Regenbogenfamilie Teil 43 – Weihnachtsfeier mit Überraschung

Wir, Thomas und ich, wurden von meinem Enkel Kevin, fast wie in alten Zeiten geweckt, nur das es damals mein Sohn Philipp oder meine Tochter Martina waren. Er erklärte uns, dass das Frühstück für alle längst fertig sei und wir doch endlich kommen sollten. Fast alle anderen wären bereits unten im Restaurant und würden schon auf uns warten.

Gestern Abend war es doch reichlich spät geworden, bevor wir endlich in unser Bett und zum Schlafen kamen. Den Wecker hatten wir nicht extra ge­stellt, da wir der Meinung waren, dass wir auch so früh genug wach werden. Der Blick auf den Wecker zeigte mir jedoch, dass das mit dem von selbst wach werden nicht so richtig funktioniert hatte.

Ich sagte zu Kevin: „Gib uns fünf bis zehn Minuten, wir sind sofort unten bei euch, damit keiner von euch verhungern braucht.“ Mit dieser Aussage war er zufrieden und er verschwand aus unserem Schlafzimmer und ich hörte noch, wie Kevin die Wohnungstür leise hinter sich schloss.

Wir krabbelten aus unserem Bett, gingen kurz ins Bad und zogen uns schnell unsere Jogginganzüge an. Gut zehn Minuten später stan­den wir unten im Restaurant. Ich schaute in die Runde und stellte fest, dass wirklich alle schon da waren.

Meine Mutter saß wie immer neben Elisabeth, der Mutter von Thomas. Mein Sohn Philipp und sein Marcus, Alejandro und Jorge, Daniel und Manuel, Sebastian und Alexandra, meine Tochter Martina und mein Schwiegersohn Christoph mit ihren beiden Kindern Kevin und Katharina, selbst Michael und sein Andreas, sowie meine Neffe Jonas und sein Tim warteten bereits auf uns.

Nor­maler­weise frühstückten wir getrennt in unseren eigenen Wohnungen, aber da heute die große Weihnachtsfeier anstand hatten wir im Vorfeld vereinbart, dass wir an diesem Samstag gemeinsam im Restaurant frühstücken wollten, um uns für den Tag zu stärken und anschließend kurz abzuklären, wer für was heute Vormittag bei den Vorbereitungen zu­ständig sei. Sebastian hatte erklärt, dass es für ihn kein Problem sei, für alle ein gemeinsames Frühstück auf die Beine zu stellen, nachdem an diesem Wochenende im Gesindehaus keine Übernachtungsgäste waren

Wir setzten uns an einen noch freien Tisch, nachdem wir uns am Büffet mit frischen Brötchen, Butter, Wurst und Käse eingedeckt hatten. Am Tisch stand eine Kanne mit frischem Kaffee aus der wir unsere Tassen füllten. Alle anderen hatten sich vorher schon bedient und nicht extra auf uns gewartet.

Sie waren bereits kräftig am Semmeln streichen oder bereits beim Essen. Ich genoss erst einmal einen kräf­tigen Schluck vom frischen Kaffee, bevor ich meine Brötchen schmierte und mit Käse belegte. Thomas hatte sich seine erste Semmel vorher vorbe­reitet, bevor er den ersten Kaffee trank.

Solange alle mit dem Frühstück beschäftigt waren, blieb es im Raum ungewöhnlich ruhig. Erst als die ersten fertig waren wurde es etwas lauter. Ich hatte mir zwischenzeitlich noch am Büffet frische Rühreier und gebratenem Speck geholt und war noch mit meinem ausgiebigen Frühstück beschäftigt.

Da das Mittagessen heute wie geplant ausfallen wird, weil wir bereits am frühen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen starten, war es sinnvoll etwas ausgiebiger zu früh­stücken. Sebastian wies alle noch einmal darauf hin, dass doch alle ausgiebig frühstücken sollten, da das Mittagessen heute aus­fallen wird, da bereits am frühen Nachmittag die große Weihnachtsfeier starten wird.

Einige standen dann doch noch einmal auf und gingen ans Büffet, um sich Nachschub zu holen. Thomas meinte zu mir: „Hast du das vorher gewusst, das heute Mittag alles ausfällt, weil du dich bereits entsprechend eingedeckt hast?“

Ich antwortete ihm: „Wir haben das bei unserem letzten Treffen bereits besprochen, dass wir heute aus­giebig frühstücken und dann mittags kein extra Essen vorbereitet wird, weil alle dann voll in den Vorbereitungen für den Nachmittag und den Abend stecken.

In der Küche laufen zu dem Zeitpunkt bereits die Vorbereitung für das Abendessen und für den Kaffee am Nachmittag. So wie es aussah, haben das einige vergessen, sonst wären nach Sebastians Ansage nicht so viele ans Büffet gestürmt, um sich reichlich einzudecken.“

Nachdem dann doch scheinbar alle satt waren, sagte Martina, dass sie jetzt den Hofladen öffnen werde, da wir vergessen hatten die Kunden davon zu informieren, dass heute kein Verkauf statt­finden sollte. Katharina wollte mit ihrer Mutter mitgehen. Jorge, Alejandro, Jonas und Tim und ihre landwirtschaftlichen Mitarbeiter mussten sich erst einmal weiter um die Land­wirtschaft kümmern und verließen uns ebenfalls, wobei sie bereits um fünf Uhr morgens aufgestanden waren, und einen Teil ihrer Arbeit in den Ställen bereits hinter sich gebracht hatten.

Manuel erklärte, dass er kurz in die Gärtnerei fahren will um dort ­zu­ schauen, ob alles in Ordnung sei und er gleichzeitig die von Sebastian bestellte Kräuter und das Gemüse holen will, wobei er Martina noch fragte, ob sie noch etwas für den Hofladen bräuchte.

Meine Mutter erklärte, dass sie mit Elisabeth noch kurz in die Stadt fahren will, weil sie noch einiges einkaufen wollten. Michael erklärte sich bereit, die beiden in die Stadt zu fahren und uns später zu helfen, sofern wir ihm etwas Arbeit übriglassen würden.

Inzwischen waren auch die ersten Mitarbeiter von Sebastians Küchenmannschaft zur Arbeit erschienen, sie sollten bis zum frühen Nachmittag alles für das Büffet am Abend und für den Kaffee am Nachmittag vorbereiten um anschließend mit uns gemeinsam die Weihnachtsfeier zu genießen. Sebastian ging mit seinen Leuten in die Küche und als erstes durften sie sich um unser schmutziges Frühstücksgeschirr und die Reste vom Frühstücks-Büffet kümmern, bevor sie sich den anderen Aufgaben widmen konnten.

Für das Buffet heute Abend hatte ich Sebastian freie Hand ge­lassen, es sollte auf alle Fälle etwas für unsere jüngeren Gäste dabei sein, und der Arbeitsaufwand für die Mitarbeiter aus der Küche sollte während der Weihnachtsfeier auf ein Mini­mum reduziert sein.

Was er sich alles ausgedacht hatte, wollte er der Öffentlichkeit nicht preis­geben, bis heute Abend das Geheimnis gelüftet würde. Die Kuchen, Torten und das Gebäck werden spätestens heute Mittag aus unserem Gutshof Café angeliefert, darum kümmerte sich Martina mit ihrem Team. Für die Tischdekoration, die von Alexandra entworfen wurde, hatte sie bei Manuel Weihnachtssterne bestellt und Thomas und ich durften gestern aus unserem Wald noch Fichten- und Tannen­zweige und einen großen Tannenbaum holen.

Alexandra hatte im großen Saal des Restaurants das Zepter übernommen und zuerst erhielten alle Tische eine weihnacht­liche Tischdecke. Danach wurden die Fichten- und Tannen­zweige in passende Teile geschnitten und auf die Tische verteilt. Da alle zu­griffen lag schnell überall eine entsprechende Menge an Deko­rationsmaterial auf den Tischen.

Ich fragte Alexandra, ob sie meine und Thomas Hilfe noch benötigt. Sie meinte, ihr könnt euch auf andere Aufgaben stürzen, mit meinen Leuten schaffe ich das schon. Ich holte mir noch Philipp und Marcus und wir fingen an in einer Ecke des Saales die Tombola vorzu­bereiten und den großen Weihnachtsbaum aufzustellen.

Wir brauchten dazu drei Biertische und sechs Bänke, wobei wir auf einen der Tische jeweils eine Bank stellten. Ich fragte Alexandra, ob sie für die Tische und Bänke der Tombola Papierdecken hätte, um das ganze etwas feierlicher aussehen zu lassen. Sie verließ kurz den Raum und kam mit Damast ähnlichen weißen Papierdecken zurück. Sie meinte, wir sollten doch mit den restlichen Tannenzweigen die Tombola zusätzlich weihnachtlich dekorieren.

Während sie mit mir die Tischdecken auflegte, waren Thomas, Marcus und Philipp in unseren Bürotrakt gegangen und hatten dort die Kisten mit den Preisen für die Tombola geholt. Sehr schnell mussten wir feststellen, dass die drei Tische nicht ausreichen würden und so beschafften wir uns einen weiteren Tisch und eine Bank. Damit reichte der Platz, um alle Gewinne der Tombola zu präsentieren.

Wir hatten aufgrund der Anmeldungen zur Weihnachtsfeier für jeden Mitarbeiter und seinem erwachsenen Angehörigen jeweils einen Gewinn besorgt. Für die Kinder und Jugendlichen hatten wir eine eigene Tombola, die nur aus Spielwaren bestand, gemischt für verschiedene Altersgruppen. Ich hoffte, dass sie zumindest untereinander tauschen würden, wenn der Gewinn nicht für die entsprechende Altersklasse geeignet ist, die Päckchen hatten deshalb alle in etwa den gleichen Wert.

Manuel war inzwischen wieder von der Gärtnerei zurück und nachdem er das Gemüse und die Kräuter zu Sebastian in die Küche getragen hatte, half er uns noch bei den restlichen Arbeiten an der Tombola.

Als nächstes erhielt der große Weihnachtsbaum seine Lichterketten und nach einem ersten Test, der uns zeigte, dass alle Kerzen brannten, wurde die Kugeln angebracht. Drei Leute standen auf Leitern um den Baum herum und schmückten den Baum mit den ihnen gereichten Kugeln und Wachsmodeln. Dank der vielen fleißigen Hände war der Weihnachtsbaum schneller geschmückt als ich eingeplant hatte.

