

Als dieser mich erblickte, flog er auch schon auf mich zu und landete gezielt auf meinem Arm.

« Nicht jeder nimmt dich auf den Arm, Alexander. Möchtest Du ihn mal halten? »

« Später vielleicht, sorry Thomas. »

« Schon gut, möchtest Du Kaffee oder Tee? »

« Gegen eine Tasse Kaffee hätte ich nichts einzuwenden. »

Mit dem Papagei auf dem Arm ging ich in Richtung des Vogelbauers, den letzten Meter flog Xavier. Ich ging zum Schrank und holte die Utensilien zum Kaffee machen hervor. Da fiel mir aber noch etwas ein…

« Sag einmal Alexander, wieso lehnst Du alles und jeden ab? Ich meine, Du bist ein hervorragender Schüler und ich denke, dass Du schon ein netter Mensch bist. »

« Glaubst Du? »

« Nein, ich glaube nicht, ich weiß es. Hast Du schon vergessen, vor meinem Coming Out haben wir öfters etwas zusammen gemacht. Wir hatten einen kleinen gemeinsamen Bekanntenkreis und sind auch hin und wieder zusammen ins Kino gegangen. Danach haben wir nichts mehr Gemeinsames gemacht. »

Alexander schaute mich einfach nur an, so richtig wusste ich jetzt auch mit der Situation nichts anzufangen. Die Kaffeemaschine blubberte vor sich ihn und das war auch das einzige Geräusch. Hatte ich da jetzt in ein Wespennest gestochen?

« Wie hast Du dir das mit Mathe vorgestellt Thomas? » lenkte Alexander vom Thema ab. Gut anscheinend wollte er nicht darüber reden und so schwer mir das auch fiel, ich akzeptierte es.

« Also ich denke, wir schauen einfach mal, was jeder von uns am besten kann, bei Problemen helfen wir uns gegenseitig, wenn das nicht zur Lösung führen sollte, weiß ich mir auch keinen Rat mehr. »

Ich schaute Alexander an und er zog seine Schulten hoch, er schien noch zu überlegen wie und ob es funktionieren könnte.

« Also gut, Thomas. Dann lass uns mal loslegen. » Er kramte in seinem Rucksack und holte die Mathesachen hervor.

Wir setzten uns an den Tisch und begannen zu büffeln. Xavier schaute uns interessiert zu, ließ uns aber sonst in Ruhe. So ganz nebenbei leerten wir zwei Ladungen aus der Kaffeemaschine.

« Thomas, wie oft soll ich es Dir noch sagen… » Alexander nahm die Sache sehr ernst und ich machte wirklich immer den gleichen Fehler. Revanchieren konnte ich mich beim zeichnen der Graphen. So vergingen wohl mehr als drei Stunden. Mächtig erschraken wir, als wir eine Stimme aus dem Nichts hörten.

« Hallo, ihr beiden. Seit ihr voran gekommen? »

Hans stand auf einmal in der Küche und amüsierte sich, als wir so zusammengefahren sind.

« Ich denke schon, Hans. Was meinst Du Alexander? »

« Ich denke, wir haben uns einen guten Überblick verschafft, was Mathe anbelangt. Eines muss ich schon sagen, es macht sogar richtig Spass mit Thomas zu lernen. »

« O.K. meine lieben Leute, wie wäre es zur Feier des Tages mit TK-Pizza, ich habe mächtig Hunger? »

« Scheiße wie spät ist es denn? »

« Gleich dreiviertel Sechs! »

« Mist das schaffe ich nie und nimmer… » Alexander fuhr in die Höhe und begann hektisch seine Sachen zusammen zu suchen.

« Ich muss noch meine kleine Schwester von der Tagesmutter abholen, die erwartet mich um sechs… Das gibt sicher Ärger daheim.»

« Wohin musst Du den Alexander, ich kann dich auch mit dem Auto hinfahren, wenn Du möchtest? » bot Hans ihm an.

