Ich setzte mich auf, hob aber das Laken fest, er brauchte meine Erregung nicht zu sehen.
„Komm Placido, egal ob Mann oder Frau, die, die dich lieben sind dir alle verfallen. Du siehst nicht nur gut aus, du verstehst auch dein Handwerk, mit dem du es immer wieder fertig bringst, die Leute in deinem Bann zu ziehen.“
„Danke! Dir scheint es ja nicht anders zu gehen.“
„So würde ich das nicht sagen, nicht jedes deiner Kunstwerke erweckt mein Interesse.
„Sooo?“, fragte Placido leicht übertrieben gekünstelt, „welches Bild oder welche Skulptur gefällt dir denn nicht.“
„Das kann ich dir jetzt nicht im speziellen sa…, halt doch da kommt mir ein Bild in den Sinn. Darauf sieht man einen jungen Mann fast nackt, der lasziv seine Beine breit und diesen Schmollmund macht…“
„Ach das meinst du, ich denke, es ist gut getroffen.“
„Nein denke ich nicht ich würde nie…“, ich brach mitten im Sitz ab und Placido begann laut an zu lachen.
„So, so, du würdest also nie die Beine breit machen…“, kicherte Placido.
„So habe ich das nicht gesagt?“
Schneller als ich schauen konnte, war Placido plötzlich über mir. Natürlich musste er meine Erregung spüren, so wie ich nun seine auf meinem Bauch fühlen konnte. Er hielt meine Hände fest und schaute mich lüsternd an.
„Dann sollte ich das Original sehen, wenn ich das nächste Mal ein Bild von dir male.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das gestatte…“
„So, muss ich um Erlaubnis fragen, bevor ich dich male?“
„Klar, es muss nicht jeder sehen, wie dein Engel ohne Klamotten aussieht.“
„Ich denke, das ist wohl nun zu spät“, grinste Placido süffisant.
„Wieso? Bisher wurde mein Heiligtum doch von einem weißen Laken verdeckt…, oder hast du noch ein Bild gemalt?“, fragte ich entsetzt.
„Eins?“
Bevor ich näher darauf eingehen konnte, klopfte es an unserer Tür. Placido stieg von mir herunter und rief herein. Ich dagegen zog mein Laken bis zur Brust, als wollte ich meinen Körper verstecken.
Die Tür öffnete sich und Gasparo trat herein.
„Guten Morgen die Herren, ich hoffe, sie hatten einen guten Schlaf?“
Bei diesen Worten schaute ich ihn genau an, aber ich konnte keinerlei Mimik in seinem Gesicht erkennen. Eisern hielt er unseren Blicken stand, wohl auch unseren Anblick. Denn es war keinerlei Verspannung in seiner Hose zu erkennen.
Ich schloss die Augen und drehte den Kopf weg. Was machte ich hier? Warum machte ich mir solche Gedanken, was Gasparo über mich oder Placido denke konnte? Es war ja wohl eindeutig, wenn zwei junger Männer fast nackt, aber auch das konnte er ja nicht richtig sehen, neben einander lagen.
„Möchtest du mit mir auf dem Zimmer frühstücken?“, riss mich Placido aus dem Gedanken.
„Hm?“
Er sah mich verwundert an.
„Sollen wir hier frühstücken?“, wiederholte er seine Frage.
„Ähm… ja“, antwortete ich.
„Gut! Gasparo, bitte zwei Frühstück.“
„Sonst noch Wünsche?“
„Nein Gasparo, danke.“
Gasparo verneigte sich leicht und verließ das Zimmer. Placido warf seine Decke zurück und stand auf.
„Ich geh noch kurz duschen“, meinte er und verschwand im Bad.
Hatte ich irgendetwas falsch gemacht? Eben noch der heißblütige Liebhaber und jetzt die kalte Schulter. Ich schlug ebenso meine Decke zurück und setzte mich auf den Bettrand. Plötzlich kam ich mir so blöd vor.
Was tat ich hier? Hätte letzte Woche mir jemand gesagt, ich verbringe meine Nacht mit dem Mann meiner Träume, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Jetzt war der dritte Tag und ich hatte das Gefühl, irgendwie in die Enge getrieben zu werden.