Bernhard, unser IT-Auszubildender war mit Philipp und Marcus mit der Inbetriebnahme der neuen Soundanlage beschäftigt, damit heute Nach­mittag alle gut verstehen können, was zum einen der Nikolaus zu sagen habe, aber auch um die Ansprachen von meinem ehemaligen Chef und mir gut zu verstehen war. Ansonsten sollte ruhige weihnachtliche Hintergrund­musik laufen, aber nur in einer Lautstärke, dass man sich noch jeder­zeit unter­halten könne.

Sie waren beim Sound­check ange­kommen, der im noch fast leeren Saal gute Ergebnisse brachte. Ich meinte, die Musik im Hinter­grund könne so bleiben, aber bei allen Reden oder Ansprachen solle die Lautstärke vermutlich noch etwas ange­hoben werden, da bei fast einhundertfünfzig Anwesenden, die Familienangehörigen eingerechnet, immer eine gewisse Unruhe vorhanden sei.

Die Musik für den Auftritt des Nikolaus, der für etwa sechzehn Uhr dreißig geplant war, kann von der Lautstärke ruhig etwas höher sein, damit die Leute im Saal merken, dass ihre Aufmerksamkeit gefordert ist.

Die Tische waren so weit eingedeckt, nur die Kuchenteller fehlten noch. Diese standen bereits auf den Tischen, wo später das Kuchen­büffet und am Abend das große Büffet aufgebaut werden sollte. Ich ging kurz in die Küche, um mich auch dort davon zu überzeugen, dass ebenfalls alles nach Plan lief.

Die drei Küchenmitarbeiter, die wir von unserem Caterer, Herrn Baumgartner ausgeliehen hatten, waren bereits mit Sebastians Mitarbeitern bei der Arbeit und wurden von Sebastian in die Abläufe des heutigen Nachmittags und abends einge­wiesen.

Später sollten noch die Servicemitarbeiter dazukommen, die uns mit Getränken ver­sorgen werden. Ich hatte mich zu diesem Schritt entschlossen, damit alle Mitarbeiter wei­test­gehend ungestört an der Weih­nachtsfeier teilnehmen können.

Beim Blick auf meine Armbanduhr stellte ich fest, dass es bereits kurz nach halb zwei Uhr war und ich und Thomas so langsam in unsere privaten Räume verschwinden sollten, damit wir in gut einer Stunde wieder frisch geduscht und für die Feier entsprechend ge­kleidet wieder unten sind, um die Gäste zusam­men mit meinem ehe­maligen Chef zu empfangen.

Zusammen gingen wir nach oben, eigent­lich wollte ich allein in die Dusche steigen, aber Thomas meinte, wir sollten gemeinsam duschen, damit wir hoffentlich rechtzeitig fertig sind. Das hörte sich für mich nicht nach nur kurzem Duschen an, Thomas brauchte scheinbar noch Ent­spannung, bevor wir uns in die Weih­nachtsfeier stürzten.

Da ich keinen Einwand brachte, zogen wir uns aus und gingen zu­sammen in die Dusche und wie bereits vermutet, verließen wir erst gut eine halbe Stunde später endlich die Dusche. Jetzt wurde es Zeit, dass wir uns für die Weihnachtsfeier anzogen, bevor Kevin heute zum zweiten Mal bei uns auftaucht und uns erklärt, dass wir endlich kommen sollen.

Da mir noch etwas Zeit verblieb, bis ich wieder nach unten ging, setzte ich mich ins Wohnzimmer und dachte darüber nach, wie diese gemein­same Weihnachtsfeier zustande gekommen ist. Ich hatte meinen ehe­maligen Chef mehrmals angerufen und ihm den Vorschlag unterbreitet, dieses Jahr ausnahmsweise eine gemein­same Weih­nachts­feier im Gutshof Restaurant zu veranstalten, da ich meinen ehe­maligen Kol­legen noch meinen Ausstand schuldig sei.

Anfang September erklärte er sich endlich bereit auf meinen Vorschlag einzu­gehen. Wir einigten uns darauf die gesamten Kosten im Verhältnis der Mitarbeiter aufzuteilen. Danach fingen wir mit den Planungen an, den Vorbe­reitungen für die Tombola und allem, was dazu gehörte.

Vor wenigen Tagen, unterschrieben wir einen Vertrag, der die Entscheidung für eine gemeinsame Weihnachts­feier in ein neues Licht rückte. Wir waren inzwischen beide froh darüber, dass wir bereits zwei Monate vorher diese gemein­same Veranstaltung angesetzt hatten. Wir wollten den heutigen Tag nutzen um unsere Mit­arbeiter von den Änderungen, die zum ersten Januar des kommenden Jahres auf sie zukommen würden, zu unterrichten.

Da es die Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter beider Firmen betreffen wird, fanden wir die Gelegenheit gut, auf der Weihnachtsfeier die Be­legschaft zu unterrichten. Selbst Thomas war bisher nicht eingeweiht in die Überraschung, die wir heute verkünden werden.

Kurz vor halb drei Uhr waren Thomas und ich wieder unten und wenige Minuten später stand mein ehemaliger Chef Johannes mit seiner Frau vor mir. Ich fragte, ob er bereits nervös sei, er antwortete nur, mich kann nichts aus der Ruhe bringen, auch nicht unsere Ansprache an die Belegschaft beider Firmen.

Bevor unsere Mit­arbeiter mit ihren Familien kommen würden, zeigte ich ihm kurz den Saal mit den geschmückten Tischen, unserer vorbereiteten Tombola und das Kuchen-Büffet für den Kaffee am Nachmittag. Seine Frau meinte, ihr habt euch große Mühe gegeben, damit es für alle ein feierliches Erlebnis wird, sie hoffe nur, dass unser Vertrag von der Belegschaft nicht negativ aufgenommen werde.

Die Mitarbeiter von Caterer, die wir heute für den Service engagiert hatten, waren bereits einge­troffen und hektisch bei der Arbeit, um die Getränke, die am Eingang gereicht werden sollten, vorzube­reiten. Es gibt wahl­weise für die Erwachsenen alkoholfreie Säfte und Sekt mit oder ohne Orangensaft, für die jüngeren nur alkoholfreien Getränke. Selbst bei den Kuchen stand bereits ein Mitarbeiter der schon verschiedene Kuchen auf Dessert­teller verteilte, um für den ersten Ansturm gerüstet zu sein. Die mit Kaffee oder Schokolade gefüllten Thermoskannen wurden bereits auf die Tische gestellt, damit, wenn in wenigen Minuten die ersten Gäste eintreffen sollten, alle schnell versorgt waren.

Ich stellte mich mit Johannes an den Eingang zum Saal, um alle per­sönlich zu begrüßen, Thomas sollte sich um die Frau des Chefs küm­mern, und sich mit ihr an den für uns reservierten Tisch setzen.

Ab viertel vor drei Uhr kamen nach und nach unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren Familien oder Lebenspartnern und wurden von uns herzlich begrüßt. Wir erklärten ihnen, dass sie und ihre Angehörigen und Kindern sich neben dem Eingang ihre Lose für die Tombola bei Michael und Andreas holen sollten und sich in die Anwesenheitsliste ein­zutragen, die wir aus steuerlichen Gründen benötigen.

Wir wie­sen darauf hin, dass es keine feste Sitzordnung gibt, wir uns aber freuen würden, wenn trotzdem eine bunte Mischung der Mitarbeiter aus beiden Unter­nehmen an den Tischen zusam­mensitzen würde. Ich hatte Manuel und Daniel begrüßt und gefragt ob in der Gärtnerei alle Mit­arbeiter pünktlich Schluss gemacht hatten. Er meinte, seines Wissens wären alle pünktlich nach Hause gegangen.

Meine und Thomas Mutter standen vor uns und hinter ihr Philipp und Marcus. Ich bat Philipp unsere Mütter an den Tisch zu Thomas zu bringen. Er wollte mit Marcus an einem Tisch mit den anderen jüngeren Mitarbeitern sitzen. Zwischendurch warf ich einen Blick in den Raum und stellte zufrieden fest, dass die Mitarbeiter unserer Bitte nachgekommen sind und sich gemischt an den Tischen verteilten. Was mir jedoch auffiel, dass vor allem Familien mit Kindern oder die jüngere Generation gemeinsam an einem Tisch saßen, während an anderen Tischen meist die älteren Mitarbeiter mit ihren Angehörigen Platz genommen hatten.

Kurz nach halb vier Uhr, wir hatten fast alle Mitarbeiter in­zwischen begrüßt, drückte mir Bernhard das Mikrofon in die Hand. Johannes und ich begrüßten noch einmal alle Mitarbeiter und ihre Ange­hörigen und wünschten ihnen viel Vergnügen auf der gemein­samen Weihnachtsfeier. Wir informierten kurz über den geplanten Ablauf des Nachmittags und des Abends, in etwa einer dreiviertel Stunde werde der Nikolaus kommen, zum einen für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für einige unsere Mitarbeiter.

Wir beide wer­den im Anschluss daran, je­weils eine Ansprache halten und in einen Überblick das vergan­gene Jahr Revue passieren lassen und einen vorsichtigen Blick in die Zukunft der Unternehmen werfen. Anschließend können sich alle ihre Preise von der Tombola abholen. Ich fragte nach, ob jeder Erwachsene ein rotes und die Kinder und Jugendlichen ein grünes Los erhalten haben. Da sich keiner meldete, der scheinbar kein Los erhalten hat, ging ich davon aus, dass jeder ein Los hat.

Nach unserer Ansprache setzten wir uns an unseren Tisch, an dem für uns sechs Plätze reserviert waren. Es hatten sich auch einige unserer Mitarbeiter dort eingefunden, wobei ich nur unsere Singles erkennen konnte. Thomas hatte für mich bereits ein Stück Kuchen vom Büffet geholt, ich schenkte mir frischen Kaffee ein und in den nächsten Minuten widmete ich mich meinem Kaffee und Kuchen.

Zwischendurch kamen noch einige Nachzügler an den Tisch und Johannes und ich begrüßten sie auf der Weihnachtsfeier. Einmal stand ich auf und holte ich mir am Kuchen­büffet noch ein Stück Kuchen und kaum war ich damit fertig stand Philipp neben mir und meinte, ich sollte doch kurz nach draußen kommen, der Nikolaus sei eingetroffen und er wolle noch kurz mit mir vor seinem Auftritt sprechen.

