Adventskalender – Ein anderes Leben – 1. Türchen (Teil 16)

So-Wois neue Firma hatte uns eine Einladung bei einer der angesagtesten KPOP Gruppen von Südkorea, zum Abendessen beschert. Wenn man So-Woi und Jae-Joong zu Freunden hatte, wurde einem immer etwas geboten.

Bisher waren es Konzerte, oder ähnliche Veranstaltungen, nun dieses Abendessen. Der Vormittag war nicht besonders gut verlaufen und meine Wunde im Gesicht brannte immer noch, obwohl Hyun-Woo eine Salbe, selbst angefertigt von seiner Großmutter, aufgetragen hatte.

Aber ich wollt nichts sagen, sonst hätten die womöglich diese Einladung abgesagt. So fuhr ich artig im Fahrstuhl mit nach oben, wo wir schon erwartet wurden. Dort angekommen, drückte Jae-Joong die Türklingel, die sofort melodisch erklang.

Es dauerte nicht lange, bis die Tür aufgezogen wurde und ein blonder junger Mann erschien, den ich als den guten Tänzer wieder erkannte. Er stellte sich als Jimin vor und ein kleiner Begrüßungsmarathon begann.

Es wurden Hände geschüttelt und sich verbeugt, bis ich alle Mitglieder der Gruppe kennengelernt hatte. Darauf folgte eine kleine Wohnungsbesichtigung, die gut locker das Vierfache von Hyun-Woos Wohnfläche hatte.

Beeindruckt ließ ich mich neben Hyun-Woo auf der überdimensionalen Couchecke nieder. Jin, der Älteste der Sänger, brachte ein Tablett mit gefüllten Teetassen. Die Tassen wurden herum gereicht, bis jeder eine hatte.

„Du sprichst wirklich fließend koreanisch“, meinte Suga zu mir, während ich einen Schluck nahm.

„Ja, meine Mutter hat dafür gesorgt, dass ich mit beiden Sprachen aufwachse.“

„Englisch kann er auch“, kam es von Jae-Joong.

Vorlaut wie immer.

„Deine Mutter stammt von hier?“

„Ja, hier aus Seoul. Ihre… meine Familie führt dort einen Obst und Gemüseladen.“

Es war ja auch meine Familie.

„Liefern die auch?“, wollte dieser Jin wissen, der immer noch stand.

„Da bin ich ehrlich gesagt überfragt, solange kenne ich den Teil meiner Familie noch nicht.“

Jin sah mich fragend an, wie die anderen auch. So erzählte ich in Kurzfassung, die Sachlage, ließ aber alle Geschehnisse, die bisher passiert waren, aus.

„Aber ich kann mich gerne für dich erkundigen, wenn du möchtest“, beendete ich meine Erklärung.

„Das wäre toll, denn ich habe bis jetzt noch niemand gefunden, der meine Wünsche erfüllen konnte.“

„Wünsche?“, fragte ich.

„Du musste wissen, Jin ist unser Koch hier. Immer wenn er Zeit hat, kocht er für uns“, sagte Suga neben mir.

„Mit Erfolg wie ich sehe“, meinte ich.

„Hä?“, kam es von Jimin, „sehe ich fett aus?“

Alle lachten.

„Ähm…, es sieht keiner von euch unterernährt aus“, antwortete ich kichernd.

„Man kann es essen“, kam es dann von Jimin, der aber gleich in Deckung ging, als Jin sich ihm näherte.

Die Befragung ging weiter, und mitleidig schaute ich So-Woi an, dessen Firma der eigentliche Grund unseres Hierseins war. Wenig später bat uns Jin zu Tisch. Der Tisch meiner Großeltern war ja schon groß, aber dieses Teil hier, sprengte alle Vorstellungen.

Schön aufgereiht standen in der Mitte mehrere Tischgrills und auch der Rest des Tisches war mit Tellern und Schüsseln beladen. Wer sollte das alles Essen. Hatte Jin einen Supermarkt leer gekauft?

Als wir uns es alle bequem gemacht hatte, lagen schon die ersten Fleischteile auf Grill und Reis wurde verteilt. Ich saß zwischen Hyun-Woo und So-Woi. Mir gegenüber waren V und Jimin, die es nicht lassen konnten sich gegenseitig zu ärgern.

RM (Rapmonster) unterhielt sich währenddessen mit So-Woi über dessen Firma und auch sein Vater kam zur Sprache. So wurden am ganzen Tisch kleinere Unterhaltungen geführt. Hyun-Woo beugte sich zu mir.

