Das 14. Türchen – eine Adventsgeschichte

„Ich könnte mich echt daran gewöhnen, morgens mein Brötchen geschmiert zu bekommen”, meinte ich und steckte das letzte Stück in meinen Mund.

Carsten grinste, nein er strahlte sogar, doch ich wurde schnell wieder ernst.

„Wie geht das jetzt mit uns weiter?”, fragte ich, worauf  er mich dann ganz entgeistert anschaute.

„Ich meine, wir haben uns, na ja… so gut wie ausgesöhnt, aber was ist mit den anderen und vor allem… was ist, wenn irgendwann mehr zwischen uns ist?”

Carsten zuckte mit den Schultern und meinte: „Ich weiß, dass ich es bei den anderen verschissen habe. So etwas kann man nicht mehr gut machen.”

„Es gibt Fehler, die kann man nicht mehr gut machen, aber man kann mit ihnen leben und versuchen daraus zu lernen.”

„Wo hast du immer so coole Sprüche her, stand das alles in deinem Adventskalender?”

„Nein, das hat mir mein Dad gesagt.”

„Und du meinst wirklich, irgendwann ist das vergessen und alles wird wieder normal?”

„Das kann ich dir nicht sagen. Gut, im Augenblick ist kein Volleyballtraining mehr, aber im Januar geht es weiter.”

„Januar ist noch so weit weg. Ich denke nur an die nächste Woche. Wir haben noch eine Woche Schule und ich gebe zu, ich hab null Bock, noch einmal so eine ganze Woche der Buhmann zu sein.”

„Bist du doch nicht.”

„Aber wohl. Ich weiß, das mit der Dusche war absolut Scheiße von mir, aber ich war das nicht alleine. Die anderen haben auch mitgemacht und jetzt werde ich so hingestellt, als hätte ich alles alleine gemacht und die anderen sind alles Engel.”

Es klopfte an der Tür.

„Ja?”

Die Tür ging auf und Dad kam herein.

„Deine Mutter traut sich nicht hoch. Hat Angst sie könnte euch bei etwas Wichtigem stören.”

„Daaaaaaaaaad! Carsten hat nur bei mir geschlafen, sonst nichts!”

Carsten bekam wieder eine gesunde Gesichtsfarbe und lief rot an.

„Noch ein paar Töne dunkler und du könntest als Weihnachtsmann durchgehen”, meinte Dad zu Carsten.

Jetzt konnte ich nicht mehr und prustete laut los, was mir einen dollen Knuffer in die Seite einhandelte.

„Warum ich überhaupt zu euch gekommen bin:… ich habe mit deinem Vater telefoniert und wir hatten die Idee, dass du, wenn du möchtest, den Rest vom Wochenende auch hier bleiben kannst.”

Carsten und ich schauten uns an.

„Öhm… ihr habt nicht zufällig vor, uns irgendwie zu verkuppeln?”, fragte ich frei raus.

„Seid ihr das nicht schon längst? Also, ihr habt immerhin in einem Bett geschlafen…”

Manchmal könnte ich meinen Dad für seine direkte Art an die Wand klatschen. Sämtliche Blutreserven meines Körpers sammelten sich in meiner vorderen Gesichtshälfte.

„Öhm… ja geschlafen, aber mehr nicht…”

„Also für uns sah das anders aus”, meinte Dad frech grinsend.

Carsten schaute mich verwirrt an.

„So eng umschlungen und aneinander gekuschelt hätte man meinen können, ihr seid ein Paar.”

Ich schnappte nach Luft, wusste aber nicht was ich sagen sollte und Dad grinste einfach nur fies.

„Ihr solltet aber trotzdem langsam aufstehen. Die Straßen sind soweit frei, dass ich mit Carsten kurz nach Hause fahren kann, damit er sich Sachen holen kann. Eventuell auch seine Schulsachen, falls er bis Montag bleiben möchte.”

