Sommermärchen – Teil 3

7. Marcel – Überraschendes Wiedersehen

Ich hatte meine Zusage für Wien! Wie versprochen hatte sich Dr. Lugauer in der Woche nach meinem Vorstellungsgespräch gemeldet: „Wir hatten einen tollen Eindruck von ihnen und würden uns freuen, sie ab 7. Januar bei uns im Serviceteam zu begrüßen.“ Weiterlesen

Pannenkäfer – Teil 5 – Alles wächst zusammen

„Alles wächst zusammen“
Dies ist wohl der vorletzte Teil der Geschichte von Daniel, seinem Käfer und seinem Stefan. Am Schluss des 6.Teils wollen wir sie in Ruhe und Frieden leben lassen. Ich möchte mich dann einmal um eine Fortsetzung der Geschichten von „Gideons Aufbruch“ und „Wünsche werden manchmal wahr kümmern. Nun aber viel Vergnügen beim Lesen des fünften Teils. Weiterlesen

The true Musketeers – Teil 1

Fabian

Fertig angezogen und die Tasche bereits geschultert saß ich da und wartete. Immer das gleiche Schicksal mit den beiden. Jedes Mal mussten sie auf den letzten Drücker kommen. Kaum hatte ich das gedacht, hörte ich es hupen. Na endlich. Ich schnappte mir meinen Schlüssel, verließ meine Wohnung und rannte die Treppe hinunter. Weiterlesen

Sommermärchen – Teil 2

4. Tobias – Start ins neue Leben

Das war schon ein ziemlicher Knaller… Marcel und Felix. Ich wusste, was zwischen den beiden was war nach dem WM-Halbfinale. Aber niemals hätte bei diesen Beiden an eine Romanze gedacht. Dazu kam nun noch der gemeinsame Job im Schlösschen. Im Weiterlesen

Die zweite Chance – Teil 13 [letzter Teil]

Mit zwei Schritten war Sven im Haus und drückte Florian mal wieder gegen die Wand. Auch der Kuss folgte wie eine halbe Stunde vorher schon einmal.

„Haben wir Zeit noch ein bisschen zu kuscheln?“, nuschelte Sven Weiterlesen

Die zweite Chance – Teil 12

„Was meinst du?“

Florian stand Sven direkt gegenüber. Unsicher machte er einen Schritt zurück.

„Tu nicht so unschuldig. Erst starrst du mich Tagelang an und dann erfahr ich dass du schwul bist.“

„Ähm… also das…“

„Florian.“

„Was.“ Weiterlesen

Sommermärchen – Teil 1

Prolog:
Sommermärchen … und dann fängt das auch gleich noch mit Fußball an! Da es sicher einige Leute gibt, die dem Kampf ums runde Leder nichts abgewinnen können, sei vorsichtshalber gesagt, dass es sich um alles andere als eine reine Sportstory handelt. Wie auch bei meinen anderen Geschichten gilt, dass die Figuren alle einen realen Hintergrund haben. Weiterlesen

Die zweite Chance – Teil 11

Florian hörte Malte wie durch Watte. In der ganzen Turnhalle herrschte schweigen. Florian merkte wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Irgendwie hatte er die Erwartung, dass ihn jeder anstarren müsste. Doch dies erfüllt sich nicht. Stattdessen wanderten die Blicke der Meisten zu Steffen. Weiterlesen

Folgen eines Missverständnisses

Nach und nach – Stunde um Stunde sitz ich nun hier und warte. Worauf ich hier warte? Darauf das ich abgeholt werde. In den vergangenen 3 Stunden war so viel passiert. So viel was ich nie gedacht hätte das es passieren würde, aber ist das nicht meistens so? Weiterlesen

Die zweite Chance – Teil 10

„Okay, du darfst dich wieder langlegen.“

„Bekomm ich das ewig zu hören?“

Marcus verließ grade die Halfpipe und machte Platz für Florian.
Fast jedes Mal zog ihn Marcus mit dem Sturz auf, den er bei ihrem ersten Mal im Park hatte. Für beide war es fast schon zum Ritual geworden. Aber nach diesem Unfall Weiterlesen

Solarplexus Manipura – Teil 1

Jetzt wo ich vor dem schon überfüllten Cafè stand, war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich da wirklich rein wollte.

Ich war in fünf Minuten mit meiner besten Freundin Tanja verabredet … sie hatte mich mit der Einladung mehr oder überrumpelt und bevor ich mich versah, hatte ich auch schon zugesagt. Weiterlesen

Gestern… Heute… Morgen…

Falls ihr euch erinnern könnt, hatte ich damals wegen technischen Problemen die Seite mit den Gedichten herausgenommen. Dieses Problem besteht nun nicht mehr und ich möchte die Gedichtsseite wieder auferstehen lassen.

Gleichzeitig will ich euch auch ermuntern, mir wieder Gedichte zu schicken, damit wir auch hier eine große Auswahl bekommen.

Also ran an die Tasten und schreiben!

Die zweite Chance – Teil 9

Florian saß zusammen mit Arne unter einen kleinen überdachten Grillplatz. Beide starrten in den Regen obwohl kaum etwas zu erkennen war.

„Und was ist das?“ fragte Florian. Nach Arnes Ankündigung ihm etwas sagen zu wollen kam doch nichts mehr.

„Das ist nicht so einfach.“ Weiterlesen

Was lange währt, wird gut…

Eine kleine, aber wahre Geschichte, die überwiegend auf wahre Tatsachen beruht. Leider nur überwiegend.

„Hey, wir sollten endlich mal wieder `ne Runde Billard spielen gehen!“ Mein alter Kumpel Jan hatte sich telefonisch bei mir gemeldet, um mitzuteilen, dass er es wünschte, mit mir gemeinsam in Kürze eine mehr oder weniger ruhige Kugel zu schieben. Weiterlesen

So eine Freundschaft gibt es nur einmal

Ein Sonntagmorgen – Mitten im Frühling. Draußen war es schön warm – na ja um die 23 Grad. Ein schöner Mittag im Mai.

Ich hatte aber nichts Besseres zu tun als vor dem Computer zu sitzen. Ich bastelte eifrig an meiner neuen Homepage. Eine kleine private Homepage – einfach über mich. Obwohl wen interessierte das schon?

Wenn interessierte schon ein Junge aus Darmstadt Mitte zwanzig… Wahrscheinlich niemanden. Aber die Seite sollte ja hauptsächlich für mich sein. Klar auch andere sollten sie sehen, deshalb verlinkte ich sie heute kreuz und quer im Web.

Aber schon bald verließ mich die Lust an der Verlinkerei. Viel mehr Spaß machte es mir Bilder auf der Seite einzufügen. Allerdings fehlten mir noch meine Kinderbilder. Wer weiß wo meine Eltern die wieder versteckt haben. Existieren tun welche – das weiß ich – nur wo.

Aus meinen Gedanken gerissen klingelte das Telefon. Intern. Das musste meine Mutter sein. Ich wohnte noch immer zuhause in einer Drei-Zimmer-Wohnung der Eltern. Es hatte viele Vorteile. Hier vom Dachgeschoß hatte ich einen wunderschönen Blick über die Innenstadt von Darmstadt.

Daraus ergab sich der zweite Vorteil: Wer konnte sich schon eine Wohnung in der Darmstädter Innenstadt leisten? So drückte ich jeden Monat einen Hunderter an meine Eltern ab und gut war. Wäschewaschen und Kochen inklusive. Welch Service…

„Hier der werte Untermieter – der euch so am Herzen liegt“, scherzte ich.

Am anderen Ende fragte meine Mutter ob ich nicht zum Mittagessen auf die Terrasse kommen wolle.

„Ja aber sicher. Ich werde nach unten kommen. Ich muss eh in der Hauswäscherei vorbei,“ witzelte ich weiter.

„Ja wie gut, dass ich alles in allem bin, mein Sohn. Aber pass bloß auf, dass ich nicht in den Streik trete!“

Ich lachte: „Ja das wäre mehr als bedauerlich! Der ganze Betrieb würde zusammenbrechen!“

„Sag ist Manuel auch da?“

„Nein mein werter Freund hat sich heute noch gar nicht gemeldet. Aber ich rufe ihn später mal an. Nach dem Essen.“

„Alles klar, Christian, dann schwing die Hufe. In fünf Minuten sind die Klöße fertig.“

„Hmmm, gibt es etwa leckeren Rinderbraten?“

„Ja. Ist ja immerhin Sonntag.“

„Ja verstehe. Tradition. Hotel Mama – Tag der Spezialitäten!“

Meine Mutter legte einfach auf. Ich hielt den Hörer weg von meinem Ohr, vom Tuten überrascht. Ich schaute das Mobilteil des Telefons an und schüttelte grinsend den Kopf. Dann legte ich auf.

Ich stand auf um nach unten zu gehen.

Da – die bekannte Stimme aus dem PC: „Sie haben Post!“

Ich stutzte kurz. Dann nahm ich mir aber vor erst nach unten zu gehen. Ich schaute kurz in den Spiegel. Unfrisiert standen meine blonden Haare in alle Richtungen. Ich sollte zum Friseur gehen.

„Eeeesssen!“ hallte es im Flur.

„Ja, ja, ist ja gut!“

„Ja, ja, ich weiß das schon. Brauchst mir nicht zu sagen!“ sagte ich zickig.

„Na dann tus!“

„Ja morgen! Heute hat der Frisör ja nicht auf.“

Ich lachte.

„Versprochen?“

„Ja! Der Zottel kommt ab…“

„Na gut dann leg ich mich jetzt noch mal schlafen. Bin müde.“

„Um 14 Uhr? Bist doch erst um 12 aufgestanden!“

„Na und? Es ist Sonntag!“

„Na gut, alte Schlafratte. Dann gute Nacht!“

„Gute Nacht… Und du weißt ja…“

„Was?“

„Ich liebe dich.“

„Ja ich dich auch. Freu mich auf morgen…“

Manuel legte auf. Verträumt schaute ich auf sein Foto auf dem Nachttisch. Nun sind wir schon fast vier Jahre ein Paar. Alles hatte sehr chaotisch angefangen.

Ich schwelgte in Erinnerungen…

„Hi. Ich bin es.“

„Wer ist ich?“

„Du erinnerst dich noch an den Chat eben?“

„Ja.“

„Du hast mir deine Nummer gegeben.“

„Ach du, ich… na ja ich dachte deine Bahn fährt gleich?“

„Ja klar, ich wollte mich einfach noch mal kurz melden bevor ich fahre. Ich hab mich so hastig verabschiedet.“

„Das ist wohl war.“

„Ich bin jetzt auf dem Weg zur Straßenbahn. Was machst du so?“

„Ich bin daheim. Mir ist noch immer langweilig. Was soll ich sagen.“

„Du… ist okay, ich meld mich später noch mal, heute Abend. Ich sehe grad meine Bahn kommen. Ich muss lossausen!“

„Ja… äh… ist okay. Ich freu mich.“

„Ja. Bye, bis dann.“

„Tschüss.“

Unser erstes Telefonat…, aber angefangen hat es mit Chatten. Das war damals zu meinem Hobby geworden. Es hatte sich ja gelohnt. Ich erinnere mich auch noch an seine E-Mails, auch wenn der Anfang voller Missverständnisse war.

„Ach so eins wollt ich dich noch fragen.“

Ich war mir zwar nicht sicher was jetzt kommen würde, aber ich fragte neugierig was er denn wissen möchte. Er fragte mich, warum ich denn die erste E-Mail nicht beantwortet hätte. Ich wusste nicht was er meinte: „Welche Mail? Wir haben doch gleich telefoniert.“

„Nein.“

„Wie?“

„Na ja erinnerst du dich noch an Anfang letzten Monat? Da gab ich dir meine Addi und du hast nicht reagiert.“

„Äh… sag bloß du bist…?“

„Ja, wir haben schon dreimal gechattet.“

„Was?“

„Ja.“

„Jetzt bin ich wirklich etwas perplex. Aber ich habe doch dann verspätet geantwortet. Warum hast du dann nicht geschrieben?“

„Da war ich sauer, weil du nicht gleich geschrieben hast. Da hab ich mir gedacht, ich schreibe auch nicht.“

Er war schon ein Chaot. Genauso sollte unsere Liebe anfangen. Na ja wenn man es Anfang nennen konnte. Ich glaube schon bei unserem ersten Treffen an der Tankstelle – unser Treffpunkt – ja schon da habe ich mich glaube ich in ihn verliebt…

Ich fragte mich langsam wo er blieb. Just in dem Moment erschien im Beifahrerfenster ein Gesicht. Ich erschreckte mich etwas. Dieser Jemand öffnete die Tür und steckte seinen Kopf herein.

Dann fragte er unsicher: „Bist du Christian?“

Ich nickte nur.

„Darf ich einsteigen? Ich bin Manu!“

Ich nickte erneut. Manuel legte eine Einkaufstüte voll mit Getränken und Essen in den Fußraum der Beifahrerseite. Dann setzte er sich schwungvoll auf den Sitz neben mir und sagte: „Hi.“

Ich reichte ihm die Hand und begrüßte ihn ebenso. Er hatte tatsächlich alle Merkmale, wie er sich beschrieb. Ich sah diese kurzen hochgegelten schwarze Haare und diese tiefbraunen Augen. Er sah richtig süß aus.

… Nur dumm, dass beim anschließenden DVD-Abend ne Freundin von ihm dabei war. Aber das war ja in unserer ersten gemeinsamen Nacht dann auch völlig zweitrangig. Auch wenn sie im Nachbarzimmer schlief… Da gab es nur uns…

Nun auch wenn ich es mir wünschte zusammen waren wir noch lange nicht – wir nannten es lockere Beziehung und es drückte ganz doll auf die Gefühle manchmal – auch wenn wir es beide nicht war haben wollten.

Wir waren füreinander bestimmt… Aber davon waren wir noch weit entfernt in diesem Chaos… Ich erinnere mich an unseren Trip nach Köln. Es war unser erstes gemeinsames Wochenende in einem Hotel…

Ich blickte auf Manuel und strich ihm über den Kopf. Dann dachte ich mir: „Oh Mann, wir liegen hier wie ein Liebespaar. War das normal?“ Ich küsste Manu auf die Wange. Davon wachte er langsam auf.

Er öffnete die Augen und knurrte.

Dann lächelte er mich an und fragte unschuldig: „Was ist denn?“

„Es ist schon spät am Nachmittag.“

Ein erneutes Knurren ertönte: „Na und? Bleib noch im Bett.“

Ja, ja, so war er – scheinbar gleichgültig und in den Moment hinein lebend. Aber ich musste etwas ändern… Ich wusste er mag nicht wenn man ihm gleich die große Liebe gesteht also…

Ich nahm mir wieder allen Mut zusammen und traute mich erneut zu sagen: „Ich bin gern bei dir und ich mag dich.“

Ich sah auch Manuel schlucken, doch er brachte nur hervor: „Ja.“ Dann küsste er mich und drehte sich um.

Innerlich schüttelte ich den Kopf und dachte mir nur, was das soll. Warum sagte er darauf nichts? Bedeutete ich ihm etwa gar nichts?…

Doch auch er machte sich scheinbar seine Gedanken und so kam der romantische Showdown erst eine ganze Ecke später in seinem Wohnzimmer. Manuel rappelte sich langsam auf und schaute mir kurz mit seinen verweinten Augen ins Gesicht, dann klammerte er sich an mich. Ich strich mit meinen Händen über seinen Rücken und lehnte mich zurück.

Es war jetzt Totenstille im Raum. Aber geklärt war noch gar nichts. Ich hatte zwar kurz vorgebracht, was ich empfand und wie ich alles sah, aber sonst auch nichts. Ein Gespräch war mit ihm ja nicht anzufangen.

So überlegte ich was ich jetzt tun sollte. Währenddessen kraulte ich noch immer seinen Rücken. Es war ein tolles Gefühl ihn in meinen Armen zu halten. Es war Zeit ihm endlich zu sagen was ich wirklich für ihn empfand.

So störte ich jetzt wieder die Stille und suchte nach folgenden Worten: „Du, willst du mir noch etwas sagen?“

Manuel blieb mit seinem Kopf an meiner Brust und schüttelte sanft den Kopf und erwiderte: „Nein.“

Ich dachte mir nur, das kann es doch nicht sein, also ergriff ich die Initiative. Ich packte ihn sanft mit beiden Händen an den Schultern und drückte ihn von mir weg, so dass sein Gesicht vor meinem war und dass er gezwungen war mir in die Augen zu schauen. Jetzt lächelte ich Manuel etwas verkrampft an und sagte überzeugt: „Aber ich, ich möchte dir noch etwas sagen!“

Manu schaute mich an und fragte leise und unsicher: „Und was?“

Jetzt war meine Zeit die Zeit der Wahrheit.

Ich atmete tief durch und sagte: „Ich liebe dich, Manuel, ich liebe dich.“

Es zuckte ein Lächeln über sein Gesicht.

Er fragte unsicher nach: „Wirklich?“

Ich lächelte und nickte zufrieden.

Jetzt sagte Manuel: „Ich liebe dich auch, Christian.“

Wenn ich nur an diese Zeit denke. Es war im Nachhinein so romantisch – die paar Stolpersteine mal zur Seite geräumt… Etwas riss mich aus meinen Gedanken. Meine Augen waren leicht feucht.

„Sie haben Post!“

Ich wischte mit meinem Handrücken über meine Augen und nahm mir jetzt vor das E-Mail-Programm zu öffnen.

Hallo Christian,

bin durch Zufall auf deiner HP gelandet, finde sie wirklich super! Was mich sehr beeindruckt hat war Dein Outing, es ist mir in letzter Zeit etwa genauso gegangen! Habe zwar schon lange gemerkt dass Ich auf Männer stehe, trotzdem lange geglaubt dass sich das auch wieder ändern wird! Bin froh dass ich mich geoutet habe, auch wenn es nicht immer ganz leicht war! Die erste große Liebe habe ich auch schon gefunden… Wenn Du Lust hast, dann schreib mir mal zurück, würde mich freuen!

Liebe Grüsse

Roman

Ich war positiv überrascht. Eine Reaktion auf meine Homepage. Jemand hatte sie tatsächlich gefunden. Wow. Ohne zu zögern klickte ich auf den Button zum Antworten. Ich bedankte mich für die E-Mail und fragte ihn ein bisschen aus.

Wo er denn her kam. Wie lang er schon vergeben ist. Was er so arbeitet und hobbymäßig tut und, und, und… Ich war gespannt. Ehrlich gesagt ich hatte zu kaum einem schwulen Mann Kontakt in den letzten Jahren.

Ich war ja so auf meine Beziehung mit Manu fixiert. Da kam mir diese Abwechslung ganz recht. Endlich mal wieder austauschen mit Männern – schwulen Männern… Nichts gegen Daniela – meine beste Freundin – sie konnte mir auch immer gut zuhören und helfen.

Aber es war nicht dasselbe. Mit jedem redete man anders. Mit Manuel redete ich über dies und mit Daniela über das… Ich zuckte wieder auf vom Klingeln des Telefons. Extern. Danis Nummer. Wie gerufen die Frau.

„Jawohl?“ meldete ich mich frech.

„Ja hallo der Herr, heute wieder das letzte Fünkchen Anstand verloren, hm?“

Ich musste grinsen. Jetzt fing sie wieder mit ihrem Bundeswehr-Trill an.

„Madam, Yes, Madam!“ erwiderte ich.

„Wer es glaubt. Ihr Männer seid alle gleich. Immer die armen Frauen veräppeln…“

„Oooooh du armes kleines Monster!“

„Was ist los bei dir? Geht’s dir gut?“ fragte sie ohne auf mein Piesacken einzugehen.

„Ja bei mir ist alles bestens. Hab eben sogar E-Mail bekommen.“

„Und? Ist das außergewöhnlich?“

„Jemand hat mir über meine Website ne Mail geschrieben!“

„Oh, der Herr ist interessant für andere. Wow!“ sagte sie frech.

„Ja, ja sei du nur wie immer frech. Warte nur ab.“

„Ohhh, Drohung, hm?“ witzelte sie.

„Ja ne ganz große Drohung. Plan: Lust auf Kaffee trinken?“

„Dachte der Herr mag keinen Kaffee?“

„Dafür du umso mehr. Ich nehme dann den frisch gepressten O-Saft.“

„23“

„Was?“

„23!!!“

„Was willst du von mir?“ stutzte ich mit einem großen Fragezeichen auf den Augen.

„Wähle die 23, sag du willst einen Saft und warte drei ein halb Minuten.“

„Schwätzerin!“

Die 23 war die interne Telefonnummer, um meine Mutter zu erreichen.

„Sei nicht so frech.“ antwortete ich.

„Was denn? Sonst sind wir doch auch immer so stolz auf Hotel Mama.“

Sie prustete los.

„Hey spuck nicht ins Telefon. Sonst kriegst noch einen Schlag!“

„Ich find das urkomisch. Fünfundzwanzig Jahre und immer noch zuhause wohnen!“

„Noch bin ich vierundzwanzig!“

„Ja genau. Erbsenzähler!“

„Also wat jetzt? Kaffee?“

„23?“

„15:30 im Stadtcafé!“ ignorierte ich ihren Kommentar.

„Keine 23?“

„Keine 23!“

„Stimmt 24!“ sie lachte wieder lauthals.

„Ja, ja, ist gut. Wir sind ja wieder soooo lustig!“

Ich wiederholte noch mal unseren Treffpunkt und die Uhrzeit und legte auf als ich gerade merkte, dass sie wieder etwas sagen wollte. So muss man mit Frauen umgehen…

„Sie haben Post!“

Überrascht schaute ich wieder auf den Monitor. Wieder klickte ich auf den Posteingang. Es war wieder Roman. Man der war ja ein Hochgeschwindigkeitszug. Oder war ihm etwa langweilig?

Gespannt las ich seine Mail. Er berichtete von seinem Outing. Für ihn schien es nicht ganz leicht gewesen zu sein, wenigstens bei seinen Eltern. Da kostete es ihn eine große Überwindung.

Aber er nahm sich wohl den ganzen Mut zusammen und packte aus mit der Wahrheit… Ist ja auch bewundernswert. Weiter berichtete er, dass er schon so einige Männer vor seiner jetzigen großen Liebe gehabt hatte.

Doch das schienen nur schnelle Nummern gewesen zu sein. Seinen Freund – er hieß Oliver – lernte er, laut seiner Aussage, in einem Chat kennen. Al käme uns das nicht bekannt vor. Ich musste grinsen.

Allerdings er schien mit seinem Freund deutlich weiter zu sein. Sie planten schon das Zusammenziehen. Und das nach sag und schreibe erst drei Monaten. Ich war nach vier Jahren noch nicht so weit. Aber das hatte sicher andere Gründe. Ich liebte meine Freiheiten und… natürlich das billige und angenehme Wohnen bei den Eltern.

Er fragte mich auch um Rat, ob ich es für eine gute Idee hielt mit Oliver zusammenzuziehen. Nun was sollte ich dazu sagen. Es war sein Ding. Jeder musste doch selbst wissen ob so was funktionieren würde.