„Alles okay mit dir?“, flüsterte er mir zu.

Ich nickte.

„Seit ich hier bin, habe ich schon so viele Leute kennen gelernt, nette Menschen, die mir gefallen und vor allem macht es Spaß. Es ist ja nicht so, dass nur negative Dinge passiert sind.“

Dass bisher noch niemand nach den Kratzern in meinem Gesicht gefragt hat, wunderte mich allerdings. Hyun-Woo lächelte mich breit an und reichte mir einer dieser gefüllten Salatkugeln.

Aufmerksam wurde die Szenerie auf der Gegenseite mit einem Grinsen beobachtet. Mein Blick wanderte weiter am Tisch entlang.

„Darf ich euch etwas Privates fragen?“, sagte ich.

Am ganzen Tisch gehörte mir plötzlich die ganze Aufmerksamkeit. Es kamen keine Einwände. So sprach ich einfach weiter.

„Wie ihr wisst, bin ich mit Hyun-Woo zusammen, dass ging ja sogar schon durch die Presse. Wie ist das mit euch? Ihr wohnt nun seit langem zusammen…, kommt da keiner auf die Idee, jemand von euch könnte zusammen sein?“

Am Tisch war es still und der Gedanke kam auf, dass ich vielleicht zu weit gegangen war.

„Kann ich antworten?“, fragte V Richtung RM.

Dieser nickte.

„Wir wissen, dass unser Tun und Handeln sehr von der Öffentlichkeit beobachtet wird, nicht nur von der Presse, sondern auch von den Fans. Wir versuchen aber, unser Privates verschlossen zu halten, dass schließt unsere Familien, Freund und auch das Liebesleben mit ein.“

Ich nickte ihm zu. Spätestens jetzt war ich seiner Ausstrahlung verfallen.

„Ob hier am Tisch einer eine Freundin, oder einen Freund hat… ist unsere alleinige Sache und geht niemanden etwas an. Natürlich tauchen hier und da Fotografien auf, werden Spekulationen verbreitet, genauso wie diese angeblichen Liebesbeweise auf YouTube. Ginge es nach denen, dann hätte ich mit jedem hier in der Gruppe etwas.“

„Und stimmt etwas davon?“, fragte ich neugierig.

„Unser inniges Verhältnis zueinander kann jeder sehen, unser Vertrauen untereinander ist groß. Jeder steht hier für den anderen ein, aber wie gesagt, was darüber hinausgeht, ist unsere Privatsache!“

„Verstehe und akzeptiere ich!“

V lächelte mir zu.

„Macht es dir nichts aus, dass man euch so öffentlich präsentiert hat?“, wollte Suga von So-Woi wissen.

„Hättest du das mich noch vor einem halben Jahr gefragt, hätte mich dies sehr gestört.“

„Und was hat deine Meinung geändert?“

So-Woi schaute grinsend zu mir.

„Unser Lucas hier. Lucas hat, ohne mich zu kennen, mir ohne Grund geholfen und obendrein auch noch einfach so seine Freundschaft angeboten. Lucas hat, sagen wir mal so, einfach meine Sichtweise über mein bisheriges Leben geändert.“

Natürlich spürte ich, wie sich mein Gesicht mit dem berühmten Rot füllte, aber auch, dass die Wunde etwas mehr brannte. Ich versuchte den Schmerz so gut wie möglich zu verbergen. Hyun-Woo neben mir erhob sich.

„Lucas Art, Dinge zu sehen, sein Gerechtigkeitssinn und vor allem seine Loyalität, zu seinen Freunden, ist bemerkenswert und ich finde… jeder der Lucas zu seinem Freund zählen darf, kann sich glücklich schätzen!“

„Wow…wow… wow“ kam es von J-hope, „da ist einer sehr von Lucas überzeugt.“

So-Woi lächelte und griff nach Jacks Hand.

„Ich kann mich nur wiederholen, ich bin sehr glücklich, zu Lucas engen Freunden zu gehören und er hat mir ermöglicht, dass ich öffentlich mit Jack zusammen sein kann.“

Am Tisch wurde applaudiert. Jetzt wurde mir die Sache langsam peinlich.

„Wenn ich auch etwas sagen darf…“, kam es verlegen von Juen, „ich kenne Lucas erst seit kurzen…, aber ich kann das, was So-Woi gesagt hat nur bestätigen…“

Ich beobachtete Hyun-Woo, der Jin etwas gefragt hatte und ihm nun in die Küche folgte. Beide kamen etwas später zurück. Hyun-Woo setzte sich wieder zu mir und legte eine kleine Tablette neben mein Wasserglas.

