Adventskalender – Spieglein, Spieglein an der Wand – Teil 16

„Ja Angus?“, sagte ich leicht genervt.

„Wo steckst du, ich mach mir Sorgen!“

„Noch einer…“, sagte ich mehr zu mir, als zu Angus, „… ich bin noch mit zu David gefahren.“

„Gut, dann brauch ich mit dem Abendessen nicht auf dich zu warten.“

„Moment…“

Ich schaute David an.

„Hunger?“

„Aber ich kann doch nicht…“

„Hast du Hunger?“

„Ja…“, kam es kleinlaut von David.

„Du Angus wir kommen heim, halt das Essen warm!“

„Wir?“, deutlich konnte ich hören, wie Angus kicherte.

„Ja, David und ich! Bye!“

Ich drückte das Gespräch weg.

„Kann ich mich wenigstens noch umziehen?“

„Du, ich habe eine bessere Idee! Du bleibst so, packst dir etwas Bequemes ein und übernachtest heute bei uns.“

„Aber…“

„Nichts aber, du bleibst mir heute Nacht nicht alleine!“

„Aber wo soll ich schlafen…, Angus hat doch jetzt dein Gästezimmer?“

„Bei mir!“

David schaute mich mit großen Augen an.

„Oder wenn es dir lieber ist, die Couch vor dem Fernseher ist auch sehr bequem, oder Angus schläft bei mir und du nimmst sein Bett.“

„Finn…, bitte ich möchte euch nicht solche Umstände machen…, ich…“

„Du machst keine Umstände! Also abgemacht, pack deine Sachen, dann fahren wir. Da gibt es einen jungen Mann, der wartet mit einem herrlichen Essen auf uns! Ach so, vergiss die Zahnbürste nicht!“

*-*-*

„Der Wagen kommt mir bekannt vor“, meinte David, als wir in meine Straße einbogen.

„Welches?“, fragte ich, weil ich mehrere Wagen sah.

„Das, welches direkt vor deinem Haus steht.“

„Da stehen oft Autos, ich mach mir da nie Gedanken darüber.“

„Phillip“, sagte David plötzlich neben mir.

„Was?“, fragte ich und schaute nach draußen, ob dieser Typ irgendwo stand.

„Das ist Phillips Auto!“

„Phillips Auto? Was hat der denn bei mir zu suchen und vor allem, woher weiß er, wo ich wohne?“

„Wenn Phillip etwas heraus bekommen möchte, dann macht er das.“

„Ich lass ihn sicher nicht in mein Haus!“

„Musst du auch nicht. Aber warum bist du so gegen ihn eingestellt? Hoffentlich nicht… wegen mir.“

„David, du kannst ganz beruhigt sein, der Herr hat es ganz alleine fertig gebracht, sich bei mir unbeliebt zu machen. Ich arbeite nur wegen dem Architektenbüro, wo er beschäftigt ist, mit ihm zusammen. Könnte ich wählen, wäre er sicher der letzte Architekt Edinburgh, den ich beauftragen würde.“

David nickte nur und parkte seinen Wagen hinter dem von Phillip. Als ich die Tür öffnete, schlug mir kalte Luft entgegen.

„Er sitzt nicht in seinem Wagen“, meinte David und verschloss den Wagen.

Natürlich schaute ich mich weiter um, konnte aber Phillip nirgends entdecken. Mein Blick blieb auf dem Haus haften. Ich kannte Angus Gastfreundschaft und war mir sicher, dass wir gleiche eine kleine Überraschung erlebten.

„Komm, mir ist kalt“, meinte ich und schob ihn Richtung gatter. Obwohl Angus anscheinend gekehrt hatte, kam es mir doch etwas glatt vor.

David lief mit kleinen Schritten vor mir, nachdem ich das Gatter hinter mir geschlossen hatte. Ich zog meine Schlüssel heraus und spürte jetzt schon, dass meine Finger, trotz der Kürze in der Kälte, sich taub anfühlten.

Durch die offene Tür drang Wärme nach draußen. Ich ließ David den Vortritt, folgte ihm und schloss hinter uns die schwere Holztür.

„Lass dich nicht provozieren!“

David schaute mich fragend an.

„Meinst du wo wohl Phillip ist“, sagte ich leise und zeigte auf den Wohnbereich, „stell deine Tasche auf die Treppe, er braucht nicht mitbekommen, dass du bleibst.“

David macht das, was ich gesagt hatte und zog dann seinen Mantel aus, während ich mich aus Schal und Jacke schälte.

„Hallo ihr beiden!“, begrüßte uns Angus im Türrahmen.

„Hallo“, meinte David, ich nickte ihm nur zu.