Ich ging mit ihm nach nebenan, wo uns der Nikolaus bereits erwartete. Bernhard war gerade dabei ihm das Mikrofon anzu­legen, damit seine Hände frei blieben. Der Nikolaus wollte wissen, wo die Geschenktüten für die Kinder sind, damit er sie nachher verteilen kann. Philipp zeigte ihm einen riesigen Jute­sack der die Päckchen für die Kinder unserer Mitarbeiter enthielt.

Daneben stand ein kleiner Sack, der eine Kleinigkeit für die Mitarbeiter enthielt, die der Nikolaus im Rahmen seines Vor­trages zu sich bitten würde. Philipp meinte, er würde die beiden Säcke in den Raum tragen und in der Nähe des Nikolaus deponieren. Bernhard war mit der Verkabelung fertig und ging zurück in den Saal um wie vereinbart die Musik langsam lauter zu stellen und dann auch das Lied für den Einzug des Nikolaus anzuspielen. Ich ging zurück und setzte mich neben Thomas.

Bernhard hatte die Musik für den Auftritt des Nikolaus gestartet, von draußen hörten wir ein Kettenrasseln und ein lautes Klopfen an der Tür. Philipp öffnete die Tür von draußen, es kam kein Nikolaus, sondern ein furchterregender Begleiter des Nikolaus, manchmal auch Krampus genannt durch die Tür. Er rasselt mit seinen Ketten und ging langsam durch den ganzen Raum, als nächster erschien Philipp mit den beiden Jutesäcken und stellte sie an den Platz, wo der Nikolaus seine Ansprache halten sollte.

Mit etwas zeitlichem Abstand betrat endlich der Nikolaus den Saal, ging kurz durch die Reihen und stellte sich dann dort hin, wo Philipp die beiden Säcke deponiert hatte. Ich überlegte noch, wieso plötzlich ein Krampus als erster den Saal betreten hatte, ich hatte ihn nicht engagiert. Selbst Johannes schien verwirrt zu sein und schaute mich fragend an.

Ich schüttelte den Kopf, da hatten wohl meine Mitarbeiter nachgeholfen und mit dem Nikolaus ein zusätzliches Agrément getroffen. Ich hatte Philipp und Marcus im Verdacht, beweisen würde ich es nicht können. Einziges Indiz war nur, dass vorher beim Gespräch mit dem Nikolaus kein Krampus zu sehen war, den hatten sie gut vor mir versteckt.

Weiter nachdenken konnte ich nicht mehr, da der Nikolaus seinen Vortrag startete.

Zuerst begrüßte er alle Anwesenden, wobei Johannes und ich als Gastgeber extra erwähnt wurden. Danach erklärte er, dass er in seiner weiteren Rede einige lustige und manchmal auch komische Situ­ationen des vergangenen Jahres ange­sprochen werden und er darum bitte, dass derjenige der sich dabei er­kenne, zu ihm nach vorne kom­men möchte und sich rechts von ihm aufstellen soll.

Er fing an seine Episoden vorzutragen und fast alle die daran beteiligt waren gingen zum Nikolaus und stellten sich bei ihm auf. Am Ende seiner Ausführungen las er die Namen aller Beteiligten vor und über­prüfte sozusagen, wer sich in diesen Episoden erkannte hatte.

Diejenigen, die bisher nicht aufgestanden waren und jetzt ihren Namen hörten, eilten nun ebenso nach vorne zum Nikolaus. Nicht alle hatten sich bei den Erzählungen angesprochen gefühlt oder wollten vielleicht auch nicht unbedingt an die Vorkom­mnisse erinnert werden.

Als alle bei ihm standen, meinte er, er hätte jetzt noch zwei kleine Ereignisse, die er nun noch vortragen soll. Ich überlegte kurz, alles was Johannes und ich zusammengetragen hatten, war vom Nikolaus bereits vorge­tragen, was wollte er noch erzählen.

Sehr schnell wurde klar, dass Johannes und ich jetzt unser Fett abbekommen würden, denn schon nach wenigen Sätzen war mir klar, dass ich der Urheber für diese Episode gewesen bin. Ich stand auf und stellte mich zu den Mitarbeitern, die noch immer beim Nikolaus standen.

Wie von mir vermutet, als nächstes kam eine Story, die sich bei meinem ehe­maligen Arbeitgeber ereignet hat und die auf Johannes Konto ging. Da er sich rasch erkannt hatte stellte er sich neben mich. Macht euch keine Hoffnungen, meinen und Johannes Fehltritt werde ich euch nicht detailliert erzählen.

Als der Nikolaus auch unsere Tritte ins Fettnäpfchen zum Besten gegeben hatte, griff er nach dem kleineren Jutesack und verteilte an die Mitarbeiter jeweils einen Schokolade-Nikolaus, selbst mir und Johannes drückte er einen in die Hand. Ich hatte zwar nur für die Mitarbeiter die Nikoläuse geordert, aber gekauft wurden scheinbar doch mehr davon.

Als wir wieder auf unseren Plätzen saßen, holte der Nikolaus den Nachwuchs unser Mitarbeiter zu sich und verteilte die vorbereiteten Nikolaus­säckchen mit Orangen, verschiedenen Nüssen, Mandarinen, kleine Schoko-Nikoläusen, Äpfeln und einem Ü-Ei an alle Kinder. Am Ende verabschiedete sich der Niko­laus und wünschte allen noch eine besinnliche und vergnügliche Weih­nachtsfeier. Zu­sam­­men mit seinem Krampus verließ er den großen Saal.

Bernhard stellte wieder die Weihnachts­musik an und folgte dem Nikolaus, um ihn vom Mikrophon zu befreien. Johannes und ich folgten ihm und im Flur trafen wir auf den Nikolaus und seinen Begleiter. Ich sagte zu ihm, ich will gar nicht wissen, wer den Krampus bestellt hat, aber uns hat sein Auftritt gefallen, vor allem am Anfang, als er allein durch den Saal ging und einen überraschend guten Auftritt hingelegt hatte.

Im nächsten Jahr werden wir von vornherein einen Begleiter für den Nikolaus mitbestellen, meinte ich noch. Bernhard hatte den Nikolaus von der Technik befreit und kehrte damit in den Saal zurück. Wir bedankten uns für den gelungenen Auftritt und ich drückten den beiden Akteuren noch ein ordentliches Trinkgeld in die Hand.

Wieder zurück im Saal einigten wir uns, in Anbetracht der bereits fortgeschrittenen Zeit unver­züglich mit unseren Ansprachen zu be­ginnen, damit wir rechtzeitig fertig werden und das Abendessen eini­germaßen plangemäß eingenommen werden kann.

Da ich der erste Redner sein sollte, stellte ich mich ans Rednerpult und breitete mein Manuskript vor mir aus und deutete Bernhard, dass er mit der Musik kurz etwas lauter werden soll, damit ich die nötige Aufmerksamkeit für meine Ansprache erhalte. Das Konzept ging auf, mit der lauteren Musik konnte keine vernünftige Unterhaltung geführt werden, so dass sich alle Augen auf mich richteten.

Ich startete meine Ansprache: „Meine lieben Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter, meine lieben ehemaligen Kolleginnen und Kollegen mit all ihren Angehörigen. Ich will in meiner Rede auf das letzte Jahr zurückblicken, wobei es bei mir eigentlich acht Monate sind. Ein Teil meiner Mitarbeiter, vor allem jene die von Anfang an dabei waren kennen diese Geschichte, für die später in die Firma einge­tretenen Mitarbeiter ist sie genauso neu, wie für meine ehemaligen Kollegen.

Ende April vergangenen Jahres verstarb mein Vater und übertrug mir die Auf­gabe, die Verwaltung des Familienver­mögens zu über­neh­men. Geplant hatte ich das alles nicht, für mich bedeutete es eine komplette Veränderung meines bisherigen Lebens.“

„Da zu dieser Zeit auch unser bisheriger Pächter bereits gekündigt hatte und zum Jahresende die landwirtschaftlichen Flächen neu verpachtet werden sollten, wäre es eine meine ersten Aufgaben gewesen einen neuen Pächter zu suchen.

Rund um die Beerdigung meines Vaters gab es einige Ereignisse, die mich jedoch zum Umdenken veranlassten. Mein Neffe Jonas und sein Freund Tim erzählten mir, dass sie im Herbst letzten Jahres in Weihenstephan ein Studium in Landwirtschaft und Gemüsean­bau starten wollten. Ich fragte die beiden deshalb, ob sie sich vorstellen können, langfristig den landwirtschaftlichen Teil des Gutsbe­triebes zu übernehmen. Da beide zustimmten, war damit der Grundstock für alle darauffolgenden Verän­derungen gelegt.

Ich überlegte mir intensiv, welche Möglichkeiten der Ver­ände­rung im Rahmen des Familienbetriebes noch möglich wären. Ich lud die ganze Familie und einige Freunde unserer Kinder, zu einem Treffen ein. Hier konnten alle ihre Vorschläge einbringen, wobei ich auf Grund ihres bisherigen beruflichen Werdegangs auch eigene Ideen dazu hatte.“

„Eine dieser Ideen war das Restaurant im Gutshof, wo wir heute un­se­re Weih­nachtsfeier abhalten. Sebastian, der Cousin meines Schwie­­ger­­sohnes ist gelernter Koch und absolvierte zu der Zeit eine zweite Ausbildung zum Hotelkaufmann. Ich brauchte ihn nicht einmal zu überreden, als ich ihm meinen Vorschlag unterbreitete, stimmte er sofort zu.

Meine Tochter steuerte ihren Einfall mit einem Hofladen bei, wo wir unsere landwirtschaftlichen Produkte und die aus dem Ge­müseanbau verkaufen sollten. Gleichzeitig könnte ein kleines Café den Hofladen interessanter machen.

Zusätzlich gab es auf dem Gelände des Gutshofes noch ein altes Ge­sinde­haus, das seit vielen Jahren nicht mehr genutzt wurde. Sebastians Freundin entpuppte sich ebenfalls als ange­hende Hotelkauffrau, so dass in mir die Idee reifte, dass dort so etwas wie eine Jugendherberge oder ein Feriendomizil für Kinder aus be­nach­teiligten Familien entstehen könnte.