Erwischt! Gasparos Augen wanderten nach unten, er schaute auf Placidos nackte Brust. Aber es wunderte mich nicht. Er war ein Mann wie ich und neben mir saß die pure Erotik. Und dieser Mann wollte mich, Davide de Luca.
Das ging alles viel zu schnell. Oder war es vielleicht auch nur eine Ausrede für mich, weil ich immer noch nicht genau wusste, was ich wollte? Klar wünscht sich jeder einen festen Partner, mit dem er alles teilen, sein Leben verbringen konnte.
Ich war es bisher gewohnt, alles immer alleine zu machen und jetzt war da dieser faszinierende Mann, der mein bisheriges Leben total auf den Kopf stellte, mir eine andere Welt zeigte, seine Welt.
War es das, was mir Angst machte? Seine Welt? Konnte dies meine Welt werden?
„Möchtest du auch noch duschen?“, hörte ich Placidos Stimme hinter mir.
„Ja“, meinte ich und stand auf.
Placido sah mich an, seine Augen waren traurig. Ich wollte an ihm vorbei, aber er hielt meinen Arm fest.
„Was ist mit dir? Ich habe das Gefühl, du fühlst dich in meiner Gegenwart unwohl.“
„Nein, das ist es nicht.“
„Was dann?“
Ich ließ mein Blick durch das Schlafzimmer wandern.
„Das alles hier“, antwortete ich und wies mit der Hand durchs Zimmer, „…es ist irgendwie nicht meine Welt…, es ist toll… schön, ja, aber ich liebe mein normales Leben.“
„Dann sieh es als einen Art Urlaub an. Urlaub ist doch immer etwas besonderes, was man sich unterm Jahr normalerweise nicht leisten kann.“
Er nahm mich in den Arm und drückte sich an mich.
„Ist es dir so zuwider, hier mit mir zu sein…, sollen wir lieber in deine kleine Bude ziehen und den Monat dort verbringen?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, das ist zu eng, das muss nicht sein. Gib mir etwas Zeit, dass ich mich an das hier gewöhnen kann.“
„Ich gebe dir alle Zeit der Welt, Davide, aber bitte rede mit mir, wenn dir etwas nicht recht ist, dich etwas stört. Ich weiß nicht warum ich fühle, wenn dich etwas stört, dir etwas nicht recht ist, ich möchte einfach, dass es dir gut geht, du glücklich bist, wie ich es bin.“
Ich nickte, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Es war komisch, so verwirrt meine Gedankengänge auch waren, wenn Placido so mit mir sprach, wurde ich völlig ruhig und ich sah nur noch ihn. War das der Zauber, der von ihm ausging?
„Los, geh duschen, bevor Gasparo hier mit dem Frühstück auftaucht.“
„Wieso, hast du Angst, Gasparo könnte mich anziehender finden, als dich?“
„Du bist nicht Gasparos Geschmack“, lächelte Placido.
„Woher willst du das denn wissen?“
„Ich habe ihn gefragt?“
„Er ist wirklich schwul?“
„Ja, ist er.“
*-*-*
Während Placido auf der Toilette war, hatte ich mir mein Laptop geholt und es mir auf dem Sofa bequem gemacht. Ich wollte mir nur ein paar Notizen machen, für meinen späteren Bericht, dass ich nichts vergaß.
„Was schreibst du?“, hörte ich plötzlich Placido, der unbemerkt ins Wohnzimmer gekommen war.
„Ein paar kleine Notizen, schließlich soll ich ja Ende des Monats einen Bericht über dich abliefern.
„Und was hast du schon geschrieben, kann ich das sehen?“, fragte er und ließ sich neben mir nieder.
Ich klappte den Laptop zu und schaute ihn an.
„Das kannst vielleicht lesen, wenn der Bericht fertig ist…, aber auch dann nur vielleicht.“
„Ich muss doch sehen, ob du alles richtig notiert hast.“
„Da musst du mir schon vertrauen.“
„Ich vertraue dir voll und ganz!“
Bei diesen Worten schaute er mich wieder mit diesen Augen an, so dass ich fast die Welt um mich herum zu vergessen schien. Dann aber stand er auf.