« Würdest Du das tun ? » in Alexanders Stimme mischte sich Hoffnung.

« Kein Problem, ich fahre Dich da hin. »

« Kann ich vielleicht auch noch etwas tun, ich könnte ja da anrufen und bescheid geben, das Du Dich etwas verspätest? »

« Danke, nein. Ich denke das bekommen wir hin. »

« Schon gut, komm wir gehen, Alexander. Thomas schiebst Du eine Pizza für mich rein? »

« Klar Schatz, mach ich und fahrt vorsichtig. Alexander, morgen in der Schule ? »

« Ja, wir sehen uns morgen in der Schule, Thomas. CU »

Damit verschwanden die beiden aus der Wohnung…

Ich holte gerade Die Pizza aus dem Ofen, als sich zwei Hände an mir zu schaffen machten. Schnell stellte ich das Blech beiseite und drehte mich zu Hans um. Lange habe ich ja drauf warten müssen, dafür war es umso schöner, als sich unsere Lippen berührten. Unsere Hände verloren sich unter den T-Shirts des anderen und es tat einfach nur gut Hans so nah zu sein.

« Na wie war es? »

« Ich bin zwar ein wenig schnell gefahren, aber wir waren rechtzeitig da. Du hättest mal sehen sollen, wie die kleine sich an Alexanders Hals geworfen und immer ‘Alex’, ‘Alex’ gerufen hat. Mensch, Thomas. Ich wurde richtig neidisch auf den Anblick! »

« Wieso, möchtest Du Alexander auch um den Hals fallen? »

« Arsch, nein. Es tat richtig weh, zu wissen, dass ich keine Geschwister habe und sich keiner so an meine Hals wirft. »

« Hans ich verstehe was Du meinst. Ich habe auch manchmal diese Gedanken. Das einzige was ich dem entgegen setzten kann ist, das ich Dich habe… » dabei streichelte ich seinen Nacken und schaute ihn ganz lieb an, « … und vieleicht ist es ja mal möglich, das wir ein Kind adoptieren können, aber bis dahin fließt noch viel Wasser den Bach hinunter. »

Hans schaute mich einfach mit glänzenden Augen an, ich wusste, dass er mich verstanden hatte und auch, das ich ihn sehr liebe.

« Tommi, mein Tommi. Ich glaube unsere Pizza wird kalt. »

« Setz Dich, der Tisch ist soweit schon fertig und lass dich mal etwas verwöhnen. »

Ich nahm die Weinflasche und schenkte uns ein.

« Auf Dich mein Schatz. »

« Auf Dich Thomas. »

…der Klang der Gläser störte die Stille im raum, die Pizza schmeckte nun noch einmal so gut. Xavier war wohl nicht sehr gut drauf – oder er wollte uns nicht stören 😉 – jedenfalls zog er sich in sein Verschlag zurück. Den Nachtisch – Mousse au chocolat für Hans, créme de vanille für mich – nahmen wir, schon mehr in einer horizontalen Position, auf der Couch ein.

« Tommi, Schatz, die Sache mit Mathias gefällt mir nicht! »

« Mir auch nicht besonders, Hans, aber ich lasse mir von so einem Arsch nicht meinen Abend verderben. Solange er ruhig bleibt, kann er mich mal… »

Hans hob an noch etwas sagen zu wollen, doch ich legte meinen Finger auf seine Lippen.

Hans nutze die Gunst der Stunde und begann langsam den Finger zu Küssen, seine Hände gingen auf Wanderschaft. Mit unseren Blicken hielten wir uns gefangen und ich verlor mich in seine glänzenden braunen Augen. Unsere Berührungen wurden zärtlicher und sanfter, doch ich empfand sie sehr intensiv.