Juen lief derweil rot an und schaute verlegen nach unten. V schaute Hyun-Woo neben mir durchdringend an, als erwartete er, dass mein Schatz auch etwas sagte. Hyun-Woo fing breit an zu grinsen.

„Ich halte es so wie ihr… Privat ist Privat…, oder wie es Lucas sagen würde… der Gentleman schweigt und genießt.“

„Nein, dein Lucas würde ohne darüber nach zu denken, dir einfach einen Kuss geben“, kam es trocken von Jack.

Es wurde laut am Tisch alle lachten und redeten durcheinander. Um das Ganze auf die Spitze zu treiben, legte ich meinen Arm um Hyun-Woo, zog ihn zu mir und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Mit solchen Aktionen hält uns Lucas auf Trab…“, sagte Jack laut, damit es alle hören konnten.

Entsetzt schaute ich ihn an.

„…, aber ich hatte noch nie so viel Spaß, seit ich Lucas hab kennen lernen dürfen!“

Ich atmete tief durch, hatte ich plötzlich die Befürchtung, Jack könnte irgendwie sauer sein.

„Was ist das?“, fragte ich Hyun-Woo und zeigte auf die Tablette.

Er beugte sich zu mir herüber und flüsterte mir ins Ohr.

„Schmerztablette…, du hast doch Schmerzen…, oder?“

Mit großen Augen schaute ich ihn an, nahm artig die Tablette und schluckte sie mit einem Schluck Wasser herunter.

„Danke“, murmelte ich leise, während er mich nickend anlächelte.

„Wenn Lucas nichts dagegen hat, möchte ich euch etwas mehr über ihn erzählen, denn wir säßen nicht hier, würde es Lucas nicht geben.“

Am Tisch war es wieder ruhig geworden und ich schaute Jack verblüfft an. Ich nickte aber, gab ihm meine Zustimmung, denn ich war mir sicher, dass diese heitere Runde, nichts nach draußen dringen lassen würde.

Zudem war ich verwundert, dass Jack so offen sprach, was er bisher nur sehr selten getan hatte. Aber vielleicht hatte diese Offenheit in unserer Gruppe ihn etwas beflügelt.

„Lucas hat auch meine Sichtweise zu meinem Leben geändert. Er hat es fertig gebracht, dass ich öffentlich zu So-Woi stehen kann und er zu mir…“

„Ich hab doch gar nicht viel gemacht!“, protestierte ich.

„Doch, du warst für uns da, hast zu gehört und immer die richtigen Worte gehabt, das hat einen großen Eindruck hinterlassen…, aber ich möchte jetzt nicht von So-Woi und mir reden. Lucas ist ein Mensch, der die Gabe hat, in sein Gegenüber zu schauen. Er versetzt sich in dessen Lage und weiß meist Rat, wenn es darum geht, ein Problem zu lösen.“

Jack hatte wohl eine sehr hohe Meinung von mir, aber er wusste nichts von meinen Selbstzweifeln und meiner Unsicherheit, die ich anscheinend bisher gut verbergen konnte und nur Hyun-Woo sie gesehen hatte. Mein Schatz saß nur neben mir und lächelte.

„Ich weiß nicht, wie viel ihr mitbekommen hat, über den Sicherheitschef von So-Wois Vater.“

„Back In Jook?“, fragte RM.

Jack nickte.

„Ja, In Jook… er hat ein paar krumme Dinge gedreht, um Lucas zu schaden…“

„Er wollte ihn umbringen!“, kam es sauer von So-Woi.

„Umbringen?“, kam es schockiert von Jin und den anderen.

„Ja… so drastisch wollte ich es nicht sagen“, antwortete Jack.

„Aber warum? Ich dachte, Lucas ist erst seit kurzen in Korea“, sagte V verwundert.

Ich saß nur da und sagte nichts zu dem ganzen. Daran erinnert zu werden, war nicht angenehm.

„In-Jook war mein erster Fan und dachte wohl, Lucas würde mich ihm wegnehmen“, antwortete So-Woi.

„Jetzt hast es aber du sehr human umschrieben“, kicherte Hyun-Woo neben mir.

Ich musste ebenso grinsen, obwohl der Grund dafür eigentlich nicht spaßig war.

„Ich hab dir doch gesagt, bei denen ist immer etwas los“, meinte V zu Jimin.