„Ähm, wir haben einen Gast“, sprach Angus weiter.

„Ich weiß“, sagte ich nur und schob David vor mir her.

So betraten wir den Wohnbereich und sahen Phillip auf der Couch sitzen. Er trug die gleiche Jacke an, als ich ihn in der Nähe von Doc Barkley gesehen hatte. Komisch ich hatte das völlig vergessen und niemand gesagt.

„Hallo Finn…, oh hallo David, dich hätte ich hier nicht erwartet!“

Phillip war aufgestanden.

„Ich habe ihm zum Abendessen eingeladen, um eventuell noch ein paar Sachen zu besprechen“, erklärte ich, auch wenn ich das nicht musste.

Gelogen hatte ich ja auch nicht, denn ich wollte schon mit ihm reden, insbesondere über das, was vorhin fast geschehen war.  Der Tisch war noch nicht gedeckt, so hatte Angus nichts darüber geäußert, dass er uns beide zum Essen erwartete.

So war Phillips Überraschung, hier David anzutreffen, wohl echt und für mich kein Grund vorhanden, dass ich über sein Dasein wütend wurde.

„Verstehe, weil ich…, dich um ein Gespräch bitten wollte, aber ich will euren Arbeitsdrang nicht stören.“

Er wollte mit mir reden? Über was?

„Aber das können wir ein andermal sicher nachholen…“

Ich nickte nur, weil ich wirklich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte. Es gab wirklich nichts, wovon ich wüsste, dass wir ein Gespräch darüber führen sollten. Phillip schaute kurz zu David, dann setzte er sich in Bewegung. Hatte er Tränen in den Augen? Sah ich richtig?

„Euch noch einen schönen Abend…!“, sagte Phillip und drängte sich an uns vorbei, bevor ich etwas sagen konnte.

Angus folgte ihm so schnell er konnte und wenig später hörten wir die Tür ins Schloss fallen. Unser Jüngster kam zurück und zuckte mit den Schultern.

„Was war denn mit dem los?“, wollte Angus wissen.

„Ich…, ich weiß es nicht. Ich habe Phillip noch nie so erlebt“, meinte David.

„Den Grund kenne ich vielleicht, aber ich weiß immer noch nicht, über was er mit mir zu reden hätte“, sagte ich.

Wir standen nur da und sahen uns an.

„Komm lass uns essen, bevor es noch ganz verkocht ist!“, meinte Angus und zauberte wie aus dem nichts plötzlich Teller und Besteck her.

*-*-*

„Und du hast nichts gehört, über was sie sprachen?“, fragte Angus neugierig und leerte seinen Teller.

Ich hatte den beiden erzählt, was ich gesehen hatte.

„Nein, ich saß bereits im Wagen, ansonsten hätten die beiden mich gesehen.“

Mein Blick wanderte zu David, der die ganze Zeit nichts gesagt, sondern nur zu gehört hatte.

„Das ist nicht Phillip…, jedenfalls nicht den Phillip, den ich schon fast mein ganzes Leben kenne…“, meinte er und schaute mich dann durchdringend an.

„Auch habe ich Phillip nie seine Gefühle zeigen sehen, was das betraf, war er immer verschlossen.“

„Das ist aber nicht gut! Gefühle muss man zeigen, sonst verkümmert man doch irgendwann.“

Angus weiß von was er sprach. Er stand auf, sammelte unsere Teller ein und trug sie zur Spüle.

„Noch ein Glas Wein?“, fragte ich David.

Er schob sein Glas zu mir und ich schenkte ein.

„Lass uns auf die Couch sitzen, da ist es bequemer“, meinte ich.

„Sollen wir nicht erst Angus helfen?“, fragte David.

„Du wirst dich unterstehen und einen Fuß in meine Küche setzten!“, lachte Angus.

„Also…“, lächelte ich und zeigte auf die Couch.

David erhob sich und griff nach seinem Glas.

„Ich hatte vorhin schon Zeit alles Unnötige wegzuspülen und die Schüsseln weiche ich nur ein. Ich bin gleich bei euch“, fügte Angus noch an.

„Ich weiß, dir macht das zu schaffen und es ist nicht hilfreich, dass er jetzt hier auftaut“, sagte ich und ließ mich nieder.

David setzte sich neben mich, stellte sein Glas auf den Tisch.

„Das verrückte ist, ich kann dir nicht mal sagen, warum ich mit ihm zusammen war. War es Gewohnheit, weil ich so lang ich denken kann, mit ihm zusammen war?

„Sex?“, fragte Angus ungeniert, als er nun ebenso zu uns kam und sich in den Sessel lümmelte.

David wurde leicht rot und grinste.

