18. Türchen – No one else II

Shit was machten wir jetzt? Die Carabinieri rufen? Letizia zog ihr Handy heraus, also nahm sie mir die Entscheidung ab und rief die Carabinieri.

„Oh hallo Patty, ich wollte nur sagen, dass Davide und ich später kommen, uns ist etwas unvorhergesehenes dazwischen gekommen! …ja, danke!“

Sie steckte ihr Handy wieder weg, also keine Uniformierten.

„Und jetzt?“, fragte ich flüsternd.

„Warum flüsterst du?“, fragte Letizia mich in Normallautstärke,

Ich setzte mich wieder aufrecht hin, denn ich hatte mich auch irgendwie geduckt.

„Wir warten einfach. Jetzt meinen Wagen zu besteigen ist mir zu riskant, nachher lauf ich noch Emilio direkt in die Arme.“

Ich nickte nur, sagte nicht darauf. Mein Blick haftete an der Tür des Hauses, wo Dana ihre Wohnung hatte. Was machte Emilio hier? Setzte er auch sie unter Druck? Weiter kam ich nicht mit meinen Gedanken, denn die Haustür ging auf und Emilio trat recht eilig heraus.

Beide, Letizia und ich ginge tiefer, um nicht gesehen zu werden. Die Tür ging abermals auf uns Dana kam heraus gerannt. Was sie sagte, konnte ich nicht verstehen, doch Emilio blieb kurz stehen, schaute sie an und schüttelte den Kopf.

Was war das denn? Emilio Stirn zierte ein großes Pflaster und war das ein blaues Auge? Ich verstand die Welt nicht mehr. Hatte sich Dana mit meinem Bruder verbündet, war auch bei ihr alles nur gespielt?

Große Traurigkeit machte sich in mir breit. Wo war ich hier nur hinein geraten? Nur weil ich zu meiner Liebe stand, meinem Placido? Dann drehte sich Emilio plötzlich wieder Richtung seinem Wagen. Schneller als ich schauen konnte, saß er in seinem Wagen, hatte den Motor gestartet und zog an uns vorbei.

Letizia und ich verließen unsere unbequeme Stellung und sahen, dass Dana immer noch auf dem Bürgersteig stand.

„Komm“, meinte Letizia und stieg aus.

Ich zog meinen Autoschlüssel ab und folgte ihr nach draußen.

„Letizia…, Davide? Was macht ihr hier?“, kam es von einer erstaunten Dana.

„Das gleiche könnten wir dich fragen! Was wollte Emilio von dir?“

„Können wir hinein gehen, mir wird kalt“, meinte Dana viel leiser.

Ihre Stimme hörte sich traurig an. Wie eben folgte ich Letizia und betrat gemeinsam das Haus, in dem Dana wohnte. Warme, leicht muffige Luft stieg uns entgegen. Hier schien wohl jemand geraucht zu haben und hatte nicht gelüftet.

Wir folgten Dana bis in den dritten Stock, wo sie als erstes ihre Wohnung betrat. Auch wir betraten die Wohnung, als Dana ihren Schlüssel mit klirrendem Geräusch auf einen Metallteller fielen ließ.

Ich schloss hinter mir die Wohnungstür und befreite mich etwas aus meinen dicken Klamotten, denn auch bei Dana war gut geheizt. Vorbei am Wohnzimmer lief Dana direkt in der Küche.

Ich dachte für mich, wie lange ich nicht mehr hier gewesen war. Überall konnte ich neue Möbel entdecken und hier und da war anders tapeziert, andere Farben an den Wänden.

„Warum das alles?“, hörte ich Letizia fragen und kam in der Küche an.

Dana hatte einen Mülleimer in der Hand und zog Blutverschmiertes Verbandsmaterial in den Eimer. Nicht verwendete Sachen warf sie in eine kleine Plastikbox, hielt aber dann inne, ließ sich auf einen Stuhl fallen und fing an zu weinen.

Letizia, mittlerweile ihres Mantels entledigt, setzte sich zu ihr und griff nach ihrer Hand. Da mir immer noch sehr warm war, entwickelte ich den roten Schal und zog meine Jacke aus. Mein Blick fiel auf Danas Kaffeeautomat.

Schwach erinnerte ich mich, wo Dana ihre Tassen stehen hatte und öffnete gezielt den einen Hängeschrank und wurde fündig. Ich betätigte die Taste am Kaffeeautomat und er fuhr hoch. Dana hatte nach einem Taschentuch gegriffen und schnäuzte sich die Nase.

„Ich weiß nicht, wo Emilio da hinein geraten ist“, sagte Dana plötzlich.