Ich sah Dad fragend an und als ich trotzdem nichts sagte, kam von ihm ein unschuldiges: „Was?”

„Warum das alles? Ich meine, es war sicher eure Idee, dass Carsten hier bei mir bleibt, oder?”

„Ja klar. Ich denke, euch beiden tut das gut und alles das, was zwischen euch steht, kann man durch viel reden aus der Welt schaffen.”

„Fehler bereinigen”, meinte Carsten leise.

Dad hielt den Daumen hoch und verließ dann mein Zimmer.

„Dein Dad ist einfach klasse.”

„Ja, es gibt auch coole Väter mit süßen Söhnen”, grinste ich.

*-*-*

Der Mittag verlief dann richtig lustig. Mum hatte die Idee, mit uns Weihnachtsplätzchen zu backen. Nach einer Stunde sah die Küche wie ein Schlachtfeld aus und diverse Mehlspuren schmückten unsere Kleidung. Das Ergebnis war aber lecker.

Kichernd zurück im Zimmer schubste mich Carsten aufs Bett und aus dem Reflex heraus riss ich ihn mit herunter. Er flog auf mich drauf, was mich kurzzeitig die Luft anhalten ließ.

„Boah geh runter, bist du schwer.”

Carstens Gesicht war nun nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Seine Augen funkelnden mir entgegen und er kam näher. Fast hätte ich mich in ihnen verloren… doch kurz bevor er mich küssen wollte, drehte ich den Kopf weg.

„Sei mir nicht böse, aber das geht mir noch zu schnell”, meinte ich und entzog mich seiner Nähe.

Erschrocken fuhr Carsten zurück.

„Entschuldige… das wollte ich nicht… tut mir Leid Fabian.”

„Schon gut, ist ja nichts passiert – nur einfach zu schnell, okay?”

Den Rest des Abends verbrachten wir unten bei meinen Eltern und schauten mit ihnen fern. Recht früh für meine Verhältnisse und auch für einen Samstag lagen wir danach im Bett und schliefen schnell ein.

*-*-*

Das Aufwachen neben Carsten war ein schönes Gefühl und das erste Mal in meinem Leben fühlte ich mich so wohl, dass ich mir wünschte, der Augenblick würde immer so sein. Ich schaute in Carstens Gesicht, der immer noch friedlich neben mir schlummerte.

Stimmen in meinem Kopf wurden laut, was ich hier eigentlich machte. Andere Stimmen wetterten dagegen, dass es gut sei und richtig. Aber wenn ich an Gabriella dachte, bekam ich Zweifel, dass ich sie je davon überzeugen könnte, dass Carsten eigentlich ein ganz Lieber ist.

Also, das stand mir ja noch bevor und zwar schneller als mir lieb war. Es klopfte an der Tür.

„Öhm ja?”, sagte ich leise.

„Hier ist Gabriella, kann ich rein kommen?”

‚Oh Scheiße, was macht die so früh schon hier.’

Ich stand auf und lief zu Tür, um sie zu öffnen.

„Morgen! Was ist denn mit dir los, sonst fragst du doch auch nicht, ob du in mein Zimmer kannst.”

„Morgen Fabian. Sonst erzählt mir ja auch deine Mutter nicht, dass SIE eventuell noch schlafen. Wen meinte sie mit SIE?”

Sie grinste… noch. Ich ließ sie ins Zimmer.

„Was will der denn hier?”, entfuhr es ihr.

„Der heißt Carsten und ist das ganze Wochenende bei mir.”

„Hä? Jetzt raff ich überhaupt nichts mehr. Fabi, er hat dir das Leben zur Hölle gemacht, dich behandelt wie ein Stück Scheiße und jetzt liegt er in deinem Bett…?”

Entsetzt schaute sie mich an.

„Jetzt flipp doch nicht gleich so aus, du weckst ihn noch.”