Vielleicht konnte man es ja in einem gemeinsamen Urlaub ausprobieren… Das antworte ich ihm auch… Aber mir schien es als wäre Roman ein sehr spontaner Mensch, der sich nicht oder nur wenig beeinflussen ließ.

Klar ich kannte ihn noch nicht. Aber irgendwie freute ich mich über seine E-Mails und ich war auch bereit ihm zu helfen und irgendwie für ihn da zu sein. Laut seinem Bericht hatte er zwar gute Freunde, vor allem zwei sehr gute Freundinnen, aber die waren nun mal nicht schwul und konnten ihm in seinen Problemen nicht weiterhelfen.

Auch seine Hetero-Typen – wie er schrieb – waren ihm selten eine große Hilfe in Sachen Gefühlen.

Ja, ja so waren sie di Hetero-Männer – gefühlskalt – welch Vorurteil? Doch scheinbar stimmte es. Saufen – Party – Weiber – Bumsen und der klassische Satz

„Ja natürlich lieb ich dich, Süßes!“

Roman hatte schon eine interessante Art zu schreiben und vor allem so lange E-Mails. Ich war ja nie der große Leser. Aber beim Lesen der Mail hing ich mit dem Gesicht fast am Bildschirm. Jedes Wort fraß ich.

Bei seiner Mail, bei seiner zweiten Mail, wurde es mir auch bewusster. Wir waren uns sehr ähnlich. Nun ich hatte nur meinen Freund Manuel und meine beste Freundin Daniela, mit beiden konnte ich gut reden.

Aber irgendwas fehlte. Vielleicht ein guter schwuler Freund. So wie Roman das in seiner zweiten deutlich ausführte:

„Habe zwar viele Freunde, aber die meisten davon sind hetero… nur mit meinen zwei besten Freundinnen kann ich über alles Mögliche reden, aber über manches eben nicht. Entweder sie verstehen mich nicht oder ich traute mich nicht mit ihnen zu reden…

Wollte mir hier auch nicht einen Seelenklempner suchen, sondern einfach mal mit jemandem reden, der auch schwul ist. Weißt du so jemanden habe ich nicht. Ich will mich dir auch nicht aufdrücken mit dieser Mail. Hast sicher dein eigenes Leben… aber…“

Aber, aber… Ich würde ihm schon zuhören… Ich fand es ja schon jetzt interessant. Immerhin der erste Mann, der mir sein Herz ausschüttet… außer Manu… Jemanden eben, den ich nicht kenne. Jemand der mir jetzt sein Leben erzählen konnte und ich mich mit einer neuen Persönlichkeit beschäftigen konnte.

Daniela dagegen schon durchleuchtet: frech, lebenslustig, forsch. Manuel längst von oben bis unten erforscht: Schlafratte, Nervensäge (rein liebenswert), Chaot und mein Mr. Erotik, prickelnd und geil.

Ja ich teile mein Leben mit den üblichen Verdächtigen. Langweilig, hm. Ich grinste. Zeit für eine neue Persönlichkeit, die alles etwas aufmischt. Zeit für Roman. Aufmischen ist gut – es sollte noch viel auf mich zukommen – ahnungsloser Chris!

„23?“ begrüßte mich Daniela frech.

Ich setzte mich zu ihr auf die Sommerterrasse, wo sie scheinbar – überpünktlich wie sie war – schon etwas auf mich wartete.

„Du und deine 23.“ Ich grinste.

„Ist nun mal so. 23!“

„Ich krieg doch jetzt hier meinen O-Saft… Die können das besser als mein Mum.“

„Ach ja meinst du?“

„Ja klar. Wann presst meine Mutter schon mal Orangen aus?“

„Die Rede ist hier aber von einer ganz anderen 23 als vorhin!“

„Ach tatsächlich? Was ist uns den diesmal für ein Scherzchen eingefallen?“ fragte ich sie lachend.

„23 Sekunden zu spät!“

„Was ich?“

„Ja. Ich bin fast kaputt gegangen vor Langeweile!“

„Jetzt bist wohl du die Erbenzählerin!“ Ich grinste.

„Tja…“

„Wann warst denn hier?“ fragte ich neugierig.

„Ich hab noch ein bisschen den Männern hier nach gesehen. Du weißt ja ich liebe es Menschen zu beobachten.“

„Wann?“

„Zwei Kaffee.“

„Sehr präzise.“

„Das bin ich doch immer! Du kannst doch rechnen!“

„Ja klar kann ich das: zwei Kaffee sagst du? Zwei Tassen zu je dreiundzwanzig Minuten Trinkzeit + Bestellzeit ist gleich 50 Minuten?“

„Hey es ist als würden wir uns schon ewig kennen. Du bist gut!“

„Ich weiß!“

Ich bestellte meinen Orangensaft und widmete mich wieder Daniela.

„Also was hast du nun konkret für ne E-Mail bekommen? Willst Manuel etwa schon untreu werden?“

„Nein. Quatsch.“

„Was ist dann?“

„Na ich finde ihn einfach symphatisch.“

„Na zwei E-Mails?“

„Na ja vielleicht war ich schon immer auf der Suche nach einem schwulen Freund?“

„Du meinst du könntest mir nicht alles erzählen, der obligatorisch besten Freundin?“

„Das ist es nicht. Ich kann mit dir sicher über viel reden. Aber in manches hast selbst du nicht den Einblick.“

„Wenn du das sagst,“ erwiderte sie schnippisch.

„Du weißt genau was ich meine… Irgendwie öffnet der sich gerade gefühlsmäßig vor mir… in seinen Mails… und ich fühle dass ich das im Gegenzug auch kann wenn man sich näher kennt. Immerhin ist es so recht anonym. Wir telefonieren ja nicht und sehen uns nicht.“

„Warum nicht?“

„Na er wohnt zu weit weg.“

„Wo?“

„In Baden schreibt er.“

„Und warum kein Telefon?“ fragte Daniela interessiert.

„Ich weiß nicht.“

„Du denkst Manuel wäre nicht so einverstanden oder?“

„Ja okay er wäre eifersüchtig. Aber es hat das nichts zu bedeuten. Ich brauche mal wieder Kontakt außerhalb der Beziehung. Schwulen Kontakt, rein emotional.“

„Verstehe.“

„Wirst du es Manuel sagen?“

„Dass ich einen E-Mail-Freund habe, bzw. etwas habe was sich in diese Richtung entwickeln könnte und ich mich sehr wohl dabei fühle?“

„Ich sag es ihm wenn sich eine Situation ergibt.“

„Also mir wäre das zu verdächtig. Du verschweigst einen Mann, mit dem du Kontakt hast. Schürst du nicht nur Eifersucht wenn er es so raus bekommt. Man weiß nie welche Quellen sich auftun.“

„Du redest als wäre es ein Kriminalfall. Ich hör ihm nur zu bei seinen Problemen.“

„Ja und du möchtest ihm deine erzählen – wenn du ihn besser kennst.“

„Ja meine Worte!“

„Ist denn etwas? Hast du ein Problem?“ forschte sie nach.

„Nein.“ Wehrte ich ab.

Daniela schaute ungläubig. Sie kannte mich.

„Du verschweigst mir was!“

„Nein das tue ich nicht. Gönnst du mir etwa keine E-Mail-Bekanntschaft? Eifersüchtig?“

„Ich?“

„Ja du. Warum machst du mir es mies?“

„Weil du nicht aufrichtig bist. Deinem Freund nicht die Tatsachen erzählst.“

„Hey ich kenn diesen Roman jetzt nicht mal 24 Stunden. Vielleicht ist es morgen wieder

vorbei. Und auch meine Vorstellung eines Freundes stirbt. Also warum soll ich was servieren was noch nicht mal kocht?“

„Du meinst was er nicht weiß macht ihn nicht heiß?“

„Das ist es nicht.“

„Kochen ist für mich eine Umschreibung eines verborgenen Flämmchens, das nach einem saftigen Steak Ausschau hält!“

„Wie soll ich diese Metapher deuten?“

„Wie du möchtest. Wenn du aber von kochen redest ist dir nach vier Jahren langweilig in der Beziehung und du suchst nun den Kick. Was Neues. Du vermisst vielleicht auf deiner Herdplatte etwas, was dir die andere Herdplatte bieten könnte. Würdest du es sonst verschweigen und so festhalten?“

„Ich halte überhaupt nichts. Du überdramatisierst. Ich wollte dir lediglich von Jemanden erzählen, der ein guter Freund werden könnte. Ich spüre da was.“

„Männer spüren immer nur ihren Schwanz!“

„Das soll ich mir jetzt anhören?“

„Ist es nicht so?“

„Wir haben auch Gefühle und wir suchen auch ab und zu nur jemand der uns gleich gesinnt ist, so wie Roman gerade. Er könnte sich ja auch mit seinem Partner zufrieden geben – aber er möchte auch – so wie ich – außerhalb der Beziehung jemanden haben, der ihn versteht und dem er sich anvertrauen kann.“

„Wirst du ihn treffen?“

„Hey wie gesagt er wohnt weit weg und ich möchte mich auf die Mails beschränken.“

„Schwörst du mir was?“

„Was?“

„Zeig mir, dass ich unrecht habe. Du garantierst mir dass du nie mit ihm schläfst!“

„Daniela. Ich bin geschockt wie weit du immer gehst. Ich garantiere dir selbst wenn wir uns sehn und sich eine gute Freundschaft über diese doch große Distanz entsteht werde ich nie mit ihm Sex haben. Dafür habe ich jemanden.“

Daniela schaute skeptisch.

„Hey, selbst wenn ich 50 bin. Mit Roman werde ich nie, niemals schlafen.“

„Sag niemals nie!“

Ich blickte sie verunsichert an: „Dann dreht sich bei euch alles um Sex, nicht bei uns!!!“ Ich war frustriert.

„Ach?“

„Ja lass es doch mal langsam angehen. Zwei E-Mails!“

„Langsam angehen soso… Was das heißt möchte ich gar nicht deuten.“

Ich nippte beleidigt an meinem O-Saft und verkrampfte.

„Er hat außerdem einen Freund!“

„Ach?“

„Ja, ach!“ sagte ich sauer.

„Und der ist dir im Weg?“

„Falls es dir nicht entgangen ist. Ich bin auch vergeben.“

„Noch!“

„Hey!“

„Du verschweigst mir etwas.“

„Nein das tue ich nicht. Ich fühle für Manuel genauso wie eh und je, nur… Ich… na ja… es ist…“

Daniela beugte sich neugierig vor und stützte sich auf ihre Handfläche. Ich konnte mit ihr nicht darüber reden. Ich ließ mich auf meine Couch fallen und zappte mich durch das Fernsehprogramm. Wie immer lief nichts Interessantes.

Was soll man am Sonntag auch vom Fernsehen erwarten? Mittlerweile war es fast 18 Uhr und der Tag wollte nicht enden. Ich fiel in meine Gedanken. Eigentlich war ich schon eine sehr traurige Persönlichkeit. Ich wusste gar nichts mehr.

Warum wohnte ich wohl mit Manuel nicht zusammen? Ich vertraute ihm nicht mehr so wie über die ganzen Jahre. Aber das hatte seinen Höhepunkt noch nicht erreicht. Ich war nie eifersüchtig.

Aber vielleicht sollte ich es sein? Ich spürte da etwas was ich mir vehement ausreden wollte. Doch es war da. Wenn ich in seiner Wohnung war spürte ich immer öfter, dass mich etwas oder jemand beobachtet.

Vielleicht beobachtete ich mich selbst. Meine schwachsinnigen Gedanken. Manchmal wenn ich mit ihm schlief spürte ich nichts. Es war als wäre ich wie weggetreten. Doch er fragte nicht nach.

Sah man mir nicht an, dass ich etwas hatte. Dass mir etwas im Kopf herumspukte. Klar sah man es – wenigstens jemand der mich kannte sollte es sehen – Daniela sah es. Was sah sie. Ich war mir selbst nicht mehr sicher in allem.

Ständig machte ich mir Gedanken was ich fühle für Manuel, für uns. Ich spürte dasselbe. Vermisste ihn. Brauchte ihn. Doch sobald ich bei ihm war fühlte ich mich verlassen von allem. Kein Vermissen. Keine Sehnsucht… kein Verlangen.

Bis zum Aufstehen am Morgen wenn ich auf Arbeit verschwinden musste – Frühdienst im Altersheim. Dort malte ich mir die schönsten Träume aus um diese Beziehung – doch das war längst kein Traum mehr.

Ich weiß es nicht. Ich könnte nie ohne ihn. Ich sehe ihn ständig vor mir. Sein Lächeln. Seine Augen. Ich war froh dass er bei mir war. Oder war nur sein Geist, mein Traum-Manuel bei mir und das schon die ganzen Monate.

Konnte ich den wahren Manuel nicht mehr ertragen? Hatte Daniela Recht? Brauchte ich nur etwas Neues? Oder brauchte ich nur mal eine Trennung, einen Seitensprung um die beiden wieder zu vereinen?

Den fabelhaften Traum-Manu und den gleichgültigen realen Manu? War unsere Beziehung fand, abgestanden? Fehlte ihr der Kick? … die Liebe? Ich konnte noch so in Gedanken fallen, aber ich konnte keine Lösung finden.

Vielleicht wollte ich die ja nicht finden. Vielleicht wollte ich nur so vor mich hin leben. Scheintot. Gefühlstot. Konnte ich ohne Manuel sein? Ich glaube nach vier Jahren kann man das nicht ernsthaft beurteilen.

Man ist auf andere Urteile angewiesen. Auf Urteile von Menschen, die einen von außen beobachteten. Ich konnte mich nur selbst betrügen. Ich lebte mein Leben weiter – ohne Gedanken.

Nur selten hatte ich solch Momente wie jetzt. Momente in denen ich mich einfach auf die Couch lümmelte und nachdachte. Aber vielleicht war es dafür mal Zeit. War Roman der Grund, dass ich mir Gedanken machte?

War ich naiv? Braucht man erst einen solch labilen Grund wie eine E-Mail, zwei E-Mail um alles in Frage zu stellen was lange Glück bedeutete? Glück? Was sagte Daniela? Warum sage ich Manuel nichts von Roman?

Wollte ich ihn verschweigen. Warmhalten auf der Kochplatte als Fluchtweg vor Manuel? Nein. Ich brach meine Gedanken ab und verbuchte es unter Blödsinn. Nichts und niemand würde mich und Manu trennen.

Ich gehörte zu ihm. Ich war froh mir Gedanken gemacht zu haben. Ich war mir nun sicher. Ich freute mich ihn bald wieder zu sehen. Dann wollte ich ihm endlich wieder richtig Gefühle zeigen.

Auch wenn er oft komisch war… Egal. Ich spürte Müdigkeit. Das macht wohl der häufige Frühdienst. Das Telefon klingelte.

Anrufbeantworter: „Hi Chris, ich bin es, Manuel. Wo steckst du? Bin wieder aufgewacht. Meld dich mal. Bin aber gleich wieder weg… Bye….“

Klack.

„Sie haben Post!“

Schnarch…

Nun wurden die E-Mails zwischen Roman und mir deutlich häufiger… Roman berichtete mir immer wieder von seinem Leben und seinem Freund. Ich fand es interessant. Ich dagegen offenbarte ihm relativ wenig von meinem Leben. Ich hörte lieber zu, bzw. las lieber.

Er erzählte, dass er auf meinen Rat hin das Zusammenziehen mit seinem Freund noch etwas verschob. Ich fühlte mich geehrt, dass jemand auf meinen Rat hörte. Doch verstand ich nicht warum er so auf mich hörte.

„Ich höre doch immer auf dich!“

Wir kannten uns jetzt schon etwas besser – soweit man das so nennen konnte. Ich fühlte mich in seine Probleme und Gefühle hineinversetzt. Und ich half ihm gerne bei allem. Jeden Abend stürmte ich zum PC um E-Mails abzurufen.

Immer wieder war ich neugierig. Irgendwann aber blieben die E-Mails aus. Ich verstand nicht. Wollte aber auch nicht aufdringlich sein. Ich übte mich in Geduld. Gestaltete meine Freizeit wieder anders. Versuchte zu verdrängen, dass die tägliche Mail fehlte.

Ich bastelte wieder an meiner Homepage und half meiner Mutter wieder öfter beim Kochen. Ich hatte riesigen Spaß daran.

„Das war das Salz!“

„Ups.“

„Wenn du Salzkucken essen möchtest zum Kaffee, dann misch weiter deine Zutaten. Falls nicht wirf ihn weg!“

Ich entschied mich für den Mülleimer.

*-*-*

Es begann die Sommerzeit und die Urlaubszeit. Das bedeutete für mich nie etwas Gutes. Ich machte gerne Urlaub im bunten Herbst und so war mein Dienstplan bombardiert und voll mit Frühdiensten und Spätdiensten. Der totale Mix. Toll. Ich liebe meinen Arbeitgeber.

Zu allem Überfluss wollte man im Altersheim Personal sparen und so schoben wir den Frühdienst meist zu Viert statt zu Fünft. 12 Menschen zu waschen war mehr als anstrengend. Ich war fertig mit der Welt und freute mich immer über Feierabend.

Daher ließen auch meine Treffen mit Dani nach und Manu sah ich auch seltener. Manchmal arbeitete ich 10 – 15 Tage durch. Ich konnte irgendwie nicht mehr. Ich fühlte mich leer und kaputt. Ich sah in diesem Beruf keine Erfüllung mehr. Ich fand es nur krass.

„Kannst du Dienst mit mir tauschen?“

„Was hast du denn?“

„Teildienst, Chris!“

„Wunderbar!“

„Komm ich muss meine Mutter im Krankenhaus besuchen.“

Dienst rauf und runter. Arbeiten. Kaum Essen. Schlafen.

„Bist du kaputt?“

„Ja Manu, das bin ich, was gib es?“ fragte ich gereizt.

„Genervt?“

„Ich hab dir erzählt was im Heim so abgeht!“

„Ja bin ja schon ruhig. Bin eh gleich wieder unterwegs.“

„Na also. Dann lass mich schlafen.“

Aufwachen. Gereizt sein. Genervt. Arbeiten.

„Sie haben Post!“

Ich zuckte.

„Hä?“

Ich bewegte mich zum PC und klickte auf den Posteingang. Ich war überrascht. Roman…

 Hi Christian,

du wunderst dich bestimmt warum ich mich fast vier Wochen nicht gemeldet habe…

Ich bin sehr viel unterwegs zurzeit, verbringe so gut wie jede freie Minute die ich habe mit meinem neuen Freund!

Kann es wiederum gut verstehen, ich bin unzuverlässig. Denke gerade zuviel an mich und mein Glück. Nimm es mir bitte nicht übel…

Liegt bestimmt auch daran, dass ich eigentlich jede freie Minute mit meinem Freund verbringe und mich nicht so sehr um meine Kumpels kümmere, so wie dich! Weiß dass das nicht okay ist!

Wir, ich und du, kennen uns eigentlich fast gar nicht. Würde das gerne ändern. Wie läuft es denn sonst so bei dir? Werde mich bessern! Versprochen! Habe sogar deinen Rat befolgt. War mit Olli im Urlaub.

Eine Woche lang. Es war total schön. Und jetzt bin ich mir sicher. Werde von zuhause weggehen… Endgültig. Werde mein eigenes Leben starten mit Oliver. Suchen uns gerade ne Wohnung. Müssen es nur noch perfekt machen.

Sorry, dass ich im Moment so unzuverlässig bin! Wie läuft es bei dir so privat mit Manuel und beruflich im Heim?

Tschüssle Roman“

Er hatte mir geschrieben. Ich nahm die E-Mail als gute Ablenkung kurz vor dem Einschlafen und beschloss kurz zu antworten. Per Mail konnte man kaum meine genervte Art merken. Ich machte ihm klar, dass es nicht schlimm sei, dass er nicht so oft schrieb und das es eh wichtiger sei sich um den Freund zu kümmern.

Immerhin waren die Zwei noch frisch verliebt. Ich teilte außerdem mit, dass ich sowieso gerade voll im Stress sei auf der Manchmal arbeitete ich zehn – fünfzehn Tage durch. Ich konnte irgendwie nicht mehr.

Ich fühlte mich leer und kaputt. Ich sah in diesem Beruf keine Erfüllung mehr. Ich fand es nur krass. Ich machte ihm klar, dass es nicht schlimm sei, dass er nicht so oft schrieb und das es eh wichtiger sei sich um den Freund zu kümmern.

Immerhin waren die Zwei noch frisch verliebt. Ich teilte außerdem mit, dass ich sowieso gerade voll im Stress sei auf der Arbeit und auch warum. Mit Manu war alles klar.

*-*-*

Mittlerweile verbuchte ich Roman nur noch unter Gelegenheits-E-Mail-Kontakt. Ich fand es schon schade, dass meine Hoffnung auf einen guten schwulen Freund unterging. Aber die Liebe war so. Bzw. manche Liebenden waren so: Nur die Liebe zählt und nur darauf wird konzentriert.

So schien es mir auch jetzt bei Roman. Ich war schon etwas traurig. Gut ich konnte nicht mitreden, ich war nicht frisch verliebt sondern hatte eine feste Beziehung, eine stabile, in der man sich nicht mehr Kennen lernen musste – na ja man lernte ja nie aus…

Ich packte meine Reisetasche um für einige Tage zu Manuel zu gehen nach Frankfurt. Ich hatte wieder mal 4 Tage frei. Gott sei Dank. Ich wollte dem Telefon fern bleiben. So konnte mich keiner in den Terrordom rufen – zum Arbeiten.

„Nein Daniela, ich gehe heute noch für ein paar Tage zu Manuel!“

„Also gut ich werde auch einen anderen Zeitvertreib finden.“

„Das denke ich mir!“

„Machs gut und grüß Manuel von mir!“

„Mach ich.“

Ich packte fünf Unterhosen ein, einige Jeans und T-Shirts. Ich konnte mich nicht entscheiden. Einkleiden hing bei mir sehr von der Tagesform ab. Ich verschloss die Tasche und stellte sie auf dem Flur ab. Mein Handy ging:

„Bin schon fast unterwegs Schatzi.“

„Gut. Freut mich. Bin in einer Stunde daheim.“

„Wie?“

„Bin unterwegs.“

„Wollte jetzt los.“

„Na bis meine Tucke sich die B3 entlang geschlichen hat bin ich längst zurück.“

Ich grinste.

„Nenn du mich noch mal Tucke.“

„Immer.“

„Wo steckst denn?“

„Bis gleich, Schatz.“

Er ignorierte meine Frage. Ich starrte auf den Hörer und drückte irritiert den roten Hörer-Knopf. Nun suchte ich noch meine Sachen für den Kulturbeutel zusammen und packte auch diese in die Tasche ein.

„Sie haben Post!“

Ich verdrehte die Augen, setzte mich aber trotzdem kurz an den PC. Es war Roman. Ich öffnete die Mail.

„Darf ich dich anrufen? Es geht mir nicht gut. Brauche jetzt jemanden. Bin grad allein. Fühle mich allein. Gruß Roman“

Ich wusste nicht was ich nun tun sollte. Ich entschloss mich kurz zu antworten. Ich sandte ihm meine Nummer und sagte er könne jederzeit anrufen. Jetzt begab ich mich auf direktem Wege zu Manuel. Ich setzte mich in mein Auto und fuhr los.

