No one else – 23.Türchen

Ich nahm meine Tasse und trank vorsichtig einen Schluck. Alle Augen waren auf mich gerichtet.

„Soll ich übernehmen?“, fragte Letizia, du kannst ja aufschreiben, wenn ich etwas nicht weiß.

Ich nickte.

„Also das hier ist die Suite von Placido Romano, ein angesehener Künstler, weltweilt bekannt, aber das dürftet ihr ja schon aus der Zeitung wissen.“

Fragend schaute ich sie an.

„Jakob, hast du eine Zeitung hier?“

„Ja, da ist ein Bild von Placido vorne drauf. Lesen konnte ich es nicht, ist leider auf Italienisch.“

Ich musste lächeln. Er stand auf und reichte mir die Zeitung. Groß prangte ein Bild von Placido auf der Vorderseite, wo unter anderem von der gutlaufenden Ausstellung berichtet wurde.

Als ich weiter auf Seite zwei blätterte, sah ich mich selbst. Das heißt, es war das Gemälde von mir abgelichtet worden und mir war klar, warum meine Familie so aufgebracht war. Genervt rollte ich mit den Augen und Letizia kicherte leicht.

„Ihr müsst wissen, Davide war nicht anwesend, als dieses Bild gemalt wurde“, erklärte Letizia meinen Geschwistern.

„Aber es stimmt, was die schreiben, ihr seid zusammen?“, fragte Emilio.

„Ja, im August im Urlaub haben sie sich kennen gelernt.“

„Seit August seid ihr schon zusammen?“, fragte Dana verwundert.

„Klar“, kam es von Letizia.

Ich wollte schon den Kopf schütteln, weil es nicht stimmte, aber ich spürte Letizias Hand auf meinem Arm und hielt inne. Ich legte die Zeitung beiseite und nahm wieder meine Tasse und ließ Letizia weitererzählen.

„Zudem stammt Placido aus dem Hause Romano, der Ledermanufaktur, die schon seit etlichen Jahren ihr Stammhaus hier in Florenz hat.“

„Und du bist sicher, dass du das wirklich willst? Schlecht scheint es dir ja nicht zu gehen.“

Das kam von Emilio. Ich nahm den Block und begann zu schreiben.

„Denkst du wirklich, ich bin so oberflächlich und materiell eingestellt? Ich weiß ganz genau was ich will. Meinen Job bei der Zeitung als Journallist liebe ich und werde ihn sicher nicht aufgeben und irgendwann werde ich mein dann Buch schreiben.“

Niemand unterbrach Letizia beim vorlesen.

„Und genauso, wie jeder andere, möchte ich abends auch nach Hause kommen und nicht alleine sein. Es tut gut heim zu kommen und da ist dann da jemand, der dich begrüßt, sich auf dich freut.“

Das Blatt war voll so riss ich es ab und beschrieb das nächste.

„Nur weil ich einen Mann liebe, habe ich nicht das Recht, wie jeder andere zu leben. Es tut mir leid, wenn euch das nicht gefällt, aber das ist nicht irgendeine Phrase von mir. Ich bin so wie ich bin!“

Ich lehnte mich zurück und atmete tief durch.

„Ich sag ja gar nicht, dass ich etwas dagegen hätte, das du auf Männer stehst“, kam es von Dana.

„… muss es aber gleich so öffentlich sein?“, sagte Emilio im knurrenden Ton.

Wieder griff ich zum Block.

„Ich soll mich also nach eurer Meinung verstecken?“

Mich wunderte, dass Letizia so ruhig blieb und nur das sagte, was ich schrieb.

„Das meine ich nicht“, sagte Emilio stroff, „aber muss es eine öffentliche Person sein.“

„Entschuldige, für meine Gefühle kann ich nichts und ich wusste anfänglich nicht, dass Placido der Künstler Placido ist. – Nicht? Das wusste ich gar nicht“, fügte Letizia fragend an.

Ich schüttelte den Kopf und schrieb weiter.

„Und wenn unser Vater nicht mit mir klar kommt, ist das nicht mein Problem, sondern seins. Dass er im Krankenhaus liegt tut mir leid, aber es ist sicherlich nicht meine Schuld!“

Stillschweigen.