Letzteres ist im Ansatz meinem Vater zu verdanken, der auf Mallorca eine Stiftung ins Leben gerufen hatte, die für benachteiligte Kinder in Spanien diese Aufgabe über­nehmen soll. Das große Gutshaus, war bis auf die Flächen für das Restaurant trotzdem ein riesiges leerstehendes Gebäude. Meine Anregung, dass die gesamte Familie dort einziehen sollte, wurde nach einigen längeren Diskussionen ebenfalls angenommen.“

„Damit hatten wir eine Menge an Plänen, die auf Umsetzung warteten. Die Übernahme der Gärtnerei Winter GmbH war anfänglich nicht Teil unserer Planungen. Manuel, der Sohn vom alten Fritz Winter hatte eine Beziehung mit einem landwirtschaftlichen Mitarbeiter des Gutshofes. Ich hatte bei einem Gespräch mit Daniel herausgefunden, dass es zwischen den beiden gewaltig kriselte, weil Manuel nicht öffentlich zu seiner Homo­­sexualität stehen wollte.

Bei diesem Gespräch mit Manuel stellte ihm Daniel ein Ultimatum, ansonsten würde er ihre langjährige Beziehung als beendet betrachten. Manuel offenbarte seinen Eltern, dass er schwul sei und sich in Daniel verknallt hatte, damit trat dann das ein, was Manuel bereits befürchtet hatte, sein Vater warf ihn aus dem Haus und enterbte ihn, da er keinen schwulen Nachfolger für den Familienbetrieb haben wollte.

In nicht gerade einfachen Verhandlungen konnte ich Manuels Vater überzeugen, die Gärtnerei an mich, beziehungsweise den Gutshof zu verkaufen, um Manuel wenigstens seinen Arbeitsplatz zu erhalten, was ich seinem Vater jedoch nicht so sagte. Heute ist Manuel der technische Ansprechpartner für mich, der die Gärtnerei leitet. Ich habe mir die Erlaubnis der beiden Betroffenen eingeholt, über sie in dieser Veranstaltung und in dieser Form zu berichten.“

„Gut vierzehn Monate lang wurde an den verschiedenen Gebäu­den des Gutshofes umgebaut und modernisiert, sowie der neue Anbau mit dem Küchen­trakt errichtet. Im ersten Schritt wurde das alte Guts­haus umgebaut und mehrere Wohnungen eingebaut. Mitte November waren alle Wohnungen fertig und ein Teil der Familie ist noch vor Weihnachten eingezogen. Bereits im Mai ver­gangenen Jahres hatten wir im Erd­geschoß unsere ersten Büro­räume eingerichtet, die im Sommer dieses Jahres als letztes renoviert wurden.“

„Ab Ende Oktober letzten Jahres wurde das alte Verwaltergebäude renoviert und teilweise umgebaut. Dort wohnen jetzt Jonas und Tim, sowie Daniel und Manuel. Auch sie konnten Ende Novem­ber bereits in ihre Wohnungen einziehen. Ursprünglich hatten wir geplant, in einem Teil des Ge­bäudes unsere Büros unterzubringen, was aber schnell wieder verworfen wurde, da dort keinerlei Möglichkeiten auf Erweiterung der Büroflächen gegeben waren.“

„Der Hofladen und das Café konnten im April dieses Jahr bereits eröffnet werden und bereits einen Monat später wurde das Café vor­wiegend in den Abendstunden zum Treffpunkt einer schwul-lesbi­schen Jugend­gruppe und an einem Tag der Woche wird ein Seni­orennachmittag veranstaltet. Inzwischen sind weiter Gruppen hinzu­gekommen, die abends das Café für ihre Veranstaltungen und Treffen nutzen. Wir überlegen bereits, ob wir ein benachbartes Gebäude als Treffpunkt für die bestehenden und weiteren Gruppen ausbauen, da die Nachfrage in letzter Zeit enorm gestiegen ist.“

„Im Mai war dann endgültig der Umbau des Gesinde­hauses abge­schlossen. In den Sommerferien wurde es zum ersten Mal, mit Hilfe des Jugendamtes als Ferienunterkunft für benach­teiligte Kinder und Jugendliche genutzt. Des Weiteren hatten wir für vierzehn Tage, diesmal in Zusammenarbeit mit einer kirchlichen Hilfsorganisation, eine Gruppe von Eltern und Kindern hier, die als kinderreich einge­stuft wurden und die hier ihren ersten gemeinsamen Familienurlaub erlebten.

Nach den Sommerferien waren inzwischen einige Schul­klassen hier die ihren einwöchigen Landschulheimaufenthalt ver­brachten. An einigen Wochenenden fanden einzelne Gruppen ihren Weg hierher, um Seminare oder Schulungen zu veranstalten.

Ab dem kommende Jahr haben wir von uns veranstaltete Seminarwochenenden geplant. Die Anmeldungen, die bisher für das kommende Jahr vorliegen, zeigen dass unser Konzept angenommen wird. Wie mir Alexandra gestern mitteilte, ist für Mai und Juni nächsten Jahres bereits alles ausgebucht. Die Sommerferien sind wieder für Familien, sowie Kinder und Jugend­liche verplant.“

„Die Unterkünfte für die Erntehelfer, die als Saisonarbeiter be­schäftigt sind, wurden erst im Oktober vollständig fertig gestellt, da hier während des Umbaus immer wieder die Pläne geändert werden mussten. Sie wurden in diesem Jahr noch in den alten Unterkünften und teilweise in angemieteten Wohnwägen unter­gebracht.“

„Die Küche, die zum einen für das Restaurant zuständig ist, aber auch die Gäste im Gesindehaus mit Frühstück, Mittag- und Abend­essen versorgt konnte Anfang Juli ihren Betrieb aufneh­men, gerade noch rechtzeitig für die ersten Gäste im Gesinde­haus.

Die Einrichtung des Restaurants wurde Anfang September fertiggestellt und am 20. September wurde die offizielle Er­öffnung gefeiert. Vor knapp drei Wochen hatte des Restaurants seine erste große Bewährungsprobe zu bestehen, als ich hier meinen vierundfünfzigsten Geburtstag feierte, zu dem fast einhundert Gäste eingeladen waren.

Ich nutzte die Gelegenheit um zum einen für unser Restaurant, aber auch für unsere Projekte in Sachen benachteiligte Kinder und Jugendliche oder den Umgang mit Minderheiten zu werben. In den nächsten Tagen sind noch zwei Weih­nachtsfeiern geplant, es handelt sich um zwei namhafte Firmen aus der Stadt.“

„Für das nächste Jahr sind weitere Um- und Ausbau­maßnahmen vorgesehen, wir wollen noch weitere Wohnungen und Appartements für neue Mitarbeiter und Auszubildende errichten, vor allem für jene, die weiter weg wohnen und nicht täglich nach Hause fahren können.

Geplant ist weiter ein neues Projekt, wir wollen Jugendlichen ohne festen Wohnsitz für einen gewissen Zeitraum ein Zuhause bieten und gleichzeitig können sie Praktika in den verschiedenen Bereichen des Gutshofes Sonneneck absolvieren. Ebenfalls werden wir nächstes Jahr zum ersten Mal eine Gruppe von spanischen Kindern und Jugend­lichen für ein bis zwei Wochen nach Deutschland holen.“

„Ich hoffe ich habe euch mit meinen Ausführungen nicht allzu sehr gelangweilt, jetzt wird Johannes mit seinen Aus­führungen nach einer kurzen Pause weiter­machen. In der Pause gibt es Nachschub bei den Getränken und sind Besuche der stillen Örtlichkeiten möglich. Nach dem Vortrag von Johannes wird das große Büffet für unser Abendessen aufgebaut und in dieser Zeit kann von euch allen die Tombola abgeräumt werden.“

Es wurde kurze Zeit echt laut und hektisch, viele nutzten die Gele­genheit und gingen zu den stillen Örtlichkeiten, ebenso waren die Service­mitarbeiter im vollen Einsatz. Nach knapp zehn Minuten stand Johannes auf und stellte sich ans Rednerpult. Bernhard drehte wieder die Musik lauter und langsam kehrte wieder Ruhe im Saal ein.

Als Bernhard die Musik abdrehte, fing Johannes mit seinem Jahresrückblick an. In den nächsten fünfzehn Minuten erzählte er, so wie ich vorher, über die Entwickelung der Firma im Laufe des Jahres. Dann kam der entscheidende Augenblick.

„In den letzten Wochen sind viele Gerüchte durch die Firma gegeistert. Vor allem ein Gerücht hat sich hartnäckig gehalten, dass die Firma verkauft werden soll. Ich verstehe, dass diese Spekulationen auf­­gekommen sind, wie ihr wisst werde ich im nächsten Jahr sechsund­sechzig und dass ich jetzt kürzertreten will, habe ich auch nie verheimlicht.

Es ist richtig, dass ich in den letzten Monaten auf der Suche nach einem Nachfolger für das Unternehmen war. Ich kann euch hier und heute mitteilen, dass ich zum ersten Januar die Firma verkauft habe und als Geschäfts­führer aus dem Unternehmen aus­scheide, der neue Eigen­tümer hat auf meinen ausdrücklichen Wunsch zugestimmt, dass Thomas Maurer als zukünftiger Geschäftsführer die Geschicke der Firma leiten wird.“

Thomas tippte mir auf die Schulter und meinte, dass er bisher nichts davon gewusst habe und auch keiner mit ihm gesprochen habe. Ich schaute ihn an und erklärte ihm, er solle doch zu Johannes gehen und seinen Kolleginnen und Kollegen das erklären, was er eben zu mir gesagt habe.

Er stand auf und ging zu Johannes ans Rednerpult. Er ließ sich von ihm das Mikrofon aushändigen und erklärte seinen Kollegen: „Ich bin soeben von der Mitteilung durch Johannes genauso überrascht, wie ihr. Bis vor zwei Minuten wusste ich nicht einmal, dass die Firma in Kürze einen neuen Eigentümer erhält und ich als Geschäfts­führer die Geschicke der Firma leiten soll. Johannes, mich und meine Kolleginnen und Kollegen würde schwer inte­ressieren, wer das Unternehmen gekauft hat und mich, auf deinen Wunsch als neuen Geschäftsführer bestimmt hat?“

Johannes blickte hilfesuchend zu mir, ich stand auf und ging auf die beiden zu. Johannes hatte sich mit seiner Ansprache verrannt und die Aussage, dass Thomas der neue Geschäfts­führer wird, viel zu früh unters Volk gestreut.