« Komm lass uns hinüber gehen… »

Der Weg vom Wohnzimmer zu unserem Zimmer wurde von diversen Textilien gekennzeichnet, die letzten Hüllen fielen vor dem Bett. Ich begann Hans zu verwöhnen, knabberte an seinen Brustwarzen und küsste mich zu seinem Bauchnabel vor. Mein Schatz ließ sich immer mehr fallen und als ich begann sein bestes Stück zu verwöhnen traten die ersten kleinen Schweißperlen auf seinen Bauch. Sein Atem wurde immer schwerer und seine Bauchmuskeln spannten sich unkontrolliert. Bald schon spürte ich seine Explosion im Rachen und Hans entspannte sich mehr und mehr… Sanft strich ich ihm über seinen Bauch, als ich wieder neben ihm lag. Sein Arm streichelte meine Rücken und dann zog er mich sehr nah zu sich.

« Thomas, ich möchte, das Du mit mir schläfst, ich fühle das ist der richtige Augenblick. » Dabei schaute er mich sehr lieb an.

« Du weißt, dass es wehtun kann, das erste Mal? »

« Ja, ich weiß, doch Du kannst mir nicht wehtun. Tommi ! »

Er griff hinter mich und zauberte eine Tube Gel hervor. Ich nahm sie und Hans legte sich hin. Ich wollte sein Gesicht sehen wenn ich in ihn eindrang… Hans entspannte sich als es soweit war, langsam nahm er mich in sich auf und es dauerte auch nicht sehr lange. Er spürte bevor ich kam und zog mich zu sich hinunter, mit dem Kuss, drehte sich meine Welt, Hans und ich bildeten das Zentrum…

« Tommi, ich liebe Dich… » säuselte er mir ins Ohr und ich entschwand langsam in seinen und Morpheus Armen.

« Thomas, kannst Du mal kommen? » Hans rüttelte mitten in der Nacht an meine Schulter.

« Ja? » quetschte ich mühsam hervor.

« Thomas, wach auf und komme bitte mit! » In Hans Stimme lag eine gewisse Besorgnis.

« Was gibt es denn Schatz? » so langsam wachten meine Sinne auf.

« Alexander und Corinna sind hier. Wir brauchen Deine Hilfe Thomas. »

Schlagartig wurde ich wach.

« Ich zieh mir noch etwas über. »

« Danke, Thomas. Sie sind in der Küche und es sieht so aus als geht es ihnen nicht sehr gut…»

« Hallo Alex… » mir stockte der Atem, als ich in Alexanders Gesicht sah, dann wurde mir schlecht und es kostete mir einige Anstrengung mich nicht zu übergeben.

Alexanders Gesicht, hatte mehrer Platzwunden, einige bluteten noch. Sein T-Shirt, war von Blutverschmiert und ich hatte den Eindruck, das er auch noch höllisch an Schmerzen litt.

« Thomas … Corinna… kann sie bleib… » dann sackte er bewusstlos zusammen.

« Hans hol den Verbandskasten aus dem Bad, ich rufe Felix hoch… » gesagt getan. Alexander legte ich vorsichtig in die stabile Seitenlage.

Hans brachte den Verbandskasten und ich schnappte mir das Telefon und lies Felix Nummer wählen… es tute aus dem Hörer, dann drückte ich Hans das Gerät in die Hand. Der damit auch sofort auf den Flur lief um die Wohnungstür zu öffnen und im Treppenhaus Licht machte.

Ich entnahm der Kiste eine Flasche Riechsalz um es Alexander unter die Nase zu halten. Doch eine Reaktion blieb aus, aus seiner Nase begann Blut zu fließen…

« Felix ist sofort da. » informierte mich Hans

« Hans wir benötigen auch eine Rettungswagen. Es geht ihm… »

« Thomas was ? » Felix stand im Pyjama hinter mir.

Während der Doc. sich um Alexander kümmerte, sprintete Hans hinunter um den Rettungswagen zu winken.

« Alex … Alex wo bist Du? » ich drehte mich nach der Stimme um, auf der Couch saß ein kleines Mädchen, das sich die Augen rieb.

Felix nickte mir zu und ich ging zu dem Mädchen.