Ich schloss die Haustür von Manu auf und…, das war jetzt nicht war… Toll! Er war noch nicht da. Na ja. Ich würde schon Beschäftigung finden. Ich legte mich auf das Bett und schaltete den Fernseher ein.

Es verging seine Zeit, da stand Manu in der Tür. Völlig abgehetzt.

„Ich wollte pünktlich sein, aber ich konnte nicht!“

„Warum?“

„Bus“, antwortete er kurz.

„Setz dich erst mal.“

Just in dem Moment klingelte das Handy. Ich kannte die Nummer nicht. Ich ging unsicher ran.

„Hier Christian.“

„Roman.“

Ich schaute auf Manuel, dann wieder weg und überlegte. Ich stand auf und ging ins Wohnzimmer. Manuel legte sich hin.

„Hi. Ich…“

Ich war unsicher. Jetzt hörte ich zum ersten Mal Romans Stimme. Es war schon komisch.

„Mir geht’s nicht gut. Ich wusste nicht an wen ich mich sonst hätte wenden sollen.

„Ist doch okay. Was ist los.“

„Hatten heute einen Wohnungstermin. Ich war auch dort. Hab die Wohnung auch.“

„Ja aber das ist doch toll.“

„Ja ich musste mich einige Tage einschließen… Hab mich von Außenwelt abgeschlossen. Aber den Termin heute wollte ich nicht sausen lassen.“

„Du sprichst in Rätseln.“

„Das hat meine Mom auch schon gesagt.“

„Und was hast ihr geantwortet.“

„Nichts. Sie würde das nicht verstehen.“

„Werde ich es verstehen?“

„Das hoffe ich.“

„Jetzt sag was los ist. Ich mach mir Sorgen.“

„Er hat Schluss gemacht.“

„Oliver?“

„Ja.“

Ich hörte Roman schluchzen.

„Ja aber warum?“

„Ich… Sorry…“

Er fing jetzt richtig an zu heulen. „Ich glaub ich kann doch noch nicht drüber sprechen. Ich dachte ich kann…“

„Roman, lass dir Zeit. Du kannst mich jederzeit anrufen. Hörst du?“

„Ja.“

„Und…“

„Und… ja?“

„Na ja wenn es dir schlecht geht und du mal raus musst dann… Dann sag Bescheid ich habe bald Urlaub und du könntest ja herkommen ein Wochenende… hörst du?“

„Das ist lieb… aber…“

Tränen flossen mehr und mehr. Seine Stimme war richtig weinerlich.

„Nix aber…, lass dir Zeit, lass erst mal deinen Gedanken und Gefühlen freien Lauf.“

„Ja.“

Er antwortete knapp.

„Irgendwann kannst du reden. Mit mir, deinen Freundinnen. Mit wem auch immer.“

„Ja.“

„Lass deine Gefühle raus. Heule!“

Keine Antwort mehr. Nur ein ‚Danke’ dann legte er unter Weinen auf. Ich ging zurück ins Schlafzimmer.

„Wer war das?“ fragte Manuel.

„Roman!“

„Wer?“

*-*-*

Ja, die Tage bei Manuel gingen um. Wenn auch mit Streit gefüllt. Mein Gott was war schlimm daran einen Freund neu kennen zu lernen. Es sollte doch keinen Ersatz für ihn darstellen. Wie konnte ein Mensch so eifersüchtig sein? Toll.

Ich war irgendwie wieder froh zuhause zu sein. Ich schmiss mich auf mein Bett und seufzte.

Ich griff mal wieder nach der Fernbedienung. Das Telefon klingelte.

„Ja?“, sagte ich genervt.

„Was bist du denn so gereizt? Und seit wann schaust du nicht mehr kurz bei uns unten rein wenn du nach Tagen heimkommst?“, hörte ich meine Mutter sagen.

„Ich hab eben keinen Bock“, erwiderte ich barsch.

„Nicht in dem Ton.“

„Mama, ich bin eben nicht gut drauf. Sorry!“

„Was mit Manuel?“

„Nein… Ja… Weiß nicht!“

„Ich lass dich ja schon in Ruhe.“

„Danke.“

Ich legte auf. Auf dem Weg zurück zum Telefon klingelte das Telefon erneut. Ich verdrehte meine Augen und nahm ab.

„Was?“

„Hey was ist los?“ Es war Daniela.

Genervt antwortete ich: „Habt ihr euch abgesprochen?“

„Hä?“

„Jeder denkt hier anrufen zu müssen und mich nach meinem Befinden fragen.“

„Das nennt man Menschlichkeit.“

Auf dieses Geschwätz hatte ich heute echt keinen Bock.

„Hör zu Dani, ich will schlafen. Ich hatte… einen harten Arbeitstag.“

„Wie du lügen kannst.“

„Okay ich will nur meine Ruhe!“

Sie verabschiedete sich knapp und legte auf. Ich tat das Gleiche. Ich schmiss mich frustrierter als zuvor auf die Couch und drückte auf der Fernbedienung rum. Kein Scheiß Sender. Kein scheiß Programm.

Ich schmiss die Fernbedienung in die Ecke und starrte in die schwarze Mattscheibe. Telefon. Ich drehte mich genervt zur Seite und schielte auf das klingelnde rote Ding.

Anrufbeantworter.

Hi Christian, ich bin es Roman… ich… na ja du bist wohl gerade nicht zuhause…“

Seine Stimme hörte sich beruhigter an als beim letzten Telefonat. Ich sprang auf und ging ran.

„Nein bin da.“

„Hi.“

„Hallo Roman.“

„Bist du gestresst?“

„Ja bisschen. Aber egal. Wie geht es dir?“

„Besser. Ich bin dabei meine Wohnung auszuräumen bei den Eltern und pack alles in Kisten.“

„Dann machst du jetzt ernst?“

„Ja, hab den Mietvertrag ja unterschrieben.“

„Cool.“

„Find ich auch. Ich fahr gleich die ersten Kisten rüber.“

„Wohin ziehst eigentlich?“

„Kennst den Europa-Park?“

„Klar.“

„Ich ziehe nach Rust. Fast schon mit Blick auf den Park.“

„Wow. Coole Sache.“

Ich merkte wie sich Entspannung in mir ausbreitete.

„Und was treibst du so?“

„Gerade nur abhängen.“

„Sag mal wann hast du noch mal Urlaub?“

Ich stutzte…

„Na ja in drei Tagen. Noch drei Spätdienste und dann hab ich ab Freitag frei. Warum.“

„Nu so.“

„Du fragst das doch nicht nur so…“

„Na ja… um ehrlich zu sein…“

„Das solltest du sein mein lieber…“

„Ja bin ich ja… Um ehrlich zu sein. Ich wollte dein Angebot annehmen.“

Ich stellte mich dumm.

„Welches Angebot?“

„Na ja zu dir zu kommen.“

Ein Lächeln zuckte über meine Lippen.

„Würdest du dich freuen?“

„Ja klar. Komm her.“

„Ja nicht sofort, wohne ja nicht gerade um die Ecke.“ witzelte Roman „Außerdem warten da noch ein paar Kisten auf mich.“

„Hey klar!“

„Wenn ich hier alles fertig habe. Ich hoffe ich schaffe das bis Freitag würde ich losfahren… Du müsstest mir nur noch ne Wegbeschreibung schicken…“

„Klar die folgt per E-Mail.“

„Freue mich.“

„Klar ich lenk dich ab und zeig dir die Gegend.“

„Schön.“

Wir verabschiedeten uns und ich setzte mich prompt an den Computer um für Roman eine Wegbeschreibung zu basteln. Was ja nicht sonderlich schwer war. Immerhin war ich ja schon oft genug im Europa-Park.

Ich konnte mir also ausmalen wo er herkam. A5 und dann immer geradeaus. Darmstadt.

 

*-*-*

 

„Einen fremden Mann?“

 

„Er ist nicht fremd.“

 

„Du hast mit ihm gemailt, telefoniert… Und dann gleich hierher in unser Haus. In deine Wohnung?“

„Na und?“

„Was wenn er ein Vergewaltiger? Ein Killer ist?“

„Mutter!“

„Was?“

„Übertreibe es nicht.“

„Was sagt überhaupt Manuel dazu?“

Ich schaute sie irritiert an.

„Langsam angehen lassen, hm?“ Daniela nippte an ihrem Cocktail.

„Hey, ja!“

„Na ja du bist ja auf einmal Recht flux. Drei Tage Roman. Nie gesehen und gleich drei Tage bei dir einnisten.“

„Na und?“

„Langsam angehen? Bisschen Alk und dann…? Gefühle. Trösten…“

„Hey, da läuft nichts! Ich liebe zufällig jemand anderen.“

„Ja und mit dem hast du gerade Stress.“

„Hatte!“

„Ach?“

„Ja haben uns versöhnt.“

„Also Roman kommt übermorgen?“

Ich nickte.

„Was sagt überhaupt Manuel dazu und der übernachtet drei Tage bei dir?“

„Ja und?“ fragte ich schnippisch.

„In deinem Bett?“

„Na sonst hab ich wohl keine Möglichkeit.“

„Couch!“

„Ich lass den doch nicht auf der Couch pennen.“

„Du kannst auf der Couch pennen.“

Stur ignorierte ich diese Aussage und verschränkte die Arme.

„Echt jetzt, Chris, ich verstehe dich nicht.“

ch mich aber.“ Antwortete ich unüberlegt.

„Gut.“

„Das war’s?“

„Ja mehr brauch ich ja nicht zu wissen scheint mir. Bist eh stur und uneinsichtig.“

„Ich…“

*-*-*

Ich saß auf der Couch und wartete ungeduldig auf Roman. Er hatte sich für den Nachmittag angekündigt. Er sagte es müsste so ca. 16 Uhr sein wenn er ankommt. Ich schaute auf die Uhr. Kurz vor 4… Das Handy klingelte.

„Roman?“

„Ja. Du ich wollt nur fragen ob ich hier richtig bin. Glaub ich bin da wo du mich hingelotst hast. Ich weiß aber nicht wo ich klingeln soll. In dieser Stadt sieht alles gleich aus.“

Ich rannte zum Fenster und schaute raus. Da unten schien er zu stehen. Ich öffnete das Fenster.

„Roman“, rief ich zur Straße runter.

Er schaute verwirrt um sich. Viel war nicht los hier in der Gegend von Darmstadt, daher war es klar, dass er es sein müsste. Es schien für ihn sogar ein leichtes zu sein hier in Darmstadt einzuparken. In dieser Stadt musste Einparken gekonnt sein. Parkplätze waren rar und eng.

Ich winkte ihm als er nach erneutem Rufen nun endlich nach oben sah…

„… oberste Klingel. Dieses Haus hier.“

Roman beendete das Gespräch und legte auf. Er lief mit seiner großen Reisetasche über die zu geparkte Straße und klingelte. Ich öffnete ihm. Die Treppe rief ich hinunter, dass er ganz rauf laufen soll. Dort würde ich auf ihn warten. Er tat dies und erklomm die Treppen.

Da stand er nun vor mir. E-Mails, SMS und Telefonate. Und jetzt endlich persönlich. Ich musterte ihn kurz. Seine Haare waren natürlich, ungefärbt, braun. Seine Augen genauso braun. Seine kleine Tasche die an seiner rechten Hüfte hing fiel mir sofort auf. Ich grinste.

Er begrüßte mich und fragte warum ich ihn so anschauen würde. Dabei hob er ach so schwul beide Arme nach oben. Ich bat ihn rein und schloss die Tür.

„Tucke!“

Roman setzte sich auf die Couch und schaute mich fragend an.

„Na komm so wie du dich bewegst…“

„Na du weißt ja, dass ich schwul bin. Bisher hat mich noch kaum jemand enttarnt. Auf Arbeit bin ich genau wie die anderen unauffällig heterosexuell.“

„Aha. Da schauspielerst du, hm?“

„Nein. Ich wirke eben nicht schwul.“

Er grinste.

„Oh der richtig männliche, hm?“

„Dass ich schwul bin wissen nur meine Familie und meine engsten Freunde.“

Ich setzte mich zu ihm. Er mochte es wohl nicht wenn man ihn all zu schwul einstuft. Doch sein Auftritt war alles andere als hetero. Aber ich ließ ihn in dem Glauben.

„Wo kann ich denn meine Tasche abstellen?“

Ich schaute auf die Reisetasche, die mitten im Zimmer stand.

„Lass sie doch erst mal dort.“

„Aber da steht sie doch nur im Weg.“

Roman erhob sich und stellte sie tuckig – nein rein heterosexuell natürlich – an die Zimmerwand. Ich grinste erneut. Roman kam zurück und setzte sich.

„Ich hab dir auch was mitgebracht.“

„Echt? Das wäre doch nicht nötig gewesen.“

„Ist dein Freund eigentlich an dem Wochenende auch hier?“ fragte er wissbegierig.

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein?“

„Na ja wir fahren ihn morgen vielleicht mal besuchen.“

Roman bohrte nicht weiter nach und zauberte eine Weinflasche aus seinem Täschchen. Deswegen erschien die Tasche wohl so gefüllt. Jetzt wurde sie richtig schlaff. Was trug ein Mann wohl in einem Handtäschchen mit sich.

Ich versuchte einen Blick zu erhaschen. Sah aber nichts. Taschentücher? Kondome? Na ja die brauchte er hier ja nicht…Ich freute mich über die Flasche Wein.

„Die ist aus meiner Heimat. Ein echter Badener!“

„So wie du?“

Ich umarmte ihn und flüsterte: „Schön dich mal kennen zu lernen. Einen echten Schwaben!“

Roman fuhr zurück und sah mich versteinert an. Ich schaute ihn irritiert an.

„Ich bin kein Schwabe!“

„Wie jetzt?“

„Ich komme aus Baden. Das Herzstück von Baden-Württemberg.“

„Ja soviel Herz, dass sich die Ladensherren es sich wohl nicht nehmen ließen den Bundeslandnamen mit ‚Baden’ beginnen zu lassen.“

„Korrekt“, sagte Roman stolz.

Ich hob meine Hände und Arme abwehrend: „Sorry ich wusste nicht, dass da ein so großer Unterschied ist. Ich wollte dich nie beleidigen. Ich war in Erkunde nie wirklich der Hit.“

Roman winkte ab und gab zu Antwort, dass es ja nicht schlimm sei. Doch an seiner vorigen Reaktion spürte ich, dass er einen gewissen Stolz verspürte… Er fragte mich nach dem Badezimmer. Ich wies es ihm. Er dackelte mit seinem Täschchen davon.

Nicht schwul – hetero wirkend – von wegen. Nein eine Hete wäre nicht gleich ins Bad gestürmt und hätte auch nie eine Flasche Wein mitgebracht, sondern einen Six Pack. Nicht Roman…

Aber ich ließ ihn gern in dem Glauben, dass er die Erscheinung auf andere hatte, die er sich wohl wünschte. Jetzt saß ich da für Momente allein auf dem Bett. Jetzt war es soweit: 2,5 Tage Roman und ich musste ihn beschäftigen…

„Langsam angehen lassen, hm?“ Daniela nippte an ihrem Cocktail. „Was wenn er ein Vergewaltiger? Ein Killer ist?“

Schwachsinn. Ein Killer, der sich aufziehen ließ und schwul durch die Wohnung huschte mit seinem kleinen Handtäschchen aus Stoff. Langsam angehen… Ich spürte nichts… keine sexuellen Gefühle, keine Liebe.

Oder sollte das alles kommen. Immerhin schliefen wir nebeneinander zwei Nächte.

„Wo soll ich eigentlich pennen?“ dackelte Roman plappernd wieder aus dem Bad heraus.

Ich schaute ihn an.

*-*-*

Und das dort ist das Schloss von Darmstadt. Im Keller finden hin und wieder eine Disko für Schwule und Lesben statt. Sonntags. Roman schaute interessiert rüber. Wir überquerten gerade die Schienen der Straßenbahn.

„Echt?“

„Nein unecht!“ erwiderte ich frech.

„Und wo gehen wir jetzt hin?“

„Zu Ludwig?“

„Ich dachte er heißt Manuel?“

Roman war irritiert. Ich lachte und lief weiter.

„Wer ist das nun?“ setzte Roman wieder an.

„Wer? Der lange Ludwig?“

„Wird das jetzt etwas Perverses?“

Roman schaute an mir runter.

Ich lachte erneut: „Keine Angst ich nenn mein Ding nicht den langen Ludwig.“

Ich deutete nach oben als wir die Straßenbahnschienen entlang liefen Richtung Rheinstraße.

„Ja und was ist da? Sparkasse?“

„Roman. Schwenk deine Pupillen mal nach rechts. Sparkasse, tz…“

Er blickte auf die Statue auf der hohen Steinsäule und schaute dann wieder zur Sparkasse.

„Ich muss Geld holen.“

„Kulturbanause,“ bemerkte ich.

Roman drehte sich um, er war mir etwas vorausgegangen, die Bank als Ziel. Ich nahm mir vor ihn auf die Einkaufspassage los zu lassen. Kultur schien ihn nicht sonderlich zu interessieren. Vielleicht ist das bei Kfz-Mechanikern so.

Kultur war wohl eher was für Abiturienten. Mich interessierte es ja auch nicht all zu sehr… Ich dachte nur ihm etwas zeigen zu müssen. Roman tippte wie wild auf dem Geldautomaten rum und schnappte sich das Geld, das ausgespuckt wurde durch die Luke.

Wir gingen etwas zurück und starten unsere Einkaufstour im Luisencenter. Dort waren schon reichlich Geschäfte. Aber das befriedigte Romans Einkaufswut nicht unbedingt. So gingen wir weiter durch die Innenstadt, bis Roman alle relevanten Geschäfte abgeklappert hatte.

„Schuhfetischist!“

„Was denn?“ reagierte Roman eingeschnappt.

„Wie kann ein Mann allein in jeden Schuhladen tapsen und nichts kaufen?“

„Na da war nix gescheites dabei!“

Ich schüttelte erheitert den Kopf und riss meine rechte Hand nach oben: „Da das ist deine letzte Chance.“

Roman taperte wieder schneller in kurzen schnellen Schrotten.

„Das Schaufenster ist ja schon geil.“

Er betrat den Laden. Ich verharrte noch kurz draußen und starrte auf mein Handy. Manuel schien angerufen zu haben. Ich überlegte kurz und wählte seine Nummer. Keiner nahm ab.

„Kommst du?“ rief Roman durch die halb offene Tür.

Ich nickte und trat ein. In seinen Händen hatte er bereits das Paar Schuhe, das auch im Schaufenster stand.

„Die probier ich jetzt an.“

„Na dann mach.“

Meine Stimme war zickig. Das sagte wenigstens Roman. Ich setzte mich zu ihm auf einen Stuhl und beobachtete ihn beim Anziehen der Treter. Er schien verliebt zu sein in diese Schuhe und er lief damit auf und ab. Mindestens fünfzehn Minuten.

„Und?“ fragte er.

Ich stütze mich auf die Armlehnen des Stuhls und witzelte: „Weißt du hier in Hessen läuft man damit erst wenn sie bezahlt sind…“

Und ich wollte noch einen drauf setzten.

„Ich weiß ja nicht wie lang ihr in Schwaben damit rumtuckert bis ihr bezahlt. Rente?“

Roman verschränkte seine Arme. Dabei rutschte sein Begleiter von der Schulter. Die Tasche rutschte in seine Hüfte. Ich lachte los.

„Das sieht ja so geil aus!“

Roman zahlte und wir verließen das Geschäft. Wir bewegten uns in Richtung Carreé. Dort gab es ein tolles Café. Nicht gerade mein Stammlokal, da teuer. Aber ich musste Roman ja was von der Stadt zeigen.

„Du bist eingeladen!“

Wir setzten uns und Roman bedankte sich. Zum ersten Mal fiel mir sein fröhliches Lächeln auf. Er schien hier richtig aufzublühen. Fern ab von seinem Ex. Darauf wollte ich ihn jetzt aber nicht ansprechen.

Die Ablenkung schien zu funktionieren. Und das schon innerhalb weniger Stunden.

„Christian?“

Aus meinen Gedanken gerissen schaute ich Roman an.

„Ja?“

„Wer ist nun der lange Ludwig?“

*-*-*

Bevor ich uns Abendessen kochen wollte setzten wir uns noch mal gemütlich auf die Couch um uns etwas vom Einkaufsbummel auszuruhen. Erneut versuchte ich Manuel zu erreichen. Erfolglos. Er nahm einfach nicht ab. Komisch.

Roman bekam von dem Ganzen nichts mit. Der saß erschöpft da auf seiner Seite der Couch.

„Du, Christian?“ unterbrach er plötzlich die Stille.

„Gibt gleich Essen,“ leierte ich mir eine Antwort aus den Rippen.

„Nein das ist es nicht.“

„Was dann?“ Ich schaute ihn fragend an.

„Na ja jetzt bin ich schon fast fünf Stunden hier und wir haben noch nicht… na ja…“

„Was?“

Ich wurde neugierig was er zu sagen hatte. Roman schaute mich ernst und traurig an.

„Was ist denn los Roman?“

„Na ja wir haben noch nicht über meinen Ex gesprochen.“

„Ich hab dir doch gesagt du kannst darüber sprechen wann immer du willst!“ erwiderte ich tröstend.

Roman nickte.

„Ja ich weiß. Aber…“

„Roman mach jetzt nicht so ein Geheimnis. Was ist los? Was möchtest du mir sagen?“ fragte ich fordernd.

Roman schaute auf zu mir: „Eigentlich will ich über den Typen gar nicht mehr reden. Ich hab mich vorhin wohl gefühlt. So ganz ohne Gedanken an ihn.“

„Das freut mich!“ atmete ich auf.

„Ja, zum ersten Mal hab ich nicht an ihn gedacht. Als ich die Wohnung einräumte hingen meine Gedanken ständig an ihm. Ich fand das grausam. Hab geheult. Geheult und nur geheult.“

„Irgendwie muss dieser Schmerz auch raus!“ versuchte ich eine verständnisvolle und tröstende Antwort zu finden.

Roman nickte und schaute in seinen Schoß.

„Ich fühle mich hier wohl.“

„Schön. Das war ja auch das Ziel. Du brauchst Ablenkung!“

„Ich weiß nicht es ist als würden wir uns schon lange kennen. Weißt du wir haben uns gesehen und wir warn gleich vertraut. Wir haben gewitzelt. Spaß. Jemand anderen hätte ich längst geschlagen für den Schwaben-Witz.“

„Männlich wieder, hm? ‚Schlagen’ Uuuuuuh. Roman-Rambo.“

Roman lachte. Dann wurde es wieder ruhig.

„Im Ernst jetzt mir kommt es echt so vor als wären wir schon ewig Freunde. Ich glaube man kann mit dir gut reden und nicht nur schreiben…“

Ich war geschmeichelt diese Worte zu hören. Jetzt erhob ich mich und ließ Roman in seinen Gedanken sitzen.

