No one else – 12.Türchen

Nach dieser Frage liefen wir lange schweigend, nebeneinander her. Das Hotel kam in Sicht. Es war hell erleuchtet und setzte sich deutlich von den anderen Gebäuden ab.

„Bist du mir jetzt böse?“, fragte ich verunsichert.

„Nein, Davide, es hat mich nur nachdenklich gemacht.“

Er blieb stehen.

„Bitte sage mir, wenn du das Gefühl hast, dass ich dich auf irgendeine Art und Weise erdrücke, mit dem was ich mache. Ich kenne mich, weiß dass ich oft über meine Stränge hinausschlage.“

„Okay, ich werde es mir merken“, lächelte ich.

„Ich meine das ernst, ich möchte dich nicht wieder verlieren, bevor es richtig begonnen hat. So langsam wird mir bewusst…, verstehe ich, warum du mich in Portofino abgelehnt hast. Es liegen Welten zwischen uns, die man nicht einfach plötzlich zusammenführen kann.“

„Das verlange ich auch nicht von dir, niemand tut das, kann das…“

„Lust auf einen Schlummerdrink?“

„Was hättest du vorzuschlagen?“

„Überlassen wir das Gasparo?“

Den hatte ich völlig vergessen. Aber ich gab ihm recht, Gasparo schien einen exzellenten Geschmack zu haben. Mir wurde plötzlich bewusst, dass ich heute Nacht bei Placido nächtigen würde und eine innere Unruhe machte sich breit.

„Alles klar mit dir?“

„Ja, ja…, mir ist nur ein wenig kalt.

Zügig gingen wir den Rest zum Hotel. Wider mein Erwarten, war noch recht viel los und die Bar war gut gefüllt.

„Hm…, sollen wir uns den Schlummerdrunk aufs Zimmer bringen lassen?“

„Vielleicht keine schlechte Idee“, antwortete ich, „ich habe keine Lust auf so viele Leute.“

„Hast du Angst, du musst noch Autogramme geben?“

„Ha…ha!“

„Warte ein Moment“, meinte Placido und ging an die Bar.

*-*-*

Ich warf meine Jacke über den Stuhl und entledigte mich meiner Schuhe. Meine Wange glühten, war es hier drinnen doch deutlich wärmer als draußen. Es klopfte.

„Ja?“, hörte ich Placido aus dem Bad rufen.

Die Tür öffnete sich und Gasparo kam ins Sichtfeld. Auf der Hand trug er ein kleines Tablett mit zwei dampfenden Tassen.

„Ihre heiße Schokolade“, meinte er und Placido kam aus dem Bad zurück.

„Danke Gasparo.“

„Haben die Herren sonst noch Wünsche?“

„Nein Gasparo, das wäre alles für heute Abend, ich wünsche ihnen eine gute Nacht.“

„Danke Signore Romano, das wünsche ich ihnen ebenfalls. Wann möchten sie morgen geweckt werden?“

Placido schaute zu mir, flüsterte „neun“, ich nickte.

„Gegen neun denke ich“, beantwortete er Gasparos Frage.

„Frühstück am Buffet, oder auf ihrem Zimmer?“

„Ich denke, wir nehmen das Buffet.“

Gasparo verneigte sich leicht, stellte die Tassen auf den Tisch beim Sofa und verabschiedete sich wieder.

„Ich weiß nicht, ob ich mich daran gewöhnen kann“, meinte ich und ließ mich aufs Sofa fallen.

„Gasparo ist ein höfflicher und hilfsbereiter junger Mann“, sagte Placido.

„Ich bin es nicht gewohnt, so umgarnt zu werden.“

„Nicht?“

Placido kam auf mich zu und küsste mich zärtlich. Meine gerade zurück gewonnene innere Ruhe war dahin. Bei jedem Kuss durchfloss meinen Körper eine eigenartige Energie, die mich schwach werden ließ.

Lächelnd zog mich Placido hoch, setzte sich neben mich und ließ meinen Kopf auf seinen Schoss wandern. Dabei lächelte er mich die ganze Zeit an. Verschüchtert schaute ich ihn an.

„Placido…“

„Was?“, hauchte er zärtlich.

„Ich…, ich weiß nicht… wie ich das sagen soll.“

„Was möchtest du mir sagen?“

„…ähm… also…, ich habe… ich habe noch nie…“

Seine Augen wurden groß und ich knall rot. Verlegen schaute ich weg und wollte schon aufstehen, aber er hielt mich zurück.

„Nicht weglaufen… du wolltest sagen, du hattest noch keinen Sex mit einem Mann…“

Beschämt schüttelte ich den Kopf.

„Also ich meine…, blasen einen runterholen gegenseitig schon, aber ich habe noch nie mit einem Mann geschlafen.“

„Und… ist das schlimm?“

„Ich bin jetzt siebenundzwanzig, sollte man da nicht schon Sex gehabt haben?“, fragte ich leise.

Ich schaute auf die zwei dampfenden Tassen. Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, so peinlich war mir das.

„Denkst du, ich habe allzu große Erfahrung damit?“

„Ich dachte…“

„Du dachtest, bei Placido hüpfen sie Reihenweise ins Bett, der is bekannt und begehrt.“

„… so habe ich das nicht gedacht…, aber du siehst verdammt gut aus, bist so charmant…, ich dachte du hast Erfahrung in solchen Dingen.“

„Das muss dir jetzt nicht peinlich sein! Ich hatte nie vor, heute in unseren ersten gemeinsamen Nacht, über dich herzufallen?“

Mit großen Augen schaute ich ihn an.