„Hat er dir denn nichts erzählt?“

„Ich wollte mich gerade fertig machen, als es klingelte und er vorhin blutverschmiert vor mir stand. Ohne einen Ton zu sagen, stürmte er in meinem Wohnung und schmiss die Wohnungstür zu.“

Ich hatte bis jetzt noch nichts gesagt, nahm die drei Tassen und ließ eine nach der anderen sich befüllen. Mir war das alles irgendwie komisch und beschloss einfach Letizia das Ruder zu übernehmen, dass sie ja eh schon tat.

„Ihr müsste mir glauben, ich war genauso überrascht, wie ihr jetzt, aber was sollte ich machen…, Emilio ist mein Bruder…“

„Es macht dir ja auch keiner einen Vorwurf!“, meinte Letizia.

Ich stellte die Tassen auf den Tisch und ließ mich neben Letizia nieder und als wolle ich ihr gesagtes unterstreichen, nickte ich nur.

„Hat er gar nichts gesagt?“

„Doch, aber für mich war das irgendwie, wirres Zeugs, ich wurde nicht richtig schlau draus.“

„Wieso was erzählte er denn?“

„Ich hab ihn notdürftig verarztet, er hatte da am Kopf wohl einen Schlag abbekommen. Er meinte etwas, dass er in eine Prügelei geraten war, seine Gegenüber Dinge über ihn wussten, die sie unmöglich wissen konnten. Auch Davides Name schien gefallen zu sein.“

„Mein Name?“, sprach ich nun doch.

„Ja und er wäre das mit der Flasche nicht gewesen, er hatte sich versteckt, vor Angst man könnte ihm noch mal auflauern. Er wäre nicht mal in der Nähe eures Hauses gewesen.“

Das sollte ich glauben?

„Aber er war bei mir und hat mächtig gegen meine Wohnungstür geschlagen!“, sagte Letizia.

„Er wollte sich bei dir verstecken, aber du hast die Tür nicht auf gemacht.“

„Das hat sich für uns anders angehört!“, meinte ich und nahm einen Schluck Kaffee.

„Er sagte auch noch, daran sei nur dieser Ethan Schuld, dann wieder Placidos, das wären alles seine Männer!“

Er hatte Ethan gesehen? Woher wusste er, wie Ethan aussieht? Emilio muss wirklich verwirrt gewesen sein, vielleicht der Schlag auf seinen Kopf?

„Ethan ist hier?“, fragte Letizia, bevor ich überhaupt nur den Mund aufmachen konnte.

„So wie ich verstanden habe, ja!“

Letizia sah mich an und unsere Blicke trafen sich.

„Davide du musst mir glauben, Emilio will dir nichts Schlimmes!“

„Und was hat er vor unserer Mutter abgelassen?“

„Da hat er nur eines gesagt was wahr war, es sei zum Schutz der Familie. Er wollte die Familie nicht vor dir, sondern vor diesen Männer schützen…“

„Das passt jetzt irgendwie nicht zusammen“, meinte Letizia und ich musste ihr Recht geben.

„Mama sagte, dass bevor sie ihn auf das Thema ansprach, er guter Laune gewesen wäre“, warf ich ein.

„Ich weiß und Mama muss irgendetwas zu ihm gesagt haben, weil er dann sofort ausflippte.“

Nachdenklich nahm ich einen Schluck. Das warf eher noch mehr Fragen auf, als das es uns Klarheit verschaffte.

„Ich sage doch, irgendwie war das wirres Zeug!“

Ich zog mein Handy hervor und rief Placido an. Seit dieser Sache war unser Privatleben und auch unsere sonstigen Gewohnheiten irgendwie zum erliegen gekommen. Ich musste nicht lange warten, Placido meldete sich sofort.

„Hallo Davide, ist etwas passiert.“

Ich drückte die Luttaste und legte mein Handy auf den Tisch.

„Jein…“, antwortete ich ihm, Wir haben eben Emilio bei Dana angetroffen, aber er ist abgehauen.“

„Geht es dir gut, soll ich kommen?“

„Nein, mir geht es gut, ich habe ihn ja auch nur gesehen. Ich denke, er mich nicht!

„Gut so, wer weiß, was er sonst mit dir angestellt hätte.“

„Placido, ich weiß nicht, ob er mir etwas getan hätte, ich bin mir da nicht mehr ganz sicher.“

„Aber die Drohung mit der Flasche, schon vergessen!“, fuhr mich Placido an.

„Placido, ich komme zurück, ich will da nicht weiter am Telefon mir dir streiten, ich habe nur angerufen, weil Emilio anscheinend meinte, dass Ethan hier in der Stadt ist.“

Auf der anderen Seite folgte Schweigen.