Ich ergriff das Mikrofon und erklärte allen: „Ihr wollt wissen, wer das Unter­nehmen gekauft hat. Die Frage ist ganz einfach zu beantworten, der Gutshof Sonneneck hat die Anteile am Unternehmen von Johannes über­nommen. Das Gebäude, in dem die Firma unterge­bracht ist, ist von Johannes ebenfalls an die Gutshof­verwaltung verkauft.

Das bedeutet jetzt erst einmal, dass sich für keinen von euch etwas ändert. Einzige Ausnahme ist Thomas, er wird ab Januar die Geschäfts­führung übernehmen und somit aus seinem bisherigen Büro umziehen ins Büro von Johannes. Im Laufe des nächsten Jahres werden nur zwei Abteilungen umstrukturiert.

Die beiden Personalabteilungen und die zwei Finanzbuch­haltungen werden zusammengelegt, alles andere bleibt lang­fristig so wie es bisher ist, ich will dort keine Veränderungen, da die Strukturen, die vorhanden sind, keine weiteren Berüh­rungspunkte mit den bisherigen Tätigkeiten des Gutshofes haben.

Es gibt noch eine Ausnahme, dass wird der Bereich Infor­ma­tion- und Kommunikationstechnik, diese werden ebenfalls eng zu­sam­menarbeiten, aber an beiden Standorten vertreten bleiben. Wo die beiden zusammengeführten Abteilungen angesiedelt werden, ist noch nicht endgültig entschieden. Meine Über­legungen gehen momentan dahin, dass die Finanzbuch­haltung am Gutshof zusammengefasst wird und die Personalab­teilung zukünftig in der Stadt angesiedelt wird.

Das hätte den Vorteil, dass Bewerber, also neue zukünftige Mitarbeiter, egal ob sie hier auf dem Gutshof oder in der Stadt beschäftigt werden, vom Bahnhof kurze Wege zu ihrem Vor­stellungsgesprächen haben werden.

Thomas erhält von mir hiermit den Auftrag, dass er seinen bisherigen Stellvertreter ab sofort in seine neue Aufgabe als Abteilungsleiter einarbeitet. Soweit ich informiert bin, ist das Jens, der sich in den nächsten Tagen Gedanken machen darf, wer sein Stellvertreter werden soll, er kann sich mit Thomas gerne abstimmen, wenn er für geeignet hält.

Wenn Jens sich entschieden hat, setze ich mich mit den Beiden zusammen und wir besprechen seine Auswahl. Jens, du hast jetzt maximal eine Woche Zeit darüber nachzudenken und vergiss bitte nicht, dass ich als Eigentümer ein Widerspruchs­recht habe, wenn ich anderer Meinung sein sollte.“

Ich unterbrach kurz, nahm einen Schluck Wasser und sprach weiter: „Ihr wollt sicher auch wissen, wann ich mit dem Angebot, die Firma zu übernehmen, konfrontiert wurde. Bis zu meinem Geburtstag vor gut drei Wochen wusste ich ebenfalls noch nichts davon, dass Johannes mir die Firma anbieten würde.

An diesem Abend fragte er mich zum ersten Mal, ob ich mir vorstellen könnte die Firma zu übernehmen und in den Gutshof zu integrieren. Unsere Ideen und Konzepte auch mit dem sozialen Engagement würden ihm sehr zusa­gen.

Er hatte vorher auch einige Gespräche mit anderen Interessenten geführt, von denen er aber nicht absolut überzeugt war, weil er be­fürchten musste, dass sein Lebenswerk dadurch zerstört werden könnte. Das und noch einige weitere Details wollte euch Johannes noch erzählen, bevor er euch Thomas als neuen Geschäfts­führer vorstellen sollte.

Ich kann gut nachvollziehen, dass es keine leichte Aufgabe ist, seinen Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern zu erklären, dass die Firma in neue Hände übergeht. Scheinbar sind ihm durch seine Nervosität die Seiten seines Manuskripts etwas durcheinan­derge­raten und so hat er euch mit diesem Punkt zu früh überrascht.“

Ich machte wieder eine kurze Pause bevor ich weitersprach: „Nachdem mir Johannes an meinem Geburtstag dieses Angebot unterbreitet hat, habe ich nicht lange überlegt und Johannes um­gehend die Zusage gegeben, dass ich bereit bin, das Unter­neh­men zu über­nehmen und wie bisher fortzuführen.

Wir haben in den vergangenen drei Wochen gemeinsam alle nötigen Verträge vorbereitet und unterschrieben. Ich möchte meine ehe­maligen Kolleginnen und Kollegen recht herzlich als Teil der Gutshof Sonneneck Familie begrüßen. Für weitere Fragen stehe ich euch gerne nach dem Abendessen bereit. Ich werden mich euren Fragen dazu ab etwa zwanzig Uhr stellen. Wir machen jetzt eine Pause für das Abendessen und anschließend können von euch noch Fragen gestellt werden.“

Sebastian und ein Teil seiner Leute verschwanden in die Küche, um mit den Mitarbeitern von Herrn Baumgartner das Büffet aufzubauen. Knapp zwanzig Minuten später war alles ange­richtet und Sebastian verkündete allen, dass nunmehr das Büffet eröffnet sei. Die Köche des Caterers teilten das Fleisch und bedienten am Büffet. Sie wurden von zwei Servicekräften unterstützt, während das restlichen Service­personal weiter für die Getränke zuständig war.

Wie ich einigen Gesprächen entnehmen konnte, ging es hauptsächlich um ein Thema, den Verkauf von Johannes Unternehmen an den Gutshof Sonneneck. Gut, die Ankün­di­gung von ihrem Chef, dass er sein Unter­nehmen verkauft hat, bewegte nicht nur seine Mitarbeiter, auch meine eigenen Leute waren überrascht worden. Ich hatte keinen davon informiert, wie ich es mit Johannes zuvor abgesprochen hatte, für sie war die An­kündigung der Übernahme ebenso neu. Wir hatten vereinbart, dass wir alle Mitarbeiter gemeinsam während der Weihnachtsfeier von den Veränderungen unter­richten würden.

Nachdem ich schnell mit meinem Essen fertig war, mischte ich mich unter meine ehemaligen Kollegen und meine eigenen Mit­arbeiter. Ich wollte die Stimmung zur Übernahme von Johannes Unter­nehmen einfangen und erkunden, mit welchen Fragen ich später zu rechnen habe. Wie ich sehr schnell feststellen konnte, gab es kaum Ablehnung, gerade meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen fanden die Übernahme durch den Gutshof Sonneneck besser, als wenn sie von einem größeren Konzern aus derselben Branche geschluckt worden wären. In diesem Fall hätten sie wahrscheinlich mit einigen Kündigungen rechnen müssen, da einige Bereiche vermutlich zentral verwaltet werden und dann vor Ort nicht mehr benötigt werden.

Das war einer der ausschlaggebenden Gründe, warum ich Johan­nes sofort zusagte, ich kannte das Unternehmen, die Stärken und Schwächen meiner ehemaligen Kolleginnen und Kollegen und mit der Übernahme brauchen nur bestimmte Abteilungen zusammengelegt werden, Personalabbau wird nicht nötig sein.

Die beiden Abteilungen, die davon betroffen sind, hatte ich vorher bereits genannt, alles andere sind Abteilungen und Bereiche, die wir auf dem Gutshof bisher nicht haben und die nicht mit unserem bisherigen Kerngeschäft kollidieren. Durch meine Übernahme war nur sichergestellt, dass keine Mitarbeiterin und kein Mitarbeiter den Job verlieren würden.

So gegen halb neun Uhr, also eine halbe Stunde später als geplant stand ich wieder am Rednerpult. Die Tische waren bereits vom Geschirr befreit, so dass die Geräuschkulisse wieder auf einem entsprechenden Level war, bei dem eine vernünftige Kommunikation möglich wurde. Ich bat um Aufmerksamkeit und sagte zuerst: „Bevor ich jetzt die Frage­stunde starte, habe ich noch eine Bitte an alle, wer Fragen hat, der geht bitte jetzt zu Thomas und trägt sich in die Liste ein. Damit wir nicht morgen früh noch hier sitzen, stehen jedem für seine Fragen und meine Antworten jeweils etwa zehn Minuten zu Verfügung und bitte Fragen, die bereits gestellt wurden, nicht mehr wiederholen.

Im Anschluss möchte ich mich gerne in persönlichen Gesprächen noch mit dem einen oder anderen unterhalten. Wie ich sehe, sind die ersten bereits bei Thomas, um sich in die Liste einzutragen. Der glückliche, der sich als erster eingetragen hatte kann gleich zu mir kommen.“

Bernhard überreichte mir ein zweites Mikrofon, dass ich der jeweiligen Fragestellerin oder dem Fragesteller in die Hand geben sollte. Thomas hatte sich Philipp geschnappt, der seinen Job weiter­führen sollte, da er sich frech als erster in die Liste einge­tragen hatte. Als er neben mir stand grinste er mich an und meinte, damit hast du jetzt sicher nicht gerechnet. Ich zuckte mit der Schulter, so nach dem Motto, ich kann es nicht ändern.

Ich drückte ihm das Mikro in die Hand und forderte ihn auf seine Anmerkungen oder Fragen zu stellen. Thomas nahm das Mikrofon und fing zu reden an: „Mich würde interessieren, hast du im Sommer, als du die gemeinschaftliche Weihnachtsfeier initiiert hast, schon an die Übernahme von Johannes Unterneh­men gedacht oder habt ihr zu diesem Zeitpunkt bereits darüber gesprochen?

Als Zweites würde mich interessieren, wie ihr beiden es geschafft habt, bis heute in beiden Firmen alles so geheim zu halten, ohne dass eine meiner Kolleginnen oder Kollegen und kein Mitarbeiter des Gutshofes auch nur die geringste Ahnung hatten. Neugierig bin ich, warum du gerade mich zum neuen Geschäftsführer ernennst, ohne mich vorher gefragt zu haben?“

Ich antwortete ihm: „Ich kann euch versichern, im Sommer, bei der Planung der gemeinsamen Weihnachtsfeier hatte ich selbst noch keine Ahnung, dass Johannes die Firma verkaufen will. Ich wollte endlich mein Versprechen einlösen, dass ich meinen Kolleginnen und Kollegen bei meinem Ausscheiden letztes Jahr gegeben habe, mit allen meinen Ausstand zu feiern. Da in den zwölf Monaten vorher, kein Termin zustande kam, hatte ich mir überlegt, dass mit der Weihnachtsfeier die beste Gelegenheit sei, den Termin endlich nachzuholen.