„Und bevor es zur Liebeserklärung kommt mach ich jetzt was zu Essen.“

Roman grinste: „Mit leerem Magen läuft da eh nix. Liebe geht durch den Magen. Nicht nur in Baden! Spaß!“

Ich drehte mich auf dem Weg zur Küche noch mal um und setzte ein Lächeln auf. Ich entkorkte die Weinflasche, welche mir Roman am Nachmittag geschenkt hatte und stellte sie schnell wieder ab.

„Die Nudeln…“

Ich rannte in die Küche. Mittlerweile schenkte Roman uns beiden Wein ein. Mit einer Schüssel kam ich nach kurzer Zeit zurück ins Esszimmer. Ich platzierte die grünen Nudeln neben dem Lachs und der leckeren Soße.

Ich bat Roman mir seinen Teller zu geben. Der löschte seine Zigarette und reichte mir den Teller. Währendessen steckte er meine Kerzen auf dem Tisch an mit seinem Feuerzeug.

„Uhh wie romantisch!“

„Liebe geht durch den Magen,“ witzelte er frech.

„Ja, ja schon klar.“ Ich füllte auch meinen Teller.

„Guten Hunger, Roman.“

Er wünschte mir das gleiche. Wir aßen genüsslich einige Bissen und dann fiel Romans Blick auf den Wein.

„Hey wir müssen noch anstoßen!“

Ich erhob mein Glas, so wie es Roman tat und prostete ihm zu.

„Auf unsere Freundschaft!“

Freundschaft. War es das? Nach den wenigen Mails, den wenigen Stunden Anwesenheit hier? Konnte sich daraus eine Freundschaft entwickeln? Ich wusste es nicht. Obwohl ich wünschte es mir.

Ich fühlte mich außerordentlich wohl. Vergaß meine Probleme für einen Augenblick. Wohl fühlen. So wie bei Manuel? Nein es war anders. Ich konnte es nicht beschreiben. Ich hatte nie einen wirklich guten Freund.

Einen schwulen Freund. Da waren immer nur Freundinnen. Und Daniela. Aber um die war ich froh. Ich war froh sie zu haben. Würde ich das auch irgendwann von Roman behaupten? Ich wusste es nicht.

Wein floss meine Kehle hinunter.

„Hm lecker ist der.“

Ich schaute auf Roman. Der lächelte nur verschmitzt.

„Was?“

„Alle Badener sind lecker!“

Warum immer diese Zweideutigkeit? Liebe geht durch den Magen? Badener sind lecker? Ich war irritiert. Roman schien dies zu merken.

„Den Wein meine ich, Dussel.“

Er nahm erneut einen Schluck.

*-*-*

„Das Roman, ist mein Freund Manuel.“

Manuel musterte ihn ungläubig, reichte ihm dann aber die Hand. Er tat gerade so als würde er seinem Widersacher die Hand zum Waffenstillstand reichen. Man konnte es auch übertreiben.

„Hallo Manuel.“ begrüßte ihn Roman freundlich mit seinem Händedruck.

Wir setzten uns auf die Couch. Schweigen. Manuel wollte scheinbar nichts sagen. Roman wusste nicht zu sagen und ich suchte nach Gesprächsthemen.

„Tolles Wetter heute.“ unterbrach Roman die Stille.

Ich schaute Roman an. Er fühlte sich unwohl. Fremd. Manuel schaute ich eben so an. Seinen Blick konnte ich besser deuten. Wetter, ausgerechnet. Wie geistreich. Besser als nichts zu sagen.

„Manuel willst du uns nichts zu trinken anbieten?“

Manuel stand mürrisch auf und ging in die Küche. Er kam wieder mit einer Flasche Apfelsaftschorle und drei Gläsern. Er schenkte uns ein und schob jedem ein Glas hin. Er verschloss die Flasche wieder.

Er lehnte sich zurück. Ich spürte keine guten Schwingungen. Keiner fühlte sich wohl. Es war alles zu neu. Ich versuchte mich in Manu hinein zu versetzten. Warum war er so? Verletzt? Wie würde ich mich fühlen wenn ich ihm einen anderen Schwulen vorstellen würde und mir sagen würde, dass der jetzt bei mir wohnen würde für das Wochenende.

Würde ich mir auch jedes Horrorszenario eifersüchtig herbeizaubern. Konnte Manuel nur das sexuelle sehn. In jedem einen Feind, der ihm den Freund wegnahm. Ich konnte es nicht verstehen.

Jetzt versuchte ich mich auch in Roman hinein zu versetzten. Wie musste er sich hier in dieser Situation fühlen? Er musste sich doch überflüssig, am falschen Ort, vorkommen. Das wollte ich nicht. Manuel hatte eine Laune wie…, ich konnte es nicht deuten.

Sollten wir verschwinden? Ich nahm einen großen Schluck von meinem Getränk und verabschiedete mich auf Toilette. Jetzt konnte ich beide Blicke deuten. „Warum lässt er mich jetzt mit DEM alleine?“

Ich blieb auf halbem Weg stehen und drehte mich um: „Bin gleich zurück und dann gehen wir. Zu Daniela!“

Beide schauten erst mich irritiert an und dann sich gegenseitig. Mein Entschluss stand fest. Ich verschloss die Badezimmertür hinter mir. Aber… sie schienen sich zu unterhalten. Wortfetzen.

Ich konnte nichts verstehen. Es sollte mich ja auch nichts angehen. Ich pinkelte zu Ende und ging zum Waschbecken. Noch immer Stimmen. Sollte ich sie noch ein wenig alleine lassen. Vielleicht tauten sie dann auf und verstanden sich doch ganz gut.

Roman brauchte dann keine Angst mehr zu haben etwas zu sagen und Manuel merkte vielleicht wie lächerlich seine Eifersucht war. Schweigen. Ich trocknete meine Hände. Eine Minute keine Stimmen mehr.

Ich verließ das Bad. Ich wollte die Situation nun doch beenden.

„Gehen wir, Roman?“

Manuel gab ich einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Dabei fühlte ich mich einerseits unwohl, weil er so war wie er war. Andererseits spürte ich dieses Kribbeln ihn berührt zu haben.

Schlimm hätte ich dieses Kribbeln nicht mehr. Ich schloss kurz die Augen. Manuel zeigte ein sanftes Lächeln. Ich lächelte zurück und folgte Roman zur Haustür.

„Was ist denn diese Daniela für eine?“, begann Roman ein Gespräch im Auto auf der Fahrt zu unserem nächsten Ziel.

„Na ja. Sie ist frech. Wirst schon sehen.“

Roman nickte und fragte auch gar nicht weiter nach.

„Da sind wir.“

Ich parkte das Auto in eine große Parklücke ein und wir stiegen aus. Wir liefen rüber zu Danielas Haus in dem sie Ihre Wohnung hatte. Ich klingelte. Schnell öffnete sie die Tür und wir liefen die Treppen nach oben.

Freudig empfing sie uns und umarmte mich.

„Dreiundzwanzig da bist du ja, mein Schatzi!“

Die üblichen Scherze und wieder mal völlig abgedreht.

„Das du immer auf allem so lange rum reiten musst. So witzig bist du auch nicht.“

Ich grinste und schüttelte gleichzeitig den Kopf. Sie bat uns rein mit ihrem völlig abgedrifteten Grinsen im Gesicht. Ich wusste wie sie drauf war. Das konnte ja lustig werden. Ich stellte ihr Roman vor und schon begann sie überzulaufen.

Sie plapperte los, so als wäre Roman gar nicht anwesend. Sie blendete ihn aus und langte so richtig in die Vollen.

„Christian, weißt du was?“

„Ja, ich sehe es an deinem scheelen Grinsen. Lass es“, forderte ich sie auf.

Doch das fiel ihr gar nicht ein.

„… ich wurde schon zwei Wochen nicht rangenommen!“

Roman schaute sie entgeistert an. Er kannte die Frau nicht und sie tischte diese Themen auf? Als einer ihrer ersten Sätze?

„Daniela, bitte!“

„Hey ich brauch es auch ab und zu. Und richtig hart.“

Roman Gesicht wurde blasser. Eine Interpretation seiner Gedanken war nicht nötig. Sein offener Mund sprach Bände.

„Hat die was genommen?“

Plötzlich deutete Daniela auf Roman und fragte frech: „Und der hat vom Blasen mit dir eine Maulsperre bekommen?“

Roman zuckte zurück und schloss schnell den Mund.

„Langsam angehen, hm? Christian, der Wilde. Rammler!“

Roman lachte. Ich war verblüfft.

„Siehst du dein Bläser findet das lustig!“

„Er ist nicht…“

Ich war ernst und wusste nichts zu sagen. Heute war ich überrannt von ihren Verbalattacken und auch von Romans Reaktion. Er lachte.

„… nicht dein Bläser. Soso. War er etwa tiefer drin? Mollig warm da hinten?“ Sie hob ihre rechte Pobacke und zeigte provokant darauf. Beleidigt lehnte ich mich zurück. Roman lachte noch immer. Aber er merkte auch, dass mir das nicht so gefiel. Er stoppte.

„Die ist nicht immer so“, sagte ich zu ihm, „aber heute muss Madam wieder alles geben. Um mich zu ärgern. Bloß zu stellen.“

Daniela schüttelte den Kopf und plötzlich eine ernste Frage: „Und du kommst aus Baden-Württemberg?“

Roman nickte.

„Was machst du denn dort?“

„Ich bin Kfz-Mechaniker. Macht Riesen Spaß.“

 

„Hey ich hatte auch mal einen Mechaniker. Der wusste mit Rohren um zugehen. Und der hatte mindestens…“

Ich blickte streng.

„Mindestens so viel Charme wie du,“ fuhr sie fort.

Roman grinste und steckte sich eine Zigarette an.

„Und du bist auf Besuch weil du mit deinem Ex Schluss gemacht hast?“

Roman schüttelte den Kopf: „Nein, er hat Schluss gemacht.“

„Ach so, weißt du ich bin auch gerade solo. Scheiß Männer halt.“

„Ja.“

Roman antwortete kurz und zog an seiner Zigarette.

„Weißt du, du brauchst irgendwann einfach eine Scheißegal-Einstellung. Nur so funktioniert das. Ich hatte das auch oft. Weißt du da bin ich lieber ein Flittchen und fummel mit jedem rum bevor ich mich wieder Liebe hingebe.“

„Verstehe ich.“

Ich verstand mittlerweile gar nichts mehr. Verstanden sich die Zwei jetzt schon so gut? Ist das Romans Ausstrahlung? Verstand er sich mit jedem gut… so auf Anhieb? Beide unterhielten sich weiter. Ich beobachtete die Zwei.

Würde er mir gleich im Auto sagen, was das für ne Schnecke war zu der ich ihn da mitgeschleppt habe? Ich war schon verblüfft. Ich wusste ja, dass Daniela wandlungsfähig war. Man konnte gut mit ihr reden.

Dann wieder kramte sie alte Kamellen aus, am liebsten aus meinem Sexleben. Ihr Sexleben – Ihr Porno-Leben würde ich sagen – verschwieg sie keinem. Als würde das die ganze Welt interessieren. Mich heute nicht.

Für Roman war es neu und schon wieder fing sie an. Peinlich.

*-*-*

„Einfach cool deine Freundin Daniela!“

Ich bog blinkte und bog rechts ab. Auch der Samstag war rum und es kam eine weitere Nacht in der ich mit Roman ein Bett teilen musste. Mir war es gleichgültig. Gefühle gab es ja keine. Er schlief auf seiner Seite. Ich auf meiner. So schliefen wir friedlich ein.

Es war schon ein ereignisreicher Tag und so hatte ich einen unruhigen Schlaf. Ich dachte zurück an Manuel und sein Verhalten gegenüber Roman. Aber vielleicht deutete ich alles falsch?

Immerhin hatte er beim Abschied dieses Lächeln auf den Lippen. Dieses Lächeln konnte ich nicht interpretieren. War es ein –ich-werde-ihn-bald-verlieren Lächeln? Ein aufgezwungenes, dass ich nichts merke oder war es ein Lächeln als Ausdruck der Freude, dass ich am Sonntagabend wenn Roman heimfuhr bei ihm auftauchen würde.

Und dann war da noch Daniela. Warum war sie so vertraut mit Roman? Der fand ihren Humor auch noch toll. So toll, dass die beiden E-Mail-Adressen tauschten. Toll. War das nun meine Eifersucht?

Meine beste Freundin sucht Kontakt zu einem noch-nicht-ganz-Freund? Eifersucht war schon was für sich. Jetzt spürte ich so etwas in mir – nicht nur in mir die Gedanken. Ich spürte eine Hand auf meinem Oberschenkel.

Ich blieb ruhig liegen. Ich versuchte mich nicht zu bewegen. Ich wusste nicht was mit mir geschah. Im Bett lag ich spärlich begleitet. Nur eine Short hatte ich an. Allein dieser Anblick hätte Manuel sicher an die Decke gehen lassen. Zwei Männer in einem Bett – halbnackt.

Noch immer blieb ich ruhig liegen. Ich war verkrampft. Eine Stimme in mir bat mich locker zu bleiben. Es würde nichts Schlimmes passieren. Die Hand wanderte weiter nach ob und als sie den Rand meiner Shorts n den Beinen berührte zuckte ich.

Ich hatte eine Gänsehaut. Die Hand strich zart über meine Oberschenkel, entlang am Rand der Stoff-Unterwäsche. Die Hand bewegte sich immer mehr in Richtung meines schon sehr schwitzigen Schwanzes. Ich war nervös. Auch irgendwie geil.

Es machte mir irgendwann gar nichts mehr aus, dass die Hand – scheinbar absichtlich – jeden Zentimeter meiner Unterhose erforschte, außer die Hauptstelle nur entfernt zu berühren. Ich spürte wie meine Schwanz steig war und schon fast über den Rand der Hose hinaus lugte. Doch die Hand dachte nicht daran ihn zu packen.

Ich war ungeduldig. In Trance. Ich fühlte mich wohl mit dieser Hand in der Hose. Sie sollte mich endlich ganz anfassen. Es gab immerhin genug was sie weiter erforschen konnte. Da, die Fingerkuppen berührten meine Eier.

Ich zuckte kurz. Es schien unbeabsichtigt sein. Aber das nahm die Hand nun zum Anlass ihre Forschungen zu erweitern. Die Finger kitzelten meine weiche Haut am Hodensack. Immer wieder zuckte ich.

So viel Zärtlichkeit. Die Hand streichelte gekonnt nur die Eier. Das Umland war längst vergessen und der große „Turm“, der lang Ludwig, als Ziel vor Augen. Aber er sollte nicht berührt werden.

Es kam mir vor wie ewige Zeiten, in der mich die Finger nur dort berührten. Nur langsam bewegten sie sich höher und weiter in Richtung Ständer. Den spürte ich fast gar nicht. Ich war nur auf diese Finger und die Gefühle fixiert.

Mein Gefühl schien sich auf wenige Zentimeter meines Körpers zu beschränken. Alles andere war unwichtig, tot. Die Finger kraulten die Eier deutlich fester. Das spürte ich nun deutlich. Es war ein unsagbar tolles Gefühl.

Die Hand umfasste meine Eier und drückte diese. Ich stöhnte kurz auf. Was war das? Das feste Kneten hörte wieder auf und die Hand krabbelte gen Norden. Der Turm sollte erklommen werden.

Wie eine Brücke lag er zwischen meinen schweißigen Oberschenkeln und dem Bauchnabel. Die Hand packte plötzlich fest zu und umschloss meinen Schwanz. Wow. Die Hand wusste mit meinem Schwanz umzugehen. Ganz vertraut.

Ich stöhnte. Die Hand begann langsam meinen Schwanz zu massieren. Ich rekelte mich in diesem Gefühl. Die Hand ließ wieder ab und streichelte meine Eichel. Es pochte. Wow. Irgendwas rammte mir plötzlich in die Seite.

„Mach weiter!“ forderte ich.

Wieder der Stoß in die Seite.

„Weiter!“ bettelte ich.

Stoß.

„Komm!“

„Hey!“

Erschrocken öffnete ich die Augen.

„Ja?“

„Ich wollte pennen.“

„Ja aber…“, sagte ich irritiert.

„Musst deinen Manuel wohl sehr liebe,“ bemerkte Roman.

„Du hast gestöhnt und… na ja… ständig seinen Namen gesagt.“

Ich merkte plötzlich, dass ich aus einem Traum gerissen wurde. Mit meiner Hand fuhr ich unter der Decke hervor. Ich hatte mich im Schlaf gewichst und von Manu geträumt? Hatte Roman das gemerkt? Wie lang war er schon wach?

„Und jetzt schlaf!“ forderte mich Roman auf.

Ich nickte.

 

„Und nicht wieder im Schlaf schwätzen.“

Ich drehte mich zu ihm um und schaute ihn fragend an.

„Ja du hast voll im Schlaf geredet.“

„Was denn?“

„Das willst du gar nicht wissen. Muss ja bei eich Zwei voll abgehen im Bett. Wenn ich nach dem gehe was du so geschwätzt hast. Es waren ja nur ständig Wortfetzen und Stöhnen…“

Ich schüttelte irritiert den Kopf.

Nach einigen Sekunden drehte ich mich wieder um zu Roman und erwiderte: „Komisch, ich dachte es wäre umgekehrt gewesen und du hast im Schlaf geredet…“

Roman lachte auf: „Ich schwätz nicht im Schlaf!“

„Und hast dich gut erholt von mir und Darmstadt?“

Ich hörte Roman durchs Telefon lachen.

„Ja sicher. Wäre auch noch gern länger geblieben, aber Baden braucht mich ja auch wieder. Außerdem ein Badener hält es nie lang in der Ferne aus.“

„Tja dafür bist jetzt wieder in deinem Alltag.“

„Ja dem konnte ich bei dir ganz gut entfliehen. Dafür bin ich dir sehr dankbar.“

„Musst du nicht. Ist doch Ehrensache.“

„Na ja das würde wohl nicht jeder für einen Freund tun oder?“ lobte mich Roman stolz.

„Vielleicht.“

„Darf ich das überhaupt?“

„Was denn?“ fragte ich verwirrt.

„Dich einen Freund nennen?“

Ich lachte.

„Klar darfst du das. Aber nur unter einer Voraussetzung!“

„Und die wäre?“ fragte Roman nun irritiert.

„Was für dich gilt, gilt auch für mich.“

„Willst du mich etwa besuchen kommen?“

„Das sowieso auch mal. Aber wenn du mich einen Freund nennen darfst dann möchte ich das auch von dir behaupten.“

„Ach so!“

„Nein im Ernst jetzt. Ich war froh, dass du da warst. Und mit dir kann ich gut Reden. Das hab ich am Sonntag gemerkt.“

„Na ja wir haben ja nur auf der Couch abgehangen und was blieb da als uns gegenseitig unser Leben offen zu legen?“

„Ja langweilig war es nie. Auch wenn wir nur auf der Couch hingen. Es war interessant mehr über dich zu erfahren. Alles über dich und deinen Ex. Ich habe mich in dich hineinversetzt. Ich stelle es mir hart vor wenn so etwas zu Ende geht. Man hat sich ewige Liebe geschworen und plötzlich kommt da so ein Punkt, da geht es nicht mehr. Und der andere hat weder die Kraft, noch den Willen es fortzusetzen. Wenn ich Liebe schwöre, dann versuch ich doch alles zu geben. Und nicht gleich abzuhauen, nur aus Schiss, dass es vielleicht nicht funktionieren würde das Zusammenwohnen. Flüchten oder das festzustellen – dafür wäre auch nach dem Versuch des Zusammenlebens Zeit gewesen.“

„Du hast mir nie erzählt warum du nicht mit Manu zusammen wohnst.“

„Ich weiß es nicht. Ich liebe sicher meine Freiheiten.“

„Ich könnte das nicht. Ich bräuchte meinen Freund bei mir. Freiheiten?“

„Na ja nicht in dem Sinn, dass wir eine offene Beziehung hätten. Eben das tun und lassen was man möchte.“

„Diese Begründung bekam ich auch von meinem Ex. Urplötzlich. Vor was habt ihr alle Schiss?“

„Ich weiß es nicht. Vielleicht hast du ja recht und ich sollte es probieren mit Manuel. Ab und zu lieg ich schon in meinem Bett und denke darüber nach warum ich es nicht einfach tue.“

„Was sagt Manu dazu? Immerhin gehören zu einer Beziehung und auch zum Zusammenziehen zwei!“

„Ich weiß es nicht.“

„Wie?“

„Ich glaube er sieht es ähnlich.“

„Ihr seid mir zwei. Sehr ihr euch echt nur am Wochenende?“

„Meistens. Bin aber auch sehr froh ihn zu sehen. Ich hatte ne Phase da habe ich an der Liebe zu ihm gezweifelt. Es waren lange Wochen. Ich habe ihn vermisst und wenn ich ihn sah am Wochenende. Na ja da war jeder Zauber weg.“

„Und kaum warst wieder allein wolltest zurück?“

„Ja klassische Sehnsucht eben. Aber etwas anders. Aber heute bin ich mir meiner Liebe so sicher.“

„Hättest du auch sonst solche Träume!“ lachte Roman.

„Wie meinst du?“

„Du hast voll oft seinen Namen gesagt. Ich war voll neidisch. Ich wünschte ich hätte auch eine solche Beziehung wie du.“

„Beziehungen sind nicht immer leicht.“

„Ja und solo ist leichter? Denkst du das?“

„Hab ich schon ab und zu gedacht.“

„Was denkst du ist besser am Solo sein?“

„Nun man hätte seine Freiheiten. Man könnte viele Männer kennen lernen und mit ihnen schlafen. Erfahrungen sammeln. Man kann tun und lassen was man will und wann man es will. Niemand kontrolliert dich.“

„Gegenargumente: Geborgenheit, den Partner immer besser kennen lernen, jemanden haben der einfach nur da ist…“

„Ich weiß. Ich möchte auch nicht solo sein. Davor habe ich Angst.“

„Warum?“

„Einsamkeit. Ich bin kein Flittchen. Ich denke meine Freiheiten könnte ich nie so ausleben wie erwähnt. Nie würde ich mit allen möglichen Jungs pennen wollen.“

„Ja Flittchen ist nicht…“

„Denkst du, du wirst zur männlichen Schlampe?“

„Nein ich will wieder einen Freund.“

„Ja aber nicht zwanghaft suchen!“

„Nein, nein mach ich nicht. Ich lass alles auf mich zukommen.“

„Flexibel, hm?“ Ich grinste.

„Sau!“

„Was denn?“

„Ich denke sicher nicht immer nur an Sex. Es ist was Schönes. Aber nicht alles.“

„Und denkst du noch an ihn?“

„Meinen Ex?“

„Ja.“

„Ehrlich gesagt, seit ich dich kenne und ich bei dir war hab ich ihn so gut wie vergessen. Ich wiederhole mich sicher.“

„Nein ich könnte dir ewig zuhören. Find es interessant.“

„Weißt du wie lange wir schon wieder telefonieren?“

Ich schaute auf das Display des Handys und las ab: eine Stunde 59 Minuten.