« Hallo Corinna, ich bin ein Freund von Alex. »

« Wo ist Alex? »

« Corinna, Alex ist sehr krank und ich glaube er wäre sehr traurig, wenn Du jetzt nicht schläfst. »

«Hat Papa Alex sehr wehgetan? »

Ich schaute zu Felix, sein Gesicht war fad…

« Das kann der Onkel Felix nicht sagen, wir werden gleich Alex ins Krankenhaus bringen und morgen wenn Du ausgeschlafen bist, besuchen wir ihn. Ja Corinna? »

Ich wusste nicht ob sie mich verstanden hatte, doch sie legte sich hin und machte ihre Augen zu. Ich strich ihr noch ein paar Mal über das Haar, dann schlief sie wieder.

Hans brachte die Rettungssanitäter und den Notarzt mit, Felix nickte ihm zu und wechselte einige Worte mit ihm. Dann ging alles sehr schnell, der Notarzt schnitt ihm das T-Shirt auf und setzte zwei Elektroden an Felix setzte ihm eine Spritz mit einer klaren Flüssigkeit. Bis auf dem Notarzt entfernten sich die anderen und kurzzeitig bäumte der leblose Körper sich auf. Der Arzt wiederholte es noch einmal und dann schien er eine Reaktion wahrzunehmen. Alex wurde auf eine Trage befestigt und die Sanitäter brachten ihn zum Rettungswagen. Der Notarzt folgte ihnen. Felix, blieb bei mir.

« Thomas, kannst Du mir sagen wer das war und was passiert ist ? »

« Ich musste zur Toilette, Felix und da klingelte es. Ich bin dann hinunter und da stand Alexander vor der Tür. Er trug nur das T-Shirt und hielt seine kleine Schwester an der Hand. Ich bat ihn herein und weckte dann Thomas. Er schickte mich los, Dich zu holen und den Rettungswagen zu alarmieren. Den Rest kennst Du ja… » berichtet Hans kurz und knapp.

« Jungs, das habt ihr recht gut gemacht. So wie es aussieht habt ihr dem Jungen gerade das Leben gerettet. Es sieht so aus als hätte er einen Schädelbasisbruch, daher auch die Bewusstlosigkeit. Er hat eine mehrfache Fraktur am linken Arm, drei Platzwunden im Gesicht, wovon wohl zwei genäht werden müssen. Diverse Prellungen und Striemen. Wer ihm das angetan hat, gehört hinter Gitter. »

« Du hast es ja eben mitbekommen Felix, Corinna sagte etwas von seinem Vater, der ihm wohl angetan hat. »

« Habe ich, und ich habe Dieter – dem Notarzt – auch gesagt, das die Polizei eingeschaltet werden muss. Er leitet alles in die Wege, doch erst kümmert er sich um diesen Alexander, es wird eine schwere OP. Hoffen wir mal, das es keine weiteren Komplikationen gibt. »

« Was machen wir jetzt mit der kleinen Corinna? »

« Lasst sie schlafen, morgen, wenn sie Aufwacht bringt sie zu mir hinunter. Ich werde mit meiner Frau sprechen, dann finden wir auch eine Lösung. »

« Gut Felix, ich mach hier noch sauber und gehe wieder zu Bett. »

« Noch etwas Thomas, ich tu es zwar nicht gerne, aber wenn das Mädchen nicht schlafen kann, dann gebe ihr eine Tablette davon mit reichlich Wasser. »

« Nacht Jungs. »

« Nacht Felix, hoffen wir das beste Ja? »

Felix ging und zog die Wohnungstür hinter sich zu. Hans half mir noch, das Blut vom Boden aufzuwischen. Anschließend schaute er noch einmal nach Corinna und deckte sie wieder zu. Die Türen ließen wir auf, falls sie anfangen sollte nach Alexander zu rufen oder zu weinen, so würden wir es hören… Ich legte mich ganz nah an Hans der mich in seinen Arm nahm. Ich begann zu zittern.

« Thomas ? »

« Ich habe Angst, Hans, das er es nicht überlebt… » mir wurde Kalt.

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