Zu deiner zweiten Frage in Sachen Geheimhaltung kann ich nur so viel sagen, Johannes und ich haben uns für die Gespräche immer außerhalb der Firmen getroffen. Klar war es nicht immer einfach, aber da die Zeit zwischen den ersten Gesprächen und der Weih­nachtsfeier sehr kurz war, immerhin nur drei Wochen, schafften wir es alles so lange geheim zu halten, da eine meiner Bedingungen war, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der heutigen Weih­nachts­feier mit der Mitteilung über die Übernahme der J. Graf GmbH zu informieren.

Es gab eine einzige Ausnahme, sie wusste von Anfang an Bescheid, durfte aber mit niemanden darüber reden, wir hatten ihr mit fristloser Kündigung gedroht, sofern irgendetwas in die Öffentlichkeit gelangen sollte. Warum du zum Geschäftsführer ernannt wirst, ist einfach zu beant­worten, Johannes hat vor­geschlagen dir diese Aufgabe zu über­tragen. Ich hatte zwar Bedenken, vor allem deshalb, weil du mein Lebenspartner bist, aber Johannes meinte nur, du wärest für diese Aufgabe geeignet und wenn Fragen auftauchten, könntest du dich einfach an mich wenden.

Ich habe ihm erst vor­gestern die Zusage gegeben, dass du Geschäftsführer wirst, nachdem ich mehrere Tage darüber nachgedacht habe. Wie bereits angedeutet, nachdem wir beiden in einer Gemeinschaft leben, war ich eher dagegen, dir diese Aufgabe zu übertragen. Johannes hat mich mit seinen Argu­menten dann am Ende doch überzeugen können.“

Thomas gab mir das Mikrofon zurück, nachdem er sich für meine Antworten bedankt hatte und erklärte, dass ihm diese Aussagen ausreichen. Ich fragte kurz bei Philipp nach, wie viele Fragesteller er auf seiner Liste habe. Er meinte außer Thomas seien es noch fünf weitere Namen auf seiner Liste.

Gut damit sollten wir nach einer Stunde durch sein und es blieb noch Zeit für persönliche Gespräche. Weitere Gespräche würde ich in den nächsten Tagen in beiden Firmen führen. Ich bat den zweiten Fragesteller zu mir. Schon wieder einer meiner Mitarbeiter. Ich stellte ihn kurz allen vor, Klaus Brunner, arbeitet in der Buch­haltung des Gutshofes Sonneneck. Ich überreichte ihm das Mikrofon und wartete auf seine Fragen.

Klaus schaute mich direkt an und sagte: „Peter, du hast vorher angekündigt, dass die beiden Buchhaltungen zusam­mengelegt werden, zu welchem Zeitpunkt soll das stattfinden. Du hast angedeutet, dass die Buchhaltung auf dem Gutshof verbleiben soll, kann sich daran noch etwas ändern?“

Da ich in etwa mit diesen Fragen gerechnet hatte, fiel mir die Antwort leicht: „Klaus, die Frage, ob die Buchhaltung auf dem Gutshof bleibt, ist so gut wie entschieden. Auf dem Gutshof sind Erweiterungen der Buchhaltung leichter möglich als im Büroge­bäude in der Stadt, damit wird die Buchhaltung dort angesiedelt.

Deine zweite Frage, ab wann die Buchhaltung umgestellt wird, ist noch einfacher zu beantworten. Am ersten Januar gehört die Firma zum Gutshof und ab dem Zeitpunkt wird auch gebucht, die Saldenvorträge werden nach erfolgtem Jahresabschluss nachgebucht. Wir werden uns bereits am Montag früh zusammensetzen und die Umstellung planen. Die Herrschaften aus der Buchhaltung bitte genau hinhören, Montag neun Uhr auf dem Gutshof treffen wir uns alle, um die Umstellung der Buchhaltung zu planen und voranzutreiben.

Marcus und Philipp, so­wie Bernhard, für euch gilt das ebenso, ihr werdet für die Daten­verarbeitungsfragen ebenfalls an dieser Besprechung teilnehmen. Vielleicht können wir auch gleich das Problem lösen, in welchen Räumen die Buchhaltung angesiedelt wird. Klaus sind deine Fragen damit ausreichend beantwortet?“

Da seine Fragen damit geklärt waren, konnte der dritte Fragsteller zu mir kommen. Ich bat ihn sich kurz vorzustellen und dann seine Fragen zu stellen. „Mein Name ist Josef Bauer, ich arbeite im Marketing. Meine Fragen beziehen sich nur auf das Marketing. Gibt es am Gutshof bisher bereits eine Mar­ketingabteilung. Werden wir mit dem Marketing des Guts­hofes zusammenarbeiten oder ist eine Zusammenlegung geplant?“

Ich antwortete ihm: „Der Gutshof hat bisher keine eigene Marketingabteilung, bisher ist es hier so, dass jeder in seinem Bereich diese Aufgaben mit übernimmt. Die Webseiten des Gutshofes werden von Bernhard, Marcus und Philipp betreut. Johannes hat bisher ein ex­ternes Unternehmen damit beauftragt, vermutlich wird zukünftig der Internetauftritt des Gutshofes und des übernommenen Unter­nehmens intern betreut, dazu werden wir jedoch weitere Kollegen für die Informationstechnologie ein­stellen müssen.

Wenn die Mitarbeiter der Marketingabteilung zukünftig neue Herausforderungen suchen, die Kollegen vom Gutshof werden sich über Unterstützung in Marke­tingfragen sicher freuen. Eine Zusammen­legung ist unmöglich, da wie gesagt, bisher keine eigene Marketingabteilung auf dem Gutshof existiert. Ich schlage vor, dass wir uns Mitte Januar zusammen­setzen und zusammen über­legen, welche Synergieeffekte wir nutzen können.

Die Abtei­lungen Informations- und Kommuni­ka­tionstechnik wer­den zukünftig erst einmal nur enger zusam­men­­arbeiten, lang­fristig müssen wir uns überlegen, wie alles neu strukturiert wird.“

Ich schaute meinen neuen Kollegen Josef an und wollte wissen, ob meine Antworten ausreichen. Er meinte und erklärte weiter, dass er sich auf neue Herausforderungen freuen wird. Er meinte, Gartenbau, Restaurant und Hofladen, aber auch das Seminar­zentrum sind Aufgaben, die es bisher im Marketing noch nie gab.

Bevor ich den nächsten Redner zu mir bat, erklärte ich noch: „Ich habe als erstes eine große Aufgabe für das Marketing, wir brauchen für das neue Großunternehmen eine neue Corporate Identity, die sowohl den Gutshof mit seinen Betrieben als auch das bisherige Unternehmen von Johannes beinhaltet. Diese werden wir im Laufe des nächsten Jahres schleichend in allen Teilbereichen des Unternehmens einführen. Vielleicht können schon die ersten Vorschläge Mitte Januar bei unserem ersten Treffen vorgestellt werden.“

Ich bat den nächsten Fragesteller zu mir zu kommen und seine Fragen zu stellen. Beim Näherkommen stellte ich fest, dass es keiner von meinen Leuten war, aber auch aus meiner langjährigen Tätigkeit bei Johannes war er mir nicht bekannt.

Er stellte sich vor als Paul Bayer und dass er seit einem halben Jahr in der Firma beschäftigt ist und im Vertrieb arbeitet. Ich hoffte nur, dass er keine Fragen stellt, ob der Vertrieb sich zukünftig mit der Vermarktung von landwirt­schaftlichen Produkten beschäftigen soll oder so ähnliches. Er sagte: „Ich bin wie gesagt erst seit einem halben Jahr in der Firma und mich würde interessieren, ob in den nächsten zwölf Monaten geplant ist Mitarbeiter abzubauen? Ich frage deshalb, weil bei der Firma, bei der ich zuvor beschäftigt war, genau dies nach der Übernahme geschehen ist.“

Ich überlegte kurz, wie ich diese Frage am besten beantworten konnte und er klärte ihm und den Anwesenden: „Eine hundert­prozentige Garantie kann ich keinem von euch geben, aber wie schon vorher auch ausgeführt, wenn der Umsatz der Firma von Johannes konstant bleibt oder weiter eine Tendenz nach oben zeigt, gibt es keine Veranlassung Mitarbeiter freizustellen, und wie bereits ange­kündigt werden wir auf alle Fälle im Bereich der Informa­tion- und Kom­munikationstechnik weitere Einstellungen vorneh­men, des Weiteren sehe ich derzeit Bedarf für weitere Mitarbeiter hier auf dem Gutshof im Bereich Se­minar­veranstaltungen.

Bei Michael, der für die sozialen Belange des Unternehmens zuständig ist werden wir ebenfalls einen oder zwei weitere Mitarbeiter benötigen, wenn die Umbauarbeiten an den Gebäuden für die Sozialprojekte abgeschlossen sind.

Inwieweit Personal­bedarf bei euch in der Stadt besteht, kann ich derzeit noch nicht einschätzen, die eineinhalb Jahre, die ich inzwischen raus bin, sind zu lange, um wirklich auf dem neuesten Stand zu sein. Dazu bin ich auf eure Mithilfe angewiesen, mich auf dem schnellsten Weg mit den aktuellen Informationen zu versorgen.“

Ich schaute in die Runde und konnte erkennen, dass meine Erläuterungen bei allen Mitarbeitern gut angekommen sind, einige skeptische Gesichter waren sicher noch darunter, aber die konnte man meist nur durch den Verlauf der Geschichte überzeugen.

Ich wollte noch einen kleinen Spaß mache und fügte hinzu: „Im Übrigen, der Vertrieb braucht sich keinerlei Ge­danken darüber zu machen, wie er zukünftig landwirtschaftlich Produkte oder Gemüse verkaufen wird. Für den Gartenbaubetrieb werden nur einmal jährlich neue Verträge abge­schlossen, teilweise bestehen sogar langjährige Lieferver­pflichtungen mit den Abnehmern. An­sonsten bleibt diese Aufgabe bei Manuel, der bereits über mehrjährige Er­fahrungen verfügt.“

Paul erklärte, dass ihm diese Erläuterungen ausreichen, und setzte sich an seinen Platz. Ich bat den fünften und letzten, der seine Fragen stellen wollte zu mir. Der erklärte nur, dass seine Fragen durch die vorherigen Kollegen bereits gestellt wurden und auch zu seiner Zufriedenheit beantwortet wurden. Er hätte keine weiteren An­merkungen dazu.