„Schon verblüffend oder?“

„Ja finde ich auch…“

Roman hatte mir ja schon oft gesagt, dass er mit seinen Freundinnen nicht so offen über schwule Gefühle und sein schwules Leben reden konnte. Auf seine Beziehung zu seinem Ex sind sie kaum eingegangen.

Auch für sie war es etwas Neues. Irgendwann ist es immer das erste Mal – einen Schwulen im Freundeskreis zu haben. Aber jetzt hatte er ja mich dafür. Mit mir sollte er über alles reden können und ich mit ihm auch.

Na ja vielleicht nicht über jedes sexuelle Detail. Dazu war Manu da – und Dani natürlich – die, die kein Blatt vor den Mund nahm zu diesem Thema. Freunde sind schon was tolles. Da waren es jetzt Zwei.

Ich wählte sie so gerne die 14 07 33. Wir hatten uns immer viel zu erzählen. Wir telefonierten fast täglich. Mal rief er an, dann wieder ich. Und immer hatten wir uns lange zu erzählen.

„Geh doch endlich mal ran ans Telefon. Oh Mann ich brauch dich.“*

Anrufbeantworter.

„Du musst immer für mich da sein!“

Anrufbeantworter. Zurückrufen.

„Häng dich an den Apparat!“*

„Einmal ruft man an und keiner zuhause.“

Ruf mich an – Ich ruf ja schon zurück.

14 07 33

Es klingelt. Ring, Ring, Ring.* Wir machten Späße ohne Ende – so vergasen wir unseren Alltag. Wir redeten Ernst – über Gefühle und Träume,… Beruf, Freunde, Liebe, Sex. Er bekam meine Zeit. Bedingungslos.

„Du weißt doch – ich brauch dich!“

„Hey, aus und vorbei – schleim hier nicht rum!“

Spaß. Alltag. Freundschaft. Eine Telefon-Freundschaft.

14 07 33

„Immer der Anrufbeantworter. Wartest etwa immer ab wer dich anruft?“

„Ja servus und grüzi miteinand. Samma dann dahoam? Hallo? I bins?“

„Geh aus der Leitung … Dani!“

„Oh freihalten für Roman-Schatzi, hm?“

„Hey!“

Ring Ring Ring.*

“Hallo Christian, ja … wo schtescht dann du de ganze Tag?”

* Zitat, ABBA, „Ring Ring Ring (German Version)“

Grins. Anrufbeantworter…

„Hallo… wo steckscht du dennn wieder. Du musst immer für mich da sein… Ciao ciao… Roman!“

Der Mann. Liebt wohl meinen AB.

14 07 33

„Hey, Chris, geh ans Telefon! Kann doch nid sein, dass du jetzt schon schläfst. Oder willst nich mit mir phonen? Chiao!“

Klar wollte ich das.

Ring Ring Ring…*

“Ich bin ganz allein zuhause. Das hält doch keiner aus. Häng dich an den Apperat!* Du weißt ja… 14 07 33!“

Ich wusste.

Mittlerweile hatte Roman meinen Anrufbeantworter erobert. War ihm langweilig? Er rief auch immer an wenn ich nicht da war oder längst Bettzeit war. Wir wurden immer lockerer im Umgang.

„Du würdest nicht mal wegen zwei Minuten noch ans Telefon gehen… Ich mach dich fertig, Alter!“

14 07 33

„Hey ich hab Frühdienst!“

„Ja und ich nicht!“

„Schön für dich, Nervensäge.“

„Ich…“

„Leg auuuuf…“ lachte ich…

Ring Ring Ring*… Das Telefon …

„Du hast mir aber schon lange nicht mehr auf den AB gesprochen …“

„Der ist scheinbar voll, weiß ja nicht wer das Ding so volllabert…“

Wir beide mussten herzlich lachen.

Eine Freundschaft war geboren.

* Zitat, ABBA, „Ring Ring Ring (German Version)“

Heute war es wieder soweit. Ein Familienfest. Meine Tante hatte Geburtstag. Ich saß am Tisch und packte ihr Geschenk ein. Was sollte man einer 45-jährigen schenken? Etwas Besseres als eine Flasche Wein und Pralinen fiel mir nicht ein. Wie unkreativ.

Die Woche war sehr ruhig. Ich hatte weder von Manu viel gehört – der war auf einem Seminar – auch von Roman kaum Lebenszeichen. Schlich sich in diese Freundschaft schon der Alltag ein… Na ja sicher hatte er nur keine Zeit.

Ich legte mein Geschenk in einen Korb und beschloss kurz Manu anzurufen. Wie immer nicht erreichbar der Herr. Na ja was soll es. Ich beschloss nach unten zu gehen. Mein Vater würde fahren.

„Wie ihr fahrt erst später?“

„Ja dein Vater will diese Sportsendung noch schauen.“

Wunderbar. Sport.

„Ich fahre schon vor. Ich will hier nicht abhängen.“

„Okay, Sohn, bis später.“

„Okay.“

Ich setzte mich in mein Auto und startete. Es war nicht all zu weit. Ich musste lediglich nach Dieburg fahren. Meine Tante, mein Onkel und mein Cousin lebten etwas ab auf einer kleinen… Landvilla… ich wusste nicht wie ich es sonst beschreiben sollte. Kurz nach der Fasanerie und dem Oberwaldhaus bog ich nach rechts ab.

Mein Handy klingelte. Ich stellte den Motor ab und schaute auf das Display. Es war Manuel. Ich ging ran.

„Hi Manu, na wie geht es dir?“ fragte ich.

„Chris!“

„Was?“

„Ich wollte mit dir reden. Hast du Zeit?“

„Ich bin grade in Dieburg. Auf dem Weg zu meiner Tante.

„Ach so.“

„Geht es dir nicht gut?“

„Doch sehr gut. Aber…“

„Aber was?“

Mir wurde komisch. Seine Stimme gefiel mir nicht.

„Dir vielleicht gleich nicht mehr.“

„Hä?“ Ich verstand nichts.

„Mann, ich weiß doch auch nicht wie ich es anfangen soll.“

„Du kannst mir alles sagen.“

„Das ist vielleicht das letzte was ich dir sage…“

„Was?“

Er hielt mich hin.

„Ich…“

Er stotterte.

„Erzähl…“

Angst machte sich in mir breit.

„Als Roman dich vor etwa 6 Wochen zum ersten Mal besuchte…“

„Ja?“

„Ich wurde zerfressen von Eifersucht, das weißt du?“

„Ja, aber ich konnte es ja letztendlich verstehen.“

„Ja… aber…“

„Jetzt stottere hier nicht rum. Du machst mir Angst.“

 

Ich zitterte.

„Na ja ich fühlte mich unwohl, dass ein anderer bei dir im Bett lag, da wo sonst nur ich lag – neben dir.“

„Weiter…“

„Ich wollte mit dir gleichziehen…“

„Hä?“

„Na ja an dem Samstag als ihr da wart… da habe ich mir auch jemanden eingeladen… nur zum Übernachten…“

nd?“

„Weielt es nicht aus so nackt neben einem geilen Körper zu liege. Ich konnte nicht widerstehen… Ich…“

„Du hast mich betrogen…“

„Ja.“

Tränen kullerten meine Wangen hinunter. Ich wusste gar nichts mehr.

„Aber nicht nur das!“

„Ist das nicht schon schlimm genug?“

„Du haen schossen aus beiden Augen. Es schmerzte. Ich legte auf. Ich konnte nicht mehr reden. Meine Stimme war tränenerstickt. Das Handy klingelte erneut. Manuel. Ich nahm nicht ab.

War das etwa die Endstation? Wir hatten unsere schöne Zeit? Ist es jetzt am Ende doch soweit?*

* Zitat, ABBA, „Wer im Wartesaal der Liebe steht“

Unser Liebeshimmel war wolkenlos.* Strahlende Sonne. Gelogen… ab und zu gab es Wolken… dunkle Wolken… aber… Ich liebte ihn…

Und du… lässt mich nun allein . Nun stürzt der Himmel endgültig ein.

„Wer im Wartesaal der Liebe steht weiß, dass es um alles geht…“* fiel mir eine Textzeile von ABBA ein…

Merkte ich nichts davon? Hab ich mich denn so geirrt? Hatte ich verloren? Hatte ich alles übersehen?

Alles wird sich vielleicht zum Guten wenden?*

SMS:

„Mach es gut Christian. Ich habe dich geliebt. Wirklich. Aber nun liebe ich dich nicht mehr… Es tut mir Leid… Ich gehe einen neuen Weg.“

Tränen. Wieder klingelte das Handy. Es war Roman. Sollte ich rangehen. Mir war nicht danach. Aber ich musste mit jemanden reden. Es ging mir so schlecht wie noch nie im Leben. Ich fühlte gar nichts mehr. Meine Augen brannten.

„Ja“, sagte ich kurz.

„Chris?“

„Ja“, sagte ich verheult.

„Was ist denn los?“

Ich fand keine Worte.

„Hallo?“

Schweigen. Diese Blockade im Hals. Unkontrolliertes Weinen. Schluchzen.

„Chris? Sag was.“

Ich konnte

„Mache mir Sorgen um dich.“

 

„Ich… ich kann nicht…“

 

„Warum?“

 

„Er…“

 

„Er?“ Wer?“

 

„Manu“, sagte ich nach einer kurzen Tränenpause.

 

„Ist ihm was passiert?“

 

Ich schluchzte wieder: „Ja vielleicht das tollste was einem Menschen passieren kann.“

 

„Hä?“

 

„Er…“

 

Ich stockte. Ich konnte mich und meine Gefühlsausbrüche längst nicht mehr kontrollieren…

 

„Jetzt rede!“

 

„Das ist leicht gesagt.“

 

Schweigen.

 

„Weißt du noch bei dir und deinem Ex… weißt du wie es dir da ging als er Schluss machte?“ verfiel ich plötzlich wieder in Rededrang und wischte die Tränen mit meinem Pulli weg. Die Baumwolle saugte die salzige Flüssigkeit in sich auf. Roman verstand nicht.

 

„Ja weiß ich. Aber was hat das jetzt damit zu tun?“

 

Ich schluchzte wieder: „Jetzt weißt du wie es mir geht!“

 

„Was?“

 

Er schien zu verstehen.

 

„Über vier Jahre. Und jetzt Ende.“

 

„Warum?“

 

„Er hat einen anderen. Er hat sich verliebt.“

 

„Wann?“

 

„Innerhalb der letzten Wochen.“

 

„Arsch.“

 

„Das bringt jetzt auch nichts. Er ist weg… aber er war ehrlich.“

 

Ich weinte unaufhörlich. Konnte ein Mensch so viele Tränen weinen?

 

„Toll. Du hasst ihn nicht?“

 

„Auch wenn du es nicht verstehst, aber ich kann ihn nicht hassen. Ich liebe ihn noch immer. Es tut nur verdammt weh.“

 

„Möchtest du mit ihm reden?“

 

„Nein. Ich bin nicht mehr der Mann an seiner Seite.“

 

„Du Cris, vielleicht ist das jetzt unangebracht… aber…“

 

„Ach ja du wolltest sicher was von mir. Warum rufst sonst an. Ich will dich nicht mit meinen Problemen belästigen.“

 

Roman war leicht sauer: „Hey hör mal dir geht es nicht gut. Und du belästigst mich nicht. Nein ich wollte dir was vorschlagen.“

 

„Was denn?“ Seine Stimme schien mich etwas zu beruhigen…

 

„Na ja…“

 

„Jetzt red du aber!“

 

„Ja weißt du… Ich erinnere mich noch was du in der Situation damals bei mir getan hast…“

 

„Ja, was denn?“

 

„Ich würde dich gerne trösten… für dich da sein… Komm zu mir und auch ich lenke dich ab.“

 

Ich war überrascht. Schluchzen stellte sich wieder ein. Tränen.

 

„Ich bin nicht mehr der Mann an seiner Seite.“

 

*-*-*

 

Staufrei. Die Autobahn war fast leer und das an einem Freitagnachmittag. Ich war zwar müde und erschöpft nach meinem langen Frühdienst. Aber ich wollte vor der Einsamkeit flüchten. Ich war auf dem Weg zu Roman.

Ich folgte seiner Einladung. Vielleicht war s ja tatsächlich das Beste. Mal raus aus dem Alltag. Vielleicht wenn ich bei ihm war konnte ich auch abschalten und Manuel vergessen. Wenigstes für eine gewisse Zeit.

Vier Jahre vergessen. Vergiss es, Christian, sagte ich zu mir selbst. Ich konnte noch nicht einmal mehr weinen. Ich war ausgetrocknet. Es ging immer geradeaus. Die Autobahn zog sich. Keine Abwechslung. Immer nur geradeaus.

War meine Liebe, meine Beziehung zu Manu auch so? Keine Abwechslung. Immer geradeaus. War ich Schuld an dieser Trennung? Vielleicht habe ich mich zuwenig um ihn gekümmert und er hat sich deshalb in die Arme eines anderen treiben lassen.

Ich würde das nicht können. Ich war allein und so sollte es auch erst mal bleiben. Mein Leben – das wollte ich jetzt sortieren – neue Prioritäten setzten. Eingefahrenes ändern. Manuel wollte ich nie mehr sehn.

Für gewisse Momente gelang es mir weniger an ihn zu denken. Es reichte nur Gedanke, dass er jetzt jemand anderem seine Liebe schwor. Das saß tief in mir. Ich blickte auf Romans Wegbeschreibung, welche ich ausgedruckt hatte und auf meinem Fahrersitz platziert hatte.

Die nächste Abfahrt musste ich wohl runter. Den Weg kannte ich ja schon – Europa-Park – aber ich wollte mich absichern. Den Park nahm ich gar nicht so war. Wegen ihm war ich ja nicht hier – nicht diesmal.

Romans Wohnung in Rust war leicht zu finden. Mittlerweile war es auch schon dunkel geworden. Ich freute mich gleich endlich da zu sein. Ich stellte mein Auto auf der Straße ab und ging zu Hausnummer 23. Dort las ich schon Romans Namen.

Ich war stolz auf mich – denn Christian und Wegbeschreibungen. Grins. Roman öffnete mir die Tür. Er umarmte mich freudig und lange und bat mich hereinzukommen.

 

„Wie geht es dir?“ fragte er.

 

„Später.“

 

Roman verstand und bat mich in die Küche. Ich schaute mich um in seiner schönen schnuckeligen Wohnung.

 

„Alles noch etwas kahl, hm?“

 

„Ja. Aber nach und nach wird sich das ändern. So muss ich dich schon nicht großartig herumführen.“

 

Ich schaute mich um und sagte: „Ja ein Bett… ein großer Schrank, Tisch, 4 Stühle… Küche…“

 

„Ja und Badezimmer.“

 

„Auch so kahl?“

 

„Nö!“

 

Ich lächelte. Ich fühlte mich schon wohl…

 

„Lass uns erst mal essen. Hab für dich gekocht… Kartoffeln, Spargel, Sauce Hollandaise.“

 

„Lecker…“

 

Am nächsten Tag fand ich mich mitten in Partyvorbereitungen. Ich war mitten in Romans Leben. Nicht bevorzugt. Einfach mitten drin. Ich nahm teil daran und ich ließ es geschehen. Jede Aufgabe war mir recht.

 

„So und jetzt gib mir die Pappteller.“

 

Ich nickte und tat was er verlangte.

 

„Sorry, Christian, aber ich konnte das hier nicht mehr abwenden. Freue mich aber über deinen Spontanbesuch sehr.“

 

Was denn? Hey du hast diese Party mit deinen Freunden geplant. Dann findet sie auch statt. Ich bin da nicht der Hinderungsgrund. Bin doch kein Langweiler. Bin froh um jede Ablenkung.

Während wir werkelten und eine Art Buffet aufbauten in Romans Wohnzimmer – wenn man es bereits so nennen konnte. Bisher stand dort nur ein Tisch mit Stühlen. Heute etwas mehr Stühle, da ja seine Freunde kamen.

 

„Wie geht es dir denn nun?“

 

„Irgendwie besser.“

 

„Echt?“

 

„Ja es ist der Roman-Effekt.“

 

„Der was?“

 

„Na bei dir war es ja genauso. Bei mir fühltest dich auch schnell durch meinen Alltag und Ablenkung besser.“

 

„Ja da war es aber der Chris-Effekt.“

 

 

Ich lachte.

 

„Im Ernst. Es geht mir sehr gut. Ich bin selbst verblüfft. Ich werfe die vier Jahre ja nicht weg. Aber ich mache jetzt mal eine Trauerpause.“

 

„Interessante Bezeichnung.“

 

„Ja hättest du es lieber wenn ich hier heule?“

 

„Du kannst deinen Gefühlen freien Lauf lassen. Spiel mir bloß nichts vor.“

 

„Das tue ich nicht. Freien Lauf hatte ich letzte Woche genug. Hast es ja mitbekommen. Hab nur noch geheult.“

 

„Hat er sich noch mal gemeldet?“

 

„Nein!“

 

Die ersten Gäste kamen. Es klingelte. Mittlerweile war es 20 Uhr. Endlich würde ich auch Romans Freunde mal kennen lernen.

 

„Das werden Susanne und Melanie sein. Du weißt ja meine besten Freundinnen.“

 

Roman machte auf. Ich blieb an der Herdplatte um die Würstchen zu beobachten. Den Salat stellte ich auf den Tisch im Wohnzimmer.

 

„Hallo Mädels!“ begrüßte er die beiden.

 

„Hallo Roman-Schatz!“ sagten sie völlig freudig im Chor.

 

Die drei unterhielten sich an der Haustür. Ich bekam davon relativ wenig mit. Ich nahm nur immer wieder lachen war. Fröhlichkeit. Roman hatte mir die zwei ja beschrieben. Und so wie es sich anhörte waren sie wirklich pure Lebensfreude. Roman hatte es gut.

Die Drei liefen hintereinander in die Wohnung und Roman stellte mir die Zwei vor.

 

„Freut mich euch endlich kennen zu lernen.“

 

„Uns auch.“

 

„Roman hat ja schon viel von euch erzählt.“

 

Beide schauten vorwurfsvoll auf Roman und sagten wieder fast im Chor in ihrem Dialekt: „Ja, ja was der schwätzt. Lass den nur.“

 

Beide folgten Roman in die Küche. Ich kam mir jetzt wieder etwas allein vor. Keine Ahnung was ich mit den Zwei bereden sollte. Alles war noch so fremd und ich schüchtern.

 

„Willst ein Bier, Chris?“ kam es von Roman aus der Küche.

 

„Ja gern!“

 

Roman brachte es mir und stieß mit mir an.

 

„Schön, dass du da bist!“

 

Wieder klingelte es. Eine ganze Horde Männer stürmte die Tür herein. Sie schnappten sich Roman und wippten ihn grölend auf ihren Händen.

 

„Das sind die Heten… nicht zu überhörn“, schrie Roman beim wilden hin und her wippen.

Raunen unter den fünf Kerlen.

 

Sie ließen Roman zu Boden sinken und setzten ihn dort am… fast sanft.

 

„Hey Scheiße jetzt hab ich mein Bier verschüttet auf meinem Hemd.“

 

Alle fünf lachten. Die Mädels gesellten sich dazu und nippten auch an ihren Bieren. Die Kerle ließen sich gar nicht erst fragen. Sie bahnten sich den Weg zum Bierkasten und schnappten sich jeweils eine Flasche. Sie öffneten sie mit ihren Feuerzeugen.

 

„Wo ist was zum Beißen? Roman schwing deine Tuckenhüfte und schlepp Fleisch bei“, sagte einer frech.

 

Roman gehorchte und griff nach dem Top mit den Würstchen. Er stellte ihn auf einen Untersetzter im Wohnzimmer und rief: „Greift zu. Teller stehen hier. Besteck… na ja das braucht ihr eh nicht.“

 

„Ist was für Frauen und…“

 

Er sprach nicht weiter.

 

Der Abend wurde recht heiter. Alle waren fröhlich und sehr heiter durch das Bier. Ich fühlte mich fremd. Ich beobachtet das ganze Geschehen. Ich nahm nur Fetzten von Unterhaltungen war.

Wer was sagte entging mir fast. Die Namen konnte ich mir eh nicht behalten. Außer von den zwei Mädels. Doch die unterhielten sich eher für sich.

 

„Hey, Roman die ganze Wurst ist leer. Scheiße!“ grummelte einer der Typen besoffen.

 

„Das ist nur gut für deinen Bauch. Iß Salat“, entgegnete Roman.

 

„Grünzeug. Bäh.“

 

„Ja du bist ein echter Mann!“

 

Der hob seinen Ärmel und zeigte seine Muskeln. Roman hob den Daumen.

 

„Spitze!“

 

Roman setzte sich zu mir….

 

„Und fühlst dich wohl?“

 

„Na ja…“

 

Ich wusste keine Antwort.

 

„Ja das sind Rüpel, aber wie gesagt ich konnte es nicht mehr abblasen!“

 

Kommentar aus der Menge: „Wer kriegt einen geblasen?“

 

Roman drehte sich um: „Kümmer dich um dein Bier. Du kriegst bestimmt keinen geblasen.“

 

„Pf… Denkst de…“ Der Typ fummelte in Susannes Haaren herum.

 

Die fluchte: „Pfoten weg. Scheiß besoffene Kerle!“

 

Roman schüttelte den Kopf. Ich fand das interessant. Normal fühlte ich mich bei Heten sehr unwohl. Wenn die echt alle so waren. Aber hier war ich nicht alleine. Scheinbar waren alle etwas genervt von den Fünf.

Die soffen sich nur die Birne zu und redeten über Ihre Weiber und Sport… Ihren Job. Wie interessant. Aber wenigstens waren sie jetzt für sich. Es bildeten sich zwei Grüppchen. Die fünf Kerle.

Ich und Roman und Susanne und Melanie rückten jetzt auch eher zu uns. Wir unterhielten uns doch noch ganz gut. Es war schon Mitternacht durch und ich nippte an meinem fünften Bier. Die Kerle saßen mittlerweile müde vor der Schlafzimmertür.

Kaum einer redete mehr. Sie hielten sich nur an ihren Flaschen fest. Der Kasten war leer.

 

„Du, Roman,“ sagte ich.

 

„Ja?“

 

„Irgendwie werde ich müde.“

 

„Echt? Verblüffend ich bin noch immer hellwach. Ich bin ein Nachtmensch.“

 

Ich lächelte.

 

„Außerdem bin ich irgendwie beschwippst.“

 

„Ja das bin ich auch.“

 

„Wir auch,“ mischten sich Melanie und Susanne ein.

 

„Ich geh mal ins Bad und mach mich bettfertig.“

 

„Ok.“

 

Ich stieg über die Männerleichen auf dem Boden hinweg und stolperte ins Bad. Ich verschloss die Tür und sah mich im Spiegel an. Man sah ich fertig aus. Dicke, glasige Augen. Irgendwie bleich und Augenringe. Ich nahm mir vor mich nicht mehr anzuschauen.

Ich zog mein T-Shirt aus und meine Hose und legte sie im Bad ab. Dann putzte ich die Zähne, ging ein letztes Mal auf die Toilette und tappte wieder hinaus ins Wohnzimmer.

 

„Uuuuh…“ Roman schaute mich von oben bis unten an.