„Bei uns nicht?“, kam es von J-Hope.

RM verbarg plötzlich sein Gesicht hinter seiner Hand und Suga kicherte.

„Unser 95er Duo und unser Maknea Jungkook halten uns auf Trap“, sprach J-Hope.

Sofort wurde das Trio aktiv und protestierte. Ich musste lächeln und beugte mich zu Hyun-Woo hinüber.

„Was bedeutet Maknea?“, flüsterte ich.

„Er ist der jüngste in der Gruppe und die werden immer als Maknea bezeichnet.“

„Ach so“, meinte ich.

„So gesehen, bist du der Maknea unserer kleinen Gruppe, wenn wir auch zu den Sängern gehören würden.“

„Du kannst singen?“, fragte Jimin gegenüber, der wohl etwas von unserer Unterhaltung aufgeschnappt hatte.

Sofort hob ich meine Hände und schüttelte sie abwehrend.

„Nein, mein Gesang kann man niemandem zumuten!“, verteidigte ich mich sofort.

„Aber du hast eine angenehme Stimme“, sagte Jimin und V neben ihm nickte zustimmend.

Flirtete dieser Jimin gerade mit mir?

„Mag sein, aber zum Singen reicht diese Stimme nicht und bevor jemand auf dumme Gedanken kommt, tanzen kann ich ebenso nicht, dass überlass ich lieber euch den Profis!“

„Schade“, meinte V und rollte sich eine weitere Salatkugel, gefüllt mit Leckereien aus den Schüsseln.

„Was ist?“ fragte Suga und lenkte meine Aufmerksamkeit auf ihn und Jin, der neben ihm saß.

„Ich bin immer noch geschockt, dass jemand Lucas umbringen wollte“, antwortete Jin und sah mich an.

Mist! Es war so angenehm, dass das Thema gewechselt wurde, aber nun hatte ich plötzlich wieder die volle Aufmerksamkeit am Tisch, sprich jeder schaute zu mir.

„Kommt Leute, so interessant ist das nun auch wieder nicht“, versuchte ich das Thema zu ändern.

„Ich finde schon“, meinte Jimin mir gegenüber, „man hat nicht jeden Tag jemand am Tisch sitzen, der einem Mordanschlag entgangen ist.“

„Einem?“, rutschte nun Hyun-Woo heraus, den ich darauf strafend anblickte, aber er nur verlegen grinste.

So gesehen hatte Hyun-Woo Recht. Die ganze Sache war so blöd und kindisch, dass man eigentlich darüber nur  lachen konnte.

„Was meinst du?“, fragte Jimin.

Hyun-Woo blickte mich an.

„Er hat mich auf einem Campingplatz in eine Duschzelle eingesperrt und Feuer gelegt…“, begann ich einfach zu erzählen, „…, dann hat er versucht mich zu überfahren, was aber leider Jack abbekommen hat.“

„Deshalb der Stock?“, fragte Jin und Jack nickte.

„… und nachdem ich nach einem Stoß ins Hafenbecken von der Insel Jeju-do nicht abgesoffen bin, dachte er wohl, er müsse mir, seine Waffe direkt vors Gesicht halten.“

Ich wollte das ganze locker herüber bringen, zeigen, dass ich darüber stehe, aber in Wirklichkeit war ich total unsicher, dass niemand merkte, dass es mich noch sehr belastete. Mit weit aufgerissenen Augen sahen mich die anderen an.

„Das ist alles so passiert?“, wollte Jungkook wissen, der bisher noch nichts gesagt hatte.

Meine Freunde neben mir und ich nickten als Antwort.

„Wahnsinn…“, kam es von V, „und wie bist du da heraus gekommen?“

Ich zeigte auf Jack.

„Danke ihm…, er hatte eine Waffe bei sich…“

„Du hast in erschossen?“, fragte Jin entsetzt, mit viel zu hoher Stimme.

„Nein! Jack hat ihm gezielt in den Arm geschossen, damit In-Jook die Waffe fallen lässt“, verteidigte So-Woi sofort seinen Freund.

„Boah heftig, dann kannst du dich jetzt ja richtig entspannen“, meinte Jimin.

 

 

 

 

 

 

 

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1 Kommentar

  1. Hey Pit, es ist toll, daß du uns Lesern wieder einen Adventskalender präsentierst, freut mich sehr.
    Dir, lieber Pit ,und allen anderen wünsche ich eine schöne Adventszeit.

    VlG Andi

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