Somit konnte ich das Ende der Fragestunde ver­künden und erklärte allen Mitarbeitern: „Ich hoffe, dass alle Fragen damit geklärt sind und zu eurer Zufriedenheit beantwortet wurden, sollten jedoch noch weitere Fragen auftauchen, keine Scheu, ihr könnt mich jederzeit ansprechen. Eine Bitte habe ich jedoch, versucht mit mir vorher einen festen Termin zu vereinbaren, da ich oft auf dem Gutsgelände oder zu sonstigen Terminen unterwegs bin, nicht dass ihr ein leeres Büro vorfindet.

Ich will ver­suchen, wenn Bedarf besteht, mindestens einmal wöchent­lich für ein oder zwei Stunden im Stadt­büro zu sein. Zusätzlich werde ich nach einer Assistentin Ausschau halten, die zukünftig in meinem Vorzimmer im Gutshof arbeiten wird, damit für euch und alle anderen immer ein Ansprechpartner zur Verfügung steht.

Ansonsten wünsche ich euch noch einen gemütlichen Abend bei der Weih­nachtsfeier und wie schon gesagt, alle Mitarbeiter der Buchhaltungen und der Abteilungen Informationstechnik am Montag um neun Uhr im Besprechungsraum im Büro im Gutshof für die wichtige Besprechung, also auch die aus dem Stadtbüro. Wir haben nur knapp eine Woche, um alles für den Zusammenschluss der Buch­haltungen vorzubereiten, da dann bereits die Weihnachts­feiertage beginnen.“

Ich übergab Bernhard die beiden Mikrophone, der noch von mir wissen wollte, ob der Termin am Montag für ihn als Auszu­bildenden auch gelte. Ich schaute ihn an und meinte, wenn ich alle gesagt habe, dann meine ich auch alle, auch Auszubildende und Aushilfen.

Ich war bereits auf dem Weg zum Tisch, als plötzlich Petra, die bisherige Assistentin von Johannes und diejenige, die alles über den Verkauf wusste, vor mir stand. Sie fragte mich, ob es denn möglich sei, die neue Stelle als meine Assistentin am Gutshof zu übernehmen, für sie würden sich dadurch kürzere Wege zum Arbeitsplatz ergeben.

Ich schaute sie an und meinte zu ihr, grundsätzlich wäre es möglich, nur würde ich das gerne mit Thomas besprechen, da er damit seine Assistentin als Geschäftsführer verlieren würde und wir für ihn neu planen müssten. Ich bat sie am Montag um acht Uhr in mein Büro im Gutshof zu kommen, dort können wir das in aller Ruhe klären.

Am Tisch erklärte ich Johannes und Thomas kurz die Situation und bat Thomas ebenfalls am Montagmorgen bei dem Gespräch mit Petra anwesend zu sein. Johannes solle sich darauf einstellen, dass beide später ins Büro kommen würden.

Danach meinte ich zu Johannes und Thomas, sie sollten sich, so wie ich das jetzt tun werde, unters Volk mischen und die Stimmung der Mitarbeiter einzufangen, wie die Neuerungen aufgenommen werden. Ich meinte noch, wir können uns in einer Stunde kurz in meinem Büro treffen und ein wenig analysieren, wie die Stimmung sei.

Thomas, der sich noch immer nicht ganz von seinem kleinen Schock erholt hatte, dass er ab Januar zum Geschäftsführer bestellt wird, meinte zu mir, du hast gut reden, du bestimmst über meinen Kopf hinweg, dass ich die Geschicke der Firma leiten soll, ohne mich vorher zu fragen. Dazu sagte ich lieber nichts, dass sollte ihm Johannes später in meinem Büro erklären.

Ich stand wieder auf und wie in guter alter Tradition von früheren Weihnachtsfeiern unterhielt ich mich in der nächsten Stunde an verschiedenen Tischen mit den Mitar­beitern. Aus den Gesprächen konnte ich zumindest heraus­hören, dass sie mit mir als neuem Eigentümer der Firma das bessere Los gezogen haben. Den meisten war klar, ein Ver­kauf an ein großes Unternehmen hätte fatale Folgen haben können.

Ich wurde auch gefragt, ob ich im nächsten Jahr die Weihnachtsfeier wieder hier im Gutshof feiern würde, denn, den meisten hat es bisher sehr gut gefallen. Ich meinte dann immer, dass ich davon ausgehe, dass wir die Weihnachtsfeier vermutlich wieder hier abhalten werden.

Sehr häufig erzählte ich dann auch, dass ich mir überlege im Sommer ein Sommerfest auf dem Gutshof zu veranstalten, wobei dies nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Öffentlichkeit sein soll. Die ersten Überlegungen und Vor­pla­nungen sind bereits ange­laufen.

Ich ging zu Bernhard und meinte, ob er mir noch einmal kurz das Mikrophon frei­schalten könne, weil ich allen noch etwas für alle zu ver­künden hätte. Kaum hatte er mit lauterer Musik die Gespräche zurückgedrängt, konnte ich allen Mitarbeitern noch mitteilen: „Wie ich es bereits bei einigen angekündigt habe, wollen wir nächstes Jahr ein großes Sommerfest am Gutshof veranstalten. Wenn jemand Ideen dazu hat oder an den Vorbereitungen zu diesem Sommerfest mitar­beiten will, soll er sich bei mir oder meiner Assistentin melden, wenn diese ihre Arbeit aufgenommen hat. Spätestens im Februar werden wir die Planung verstärken, damit wir rechtzeitig ein Programm haben und Werbung für unser Sommerfest starten können.“

Nachdem ich das noch allen angekündigt hatte, drehte ich weiter meine Runde durch den Saal und unterhielt mich mit den Leuten. Die ersten Familien, vor allem die mit den kleineren Kindern verließen so langsam die Weihnachtsfeier und verabschiedeten sich von Johannes und mir und bedankten sich für die Preise, die sie bei der Tombola-Verteilung erhalten hatten.

So nach und nach lichteten sich die Reihen und wie schon in der Vergangenheit blieb der übliche harte Kern länger sitzen, wobei ich bei den Gutshof­mitarbeitern noch keine Erfahrungen hatte. Diejenigen, die direkt im Gutshaus oder im Ver­walterhaus wohnen und die kürzesten Wege in ihre Betten hatten konnten auf alle Fälle länger sitzen bleiben.

Klaus Brunner und seine Familie verabschiedeten sich und Klaus fragte, ob wir uns am Montagmorgen, noch vor der Besprechung kurz zusammensetzen könnten und ein paar Dinge unter vier Augen klären. Ich erklärte ihm, dass es am Montag schlecht sei, da ich um acht Uhr bereits einen Termin habe, den ich nicht absagen kann und will.

Wenn er Lust hat, soll er doch morgen Nachmittag mit seiner Familie bei uns privat vorbei­kommen, Kuchen ist heute reichlich übrigge­blieben und Kaffee ist auch schnell gemacht. So gegen halb drei wäre in Ordnung und dann können wir auch das Gespräch führen. Er sprach kurz mit seiner Frau und sagte uns zu, morgen Nachmittag mit seiner Familie zum Kaffee vorbeizukommen.

Als die vier weg waren suchte ich Thomas, um ihn von unserem Sonntagstermin in Kenntnis zu setzen. Ich fand ihn an einem Tisch, vor allem mit Mitarbeiter aus Johannes Firma, an dem ich bisher nicht gewesen bin. Ich setzte mich neben ihn und erklärte ihm, dass ich für Sonntagnachmittag einen Termin mit Klaus ausgemacht habe, bei dem er dabei sein sollte.

Ich vermute, er will mit mir über die Zusam­menlegung der Buch­haltungen sprechen und deshalb solltest du auf alle Fälle dabei sein. Anschließend unterhielt ich mich vor allem mit den ehemaligen Kollegen über die heutige Weihnachts­feier und die Übernahme der J. Graf GmbH. Bei den meisten fand dieser Schritt große Zustimmung, vor allem, nachdem ich am frühen Abend erklärt hatte, dass für die Mitar­beiter sich nichts groß verändern wird.

Es ging schon langsam auf Mitternacht zu und nach und nach wurde es ruhiger im Raum, da weitere Mitarbeiter und Kollegen den Weg nach Hause antraten. Auch die Mitarbei­ter des Gutshofes waren weniger geworden, vor allem die in der Land­wirtschaft beschäftigen und aus dem gastrono­mischen Bereich hatten die Weihnachtsfeier bereits verlassen, da sie am Sonntag schon sehr früh, spätestens jedoch im Laufe des Vormittags wieder zur Arbeit erscheinen mussten.

Die Bewohner des Ver­walterhauses lagen sicher bereits in ihren Betten und schliefen, das vermutete ich zumindest, nachdem ich Jonas und Tim, Manuel und Daniel nicht mehr unter den verbliebenen Personen ausmachen konnte. Klar, drei davon mussten morgen früh bereits wieder in die Ställe und für Manuel hieß es im Laufe des Tages mit einigen Mitarbeitern, aus den Gewächshäusern zu ernten, was am frühen Montag­morgen an die Kunden ausge­liefert werden soll.

Ich suchte nach Sebastian und fand ihn hinter der Schank­theke, wo er sich gerade von den letzten noch verbliebenen Mitarbeitern des Caterers verabschiedete, nachdem er ihnen wie allen anderen vorher ihr Trinkgeld für den heutigen Abend überreicht hatte. Ich hörte noch, wie er sich bei den Leuten für ihre Arbeit bedankte und zu ihnen meinte, dass wir den Rest allein schaffen würden, da nur noch wenige Mitarbeiter an­wesend seien.

Da er wohl die anderen vorher auch schon gefragt hatte, stellte er an sie die Frage, ob sie eventuell Inte­resse hätten, bei größeren Veran­staltungen gelegentlich aushelfen zu wollen, wenn unsere Personalkapazitäten an ihre Grenzen stoßen würden. In diesem Fall würde ihre Bezahlung direkt durch den Restau­rantbetrieb­ erfolgen, also keine Abrechnung über den Caterer.