 

Melanie: „Bist ja halb nackt.“

 

Ups… war das etwa ein Problem? Ich war verunsichert. Warum verhielt ich mich als wäre ich alleine? Stehe ich doch tatsächlich in Boxershorts mitten im Raum.

 

„Äh sorry. Ich geh dann mal. Bin müde. Gute Nacht.“

 

Roman folgte mir. Ich ging voraus und stieg wieder über die besoffenen Kerle. Die Schlafzimmertür war offen. Wir betraten nacheinander den Raum. Einer der Fünf pfiff… oder er versuchte es: „Oh, jetzt kommt der interessante teil. Jetzt wird geblasen!“

 

Roman drehte sich um schlug die Tür zu und fluchte.

 

„Die können nicht die Schnauze halten.“

 

„Was meinst du?“

 

„Na ja nur weil sie notgeil sind heißt das noch lange nicht, dass ich hier mit meinen Freunden poppen. Die sollen mal nicht von sich auf andere schließen!“

 

„Reg dich doch nicht auf!“

 

Ich legte mich auf di linke Seite des Bettes und deckte mich zu. Roman setzte sich zu mir. Er redete aber nichts. Ihm fiel wohl gerade auch nichts ein.

 

Ich nahm seine Hand und sagte nur noch: „Ich penn glaub ich gleich weg. Geh du noch ein bisschen zu deinen Gästen.“

 

Roman nickte. Er erhob sich und öffnete die Tür. Das Licht löschte er. Ein letztes Mal schaute er zurück zu mir.

 

„Bitte lass einen Spalt offen. Sonst fühl ich mich hier so einsam…“

 

Roman nickte und tat was ich ihm sagte. Er verschwand wieder im Wohnzimmer. Entfernt hörte ich Stimmen. Sie kamen mit der Zeit näher. Jetzt schienen alle am Eingang des Schlafzimmers zu sitzen.

Ich konnte die Gespräche hören. Wenigstens das meiste.

 

Roman: „Ich glaube ich werde auch müde.“

 

Melanie: „Ja irgendwie… Wir haben unsere Schlafsäcke noch unten im Auto!“

 

Susanne: „Na dann holen wir die mal.“

 

Melanie: „Die Männer lassen wir einfach pennen.“

 

Roman: „Gute Idee.“

 

Kurze Zeit Ruhe. Dann merkte ich dass Roman ganz nah an der Tür war.

 

Etwas lauter sagte er: „Hey hört mal nur weil wir beide schwul sind heißt das nicht, dass wir jetzt da drin fummeln.“

 

Schweigen.

 

Roman: „Er ist mein… irgendwie mein bester Freund.“

 

Wieder Schweigen.

 

„Ich will es mit ihm nicht versauen. Habe ihn sehr gern. Gute Nacht.“

 

Die Zeit verging und es ging mir deutlich besser. Roman auf seine Distanz und Daniela in meiner Nähe gaben ihr bestes um mich abzulenken vom Ende meiner Beziehung. Sie versuchten mich nach der Arbeit, wo ich genug Ablenkung hatte, in Schach zu halten.

Was ihnen ganz gut gelang.

 

„Blonde Strähnchen? Echt?“

 

„Ja… Sieht geil aus!“ triumphierte Roman.

 

„Will ich sehen…“

 

„Komme ja bald wieder zu dir…“

 

Das war unser Pakt. Den einen Monat würde ich zu ihm fahren, den anderen würde er zu mir kommen. Immer im Wechsel. So konnte keiner drauflegen. Der, der besucht wurde kümmerte sich um die Verpflegung und um das Programm und der Besucher hatte nur den Einsatz des Benzins.

 

„Hi. Mal wieder Bock auf ne Runde Telefonterror?“

 

„Lieb dass du mich so oft anrufst.“

 

„Ich muss dich ja ablenken. Das ist ja mein Job als bester Freund!“

 

Ich spürte eine Glücksträne.

 

Die Zeit verrann weiter wie in einer Sanduhr. Aufstehen. Frühdienst schieben. Ausruhen und bisschen pennen. Mit Daniela Kaffee trinken gehen. Mit Mutter kochen und gemeinsam Essen. Mit Roman telefonieren. Schlafen.

Lang schlafen. Spätdienst. Telefonieren mit Roman. Essen. Ins Bett fallen. Einschlafen. Von Manu war nie mehr was gehört. Langsam interessierte es mich aber doch was ein Typ jetzt meine Stelle einnahm.

Böse Eifersucht traf mich wie ein Schlag. So ein einsamer Moment. Ich hasste diese kurzen Momente. Zeit der Tränen.

 

„Jetzt mach dich nicht fertig.“

 

„Ich muss aber wieder öfter an ihn denken!“

 

„Ich kann dich verstehen – mir ging es ja damals genauso… Es gab Momente in denen war er wie aus meinem Gedächtnis, dann wieder als wäre er ganz nah bei mir.“

 

„Das ist grausam. Ich dachte so was muss ich nicht mehr mitmachen. Dachte das ist für immer!“

 

„Für immer ist gar nix, Chris!“

 

„Ich weiß.“

 

„Tja und jetzt sind es schon fast zwei Monate, dass du solo bist!“

 

Ja so schnell verflog die Zeit. Aber Zeit heilte keine Wunden. Wer auch immer solche Gerüchte in die Welt setzt. Ich fühlte mich im Flug meines Lebens. Als würde ich weg fliegen von ihm und dann irgendwann kamen diese grausamen Luftlöcher wieder.

Der Sog, der mich nach unten ziehen wollte. Zurück in seine Arme. Doch die waren belegt.

 

„Chris, du bist nicht der letzte Mensch, dem das passiert!“ Daniela diskutierte mit mir.

 

„Oh wunderbar, danke fürs Verständnis!“

 

„Bitte, bitte, gern geschehen. Ihr Männer tut als wäre das das Ende aller Welt. Irgendwann musst du mal durch!“

 

Hatte sie Recht?

 

„Chris, zwei Monate, zweieinhalb? Verabrede dich, such dir einen Neuen. Häng aber bitte nicht so ab. Das ist er nicht wert.“

 

Nicht wert? So redeten alle über den Ex. Dann war er der Böse. War er das? Er wollte nur einen anderen Weg gehen – einen Weg ohne mich. Er war ehrlich. Er sagte mir, dass die Gefühle vorbei sind. Er hatte den Mut.

 

„Nimm ihn nicht immer in Schutz. Er ist nicht mehr dein Freund.“

 

Ja das wusste ich. Aber ich wollte das nicht zulassen… Um keinen Preis.

 

„Wirst du jetzt zur Kämpfernatur? Chris sieh ein es ist zwei Monate her. Er hat sich nicht mehr gemeldet…“

 

„Vielleicht ist er wieder solo und…“

 

„Er kommt zurück gekrochen? Also bitte Christan. Begrab diese verdammten Hoffnungen endlich… Er ist weg.“

 

Sie war verdammt hart. Immer wieder kostete mich das Tränen. Aber es half. Ich musste da wohl wirklich durch. Schmerz.

 

„Weg!“

 

Tränen.

 

„WEG!“

 

Immer wieder Tränen. Nie habe ich seine schönen Augen so groß vor mir gesehen wie jetzt. Sein strahlendes Lächeln. Seine Lippen die mich gleich küssen würden.

 

„Das ist ja nicht mit anzusehen, Chris,“ sagte Roman.

 

„Ich lasse mir was einfallen. Aber du musst da mal wieder raus. Das geht nicht so weiter…“

 

Nein? Ich wollte Danielas Rat befolgen. Nein ich musste. Ich brauchte Liebe… Nein viel eher brauchte ich Zärtlichkeit, Geborgenheit… Jemand der mich einfach drückt und in den Arm nimmt. Mir seine Wärme gibt.

 

Jemand der mich sanft küsst und mit mir einfach nur daliegt….

 

„Wie groß ist dein Schwanz?“ riss es mich aus diesen Gedanken.

 

Wie konnte der so etwas schreiben. Dreht sich alles nur um Sex?

 

„Hey Kleiner hier schon. Also willst jetzt ficken? Hast bestimmt einen geilen Arsch!“

 

GeilerHengst27FGD. Ich war nicht geil.

 

„Hey dann verschwend nicht meine Zeit!“

 

Privater Chat beendet. Gab es in diesem verdammten Chat nur solch Schwanzfixierte? Ich blätterte mich weiter durch und schaute mir die Namen und die Bilder an. Es war schon mitten in der Nacht… Ich schenkte mir ein Bier ein.

Anders war diese Einsamkeit nicht mehr zu ertragen.

 

„Ficken?“

 

Nein verdammt… Stand irgendetwas in meinem Profil, was die Kerle darauf schließen ließ? Nein. Zweites Bier. 12.500 User und alles Schweine? Drittes Bier… Kurz kam es mir, dass ich Manuel in diesem Chat kennen gelernt habe. Wieder diese Bilder. Vier Jahre die sich durch mein Gedächtnis spülten. Verdammt.

 

„Hi…“

 

Oh einer der mit einer Begrüßung anfing zum Auftakt. Nicht mit „Wie geht’s“ „Bock?“ „Geil?“ „Schwanzgröße?“ „Bist mobil?“ „Passiv?“…

 

„Hallo,“ schrieb ich.

 

DiggiDA250

 

„Bist du auch aus Darmstadt!“

 

Ich bejahte.

„Auch so einsam?“

 

Sprach der mir jetzt aus der Seele?

 

DiggiDA250: „Ich bin es in jedem Fall!“

 

„Warum?“

 

DiggiDA250: „Bin seit gestern wieder solo.“

 

„Na bei mir ist das schon etwas länger her…“

 

DiggiDA250: „Echt? Wann?“

 

„Na ja so etwa… fast drei Monate!“

 

DiggiDA250: „Wow und du hältst das aus, so ganz ohne Mann? Ich fühl mich jetzt schon so schwummerig!“

 

„Na ja ich war mit dem Kerl vier Jahre zusammen. Da ist alles etwas härter.“

 

DiggiDA250: „Denk ich mir… Jetzt bin ich irgendwie sprachlos. Weiß nix mehr zu sagen.“

Ich dagegen blühte auf, ich wurde schreibwütig. Das vierte Bier gab seinen Beitrag dazu. Ich stellte ihm viele Fragen. War endlich froh, dass da jemand war, der nicht gleich mit Sex anfing. Ich war beschwippst.

 

„Würde jetzt gern nackt neben dir liegen.“

 

Was schrieb ich da. Scheiße.

 

DiggiDA250: „Echt? Geil.“

 

Das mir machte mich jetzt irgendwie wuschig. Meine Fantasien drehten durch.

 

DiggiDA250: „Und dann?“ fragte er fordernd.

 

„Dann drück ich mich an dich. Will dich spüren. Bist bestimmt warm.“

 

DiggiDA250: „Eher nicht. Bin grad sehr heiß. Mir wird grad echt heiß.“

 

„So wie kommt das denn nur?“

 

DiggiDA250: „Na du machst mich irgendwie an.“

 

„Tu ich das ja? Wie macht sich das bemerkbar?“

 

Plötzlich kannte ich mich selbst nicht mehr. Ich spürte das Bier in mir und in meiner Hose einen Ständer.

 

DiggiDA250: „Ich hab da was in de Hose, das könnte dir sicher gefallen.“

 

„Tatsächlich. Wie…“

 

DiggiDA250: „Sprich es aus. Komm lass uns hier bisschen geil schreiben.“

 

Ich fand diesen Gedanken plötzlich gar nicht mehr so abwegig. Mein Schwanz forderte jetzt seine Aufmerksamkeit.

 

„Wie groß ist denn deiner?“ Wie war ich jetzt drauf im Alkoholrausch?

 

DiggiDA250: „18×5“ antwortete er kurz.

 

„Und was machst du gerade mit ihm?“

 

DiggiDA250: „Was wohl. Ich sitz hier und massier ihn schön gemütlich. Ich will mit dir spritzen.“

 

Spritzen? Gedanken schossen mir wieder durch den Kopf. Ich verfluchte mein Tun. Ich schaute auf mein Bier, dann auf meinen Schwanz der mich anschaute und nach einem Orgasmus flehte. Manuels Bild auf dem Schreibtisch. Ich klappte es um. Ich wollte ihn nicht ansehen.

 

DiggiDA250: „Bist du noch da?“

 

Ich war noch da. Aber ich hatte eine Blockade. Blut verließ meinen Schwanz. Alkohol stieg mir zu Kopf.

 

„Ich kann das nicht!“

 

„Dann verschwende nicht meine Zeit…“

 

Privater Chat beendet.

 

*-*-*

 

„Was machst du?” fragte ich.

 

„Was ist daran verwerflich?“ fragte Roman gegen.

 

„Ich dachte nicht… Das… Wie kannst du das? Ich habe da eine Blockade.“

 

„Na ja irgendwann schaltet man ab.“

 

Abschalten. Das hatte ich schon mal gehört. Daniela!

 

„Ich kann das nicht.“

 

„Irgendwann kannst auch du es, Christian.“

 

„Nein. Ich habe noch das Gefühl er sieht mir zu. Weißt du. Ich fühl mich dann wie fremdgehen.“

 

„Schwachsinn.“

 

„Sagst du!“

 

„Ja sage ich. Hatte jetzt schon drei Dates.“

 

„Drei?“ fragte ich vorwurfsvoll.

 

„Ja und?“

 

„Ja ist ja nichts bei. Hast ja Recht. Ich…“

 

„Was?“

 

„Ich traute dir so was nicht zu.“

 

„Du tust als wäre es ein Kapitalverbrechen mit einem Kerl zu ficken und am nächsten Tag getrennte Wege zu gehen.“

 

Irgendwie kam mir Roman anders vor. Wechselhaft. Erst das Ziel haben wieder di große Liebe zu finden. Dann wieder alles verwerfen für einen flüchtigen Orgasmus auf einen fremden Körper.

 

„Ja so ist das.“

 

Schindete Roman Zeit?

 

„Ich habe es ja versucht.“

 

„Was?“ fragte Roman neugierig.

 

„Ich… Ich wollte ja ein Date.“ Stammelte ich.

 

„Und?“

 

„Ich konnte nicht. Hatte Manu im Kopf.“

 

„Du hast ihn also nicht getroffen? Oder bist dann geflüchtet?“

 

„Na ja wir haben gechattet.“

 

„Ja weiter. Lass dir nicht immer alles aus der Nase ziehen.“

 

Irgendwie war er heute so grob. Diese Eigenschaft behielt er hoffentlich nicht bei.

 

„Na ja wir hatten fast C6.“ Es war mir peinlich das zu sagen.

 

„Siehst du so was könnte ich wieder nicht. Ich brauch einen Kerl zum Anfassen. Zum Ficken!“

 

Was hatte er neuerdings für einen Sprachgebrauch. Plötzlich erinnerte er mich an die Typen im Chat.

 

Roman lenkte ab: „Ist ja jetzt auch egal. Du kommst morgen erst mal zu mir. Und dann reden wir weiter.“

 

Wieder betonte ich: „Ich werde mit keinem anderen pennen können! Nie!“

 

„Hallo, das Thema ist gegessen. Du kannst! Niemand trauert ewig!“

 

Niemand?

 

„Aufstehen!”

 

„Was denn?” fragte ich verschlafen “Ist doch erst neun Uhr. Es ist Samstag!“

 

„Ja aber ein besonderer Samstag!“

 

Ich beobachtete Roman wie er eine Tasche packte. Ich schaute mich um. Ich sah auf den Platz wo sonst meine Tasche stand.

 

Ich fuhr auf: „Wo ist meine Tasche?“

 

„Die ist schon im Auto!“

 

„Auto?“ Ich verstand nicht.

 

„Habe eine Überraschung für dich. Wir fahren weg. Übernachten heute Nacht woanders.“

 

Woanders…

 

„Ja woanders…“

 

Ich rieb mir den Schlaf aus meinen Augen und erhob mich. Ich war noch totmüde.

Duschen. Anziehen. Zähne putzen. Kontaktlinsen. Rasieren. Gel ins Haar.

 

„Steig ein.“

 

„Ja, ja nur keinen Stress.“ Sagte ich.

 

Roman stieg ein: „Es wird dir gefallen.“

 

„Das hoffe ich. Will nicht umsonst so früh aus den Federn geschmissen werden!“ lächelte ich, noch immer verschlafen.

 

„Lass dich überraschen.“

 

Roman fuhr auf die Autobahn. Die Fahrt über schwieg ich. Ich war ein Morgenmuffel. Roman plapperte wie ein Wasserfall. Er erzählte von Gott und der Welt. Wenigstens soweit ich das aufnehmen konnte was er da von sich gab.

 

„So da sind wir.“

 

„Was ist das?“

 

Wir standen vor einem… Hotel…

 

„Da schlafen wir heute.“

 

Ich schnallte mich ab: „Wie romantisch!“

 

„Schwätz nid!“

 

Wir stiegen aus und trugen unsere Taschen zur Rezeption.

 

„Guten Tag meine Herren,“ wurden wir begrüßt.

 

Roman übernahm das Reden.

 

„Ich habe ein Zimmer für eine Nacht reserviert. Busch. Roman Busch.“

 

„Ja, Herr Busch. Wir haben das Zimmer 346 im 3. Stock für Sie reserviert. Raucher.“

 

Die Dame an der Rezeption übergab uns den Zimmerschlüssel. Roman bedankte sich und wir nahmen wieder unsere Taschen um zum Aufzug zu gehen. Roman drückte die „3“.

 

„Und was machen wir in… Stuttgart?“ bemerkte ich.

 

„Du sollst ja auch mal unsere Landeshauptstadt kennen lernen.“ Roman grinste breit.

 

3. Stock.

 

Wir suchten unser Zimmer. Es war am Ende des Flures. Roman schloss die Tür auf und wir stellten unsere Taschen ab.

 

„Ich rechts. Du links“

 

Ich nickte. Roman verschwand im Bad. Wo war eigentlich seine obligatorische Handtasche. Wollte er jetzt jeden Verdacht auf Tucke ablegen? Er trug sie nicht mehr mit sich. Sie war auch nicht im Gepäck.

 

„Roman?“

Er trat wieder aus dem Bad.

 

„Was ist?“

 

„Wenn du schon alle schwulen Eigenschaften ablegen willst darfst auch nicht so oft die Frisur wechseln.“

 

„Ach… schwätz nid.“

 

Ich grinste. Er verschwand wieder im Bad.

„Und was ist das nun für eine Überraschung?“

 

„Warts ab.“

 

Manno. Ich bin doch sooo neugierig.“

 

„Das ist mir bewusst.“ Kam es aus dem Bad.

 

Ich legte mich aufs Bett. Es war fast 12 Uhr.

 

„Mach ein Mittagsschläfchen. Dann gehen wir in die Stadt. Bisschen shoppen.“

 

Ich schloss die Augen und meine Gedanken. Schuhe… Oh je… Roman rannte euphorisch vor mir her. Von Laden zu Laden. Ich durfte jeden Schuhladen der Stadt kennen lernen.

 

„Roman. Ich kann nicht mehr. Hunger.“

 

„Memme!“

 

„Ja das sagst du. Du hast jetzt drei neue Treterchen gekauft. Wann willst das alles anziehen?“

 

„Gelegenheiten gibt es genug.“

 

Ich nickte und verdrehte die Augen.

 

„Wie stehen mir die?“

 

„Gut!“ Meine Antwort war gleichgültig.

 

„Im Ernst jetzt.“

 

„Roman. Ich hasse Schuhe. Ich habe zwei Paar zuhause und das reicht. Schuhe sind Schuhe. Man bewegt sich damit fort. Egal wie sie aussehen. Genau wie das Auto.“

 

Das war ein Fettnäpfchen für eine Standpauke.

 

„Hey, ich liebe Autos. Es ist nicht egal wie die Aussehen. Flott müssen sie sein. Mit deiner Schüssel kommt ja keiner voran. Platz muss drin sein und…“

 

„… und poppen musst drin können!“

 

„In meinem Auto wird nicht gepoppt!“

 

„Fertig mit Schuhen?“

 

Roman lachte und zeigte auf die hinteren Regale.

 

Ich verdrehte die Augen und witzelte: „Auf in den Kampf!“

 

Bevor wir Essen gehen wollten begaben wir uns noch mal in unser Hotelzimmer. Wir wollten

uns noch etwa frisch machen. Es war 18 Uhr.

 

„Weißt du was ich dir noch gar nicht gesagt habe?“

 

„Was?“

 

„Zieh das hier an!“

 

„Das Ding?“

 

„Das ist kein Ding. Das ist ein Anzug. Der müsste dir passen. Haben ja eine ähnliche Figur.“

 

„Ja und dann?“

 

„Dann gibt es ABBA!“

 

Ich schaute ihn überrascht an und stammelnd wiederholte ich seine Aussage.

 

„Jupp!“

 

„Wie?“

 

„Das ist deine Überraschung!“

 

„Hey das ist… das ist ja geil. Du bist ein Schatz.“

 

Ich fiel ihm um den Hals. Stürmisch. Roman konnte sich kaum halten und fiel fast rücklings aufs Bett.

 

„Ja, ja ist ja gut,“ lachte er und wehrte mich charmant ab.

 

„Geil.“ Wiederholte ich.

 

„Wenn es geil bleiben soll, dann beeil dich. Das geht alles von deiner Essenszeit ab. Um 20:30 Uhr beginnt das Musical.“

 

Ich schnappte mir die Anzugshose, den Sakko, das Hemd und verschwand im Bad: „3 Minuten!“

 

„Ja genau.“ Verdrehte diesmal Roman die Augen.

 

Weil es doch sehr knapp war und auch schon halb sieben beschlossen wir im Musical Center direkt zu essen. Roman und ich betraten ein deutsches Lokal. Kaum ein Tisch war in diesem rustikalen Restaurant noch frei. Aber der Kellner führte uns an einen letzten freien Tisch irgendwo im letzten Eck.

 

„Ich muss dir auch noch was erzählen!“ sagte Roman.

Ich schlug die Speisekarte auf und blätterte…

 

„Und was?“

 

„Na ja, wie sage ich das jetzt.“

 

„Bist etwa in mich verknallt!“ witzelte ich.

 

„Scherzkeks. Nein aber ich glaub ich bin noch in Oliver verliebt!“

 

Ich schaute irritiert auf: „Ach und das kam dir so zwischendurch… Bei all deinen Sexdates?“

 

„Quatsch!“

 

Ich grinste: „Du weißt auch nicht was du willst oder?“

 

„Doch ich will Oliver!“

 

„Ja genau letztens wolltest noch Schwänze und puren Sex.“

 

„Das kann ich auch von Olli haben.“ Sagte Roman scheinbar verliebt.

 

Ich schüttelte den Kopf.

 

„Ein Rahmschnitzel!“ sagte ich dem Kellner.

 

„Für mich auch.“

 

Wir klappten die Speisekarten zu und gaben Sie dem Kellner mit.

 

„Also, wie kommt es zu dem Sinneswandel?“ bohrte ich neugierig nach.