„Daran kann es nicht gelegen haben, dann wären wir schon im zarten Alter von fünfzehn ein Paar gewesen.“

Ich schaute ihn erstaunt an und er fing an zu kichern. Anscheinend machte sich der Alkohol bemerkbar.

„Tu nicht so erstaunt, Finn! Macht nicht jeder in diesem Alter seine ersten sexuellen Erfahrungen, sei es alleine, oder mit einem anderen?“

Er hatte einem gesagt. Mein Brüderchen war schon ein Früchtchen. Er grinste mich breit an.

„Da muss ich dich enttäuschen, liebes Brüderchen, da bin ich wohl der absolute Spätstarter.“

Er zeigte auf mich.

„Du, du hast noch nie…“, er machte eine eindeutige Bewegung, an der Stelle, wo sein bestes Stück saß.

„Nein, das meinte ich, natürlich habe ich mir in dem Alter einen herunter geholt, aber ich war immer für mich alleine.“

„Aber wie hast du dann gemerkt, dass du auf Kerle stehst?“

Das wollte nun David wissen.

„Wenn man dabei ausschließlich an Kerle denkt und keinerlei Ambitionen hat, nur annähernd mal an Frauen zu denken…“

„Und du hattest noch nie einen Freund?“, fragte nun mein Bruder.

Ich schüttelte den Kopf und spürte, wie meine Wangen leicht warm wurden.

„Ich fass es nicht, mein Bruder ist noch Jungfrau!“

„HE, Jungmann, wenn schon denn schon!“

David fing unkontrolliert neben mir zu kichern.

„Was denn? Ist es so schlimm, in dem Alter noch keinen Sex, mit jemand anderen gehabt zu haben?“

„Nein, aber … irgendwie komisch“, kicherte nun auch Angus.

„Ach komm, jetzt sein nicht sauer, Finn“, meinte David und stubste mich leicht an.

Natürlich an einer Stelle, an der ich extreme kitzlig war. Ein kurzer Schrei folgte, was zur Folge hatte, dass die beiden anderen Herren, laut anfingen zu lachen. Mir war aber auch nicht entgangen, dass David nun an mir lehnte.

Eigentlich hatte ich vor, kurz hoch zu gehen und mir etwas Bequemeres anzuziehen, aber Davids Nähe bremste mich total aus. Aber er nahm mir seinerseits, die Entscheidung ab, in dem er sich aufsetzte.

„Kann ich mich irgendwo umziehen, bevor ich meinen Anzug noch völlig ruiniere?“

„Aber natürlich“, meinte ich und stand als erstes aus.

Während David mir folgte, schnappte sich Angus die Fernbedienung.

„Sind gleich wieder da“, meinte ich nur, als ich zum Flur hinaus lief.

„Och, lasst euch ruhig Zeit“, kicherte uns Angus hinterher.

*-*-*

„Willst du vorher noch duschen?“, fragte ich David, als wir in mein Zimmer angekommen waren.

„Vielleicht nachher, bevor wir ins Bett“, antwortete mein Kollege und löste seine Krawatte.

„Wie du möchtest“, entgegnete ich und begann ebenso, mich aus dem Anzug zu schälen.

Was mich ausbremste, war David, der gerade sein Hemd abstreifte und seinen nackten Oberkörper preis gab. Natürlich hatte ich schon nackte Männer gesehen und das war es nicht alleine. Ein großes Tattoo prangte an seiner Seite und verschwand unter seinem linken Arm.

Natürlich blieb es nicht aus, dass David merkte, dass ich ihn anstarrte. Er begann breit zu grinsen.

„Noch nie einen nackten Mann gesehen?“, fragte er.

„Du bist nicht nackt! Du hast noch die Hose an und ich starre nur auf deinen Body, wegen dem Tattoo. Nie hätte ich gedacht, dass du dich tätowieren hast lassen. Was ist das eigentlich?“

Er hob seinen Arm an und ich konnte nun das Gesamtkunstwerk sehen.

„Ein Phönix.“

Ich ging zu ihm hin und strich sanft über die schwarzen Konturen.

„Tat das sehr weh?“, wollte ich wissen.

„Es ging“, antwortete David und senkte seinen Arm.

Nun standen wir beide dicht zusammen. Das Tattoo hatte mich aber nicht so sehr davon abgelenkt, mir nicht auch den Rest anzuschauen. Leichte Behaarung in der Brustgegend und ein sattes Sixpack, auf dem ein leichter Haarstrich in der Hose verschwand.

„Es stört dich nicht?“, riss mich David aus dem Gedanken.

Ich schüttelte den Kopf.

„Warum sollte mich das stören?“

„…Phillip hasste es…“, antwortete David und hängte nun fein säuberlich sein Hemd über die Stuhllehne.