Von den Beiden, die daran interessiert waren, ließ er sich den Namen und die Telefonnummer geben, damit er sich mit ihnen in Verbindung setzen könne. Er deute dabei an, dass er mögli­cher­weise bereits am kommenden Wochenende ihre Dienste in Anspruch nehmen will, bei einer der großen Firmen­weihnachtsfeiern, die noch anstanden.

Nachdem wir beide allein am Tresen standen, sagte er zu mir: „Ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn ich auf diese Weise unsere Eng­pässe beim Personal bei größeren Veran­stal­tungen verklei­nere.“

Ich antwortete ihm: „Ich habe kein Problem damit, denk jedoch bitte daran rechtzeitig mit den Leuten die Arbeits­verträge für die geringfügige Beschäf­tigung abzuschließen, bevor du dir Ärger mit unserer Per­sonal­buch­haltung einhandelst. Was ich dich eigentlich fragen wollte, wie bist du mit dem Ablauf des heutigen Tages zufrieden, wo hat es deiner Meinung nach Probleme ge­geben?“

Er antwortete mir: „Im Grunde ge­nom­men ist es perfekt gelaufen, vor allem, nachdem ich fest­stellen konnte, dass ich bei der Planung fürs Büffet ziemlich exakt gearbeitet habe, da relativ wenig Essen übriggeblieben ist. Die Reste können wir heute Mittag für die Mitarbeiter noch verwenden. Ich hatte jedoch mehr Probleme mit der Mitteilung, dass du die J. Graf GmbH gekauft hast. Mit dem Tempo, mit dem du derzeit das Familienunternehmen vergrößerst, ist mir etwas zu schnell.“

Ich schaute Sebastian an und erklärte ihm in aller Ruhe: „Da kann ich dir nicht widersprechen, aber einen Schnell­schuss wie in diesem Fall, wird es sicher in nächster Zeit nicht mehr geben. Zum einen war das Angebot von Johannes zu verlockend, aber auf der anderen Seite habe ich auch die Gefahr gesehen, dass bei einem Verkauf an einen Dritten, die Möglichkeit bestand, dass ein Teil der Mitarbeiter oder im schlimmsten Fall alle meine ehemaligen Kollegen ihren Job verloren hätten.

Johannes hatte vorher mit einigen Firmen verhandelt, die in den Gesprächen bereits angedeutet haben, einen Teil der Belegschaft freistellen zu wollen, da einiges nur zentral verwaltet wird. Außerdem wollte keiner die Immobilie übernehmen, was ihn in der Ansicht bestärkte, dass sie nur an dem guten Namen und Ruf der Firma interessiert seien und weniger an den Mitarbeitern und dem damit verbundenem Geschäft.“

Sebastian schaute mich mit großen Augen an und meinte: „So ist das bei eurer Ankündigung aber nicht bei den Leuten an­g­­­e­kom­men.“

Ich erklärte ihm dazu: „Aus taktischen Grün­den wollten wir das den Mitarbeitern J. Graf GmbH so nicht erklären, ich wollte nicht, dass mir die Mitarbeiter dankbar sind, weil ich auf diesem Weg ihre Arbeitsplätze gerettet hätte. Ich habe lange genug in dieser Firma gearbeitet und kenne die meisten sehr gut, ich will nicht von ihnen als Retter der Firma angesehen werden.

So wie es jetzt abgelaufen ist, ich übernehme die Firma und führe sie bis auf wenige Kleinigkeiten so weiter wie bisher, ist aus meiner Sicht die beste Lösung für alle Beteiligten. Dass Thomas Geschäfts­führer wird ist der Wunsch von Johannes gewesen, der nach langem Überlegen der Meinung war, dass ein neuer Mann von außen nur Unruhe in die Firma gebracht hätte, was mich letztendlich zustimmen ließ.“

Nachdem das geklärt war, schaute ich mich um, wo Johannes und Thomas sind. Ich fand sah die Zwei an unserem Tisch sitzen, wobei nur Johannes Frau noch dabei­saß. Beim Näherkommen hörte ich, wie Johannes Thomas das gleiche erzählte, was ich kurz vorher Sebastian erklärt hatte, mit einem Unterschied, er ließ nichts verlauten von meinen Ausführungen, dass ich als Retter der Firma ange­sehen werden könne.

Während ich mich an den Tisch setzte, erklärte er ihm noch, warum er als neuer Geschäftsführer vorgesehen ist und kein Außenstehender, wobei er jedoch verriet, dass ich nicht bereit ge­wesen sei eine weiteren Geschäftsführer­posten zu übernehmen. Thomas schaute mich an und wollte von mir wissen, wieso ich diese Aufgabe nicht übernehmen wollte.

Ich sagte zu ihm: „Mir war von Anfang an klar, wenn ich diese Aufgabe noch zu­sätzlich übernehme, hätte unser Zu­­sam­menleben darunter gelitten, was ich jedoch nicht riskieren wollte. Ich habe anfangs damit geliebäugelt, einen externen Geschäftsführer einzu­stellen, bis Johannes mich von deinen Qualitä­ten für diesen Job überzeugt hat und ich seinem Wunsch nachgab. Ich weiß, du schaffst das, zu­sammen werden wir das schon hinbe­kommen.“

Johannes meinte danach, dass er jetzt aufbrechen werde, da er nunmehr nicht als Letzter die Feier verlassen muss, diese Aufgabe hängt jetzt am neuen Eigentümer und seinem Ge­schäftsführer. Er und seine Frau verabschiedeten sich und kurze Zeit später waren die beiden auf dem Weg nach Hause.

Als ich mich umblickte stellte ich fest, dass sich die Reihen weiter gelichtet hatten. Ich meinte zu den Verbliebenen, ob es nicht Sinn machen würde, wenn sich der Rest an einem Tisch zusammen­setzen würde, deutete aber bereits an, dass nur noch dreißig Minuten Getränke ausgegeben werden.

Schnell war eine Tischreihe vergrößert worden, wo alle restlichen Anwesenden Platz fanden. Was mich wunderte, dass Bernhard noch nicht nach Hause gegangen war. So fragte ich ihn, mit wem er nach Hause fahren würde. Er meinte, dass sei nicht nötig, da er mit Philipp und Marcus vereinbart hätte, dass er nach der Weihnachtsfeier bei ihnen im Gästezimmer übernachten werde.

Philipp grinste mich an und erklärte dazu: „Aus aktueller Sicht bin ich froh, dass wir das vorher bereits vereinbart haben, wir drei setzen uns morgen nach dem Früh­stück zusammen und überlegen, wie es nach der Erweiterung des Firmenverbundes in unserem Bereich weitergehen soll und wie möglicherweise die Aufgaben neu verteilt werden sollen. Ich habe dazu auch für zehn Uhr die Mitarbeiter der Abteilung Informations­technik der J. Graf GmbH in den Besprechungsraum eingeladen, die ihr rechtzeitiges Erschei­nen zugesi­chert haben. Wenn du Zeit hast, kannst du gerne dabei sein, Paps.“

Nach kurzer Überlegung und Rücksprache mit Thomas meinte ich, dass wir beide am Vormittag dabei sein werden, am Nachmittag, falls euer Meeting doch länger dauern sollte, haben wir einen anderen Termin mit Klaus und seiner Familie. Falls ihr mittags Hunger haben solltet, könnt ihr gerne, hier ins Restaurant kommen zum Essen, Sebastian meinte es sei vom Büffet noch so viel übrig, dass noch einige Mitarbeiter davon satt werden können. Kuchen ist auch übrig, so dass ihr nicht verhungern müsst.

Ich fragte in die Runde, ob alle mit der Weihnachtsfeier zufrieden seien oder, ob wir etwas besser machen könnten. Was ich dann so hörte, entsprach dem, was vorher im Großen und Ganzen bereits gehört hatte. Auch die Tat­sache, dass wir alle mit unserer Erklärung wegen des Ver­kaufs der Firma überrascht hätten, fand doch Zustimmung, weil bei dieser Gelegenheit alle Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter beider Firmen zugegen waren und damit gleichzeitig von den Veränderungen erfuhren.

Die Entscheidung, Thomas mit der Geschäftsführung zu beauf­tragen fanden alle in Ordnung, so würde sich am wenigsten ändern, was bei einem neu eingestellten Geschäfts­führer wahrscheinlich nicht so gewesen wäre.

Ich stellte fest, dass Thomas Stellvertreter noch mit am Tisch saß und fragte ihn, ob er heute privat bei uns vor­beikommen möchte, damit wir mit ihm kurz seinen Über­gang zum Ab­teilungsleiter bespre­chen könnten. In den näch­sten Tagen bis Weihnachten, würde dafür nicht so viel Zeit verbleiben, da Thomas zum einen noch zum Notar muss, um seine Bestel­lungsurkunde als Geschäftsführer zu unter­schrei­ben und er die wenigen Tage bis dahin nutzen sollte, sich von Johannes noch in die wichtigsten Dinge einarbeiten zu lassen. Wenn er gegen zwölf Uhr hier wäre, können wir im Restaurant gemütlich etwas essen und gleichzeitig unser Gespräch führen. Nach einem Blick zu Thomas meinte er, dass er gegen Mittag hier sein wird.

Thomas und ich verabschiedeten uns von allen, da Sebastian sich bereit erklärte hatte, wenn alle draußen sind, das Gebäude, respektive das Restaurant abzuschließen. Wir beide gingen nach oben in unsere Wohnung, wobei Thomas noch fragte, ob er ausnahmsweise ab­schließen soll, damit wir nicht zu früh ge­weckt werden.

Ich meinte, er könne machen, was er für richtig halte, nur Kevin und seine Schwester Katharina würden sich durch diese Maßnahme nicht sonderlich auf­halten lassen in ihrem Taten­drang, uns aus dem Bett zu holen. Thomas meinte, dann können wir gleich offenlassen, ich hoffe nur dass die beiden heute Morgen auch länger schlafen wie sonst.

Wir gingen ins Schlafzimmer und legten uns sofort ins Bett, wo wir uns noch längere Zeit unterhielten, bevor wir endgültig einschliefen. Ich hatte ursprünglich gedacht, dass wir uns noch für eine halbe Stunde ins Wohnzimmer setzen und dort reden. Im Nachhinein betrachtet, war es dann doch vernünftiger sofort ins Bett gegangen zu sein, so brauchten wir uns nur noch umzudrehen und konnten einschlafen.

 

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