 

„Ich weiß nicht. Er hat mir ne SMS geschickt!“

 

„Und das war alles? Und jetzt blüht bei dir Hoffnung auf? Wegen ner SMS? Und ich dachte ICH sei der hoffnungslose Fall.“ Ich lehnte mich zurück.

 

„Bist du auch,“ scherzte Roman „Nein ich weiß nicht, er ist doch voll süss!“

 

„Ja genau,“ sagte ich verständnislos.

 

„Du verstehst das nicht.“

 

„Ja manchmal verstehe ich dich nicht. Heute so, morgen wieder so. Du kannst doch nicht von jeder Torte was abhaben im Leben.“

 

„Du schwätzt manchmal einen Scheiß, Christian.“

 

„Aber du…“

 

„Ich vermisse ihn halt.“

 

„Ach aber mich fertig machen wenn ich plötzlich Gefühlsregungen bekomme für Manuel?“

 

„Das ist ja auch was anderes.“

 

„Ja es ist immer was anderes.“

 

„Ja.“

 

„Und was ist mit deinen Sexdates?“

 

„Was soll damit sein? Hab dann ja wieder Sex mit Oliver. Der war eh besser.“

 

„Jetzt noch mal zusammengefasst. Ihr habt gesmst und…“

 

„Nö, er hat mir geschrieben und ich geantwortet.“

 

„Das wars?“

 

„Ja.“

 

„Und das ist der Grundstein der Hoffnung? Das wirft dich aus der Bahn? Das reißt dich wieder aus den Schlafzimmern fremder Männer?“

 

„Nö.“

 

„Wie?“

 

„Ja solang wir noch nicht wieder zusammen sind kann ich ja weiter mit anderen Süßen rummachen.“

 

„Interessante Theorien sind das!“

 

„Ja so ist halt mal das Leben…“

 

„Es scheint mir so…“

 

„Bist du jetzt die Schlampe von der wir uns immer distanziert haben?“ fragte ich frech in den Raum.

 

„Ja, ich bin halt eine Schlampe. Ich steh aber auch dazu.“

 

„Dann ist das ja geklärt…“ Ich konnte darauf nicht weiter eingehen. Ich erkannte ihn nicht mehr. Da saß er nun, der Roman, blonde Strähnchen in seiner topgestylten Frisur, gleichgültig, gefühlskalt, sein Schnitzel mampfend. Ich stocherte nun auch in meinem herum…

 

„I have A Dream A Song To Sing…“ Applaus ………………… Vorhang auf für ABBA. Good Luck…

 

„Du wirst doch das Loch treffen, Roman!“ schwankte ich.

 

„Ja jetzt halt mal ruhig. Ich sehe nichts.“

 

„Licht ist ja aus.“

 

„Ach was?“

 

Roman fummelte weiter.

 

„Ich bin drin.“

 

Triumphierte Roman.

 

„Ja komm gibs mir. Highs.“

 

„Scherzkeks.“

 

Roman drehte den Schlüssel im Schloss und öffnete die Tür. Wir stolperten ins Hotelzimmer und schmissen uns sogleich auf das Bett.

 

„Es war geil.“

 

„Was?“

 

„Na ABBA, das Musical.“

 

“Ach so. Ich dachte der Orgasmus!”

 

„Ja der war auch der Hammer!“ flunkerte ich zweideutig.

 

„Mir wurde es da richtig warm. Da unten ..“

 

„Da ist dir immer warm!“ lachte ich.

 

„Hey…“ Roman grinste.

 

„Das war nur der Alk in dem Zeug. Hast ja auch fünf oder sechs davon verdrückt.“

 

„Sex?“ Roman drehte sich um und starrte mich besoffen an.

 

„Sechs Mal Orgasmus!“ versuchte ich ihm zu verdeutlichen.

 

„Geil.“

 

„Was?“

 

„Sechs mal abspritzen!“

 

Ich verdrehte die Augen gekünstelt: „Nein. Sechs Orgasmus, das Getränk!“

 

„Was?“

 

„Vergiss es,“ lachte ich.

 

„Willst mal was sehen?“

 

„Nein.“, antwortete ich forsch.

 

„Jetzt sei doch nicht…“ Roman kämpfte mit den Worten „… bereits gleich so abweisend.“

 

„Was möchtest mir denn… zeigen?“ Auch ich spürte den Orgasmus deutlich… das Getränk natürlich…

 

„Gib mir mal deine Hand.“

 

„Und dann?“

 

„Warts ab.“

 

Ich reichte ihm meine Hand und ließ locker. So dass er sie führen konnte. Er legte sie auf seine Hosenfront.

 

Besoffen schaute ich nach rechts: „Was ist…“

 

„Was das ist?“

 

„Das weiß ich.“

 

„Ach ja?“

 

„Ja.“

 

„Und was ist es?“

 

„Du hast einen Ständer, du Sau!“

 

„Na und? Hab ja auch… Orgasmus… hab ich getrunken.“

 

„Ja mehr als genug.“

 

Ich nahm meine Hand wieder weg.

 

Roman fummelte an seiner Hose herum. Ich starrte schwindelig im Zimmer umher. Die Zeit blieb kurz stehen.

 

„Hand!“

 

„Was… willst du?“

 

„Gib noch mal die Pfoten!“

 

Ich streckte ihm erneut die Hand hin. Er schnappte sie und führte sie an denselben Ort wie zuvor. Diesmal spürte ich an meiner Hand seinen blanken verschwitzen Schwanz.

Ich zuckte kurz.

 

„Na? Voll der Fisch oder?“ lallte er.

 

„Ja du hast schon was zu bieten bei deinen Sexdates!“

 

„Gell.“

 

Ich spürte wie seine Hand meine verließ und nicht mehr meine Hand nach unten drückte. Ich entschloss mich auf seinem Penis zu bleiben. Er war warm.

 

„Darf ich auch?“

 

Aus den Gedanken gerissen fragte ich: „Was?“

 

„Meine Hand sucht auch… ein Ziel.“

 

Wir hatten uns noch nie so berührt. Ich fühlte mich komisch. Aber der Alkohol und mein steifer Schwanz steuerten mein Tun und meine jetzige Aussage.

 

„Gib.“

 

Roman reichte mir die Hand und ich legte sie gezielt auf meinen Hosenschlitz, hinter dem sich eine Beule verbarg.

 

„Die ist ja zu.“

 

„Mach auf“, forderte ich.

 

„Alle muss man selber machen.“

 

Roman öffnete meine Hose und zauberte meinen Schwanz heraus.

 

„Du solltest auch Sexdates… haben… Highs…“

 

„Warum?“ fragte ich nach.

 

„Hast auch was zu bieten.“

 

„Dankeschön!“

 

Roman rieb sanft an meinem Schwanz. Ich tat das auch bei ihm… Die Lust und die Gleichgültigkeit förderte unser Verlangen. Wir lagen nur so da und rubbelten uns gegenseitig unsere Schwänze.

Wir rieben immer wilder, bis der Höhepunkt nicht mehr abzuwenden war. Das Sperma spritze mir auf das Hemd. Da kam es wieder. Plötzlich wieder dieses Bild. Dieses Bild von Manuel. Ich verkrampfte und mein Körper fühlte sich schmutzig an.

 

„Langsam angehen lassen…“ schoss es durch meinen Kopf. Dieser Satz verfolgte mich.

 

„Hey, selbst wenn ich 50 bin. Mit Roman werde ich nie, niemals schlafen.“

 

Wir hatten nicht mit einander geschlafen, es war nur gegenseitiges Wichsen. Ich verteidigte mich selbst in meinen Gedanken. Und schlief ein.

 

*-*-*

 

Da lag er nun neben mir. Ich roch noch den Sperma und den Duft des Alkohols der letzten Nacht. Was hatten wir nur getan? War das die angestaute Geilheit meinerseits? Habe ich damit alles zerstört.

Was wenn er jetzt gleich die Augen öffnet und auch realisiert was geschehen ist heute Nacht. Oder war ich für ihn auch nur ein billiges Sexdate? Mittel zum Orgasmus. Roman regte sich und stöhnte und brummelte.

Bitte lass ihn noch weiterschlafen. Ich will dieses Gespräch nicht führen was jetzt vor uns stand. Unweigerlich.

 

„Morgen“, brummelte er.

 

Verdammt.

 

„Mein Kopf. Was ist…“

 

„Was passiert ist?“, fragte ich vorwurfsvoll.

 

„Ja.“

 

„Wir…“

 

„Was?“

 

„Wir haben uns gegenseitig gewichst.“

 

Roman schaute mich verdutzt an.

 

„Echt?“

Er strich sich über den Bauch und spürte das getrocknete Sperma.

 

„Na und?“, fuhr er dann fort.

 

„Wir sind beste Freunde. Machen die das?“

 

„Nicht wenn…“

 

„Nicht wenn was?“

 

„Na ja ich fand es schon toll.“

 

„Wie jetzt?“

 

„Kann man das nicht öfter haben.

 

Ohne Verständnis blickte ich ihn vorwurfsvoll an.

 

„Vielleicht habe ich mich ja in dich verknallt heute Nacht.“

 

Ich verschränkte die Arme: „Roman bitte. Vorgestern warn es die Sexdates. Gestern wieder Oliver. Heute ich? Das ist doch nicht wahr jetzt!“

 

„Ich weiß es nicht. Ich fühl da was.“

 

„Du fühlst da gar nichts!“

 

„Woher weißt du das?“

 

„Ich fühle nichts.“

 

„Warum bist du jetzt so kalt. Bereust du es.“

 

„Nicht ganz. Es ist passiert. Aber deswegen liebe ich dich ja nicht gleich. Das wäre naiv. Ich bin ehrlich mit dir.“

 

„Das macht mich schon irgendwie traurig.“

 

„Jetzt hör mir mal zu…“

Ich drehte mich zu ihm. Er starrte mich verängstigt an.

 

Bevor ich fortfahren konnte unterbrach er mich: „Ich bin doch nicht Schuld daran. Wir waren beide dabei. Du hättest nein sagen können. Oder mich von dir stoßen wenn ich dich anwidere.“

 

„Du widerst mich nicht an. Ich möchte nur nicht meinen besten Freund verlieren.“

 

Roman stand eine Träne im Gesicht.

 

„Roman, ich habe dich gestern reden hören. Gestern in diesem Restaurant. Du warst verbittert. So würde ich es interpretieren. Deswegen hast du dich in die Sexdates geflüchtet. Du warst – genau wie übrigens ich – auf der Suche nach Geborgenheit, Zärtlichkeit. Das Ficken und den starken Mann hast immer hervorragend betont um nicht als Schwächling da stehen zu müssen. Aber du bist schwach. Gestern wurdest du wieder schwach. Du hast bekommen was du wolltest. Zärtlichkeit. Wieder Zärtlichkeit. Jemand war da – jemand war bei dir und du fühltest dich wohl. Dieses Wohlfühlen hast du als Liebe reflektiert. Aber nur weil es dir gut ging und du meine Nähe mochtest in dem Moment. Aber du liebst mich nicht…!“

 

Roman senkte den Kopf und weinte.

 

„Du liebst nicht mich sondern…“

 

Roman drehte seinen Kopf wieder in meine Richtung.

 

„Du liebst Oliver. Du hast ihn immer geliebt und so ist es auch jetzt noch. All das hörte ich aus deinen Worten von gestern. Ich kann hinter deine Fassaden blicken. Ein guter Freund kann das. Mir konntest nicht den starken Mann vorspielen.“

 

„Ich…“ stammelte Roman.

 

„Ja?“

 

„Mach mich doch nicht so nieder.“

 

„Das tue ich nicht.“

Ich strich ihm über den Kopf. Roman senkte wieder den Kopf.

 

„Versucht es einfach noch einmal mit einander. Kämpf um ihn. Um deine Gefühle.“

 

„Er will mich nicht“, sagte Roman ohne jede Hoffnung.

 

„Woher willst du das wissen? Ohne es je versucht zu haben?“

 

Roman drückte sich an mich und ich hielt ihn fest. Ganz fest. Er spielte wieder Mann. Seine Tränen sollte ich nicht sehen. Wir schwiegen beide. Ich ließ ihn sich ausheulen. Mit seinen Gedanken allein. Er musste wieder klar sehen können. Ich war für ihn da, das ließ ich ihn spüren.

Mein Handy störte die Ruhe mit einer SMS. Ich schaue auf den Nachttisch und griff nach dem Handy. Roman ließ ich dabei nicht los. Ich klickte auf die Kurzmitteilung und wählte sie an.

Manuel.

-Ende-

Die Wahrheit ist irgendwo da draußen – glaube nie sie zu finden – alles Lüge 😉

 

So alles on!

Hallo ihe Lieben,
mit viel Hilfe von Daniel (Herzlichen Dank!)stehen nun alle Geschichten der alten Page on. Diese wird nun nur noch als Weiterleitung verwendet. So und nun schickt mir eure neuen Geschichten, damit sich die Seite weiter füllt.
Liebe Grüße Pit

Nachtschatten – Teil 2 – Verschwörung

Filmriss

Constantin

Ein blonder Engel der Dunkelheit – denn das bist du, Florian, mein Retter.

Da lag er. Erschöpft, schlafend, aber außer Gefahr. Wie er da so schlief, erinnerte er an ein Heiligenbild. Das sanfte, liebliche Gesicht umrankt von seinen blonden Haaren, die im Licht des Zimmers wie ein goldener Heiligenschein glühten. So friedlich… Weiterlesen

Eine fast perfekte Liebe

Es war eigentlich ein ganz normaler Tag, irgendwann im Sommer, oder fast normal. Eigentlich war es der Beginn des absoluten Chaos in meinem Leben. Aber niemals sollte mein Leben so abwechslungsreich sein, wie ab heute.

Nun ich möchte diese Geschichte erzählen und ich garantiere euch, es wird euch nie langweilig werden. Nun denn, ich bin Christian. Ich bin einundzwanzig Jahre jung und komme aus Darmstadt.

Dass ihr eine Vorstellung von mir habt noch etwas zu meinem Aussehen Ich bin etwa 1,82 m groß und bin schlank. Meine Augen sind grün und die Haare sind blond gefärbt und zum Mittelscheitel gekämmt.

Wohnhaft bin ich in einer Drei-Zimmer-Wohnung, im Dachgeschoß meiner Eltern. Eigentlich wollte ich schon längst ausziehen, aber wer wohnt nicht gerne bequem und einfach im ‚Hotel Mama‘? Viel hab ich mit meinen Eltern eh nicht zu tun.

Ich schaue selten bei ihnen vorbei und sie klopfen auch selten an meine Tür. Noch vor wenigen Monaten teilte ich meine Wohnung fast täglich mit meinem Freund Frank. Doch leider folgte irgendwann die Trennung. Vielleicht ist das normal?

Man verknallt sich und trennt sich irgendwann wieder. Nun wir waren fünf Monate zusammen. Er war mein erster Freund. Mit ihm erlebte ich meinen ersten Kuss, mein erstes Mal und mein Coming Out. Ich meine, das verbindet ja schon mal.

Aber irgendwann schien er sich in einen anderen verliebt zu haben. Blind vor Liebe, wie ich war merkte ich davon nichts. Laut ihm plagten ihn wochenlang Unsicherheiten wen er denn nun liebt. Tja leider fiel die Entscheidung gegen mich.

Ich durfte ihn später glücklich mit dem anderen beobachten. Es war sehr schwer darüber hinwegzukommen. Ich habe wochenlang miese Laune geschoben, geheult und mich verkrochen.

Dann kam die Zeit, vielleicht ist das auch normal, in der ich mir einredete es war der Falsche. Soll er doch mit dem anderen glücklich werden, dachte ich mir. Insgeheim aber hab ich ihnen kein Glück gegönnt.

Immerhin, ich war der große Verlierer und ich liebte ihn noch. Er wollte zwar den Kontakt zu mir wahren, aber ich konnte das nicht. Ihn und den anderen zu sehen weckte jedes Mal wieder Erinnerungen in mir und ließen mich in Depressionen verfallen.

So brach ich den Kontakt zu ihm vollkommen ab. Ich gewöhnte mich an die Solo-Zeit, ja nach einer Zeit genoss ich es richtig, und ich blühte wieder auf. Irgendwann wollte ich gar keinen Freund mehr, denn das Leben machte als Single viel mehr Spaß. Ich war bald wahnsinnig glücklich und unternahm viel mit meinen Freunden und lernte neue Freunde kennen. Aber ich gebe zu, dass ich ab und zu meine einsamen Momente hatte. Nun auch wenn ich einige Freunde hatte, nicht immer hatte jemand Zeit für mich. Oder manchmal gab es Zeiten da wollte ich auch einfach niemanden um mich haben. In diesen Zeiten setzte ich mich meist stundenlang an den Computer und chattete. Dieser Chat wurde mein neues Hobby. Eigentlich hatte ich immer die Hoffnung, dass ich jemanden kennen lerne, einen neuen festen Freund. Doch irgendwann stellt man Hoffnungen in den Hintergrund. Vielleicht wollte ich auch zu schnell einen neuen perfekten Freund. Ich dachte wirklich ihn hier zu treffen, in dieser virtuellen Welt. Einen Klick und da war er. Aber so einfach wie ich mir das vorstellte sollte das auch nicht sein.

Heute war wieder einer dieser verdammten Tage. Ich hatte nichts zu tun. Also setzte ich mich vor den PC und schaltete ihn ein. Wieder rief ich den Chat auf und wieder hoffte ich eine neue Liebe zu finden. Obwohl heute war dieses Gefühl nicht so extrem.

Ich wolle einfach chatten, egal was kommt. Immerhin, ich war vorsichtig. Ich traf nicht jeden mit dem ich chattete, dazu hatte ich viel zu viel Schiss oder Stolz. Viele, die sich hier tummeln wollten immer nur das eine und dafür war ich nicht zu haben.

Wie viel Zeit hatte ich hier schon verschwendet. Es würde doch eh nichts bringen. Vielleicht sollte ich den Mann meiner Träume besser draußen suchen, in der Wirklichkeit, ausgehen, in die Disco, in Kneipen.

Aber dafür fühlte ich mich zu schüchtern. Also blieb nur der Chat. Ich gab meinen Chatnamen ein und loggte mich ein. Es gab die übliche Vielfalt von Nicknames. Es sah so aus als hingen immer nur dieselben im Chat rum.

Was waren das für Typen? Männer, die nie einen abkriegen und auf dieses Hilfsmittel angewiesen sind? Schüchterne Boys, so wie ich oder war es wirklich nur ein Platz, wo man sich für das nächste Sexdate verabredet?

Tja, nun war ich drin, mal wieder. Aber lange Zeit starrte ich nur rührungslos in die Röhre, dann begutachtete ich die Chatnamen und deren Profile, schaute mir Bilder an und las was so im Hauptchat geschrieben wurde, ohne mich wirklich zu beteiligen.

Erst spät dachte ich mir, das kann’s ja nicht sein, nur vor der Kiste zu hocken und nur zu beobachten. Ich nahm mir vor einen Nickname auszuwählen und mit der dazugehörigen Person zu chatten.

Nun blätterte ich die Liste erneut durch. Er sollte aber aus meiner Nähe kommen und nicht zu alt sein. Viel Auswahl gab es nicht. Die meisten aus meiner Nähe waren entweder zu alt oder suchten nur Livedates, was ich ja nicht wollte.

Da blieb nur noch einer übrig, allerdings hatte der weder Profil, noch Bild hinterlegt, wo man mehr über ihn erfahren hätte können. Aber was soll es, man kann ja in einem Gespräch mehr erfahren. Sein Nickname war ‚Boy23FFM‘. Der Name verriet immerhin schon mal, dass er aus Frankfurt kommt und 23 Jahre alt ist. Nicht viel Information, aber immerhin. Ich klickte ihn an und der Privatchat öffnete sich.

 

Ich: Hallo. Wie geht’s?
Boy23FFM: Gut und selbst?
Ich: Soweit gut, is nur ein bisschen langweilig!
Boy23FFM: Mir auch. Wo kommst du her?
Ich: Darmstadt
Boy23FFM: Aha. Und was suchst du?
Ich: Ganz sicher kein Sex.
Boy23FFM: Ich auch nicht. Mir ist halt langweilig.
Ich: Und was machst du so beruflich?
Boy23FFM: Ich bin Bürokaufmann und was machst du?
Ich: Ich bin Altenpfleger.
Boy23FFM: Echt, könnt ich nicht machen.
Ich: Tja, das kann nicht jeder.
Boy23FFM: Ja, da bleib ich doch lieber bei meinen Akten *g*
Ich: Papierkrieg, hm? Um Gottes Willen.

 

Wir Zwei chatteten noch fast zwei Stunden. Ich fand ihn ganz nett, aber trotz der Tatsache, dass wir die Mail-Adressen austauschten sollte es nur ein Chat sein und nicht mehr. Ich hatte irgendwie nicht das Interesse ihn je zu treffen oder den Kontakt auszubauen.

Ich wusste nicht warum. Vielleicht weil ich noch immer auf der Suche nach dem perfekten Mann war, wenn es den überhaupt gab. Ich merkte wohl, dass es dieser nicht war. So schloss ich noch am selben Abend mit ihm ab.

Ich spürte auch irgendwie, dass es wie üblich abläuft. Diese Versprechungen, dass man sich meldet, was dann doch nie passieren würde. Ich nahm mir auf jeden Fall vor keine Mail zu schreiben und abzuwarten.

Das Resultat des Chattens war eine nette Unterhaltung, aber wie üblich ohne Erfolg. Wie lang sollte ich noch vor der Kiste hocken, bis ich ihn finde? Ich wusste es nicht. Vielleicht sollte ich mein Leben ändern. Aber das nahm ich mir nach fast jedem längeren Chat-Abend vor.

Ich legte mich auf die Couch und badete noch ein bisschen in meinem Selbstmitleid. Irgendwann war ich so müde, dass ich endlich einschlief.

 

*-*-*

 

Es war Dienstag, 12:30 Uhr, und ich kam gerade nach Hause von meinem Frühdienst. Es war heute ein besonders stressiger Tag. Wir waren im Altersheim wie immer unterbesetzt, weil Urlaubszeit war.

Obwohl ich wusste, dass meine Mutter Essen gemacht hatte und mich gleich dazu rufen würde setzte ich mich doch noch Mal an den PC. Ich wollte nur kurz meine E-Mails checken. Das machte ich fast jeden Tag.

Von der Arbeit war ich noch etwas hektisch, so war ich jetzt auch noch hier, in meinen eigenen vier Wänden. Ich stellte den PC an und öffnete schnell meinen Posteingang. Die Verbindung ins Internet wurde hergestellt. Voller Ungeduld wartete ich.

Es dauerte wie immer ewig. Als die Verbindung endlich vorhanden war und die Sendeübertragung begann lehnte ich mich zurück und versuchte doch noch kurz zu entspannen.

Doch ich war etwas verkrampft. Es war einfach ein komischer Tag. Es dauerte nicht lange bis die Nachrichten herunter geladen waren, es waren nämlich nur zwei. Die eine war nur ein Newsletter und die Andere, nun, der Absender sagte mir nichts.