„Placido, bist du noch dran? Placido…?“

„Ja bin ich und am besten kommt ihr gleich her, da seid ihr sicherer! Es war eh eine verrückte Idee, ohne Schutz zu Dana zu fahren.“

„Sorry, ich hatte mir da keine Gedanken darüber gemacht…“

„… daran kann man jetzt eh nichts mehr ändern…“

Er klang verbittert.

„Dana soll ein paar Sachen zusammen packen und zu uns kommen, mir wäre das lieber.“

„Du hast Recht und ich werde mich in der Zwischenzeit mit diesem Commissario in Verbindung setzten!“

„Dann sehen wir uns gleich! … ich liebe dich, Placido!“

Wieder war ein kurzes Schweigen.

„… ich dich auch… bis gleich“, meinte er und beendete das Gespräch.

Ich seufzte und steckte das Handy wieder weg. Letizia sah mich mitleidig an.

„Ich soll wirklich mit zu euch?“, fragte Dana.

„Ja, ich denke Placido hat Recht und wenn das mit diesen Männer stimmt, wer sagt uns nicht, das sie dir auch auflauern würden.“

„Davide, du machst mir Angst!“

„Die habe ich schon lange!“

*-*-*

Jeder war mit seinen eigenen Wagen gefahren. Da uns allen unwohl zumute war, fuhr jeder für sich einen anderen Weg zu Placidos Familienhaus. Vielleicht verfolgte uns ja jemand. Froh endlich den Hof zu befahren, ohne dass etwas passiert war, wartete ich auf die anderen zwei.

Ich verständige die mittlerweile aus vier bestehenden Uniformierten an der Einfahrt, dass noch zwei weitere Wagen folgen würden. Ein weiterer Wagen stand im Hof, den ich nicht kannte.

Aber vielleicht waren damit die zwei Beamten gekommen, die vorhin noch nie da waren. Ich machte mir keine weiteren Gedanken darüber und wartete auf die anderen beiden. Fast gleichzeitig trafen Letizia mit ihrem Wagen und befuhren den Hof.

„Wo bleibt ihr so lange?“, wollte ich wissen.

„Du vergisst wohl den Verkehr in Florenz, Davide“, meckerte mich Dana an, als sie ausstieg.

„Oh, da schaut aber einer sauer“, meinte Letizia neben mir, die Richtung Haus schaute.

Ich drehte mich und konnte Placido an der Tür entdecken, wie er gerade eine rauchte.

„Das kann man wohl sagen“, sagte ich leise, „sonst würde er hier draußen nur im Pullover nicht rauchen…“

„Hattet ihr Streit?“

„Das vorhin m Telefon kann man schlecht als Streit bezeichnen, du hast es doch selber gehört.“

„Stimmt…“

Ich griff mir Danas Tasche und  lief auf Placido zu. Hatte ich etwas falsch gemacht, oder war es vielleicht, weil ich laufend jemand anschleppte, ihm das zu viel wurde? Oder die Carabinieri? Er hatte seit Tagen nicht mehr gemalt! Weitere Gedanken strömten auf mich ein.

„Hallo Placido, danke dass ich bei euch unterkommen kann“, meinte hinter mir Dana.

Er schnippte seine Zigarette weg und meinte nur: „Kommt!“

Die zwei Mädels schauten mich an, aber ich konnte nur mit den Schultern zucken.

*-*-*

Ich stellte Danas Tasche auf und den Boden und entledigte mich meiner Wintergarderobe. Letizia und Dana taten es mir gleich. Aus dem Wohnbereich hörten wir eine laute fremde Stimme, die anscheinend telefonierte.

Ich betrat den Raum, fand Placido an der Theke sitzend vor, während Jakob an der Küchenzeile lehnte. Am Fenster stand ein mir unbekannter Mann, der wie schon gehört telefonierte.

Jakob lächelte mich gequält an, sagte aber nichts. Ich setzte mich inzwischen direkt neben Placido, der sich plötzlich zu mir drehte und seinen Kopf in mir vergrub. Dana und Letizia sahen mich fragend an.

„Möchten die Damen etwas trinken?“, fragte Jakob leise.

Das Wort „Kaffee“ folgte und Jakob machte sich sofort an die Arbeit.

„Wo sind wir da nur hinein geraten?“, hörte ich Placidos leise Stimme.

Ich verstand nicht, was er meinte und drückte sein Kopf hoch, um ihn in die Augen schauen zu können. Seine Augen waren glasig, erste Tränen liefen herunter.