„Gibt es in Florenz eigentlich so etwas wie einen Weihnachtsmarkt?“
„Klar gibt es den. Jedes Jahr wird vor der Basilica di Santa Croce ein großer Weihnachtsmarkt eröffnet. Man nennt ihn auch deutschen Weihnachtsmarkt, weil dort sehr viele deutsche Händler oder Handwerker ihre Produkte zeigen.“
„Handwerker?“
„Ja, zum Beispiel Schnitzereien, oder Schmuck.“
„Da möchte ich hin.“
„Kein Problem, aber das sollten wir uns für den späten Nachmittag aufheben.“
„Wieso?
Weil, wenn es dunkel wird, der Weihnachtsmarkt eine ganz andere Stimmung verbreitet, als den Tag über.“
„Gut, verstanden, womit fangen wir dann an?“
„Hm, lass mich überlegen, wie wäre es mit dem Wohl bekanntesten Bauwerk der Stadt, die Kathedrale Santa Maria del Fiore. Ich denke, du wolltest dir schon immer die Konkurrenz anschauen.“
„Konkurrenz?“
„Michelangelo, Donatello, Arnolfo di Cambio und Luca della Robbia.“
Placido, anscheinend etwas überrascht, sagte zunächst nichts.
„Mich erstaunt immer wieder, wie sehr du dich in der Kunstwelt auskennst, es ist ja nicht dein Hauptgebiet, über das du sonst schreibst.“
„Wenn du viel Zeit mit Letizia verbringst, dann lernst du so etwas automatisch dazu.“
„Unfreiwillig?“
„Nein. Das ist Florenz, meine Geburtsstadt, das interessiert mich schon aus Neugier.“
„Gut, dann lass uns gehen.“
„Okay, ich zieh mir schnell nur etwas Wärmeres an.“
*-*-*
Die neue Jacke saß wie angegossen und sie wärmte. Natürlich trug ich auch Placidos roten Schal, den ich bisher noch nicht zurück geben hatte. In der Nacht gab es Minusgrade und das merkte man jetzt.
Der Wind hatte zwar etwas nachgelassen, aber war immer noch kräftig genug, um es hier draußen eisig wirken zu lassen. Eigentlich fehlte jetzt nur noch der Schnee, dann wäre alles perfekt.
Bisher hatte mich die Weihnachtsstimmung noch nicht gepackt. Meine Wohnung war nicht dekoriert und auch sonst nahm ich von der Vorweihnachtszeit nicht viel wahr. Das änderte sich nun schlagartig, als ich mit Placido unterwegs war.
Er zeigte mir unterwegs Dinge, die mir sonst nicht auffielen. Schnell stellte ich fest, dass es Kleinigkeiten waren, die Placido auffielen und faszinierten. An jedem Schaufenster blieb er fast stehen und freute sich wie ein kleines Kind.
Nicht nur die Hauptwege, auch die Gassen, waren teilweise festlich geschmückt und so langsam machte sich ein angenehmes Gefühl in mir breit und ich ließ mich von der Freude Placidos anstecken.
„Wow, der Engel ist schon, so fein gearbeitet.“
Placidos Finger drückte gegen die Scheibe, hinter der mehre Engel auf eine Schneelandschaft ausgestellt waren.
„Gehst du mit rein, oder willst du hier draußen warten?“
„Ich geh natürlich mit hinein, oder meinst du, ich will mir meinen Hintern hier abfrieren?“, meinte ich schmunzelnd und folgte ihm durch die aufgezogene Tür.
Ein erster Blick durch den Laden verriet mir, dass die Engel wohl als Lockmittel dienen sollten. Sonst war hier alles nur Krempel und Dinge, die die Welt nicht braucht. Placido sprach den Verkäufer direkt auf den Engel an, aber dieser schien unverkäuflich und verwies auf eine kleine Ecke, in der Engel zum Verkauf standen.
1 Kommentar
Hallo Pit,
muss mich endlich mal melden.
Es ist dir mal wieder gelungen eine interessante Adventsgeschichte zu schreiben!
Bin gespannt wie es weiter geht…
viele Grüße
Claus