„Jetzt hört aber alles auf… das ist mir doch egal!”

„Ist egal, stimmt, ich bin schon wach…”, brummte es aus dem Bett.

Ich verdrehte genervt die Augen.

„Setz dich!”, sagte ich.

Carsten setzte sich sofort auf.

„Nicht du, ich meinte dieses Schätzchen da!”

Gabriella funkelte mich böse an, setzte sich aber trotzdem auf die Couch. Carsten dagegen ließ sich wieder ins Kopfkissen fallen.

„So, zu allererst. Gabriella, es ist nicht so wie du denkst.”

Oh Gott, wie klischeehaft dieser Satz doch war. Ich setze mich neben Carsten auf das Bett.

„Siehst du diesen Anhänger?”, fragte ich und hob Carstens Lederband hoch.

„Ja, er hat deinen Regenbogenanhänger an, na und?”

„Das ist nicht meiner…”

„Der gehört mir…”, meinte Carsten verlegen.

„… meiner liegt hier”, sagte ich und hob ihn hoch.

„Jetzt kapier ich gar nichts mehr. Den Regenbogenanhänger trägt man doch nur, wenn man schwul ist…”

„Hundert Punkte, Gabriella”, sagte Carsten mit hochrotem Gesicht.

„Du willst damit sagen, du bist auch…”

„Schwul”, redete ich ihr ins Wort.

Carsten vergrub sich derweil in seinem Kissen, während der dumpfe Knall von Gabriellas herunterfallendem Kinn durchs Zimmer hallte. Fassungslos schaute sie zwischen uns beiden hin und her.

Ihre Stirn kräuselte sich und die Augen verengten sich. Dann holte sie tief Luft.

„Und dann ziehst du so eine Scheiße mit Fabian ab?”, fauchte sie.

Da klopfte es erneut an der Tür.

„Ja?”

Wenige Sekunden später schaute Dad herein.

„Ich wollte eigentlich nur fragen, ob ihr etwas frühstücken möchtet, aber mir scheint, hier herrscht gerade dicke Luft.

„Das können sie laut sagen”, meinte Gabriella.

„Warum?”, fragte Dad.

„Sie dulden Carsten in ihrem Haus, nachdem er diese Show abgezogen hat?”

„Gabriella, ich sage nur eins dazu, jeder hat eine zweite Chance verdient, auch wenn man vorher einen riesigen Fehler begannen hat, okay? Kommt ihr zum Frühstück? Gabriella du bist auch eingeladen.”

Somit verschwand er wieder aus meinem Zimmer und ließ die Frage offen stehen. Ich knuffte Carsten.

„Hm?”

„Hunger?”

Carsten nickte. Er stand auf, holte Klamotten aus seiner Tasche und verschwand aus dem Zimmer. Mein Blick fiel wieder auf Gabriella.

„Ihr seid sehr vertraut miteinander”, stellte sie fest.

Ich erhob mich ebenfalls und ging an meinen Schrank.

„Sollte es nicht so sein, wenn man mal super befreundet war und es noch einmal aufleben lassen will?”

„Nur als Freunde?”, fragte Gabriella kritisch.

Ich hatte ein neues Shirt und Socken heraus gezogen.

„Du traust ihm nicht, oder?”

„Lass das jetzt mal Nebensache sein Fabian. Ich habe Angst, dass man dir noch mehr weh tut.”

„Glaubst du?”

„Ich weiß es nicht. Wenn Carsten es ehrlich meint, wäre ich die letzte, die sich nicht mit euch freuen würde, aber so… mit der Vorgeschichte. Entschuldige, wenn ich zweifle… ist der Brief von ihm gewesen?”

„Ja, beide.”

„Beide? Noch einer?”

Ich nickte. Wenig später kam Carsten wieder ins Zimmer, frisch eingekleidet. Er verstaute seine Wäsche in seiner Tasche und setzte sich wortlos aufs Bett.