„Placido, was ist passiert?“

Er wischte sich die Tränen weg, griff nach einem Blatt auf dem Tisch, dass ich bis zu dem Augenblick nicht wahrgenommen hatte.

„Wusstest du, dass ich gesucht werde?“, meinte er und reichte mir das Blatt.

„Was?“, entfuhr es mir und schaute auf das Blatt.

Ein Fahndungsaufruf von Interpol mit einem Bild von Placido. Leticia kam hinter Placido hervor und riss mir das Blatt aus den Händen.

„Der sieht aus wie du“, sagte sie.

„Das bin nicht ich…, das ist Ethan!“

Geschockt sah ich ihn an. Jetzt gaben Emilios Worte einen Sinn, Ethan und Placidos Männer!

„Der sieht aus wie du?“, fragte Dana, die nun auch neben uns getreten war.

Letizia hob ihr das Blatt hin.

„Aber…, aber…!“

„Commissario Sabatino Lambardo, mein Name“, hörte ich plötzlich den Mann hinter mir sagen.

Erschreckt drehte ich mich zu ihm herum. Er sah Placido fragend an.

„Das ist mein Lebensgefährte, Davide de Luca…“

„… ich war in ihrer Ausstellung und habe sein Bild gesehen, wirklich gut getroffen“, meinte der Commissario und streckte seine Hand aus.

„Leticia Grecco, Journalistin beim Tagesblatt!“, stellte uns Placido weiter vor, „und Davides und Emilios Schwester, Dana de Luca.“

„Freut mich sie kennen zu lernen“, meinte der Commissario.

„Ich versteh jetzt gar nichts mehr! Warum ist der Commissario hier und warum sieht Ethan dir so ähnlich?“, wollte ich wissen.

Der Commissario nahm Letizia das Blatt ab.

„Ethan Romano-Barberie!“

„Barberie?“, plapperte ich ihn fragend nach.

„Ja, eine sehr angesehene Familie in den Staaten mit italienischen Wurzeln!“, erklärte der Commissario.

„Aber warum fandet Interpol nach ihm?“, wollte Letizia wissen.

„Señora Grecco, ich bitte sie inständig, dass das, was sie hören, bitte nicht weitergeben!“

„Ich werde mich hüten, irgendetwas, was meine Freunde betrifft zu veröffentlichen!“

„Danke. Ich wollte das nur gesagt haben, denn sie könnten damit Ermittlungen gefährden. Seniore Romano sagte mir, ihr Bruder wäre bei ihnen aufgetaucht?“

Diese Frage galt wohl Dana und sie nickte verschüchtert.

„Hat er irgendetwas erzählt, können sie sich daran erinnern?“

„Mein Bruder… kam zu mir, weil ihn anscheinend jemand verprügelt hatte. Genau verstehen konnte ich nicht, was er da von sich gab, es fielen aber die Namen von Davide und Placido und auch Ethan wurde ebenso erwähnt.“

„Wenn Ethan aber aus so einer berühmten Familie stammt, warum ist er dann so hinter Placidos Geld der Familie her? Ich verstehe das nicht, er hat ja wohl genug davon?“

„Wenn man immer Geld benötigt…, die Eltern den Geldhahn fast abdrehen…, dann könnte man es damit erklären!“, sprach der Commissario weiter, „ aber wir denken eher, dass er die Geschäfte seines Vaters wohl übernehmen will und dazu mehr Geld benötigt!“

„Seines Vaters! Hat der eine besondere Stellung in Amerika?“, fragte ich weiter.

„Nein, aber hat viel Geld und es vermehrt sich täglich!“

„In welcher Berufssparte?“

„Sagen wir mal Geldwäsche, Drogen und Personenhandel, suchen sie sich etwas heraus!“

 

 

 

 

 

 

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3 Kommentare

    • Claus auf 18. Dezember 2017 bei 05:45
    • Antworten

    Hallo Pit,

    du hast sicher schon so eine Richtung in die es gehen soll…
    Und ich habe mehr Überraschendes zu lesen 😎

    Viele Grüße Claus

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    • phil auf 18. Dezember 2017 bei 07:39
    • Antworten

    hi pit
    ich verstehe ja, dass die story bis zum 24. reichen muss.
    aber ein klein wenig mehr könnten die einzelnen teile, der wirklich gut geschriebenen storie schon hergeben.

    gruss phil

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    • Andi auf 18. Dezember 2017 bei 14:10
    • Antworten

    Meine Güte, lauter Überraschungen und Wendungen, bin gespannt was da noch kommt.
    Wünsche dir weiterhin eine schöne Adventszeit.

    VlG Andi

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