„Nicht?“, fragte ich erstaunt.

Placido fing laut an zu lachen und griff nach seiner Tasse. Ich dagegen, setzte mich auf.

„Davide, wenn du sagst, dir geht alles zu schnell, kann ich ja kaum erwarten dass du gleich in der ersten Nach zu mir ins Bett springst.“

Er griff auch nach der zweiten Tasse und reichte sie mir.

„… ähm danke…“

„Dir muss also nichts peinlich sein. Wie mit allem, lassen wir uns auch mit dem Zeit.“

„Und wo schlafe ich dann?“

„In meinem Bett…“

„… aber du sagtest doch grad wir schlafen nicht…“

„Davide, wir schlafen dort zusammen, nicht miteinander.“

Ich fühlte mich plötzlich völlig doof, denn ich benahm mich wie ein liebeskranker Teenager, der Angst vor seinem ersten Mal hatte.

„Komm, trink, das wird dich beruhigen“, meinte Placido und prostete mir zu.

*-*-*

Ich löschte das Licht im Bad. Noch nie war ich in einem so noblen Bad gewesen. Alles in weißem Marmor, ich traute mich fast nichts anzufassen. Sogar ein kleines TVgerät war gegenüber der Wanne eingelassen.

In der Suite war es bereits dunkel, nur aus dem Schlafzimmer drang schwach Licht. Ich schob die Tür zum Schlafzimmer auf und fand Placido auf dem Bett liegend vor. Er lag auf dem Bauch und blätterte in einem Buch.

„Willst du noch einmal ins Bad?“, fragte ich.

„Nein“, meinte er und schaute zu mir auf, „… wow.“

„Ähm was?“

„Du siehst wirklich geiler aus, als auf dem Bild.“

Ich lächelte berührt. Er setzte sich auf, schloss das Buch und legte es weg. Er hatte wie ich nur eine Shorts an. So konnte ich seinen herrlichen muskulösen Körper betrachten. Brust und Bauch zierten dunkle Haare, was Placido leicht wild erscheinen ließ.

„Alles zu deiner Zufriedenheit?“, grinste er.

Ich nickte, keines Wortes fähig. Klar hatte ich seinen Körper am Strand von Portofino schon gesehen, aber jetzt bei der Beleuchtung sah er so sexy aus. Placido schlug die Decke zurück und war dabei unter seinen Überwurf zu kriechen. Dann hielt er inne.

„Ach so, kann ich das Fenster offen lassen, oder wird dir das zu kalt?“

„Nein, ich habe auch immer ein Fenster gekippt, kein Problem.“

Ich schlug auch die Decke zurück. Einer kurzer Blick nach oben folgte dem Vorhang, der am Kopfende des Bettes begann und knapp und der Decke in einer kleinen runden Überdachung endete.

„Soll ich mir in meiner neuen Wohnung auch so ein Bett anschaffen?“, fragte plötzlich Placido, der es sich bereits bequem gemacht hatte und meinem Blick gefolgt war.

„Wenn dir das gefällt…, ich weiß nicht, ist nicht mein Stil, könnte etwas moderner sein, aber hier scheint es richtig zu sein, sonst würde es nicht zu der restlichen Einrichtung passen.“

Ich legte mich hin und zog die Decke bis zur Brust. Placido drehte sich zu mir und stütze seinen Kopf ab.

„Was?“

„Kann ich nicht einen gutaussehenden Man bewundern…, betrachten?“

„Das kannst du jeden Tag.“

„Aber nicht so dicht bei mir.“

„Lass und schlafen, es ist spät.“

„Du hast recht, war ein langer Tag“, seufzte Placido und ließ seinen Kopf aufs Kissen sinken.

*-*-*

Das Telefon neben dem Bett weckte mich.

„Ja danke.“

Ich rieb mein Gesicht und streckte mich etwas, dabei stellte ich fest, dass ich auf Placidos Arm lag. So grinste ich ihn an, denn er musste sich ziemlich strecken, um das Telefon überhaupt zu erreichen.

„Morgen mein Engel“, meinte er und gab mir einen Kuss auf die Nase.

„Wie kommt es, dass ich auf deiner Seite liege?“, fragte ich.

„Das wollte ich dich fragen. Irgendwann heute Nacht bist du wohl auf Wanderschaft gegangen.“

Ich lächelte ihn an.

„Wer war das eben?“

„Der Weckdienst.“

„Das heißt wohl, wir müssen aufstehen.“

„Müssen nicht, außer du möchtest dein Frühstück von Gasparo hier ans Bett gebracht bekommen.“

„Das wäre sicher interessant.“

„Dann ist dir wohl auch schon aufgefallen, dass Gasparo nicht nur recht gut aussieht, sondern wohl auch etwas für mich übrig hat?“

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2 Kommentare

    • Stef auf 12. Dezember 2016 bei 19:57
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    Hallo Pit,
    nach der Hälfte der Story muss ich mich einfach mal bedanken. Ganz toll geschrieben und die Cliffhanger am Schluss sind wir ja gewohnt. Ich warte schon immer auf die Fortsetzung.
    Wo nimmst du nur immer die Ideen her?

    Gruß Stef

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    1. Hallo Stef,
      eigentlich hatte ich mit einer ganz anderen Geschichte befasst, kam aber nicht mehr weiter. Dann bekam ich die Idee, wieder mal etwas über Italien zu schreiben… naja und dann übernahmen meine erfundene Akteure das Ruder, denn die machen immer was sie wollen, ich schreib nur auf 🙂 Gruß Pit

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