„Kann ich euch kurz alleine lassen, ohne dass ihr euch gleich an die Gurgel geht?”, fragte ich und schaute zwischen den beiden hin und her.

Keine Antwort war auch eine Antwort. So wanderte ich ins Bad.

Carsten

Ich schaute meinem Engel hinterher, dann war es still im Zimmer. Ich traute mich nicht, zu Gabriella zu schauen.

„Weißt du Carsten, wenn das hier alles nur eine abgekartete Show ist, wirst du mich kennen lernen. Du hast Fabian sehr weh getan und normalerweise würde ich sagen, alles wäre besser für Fabian außer dir. Aber ich akzeptiere Fabians Entscheidung, dass er dir vergeben hat und vielleicht noch mehr möchte.”

„Hat er das gesagt?”, fragte ich leise nach dieser Erstpredigt.

„Ja hat er und ich kann dir auch sagen, dass von Fabians Seite mehr da ist, als er wahrscheinlich schon gesagt hat.”

„Gabriella…”

„Ja, so heiße ich…”

Ich hob meinen Kopf und schaute ihr in die Augen.

„Ich meine das  wirklich ernst, glaub mir das bitte.”

„Würde ich gerne, aber unter diesen Umständen…”

Ich seufzte und fiel in mich zusammen, doch bevor ich noch etwas dazu sagen konnte, öffnete sich die Tür und Fabi kam zurück. Er schaute erst zu mir, dann zu Gabriella.

„Alles klar? Können wir frühstücken gehen?”, fragte er und hielt die Tür auf.

*-*-*

Fabian

Das Frühstück verlief normal. Carsten sowie auch Gabriella beteiligten sich an den Unterhaltungen, als wäre alles normal, doch ich spürte die Spannung, die zwischen den beiden herrschte. Wenig später verabschiedete sich meine Freundin und ich saß mit Carsten alleine in der Küche.

„Du hast deinen Adventskalender noch gar nicht geöffnet”, meinte er plötzlich.

„Stimmt hatte ich total vergessen.”

So stand ich auf, um mir meinen Zettel für den Tag zu holen.

Ein Mensch liebt,

wenn ihm etwas wichtiger ist,

als sich selbst.

Ich schaute zu Carsten.

„Bin ich dir wichtiger?”, fragte ich.

Carsten wurde rot und nickte verlegen. Ich dagegen begann zu lächeln.

*-*-*

Der Mittag verlief eher ruhig. Carsten und ich spielten am PC und hörten Rosenstolz. Unterhaltungen fanden eher weniger statt und ich genoss es einfach nur, ihn in meiner Nähe zu haben. Nach dem Abendessen gingen wir zeitig ins Bett, da für den nächsten Tag neue Schneefälle gemeldet waren.

Die Musik lief noch eine ganze Weile, aber irgendwann hatte die Müdigkeit gewonnen und ich war eingeschlafen.

Doch mitten in der Nacht wurde ich plötzlich wieder wach, weil ich etwas in mir fühlte, was nicht dahin gehörte. Es tat weh und ich konnte mich nicht bewegen.

„Was machst du?”, schrie ich Carsten an.

„Das wolltest du doch immer, oder du dreckige Schwuchtel.”

Carsten schob seinen Schwanz tief in mich hinein, was einen neuerlichen scharfen Schmerz durch meine Lenden jagte.

„Scheiße, hör auf, das tut weh!”, schrie ich und versuchte mich aus seiner Umklammerung zu befreien.

„Komm, tu nicht so wie ein Mädchen, das macht dir doch Spaß!” keuchte er und trieb sein Fleisch weiter in mich, „darauf steht ihr scheiß Schwulen doch.”

Mir liefen die Tränen herunter, mein Schreien wurde mit dem Kissen erstickt. Mir kam es vor, als wuchs Carstens Schwanz immer mehr an. Als wolle er mich umbringen.

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