Ich wünschte mir Placido herbei. Er fehlte, jetzt wo ich ihn dringend brauchte. Aber er hatte ja auch noch sein Leben, das er weiterhin ebenso wie ich, führen musste. Ich konnte schlecht von ihm verlangen, dass er wegen mir Abstriche machte.

Das wollte ich auch nicht, dass sich Placido wegen mir ändert, ich hatte mich schließlich so wie er war, in ihn verliebt. Aber all die Gedanken lösten nicht das Problem, dass mir jetzt gegenüber saß.

Mein Kiefer tat immer noch weh, ich rieb an meinem Kinn. Nach einem Schluck Tee nahm ich wieder den Stift und schrieb weiter.

„Es tut mir leid, wenn ihr damit nicht klar kommt. Aber ich werde mich auf keinen Fall ändern und meinen Weg den ich eigenschlagen habe, auch weiter gehen. Es hat mich viel Arbeit gekostet, so weit zu kommen.“

Letizias Augen waren glasig.

„Was Placido betrifft, da wird sich auch nichts ändern. Ich weiß, er ist eine öffentliche Person und spätestens wenn herauskommt, dass er mich heiraten will, werde ich genauso öffentlich.“

„Ihr wollt heiraten?“, fragte Emilio entsetzt.

Er stand auf und stürmte aus dem Zimmer. Traurig schaute ich ihm hinter her. Ich liebte meinen großen Bruder, er war stets ein Vorbild für mich gewesen, aber wie er sich jetzt benahm, war unter aller Sau.

„Lass mich das regeln“, meinte Letizia, stand auf, schnappte sich ihren Mantel und verließ ebenso die Suite.

Dana saß die ganze Zeit gegenüber und hatte nichts gesagt. Jakob stand ebenso auf und lief in sein Zimmer. Wahrscheinlich dachte er, dass wir alleine sein wollten, zudem war er ja der italienischen Sprache nicht richtig mächtig, so verstand er eh kaum etwas.

„Er hat dich gefragt, ob du ihn heiratest.

Ich nahm wieder den Block.

„Ja, im Central Park, in einem Restaurant an einem See und alles in Schnee getaucht.“

„Romantisch ist dein Placido, das muss ich ihm lassen.“

Ich hob meine Hand und sie sah den Ring.

„Wow, edles Teil… Du liebst ihn.“

„Ja, je mehr ich über ihn weiß, ihn besser kennen lerne, um so verrückter werde ich nach ihm.“

Dana lächelte.

„Und wo werdet ihr dann leben? Drüben in den Staaten?“

„Nein. In Florenz steht sein Elternhaus, das wird renoviert und dort werden wir dann auch wohnen. Aber in dieses große Haus soll auch ein Cafe kommen und Ausstellungsräume für seine Werke. Auch ist eine Malschule für Kinder und Jugendliche geplant, die es sich normalerweise nicht leisten können, so eine Schule zu besuchen.“

„Alle Achtung, da habt ihr viel vor und wo bleibst du dabei?“

„Ich werde weiterhin meinem Job bei der Zeitung nachgehen und Placido mit allem unterstützen, was möglich ist.“

„Du hast etwas von einem Buch gesagt.“

„Ja, ich habe angefangen Dinge zu sammeln, viele Notizen gemacht, die mit der Liebe und der Kunst zu tun haben.“

„Meinst du, so etwas kauft jemand?“

„Ich weiß es nicht, werde ich dann sehen. Ich verdiene ja weiterhin mein Unterhalt als Journalist.“

„Das bräuchtest du nicht, soviel ich weiß ist dein Freund schwerreich.“

„Das ist etwas, was ich nicht ändern kann, auch seinen Lebensstil, er ist damit groß geworden, aber er weiß, dass ich weiter arbeiten gehen werde und hat auch nichts dagegen. An seine Geschenke werde ich mich wohl noch gewöhnen müssen.“

„Geschenke?“

„Komm mit…“

Sie folgte mir ins Schlafzimmer und wir gingen in den begehbaren Kleiderschrank. Ich zeigte ihr die zwei Anzüge und die anderen Sachen, die Placido als Arbeitskleidung bezeichent hatte.

„Ermenegildo Zegna, wow, das ist teuer.“

Ich nahm meinen Block.