Ich ging die zwei Schritte zurück, wo ich mich begonnen hatte auszuziehen und machte mich erneut an meinen Hemdknöpfe zu schaffen.

„Versteh ich nicht, es sieht doch toll aus.“

„Ja und er wollte es auch, hat aber aufs Tätowieren allergisch reagiert. So hat er entschieden, weil er so etwas nicht haben kann, meinen Phönix zu hassen!“, erklärte mir David.

Verfroren wie ich war, hatte ich unter dem Hemd noch ein Muscleshirt an, das ich mir jetzt über den Kopf streifte. David stieß einen leisen Pfiff aus. Er zeigte auf mich.

„Auch nicht schlecht!“, grinste er.

Ich zuckte mit den Schultern. Wir hatten eine ähnliche Statur, nur das mein Oberkörper mehr behaart war, als seiner. Er entledigte sich mittlerweile seiner Hose. Ich beschloss mich jetzt schnellst möglich umzuziehen, ohne ihn groß zu beobachten, sonst konnten wir wegen der fortgeschrittenen Zeit uns gleich in die Falle hauen.

Schnell war ich den Rest meines Anzugs los und schlüpfte in die Jogginghose und Shirt. David tat es mir gleich, nur dass er eine kurze Hose anhatte.

„Dann können wir wieder hinunter gehen, wer weiß, was Angus von uns denkt“, meinte ich und wollte schon loslaufen, als sich David in den Weg stand.

„Ähm… ich weiß was ich gesagt habe…“

„Was meinst du?“

„Das ich noch sehr an Phillip hänge und nicht…, darf ich dich umarmen?“

Ich konnte nicht anderes, lächelte ihn an. Die Frage hätte ich jetzt nicht erwartet, Generell schien mir, dass ich David total neu kennen lernte.

„Da fragst du noch?“, sagte ich und hob meine Arme.

Er fiel regelrecht hinein und drückte mich kräftig an sich.

„Danke…“, hauchte er mir ins Ohr, „dass du für mich da bist!“

„Nichts zu danken“, sagte ich nur.

Er hob leicht seinen Kopf und seine Augen funkelten wieder, bei der geringen Zimmerbeleuchtung, magisch grün.

„Ich weiß wie fies ich in der Vergangenheit war…“

„… eben, Vergangenheit, vergiss es einfach.“

Dann machte David etwas, womit er mich völlig überrumpelte. Seine Hand wanderte zu meinem Nacken, zog mich zu sich heran und küsste mich. Während er seine Augen schloss, waren meine weit aufgerissen.

Aber viel zu schnell ergab ich mich, bekam weiche Knie und schloss ebenso die Augen. Als wäre es mein letzter Kuss, wurde ich gieriger. Nur der Ruf von Angus trieb uns auseinander.

„Soll ich noch eine Flasche Wein öffnen, oder geht ihr gleich ins Bett?“, hörten wir seine Stimme unten durch die offene Tür. David nickte mir zu.

„Du kannst noch eine öffnen“, rief ich leicht außer Atem zurück.

„Danke!“, meinte David nur und verließ als erstes mein Zimmer.

*-*-*

Als ich noch vor dem Wecker am nächsten Morgen wach wurde, fühlte ich mich eingeengt. Der Grund war die Belagerung in meinem Bett. In meinen Armen lag David, während meine Rückseite von einem nackten Angus gewärmt wurde.

Dieses göttliche Bild wurde nun durch meinen Wecker zerstört. Angus hinter mir brummte.

„Boah… ist die Nacht schon wieder vorbei“, sagte er und richtete sich auf.

David hatte ebenso seine Augen geöffnet und sah zwischen mir und Angus hin und her.

„Ähm… morgen…“, meinte David leicht verschüchtert und löste sich aus meiner Umarmung.

„Ich geh mal schnell vor euch ins Bad“, sagte Angus, sprang nackt wie er war aus dem Bett und lief mit wippenden, steifen Schwanz aus dem Zimmer.

David schaute mich an und zeigte dabei Richtung Tür. Ich lächelte ihn an.

„Angus?“, fragte ich, David nickte, „… keine Sorge, Angus ist total der Frauenwelt verfallen und immer wenn er bei mir geschlafen hat, war er nackt. Warum er allerdings mit einem Steifen aufwacht…, ist auch eine Premiere.“

David grinste mich plötzlich an.

„Dieser süße kleine Schnuckel, schläft also nackt neben dir…“

„Ähm bisher, aber er hat ja jetzt sein eigenes Zimmer…“

„Und du willst du mir weiß machen…“

„He, das ist mein Bruder…!“

„Ja und?“

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