„Er bezeichnet es als Arbeitskleidung.“

„Arbeitskleidung?“

„Ja, er meinte, es gäbe viele Gelegenheiten, wo er mich mitnehmen möchte, Empfänge und so und da sollte ich gut gekleidet sein.“

„Dein Placido wird immer interessanter. Meinst du ich werde ihn irgendwann persönlich kennen lernen?“

„Klar, du bist meine Schwerster – vielleicht bald seine Schwägerin.“

Ich schrieb nicht weiter. Dana nahm mich in den Arm und drückte mich fest.

„Entschuldige Davide. Je mehr ich darüber nachdenke, merke ich wie blöde sich Emilio und ich uns benommen haben. Du bist unser jüngerer Bruder und jüngere Brüder hat man zu beschützen. Wir hätten uns gleich hinter dich stellen sollen, bevor unser Vater seine Hasstriaden starten konnte.“

Er hasste mich also.

„Lass Emilio Zeit, er wird sich schon beruhigen. Auf alle Fälle hast du meine volle Unterstützung und die deiner Mutter. Sie war die einzige, die die ganze Zeit zu dir gehalten hat. Aber du kennst auch unseren Vater.“

Ich nickte und lief wieder in den Wohnbereich zurück.

„Aber du wohnst nicht schon die ganze Zeit hier?“

„Nein, erst seit Placido wieder im Lande ist und ich muss dir auch noch etwas sagen. Letizia war da vorhin nicht ganz ehrlich.“

„Was meinst du?“

„Ich bin wieder mit Placido zusammen, zwischen drin war eine Pause, weil ich mir nicht sicher war, ob ich so eine Beziehung wollte.“

„Du warst unsicher?“

„Ja, mir ging das alles viel zu schnell und ich möchte mir eben sicher sein, dass ich den Mann, den ich liebe auch mein restliches Leben verbringen möchte.

„Und jetzt bist du dir sicher?“

„Ja, bin ich, nach anfänglichen Zweifeln, bin ich mir sicher.“

Ich lächelte. Dana hatte die ganze Zeit meine Hand nicht losgelassen. Sie griff nach der Zeitung und schaute sich noch mal mein Gemälde an.

„Ich glaube, ich werde die Ausstellung besuchen, ich muss mir das Original anschauen.“

„Das sitzt neben dir“, schrieb ich auf.

Sie lachte. Die Eingangstür ging wieder auf und mein Bruder kam zurück, dicht gefolgt von Letizia. Ich hoffte sie war nicht all zu laut und das Gespräch zwischen den beiden hatte niemand mitbekommen.

„Alles klar?“, fragte Dana, als sich Emilio wieder neben ihr niederließ und dieses Mal seine Jacke auszog.

Er griff nach der Kaffeekanne und schenkte sich eine Tasse ein.

„Auch eine?“, fragte er Letizia, die sich gerade neben mich setzte.

„Ja, danke“, antwortete sie und lächelte.

Ich beobachtete sie und wenn ich es nicht besser wüsste, wäre ich der Meinung, sie hatte ein Auge auf meinen Bruder geworfen. Emilio nahm einen Schluck und sah mich dann an.

„Entschuldige Davide, dass ich dich geschlagen habe, wird nie wieder vorkommen! Es tut mir auch leid, dass ich an deiner Ernsthaftigkeit, auch an dir gezweifelt habe.“

Ich schaute ihn lange an.

„War das jetzt so schwer?“, fragte Letizia und schmunzelte.

„Ich habe Davide gesagt, dass er mit unserer vollen Unterstützung rechnen kann“, kam es von Dana.

Emilio atmete tief durch und rieb sich mit den Händen durch das Gesicht. Dann schaute er wieder zu mir.

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3 Kommentare

    • Andi auf 23. Dezember 2016 bei 14:15
    • Antworten

    Hach Romantik pur, gefällt mir sehr. Schade, dass morgen schon Finale ist.

    VlG Andi

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    • claus auf 23. Dezember 2016 bei 06:03
    • Antworten

    da muss ich gerd zustimmen…

    das kann morgen nicht zu Ende sein!?

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    • Gerd auf 23. Dezember 2016 bei 00:19
    • Antworten

    Irgendwie hab ich das Gefühl, dass diese Geschichte noch lange weiter gehen kann. Morgen kann doch noch nicht das Finale sein …

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