Erst als ich die Mail überflog wurde mir klar, dass es mein Chatpartner von vor ein paar Tagen war. Erst jetzt fiel mir auf, dass er mir nie seinen Namen gesagt hatte und auch in der Mail stand nichts davon. Sehr geheimnisvoll.

Ich war positiv überrascht, dass ich eine Mail von ihm bekam. Also wollte ich sie auch beantworten. Ich begann die Mail zunächst einmal gründlicher zu lesen. Es stand nichts Bedeutendes drin. Nur die üblichen Floskeln von jemand, der mir nach einem Chat schrieb.

Das übliche „Hallo, wie geht’s?“ und „Was gibt’s neues?“ und natürlich „Weißt du noch wer ich bin?“ Alles nur bla, bla. Das lies mir die Laune zur Beantwortung der Mail schon wieder vergehen.

Der Kontakt würde schätzungsweise ein paar Tage andauern und dann würde er sich nicht mehr melden. Während ich so in Gedanken war klingelte das Telefon. Ich schreckte auf und hob den Hörer ab.

Es war meine Mum. Sie teilte mir mit, dass das Essen fertig war. Lendchentopf mit Spätzle. Ich sagte ihr, dass ich gleich kommen würde. Ich beendete das Gespräch und schaltete schnell den PC aus.

Ich wollte später antworten, vielleicht. Es war mir nicht wichtig. Ich verließ mein Wohnzimmer, in dem auch der PC stand und verließ meine Dachgeschoßwohnung. Vom Hunger getrieben rannte ich hastig die Treppen hinunter zu meinen Eltern.

Es war ein verregneter Mittwochabend. Ich lag gelangweilt und in meine Decke gekuschelt auf dem Bett und zappte durch das Fernsehprogramm. Es war wieder so ein Abend, an dem ich nichts mit mir anfangen konnte.

Meine beste Freundin war in Urlaub und auf jemand anderes hatte ich im Moment eh keinen Bock. Mein Blick fiel auf den Computer der links neben dem Fernseher stand. Mein Blick verharrte eine Zeit lang auf dem grauen Kasten.

Ich überlegte, ob ich ihn benutzen sollte oder nicht? Es war doch egal in welchen Kasten ich glotze, beides war genauso langweilig. Und wenn ich chatte, hätte ich wenigstens noch die Chance jemanden kennen zulernen.

Immer wieder hatte ich diese Gedanken. Im Hinterkopf aber wusste ich , es würde eh nichts bringen. Also warum hatte ich immer wieder diese Hoffnung? Ich richtete meinen Blick wieder auf den Fernsehbildschirm.

Ich beschloss da zu bleiben wo ich war. Außerdem war es bequem. Ich lehnte mich wieder entspannt zurück und vergaß den Computer. Im Fernsehen lief irgend so ein billiger Spielfilm, keine Ahnung worum es ging. Ich sollte umschalten, doch ich war zu faul. Irgendwann verirrte sich mein Blick wieder zum PC.

Ich dachte mir, was soll es. Ich schlug die Decke zurück und stand schwungvoll auf. Den Fernseher schaltete ich ab und den Computer dafür ein. Ja, da saß ich wieder und eigentlich wollte ich doch gar nicht.

Enttäuscht von mir selbst klickte ich das Verbindungs-Symbol zum Internet auf dem PC-Desktop. Während die Verbindung aufgebaut wurde ging ich in di e Küche um mir ein Bier zu holen.

Ich hatte morgen eh frei, also konnte ich auch was trinken. Die Verbindung ins Internet war mittlerweile aufgebaut als ich zurückkehrte. Ich wählte meinen Chat, er war längst unter den Favoriten abgespeichert.

Ich gab wie immer meinen Nickname ein und das Passwort. Schnell war der Chat geöffnet. Ich öffnete das Bier und trank. Zurückgelehnt beobachtete ich mal wieder den Chat. Mittlerweile war es schon 21 Uhr. Ich wusste es würde sicher wieder eine lange Nacht werden.

Da ich immer den gleichen Chatnamen benutze, dem ein Profil hinterlegt war, war es für Chatfreunde einfach mich zu erkennen. So klickte mich nach kurzer Zeit Stephan aus Hannover, mit dem Nickname ‚SweetAngel19‘, an.

Der Privatchat öffnet sich. Stephan war ein netter Boy. Ich unterhielt mich gern mit ihm, allerdings hab ich ihn noch nie gesehen. Der Chat dauerte auch nicht lange, denn Stephan wollte mich nur begrüßen.

Er war eigentlich schon dabei off zu gehen. So chatteten wir nur knapp 10 Minuten. Dann herrschte wieder Langeweile. Ich verließ den PC erneut kurz, um ein neue Flasche Bier zu holen. Wieder am Computer zurück, blätterte ich die Liste mit den Nicknames durch, um wieder festzustellen, dass nichts Gescheites dabei war.

Aber bevor ich mich total langweile und sprachlos im Chat war beschloss ich einfach einen Namen anzuklicken. Meine Wahl fiel auf ‚FFM23‘. Der Privatchat öffnete sich und ich begrüßte meinen anonymen Chatpartner. Im Gegensatz zu mir gab es von ihm kein Profil. Es dauerte einige Zeit bis mein virtuelles Gegenüber reagierte.

Der Chat hatte seinen üblichen Charakter. Smalltalk ohne Ende. Was fand ich daran nur interessant? Nur plötzlich, nach etwa einer halben Stunde, nahm dieses Gespräch eine Wende. Plötzlich fragte mich der Unbekannte ob ich ihn denn noch kenne.

Meine Antwort war ein unsicheres Nein. ‚FFM23‘ erwiderte warum ich denn seine Mail von vor einer Woche unbeantwortet ließ. Ich war etwas perplex und dachte nach. Dann öffnete ich meinen Posteingang und ließ diese Frage erst mal im Raum stehen.

Ich blätterte meine E-Mails der letzten Tage durch. Ich löschte ja nie etwas, so musste es ja irgendwo einen Hinweis geben. Dann dämmerte es mir wieder. Ich wusste jetzt wer er war. Ich erinnerte mich an den Chat am letzten Dienstag.

Mir ging ein Licht auf und ich begab mich wieder in den Chat. Ich erwiderte meinem Chatpartner, dass ich mich wieder erinnern würde. Ich entschuldigte mich auch, dass ich die Mail nicht beantwortet hatte. ‚FFM23‘ reagierte nicht besonders auf meine Entschuldigung und schrieb nur: „Ich hätte mich gefreut, wenn du geschrieben hättest.

Nun, du hast ja meine Mail-Adresse jetzt, vielleicht krieg ich ja demnächst mal eine Mail. Ich muss jetzt raus gehen. Also dann Ciao!“ Ich war etwas überrascht, dass er den Chat so schnell beenden wollte. Auch ich verabschiedete mich.

Aus dem letzten Satz hörte ich viel Enttäuschung raus. Ich fühlte mich etwas schlecht. Wie konnte ich ihn vergessen? Okay, vor einer Woche war es etwas stressig, aber das wollte ich nicht als Ausrede gelten lassen.

Also öffnete ich sofort wieder den Posteingang und die Mail um sie gleich zu beantworten. Ich fand es nur als fair. Ich wusste aber nicht genau was ich schreiben sollte. Also bat ich ihn per Mail nochmals um Verzeihung.

Außerdem schrieb ich noch kurz das übliche, wie es mir geht und so weiter. Schlussendlich wollte ich endlich wissen wer er war und fragte ihn nach seinem Namen. Mehr fiel mir an diesem Abend auch nicht ein.

Die Mail war schnell geschrieben und abgeschickt. Danach hatte ich auch keine Lust mehr auf Internet, also schaltete ich den PC auch ab. Ich erhob mich von meinem Stuhl und streckte mich. Ich war doch etwas müde.

So beschloss ich ins Bett zu gehen. Ich räumte noch ein bisschen meinen Schreibtisch auf und brachte die leere Bierfasche in die Küche. Dann kehrte ich zurück ins Wohnzimmer, was auch mein Schlafzimmer darstellte.

Ich zog meine Oberbekleidung aus und legte mich, nur mit meiner Unterhose bekleidet, ins Bett. Ich blieb noch einige Zeit wach liegen und dachte über den Chat und die E-Mail nach. Ich war mir nicht sicher, ob er sich jetzt wirklich noch melden würde.

Irgendwann gingen meine Gedanken in Träume über und ich schlief tief und fest.

 

*-*-*

 

Es war schon fast zwei Wochen her, trotzdem prüfte ich täglich meinen Posteingang auf nur eine bestimmte Mail, aber sie kam nicht. Scheinbar war er doch sauer, dass ich damals nicht gleich geantwortet hatte.

Ich überlegte ob ich ihm noch eine Mail schreiben sollte. Andererseits warum sollte ich mich rechtfertigen? Es war ein normaler durchschnittlicher Chat mit einer anschließenden nichts sagenden Mail.

Keine Ahnung warum ich mir darüber so viele Gedanken machte. Ich beschloss mit der Sache abzuschließen. Wie fast täglich in den letzten Tagen öffnete ich den Chat. Mir war mal wieder langweilig.

Es war zwar Samstag, aber der Chat war verhältnismäßig leer. Aber es war ja auch noch früh am Nachmittag. Ich ließ den Chat geöffnet und beobachtete abermals das Geschehen. Aber wie immer nur das Übliche.

Ich verdrehte die Augen und öffnete mein Profil. Ich prüfte meine Daten und änderte einige ab. Dann blickte ich wieder in den Chatroom. Ich versuchte wieder ein privates Gespräch zu beginnen.

Doch je der den ich anklickte reagierte nicht. Langsam verlor ich die Lust. Trotzdem wollte ich es noch einmal versuchen. Also klickte ich eine letzte Person an, in der Hoffnung, dass diese reagierte.

Und tatsächlich, endlich ein Lebenszeichen im Chat. Der Unbekannte erwiderte auf meine Begrüßung ein ‚Hallo.‘ Erleichtert lächelte ich. Ich führte den Chat fort. Wieder ging es um Nichtigkeiten.

Aber was soll es, ich wusste nicht was den Chat so interessant machte. Mein unbekanntes Gegenüber war sehr nett. Absolut nicht aufdringlich. Wir redeten weder über Sex, noch über Aussehen und er wollte auch kein Pic-Tausch.

Wir redeten einfach über den Alltag. Plötzlich aber sagte er, er müsse gleich raus, weil seine Bahn, auf die er angewiesen war, da er kein Auto besaß, gleich fährt. Er war scheinbar nicht Zuhause.

Er sagte er hätte kein Internet in der Wohnung, er sei im Internet-Cafe. Ich bereitete mich auf einen Abschied von diesem Chat vor. Ich wollte gerade ansetzen um zu schreiben, ob er mir seine E-Mail-Adresse mitteilen möchte.

Aber er war schneller mit seiner Frage, ob ich ihm meine Telefonnummer geben möchte. Er würde später anrufen. Es war absolut nicht meine Art gleich nach einem kurzen Chat meine Nummer rauszurücken.

Aber dann dachte ich, was soll es und was soll schon passieren. Also tippte ich meine Nummer in das Eingabefeld und bestätigte. Mein Chatpartner bedankte sich und gab mir auch seine Nummer.

Es war eine Handynummer. Ich wollte die Nummer gleich speichern, doch wie hieß er überhaupt? Ich tippte die Frage nach seinem Namen in die Tasten und schickte diese Frage ab. Er reagierte allerdings nicht und sagte noch kurz und knapp: „Du, meine Bahn, ich melde mich. Versprochen. CU!“

Ich konnte mich gar nicht mehr verabschieden, so schnell hatte er das Privatchat-Fenster geschlossen. Ich war etwas traurig. Würde er sich wirklich melden und wer war er? Ich starrte noch einige Zeit auf das geöffnete Fenster. Allerdings nach einigen Minuten schloss auch ich es.

Auf einmal riss mich das Klingeln des Telefons aus meinen Gedanken. Ich griff zum Hörer und fragte unsicher: „Hallo, wer ist da?“
„Hi. Ich bin es.“
„Wer ist ich?“
„Du erinnerst dich noch an den Chat eben?“
„Ja.“
„Du hast mir deine Nummer gegeben.“
„Ach du, ich … na ja ich dachte deine Bahn fährt gleich?“
„Ja klar, ich wollte mich einfach noch mal kurz melden bevor ich fahre. Ich hab mich so hastig verabschiedet.“
„Das ist wohl war.“
„Ich bin jetzt auf dem Weg zur Straßenbahn. Was machst du so?“
„Ich bin daheim. Mir ist noch immer langweilig. Was soll ich sagen.“
„Du … ist okay, ich meld mich später noch mal, heute Abend. Ich sehe grad meine Bahn kommen. Ich muss lossausen!“

 

„Ja … äh … ist okay. Ich freu mich.“
„Ja. Bye, bis dann.“
„Tschüss.“

 

Und schon tutete es. Er hatte aufgelegt. Jetzt hab ich wenigstens die Stimme dieses Unbekannten gehört, aber seinen Namen kannte ich noch immer nicht. Ich wusste nur, dass er sich sehr sympathisch anhörte auch durch all diese Hektik.

 

*-*-*

 

Heute war mal wieder einer dieser Tage, an denen mich meine Eltern zum Essen einluden. Wir gingen fast wie immer zum Italiener um die Ecke. Es war nicht irgendein Billig-Italiener mit 0815-Standardspeisekarte.

Hier gab es gutes Essen. Am liebsten aß ich die leckere Combinazione. Meine Eltern redeten wie immer über die Arbeit und über irgendwelche Leute, die ich eh nicht kannte. Ich trug nicht viel zum Gespräch bei, da ich etwas in Gedanken war.

Ich war in Gedanken bei dem Versprechen von dem Mann ohne Namen. Er hatte versprochen anzurufen, noch gestern Abend, aber nichts. Warum hatte er sein Versprechen nicht gehalten? War etwa etwas dazwischengekommen?

Ich wusste wirklich nicht warum ich mir darüber Gedanken machte, aber dieser Augenblick schoss mir gerade wieder in den Kopf. Ich wurde unterbrochen von der Bedienung die plötzlich neben mir stand.

Sie fragte mich nach meiner Menuwahl. Immer noch etwas in Gedanken brachte ich nur hervor: „Eine Pizza Peperoniwurst, bitte.“ Die Kellnerin notierte und schaute nun auf meine Eltern. Nach der Aufnahme der Speisen wendete sie uns wieder den Rücken zu.

Meine Eltern wendeten sich jetzt mir zu und fragten, warum ich denn heute so still sei. Ich schüttelte den Kopf und lächelte: „Es ist nichts, keine Sorge.“ Ab diesem Zeitpunkt vergaß ich meine Gedanken und mischte mich in das Gespräch einer Eltern ein.

Wir saßen noch knapp 90 Minuten in dem Restaurant und unterhielten uns. Erst gegen 20 Uhr gingen wir nach Hause. Kaum war ich oben an meiner Wohnungstür angekommen hörte ich schon das Telefon klingeln. Ich eilte in die Wohnung und hob den Hörer ab.

 

„Ja?“
„Hi. Ich bin es wieder.“
„Äh … Der aus dem Chat?“
„Ja, genau!“
„Sag, wie heißt du eigentlich?“
„Hab ich das nie gesagt?“
„Nö.“
„Ups.“
„Na und, also, wie?“
„Manu.“
Ich verstand nicht richtig, also fragte ich noch mal nach. Er wiederholte seien Namen.

„Ah jetzt hab ich verstanden. Also hallo Manuel!“
„Und wie geht es dir und was machst du so?“
„Mir geht’s gut. Ich war bis eben noch mit einen Eltern essen.“
„Aha. Und was machst du jetzt noch so?“
„Na ja, vielleicht noch ein bisschen Musik hören oder so.“
„Aha.“
„Na ja und was machst du?“
„Ich muss noch ein bisschen aufräumen hier bei mir.“
„Unordnung, hm?“
„Ja. Ich hab halt übermorgen Geburtstag und da will ich feiern.“
„Klar. Wirst 24 oder?“
„Ja, stimmt.“
„Wird es denn ne große Feier?“
„Na ja geht so, wollte zehn Freunde einladen.“
„Na das geht ja noch, es sei denn deine Wohnung ist ziemlich klein.“
„Nein, geht so. Aber sie ist noch nicht ganz fertig. Bin grad erst umgezogen.“
„Ach so. Und wo wohntest du vorher?“
„Bei Mami.“
„Tja, da wohn ich ja auch noch. Ich glaub hier komm ich nie weg.“
„Du ich muss dann vielleicht langsam mal zurück. Ich werd mich wieder melden.“
„Wo bist du denn grad?“
„Telefonzelle.“
„Oh. Hast du kein Festnetz?“
„Nein, leider noch nicht. Wie gesagt, bin erst eingezogen.“
„Stimmt.“
„Ach so eins wollt ich dich noch fragen.“
Ich war mir zwar nicht sicher was jetzt kommen würde, aber ich fragte neugierig was er denn wissen möchte. Er fragte mich, warum ich denn die erste E-Mail nicht beantwortet hätte. Ich wusste nicht was er meinte: „Welche Mail? Wir haben doch gleich telefoniert.“
„Nein.“

 

„Wie?“
„Na ja erinnerst du dich noch an Anfang letzten Monat? Da gab ich dir meine Addi und du hast nicht reagiert.“
„Äh … sag bloß du bist …?“
„Ja, wir haben schon dreimal gechattet.“
„Was?“
„Ja.“
„Jetzt bin ich wirklich etwas perplex. Aber ich habe doch dann verspätet geantwortet. Warum hast du dann nicht geschrieben?“
„Da war ich sauer, weil du nicht gleich geschrieben hast. Da hab ich mir gedacht, ich schreibe auch nicht.“
„Na du bist mir einer. Es war doch nur ein Versehen. Ich hab’s vergessen“
„Das kann jeder sagen. Ich fand es nicht nett.“
„Ich weiß. Aber warum wolltest du dann Kontakt zu mir?“
„Weiß nicht. Nur so. Du warst sympathisch.“
„Danke. Können wir das nicht einfach vergessen. Diese blöde E-Mail?“
„Weiß nicht.“

 

„Na komm.“
„Du ich muss jetzt. Meine Telefonkarte ist bald leer. Es piepst schon.“
„Aber wir hörn voneinander?“
„Ja, ich meld mich wieder. Sorry. Machs gut.“
„Du auch, bis bald, ciao.“
Und wieder dieses abrupte Tuten. Es war ein kurzes zweites Gespräch, aber es war schon seltsam, was er mir so sagte. Wir hätten schon drei Mal gechattet. Jetzt wo er das aufgeklärt hatte konnte ich mir alles so halbwegs zusammenreimen.

Es war schon ein außergewöhnliches Kennen lernen, mit vielen Zufällen gestrickt. Ich fand diesen Mann irgendwie faszinierend. Ich setze mich auf die Couch und machte mir so meine Gedanken. Ich ließ diese Chats noch einmal Revue passieren und die zwei Telefonate.

Zwei kurze Telefonate, immer wieder diese Hektik und das abrupte Abbrechen des Gesprächs, einmal fuhr ihm fast die Bahn davon ein anderes Mal war die Telefonkarte leer. Er hatte eine sympathische und nette Stimme, allerdings sprach er immer etwas gelangweilt.

Ich konnte ihn nicht richtig einschätzen. Er hörte sich so traurig und deprimiert an, teilweise auch so desinteressiert, als würde er nur anrufen weil er grade nichts Besseres zu tun hat. Wie sich ja bald herausstellte war es nicht das letzte Gespräch, das wir geführt hatten.

Ich wurde bei jedem Gespräch neugieriger auf ihn. Die Telefonate hatten immer wieder denselben Charakter. Nur selten telefonierten wir in Zukunft länger als eine halbe Stunde. Ich erfuhr immer mehr von ihm, nichts Weltbewegendes, aber ich lernte doch schon ein bisschen den Menschen hinter der Hörermuschel kennen.

Ich freute mich sicher auf jedes Gespräch, doch mit der Zeit gab ich dem Ganzen nicht mehr so viel Bedeutung. Wir hatten zwar ab und zu davon gesprochen uns zu treffen, aber immer wieder kam etwas dazwischen.

Vielleicht sollte es nicht sein. So blieben wir bei den Telefonaten. Wir telefonierten fast jeden Abend, aber wie gesagt, immer nur kurz. Immer noch brachte er dieses Desinteresse rüber mit dieser gelangweilten Stimme.

Ich fragte nie nach, aber er hat nur selten gelacht am Telefon. Meistens aber rief er von sich aus an und auf seine Kosten. Ich meldete mich eigentlich nur an seinem Geburtstag um ihm zu gratulieren.

Er freute sich darüber riesig, darüber, dass ich an ihn gedacht hatte. Er verbrachte seinen Geburtstag alleine. Erst wollte er ja feiern, aber aus Gründen, die ich nicht näher erfragte, hatte er diese Party abgesagt.

Ich hätte ihn gerne gefragt ob ich vorbeikommen soll, dass er nicht ganz allein ist, dann verkniff ich es mir aber doch. Warum sollte er seinen Geburtstag mit mir verbringen? Ich war doch nur irgendeine Chat- und Telefonbekanntschaft.

Ich hatte mich schon so sehr an die Anrufe von Manu gewöhnt, dass ich mir um die Zeit wenn er anrief nichts mehr vornahm. Es war ein warmer Tag und ich lag Zuhause auf der Couch. Das Telefon stand vor mir.

Ich hoffte natürlich, dass es auch heute klingeln würde. Es läutete auch, aber nicht das Telefon. Es war die Türklingel. Wer konnte das nur sein. Ich sprang auf und öffnete die Tür. Es war meine beste Freundin, Daniela.

Sie tippelte die Stufen zu meiner Wohnung hoch. Ich wartete vor der Wohnungstür. Als sie mich erblickte, fing sie an zu lächeln. Sie begrüßte mich. Ich lächelte ebenso und grüßte zurück.

Als sie vor mir stand nahm ich sie in den Arm und drückte sie fest. Ich bat sie herein. Daniela ging zielsicher auf die Couch zu und setzte sich. Dann blickte sie auf mich. Ich war ihr hinterhergelaufen nachdem ich die Tür wieder verschlossen hatte.

 

Sie fragte: „Warum hast du dich denn in letzter Zeit so selten gemeldet?“

 

Ich versuchte auszuweichen und schob es auf den Stress auf Arbeit.

 

Sie schaute misstrauisch und sagte: „Nana, soviel Stress hast du auch nicht. Jetzt sag schon.“

 

Ich stöhnte auf und ließ mich neben ihr auf die Couch fallen. Da lag ich jetzt einige Sekunden ruhig da.

 

Ungeduldig stocherte Daniela weiter: „Bist du verknallt?“

 

Ich schreckte auf und setzte mich vor sie und erwiderte verblüfft: „Nein. Wie kommst du darauf?“

„Meinte nur so.“
„Oh nein, ich bin nicht verliebt. Ich weiß auch nicht. Seit einiger Zeit hab ich Kontakt zu einem Mann.“
Sie unterbrach mich neugierig: „Wie heißt er, wo kommt er her und wie sieht er aus?“
Ich versuchte sie zu bremsen: „Hey, langsam, alles nach der Reihe. Ich kenne ihn aus dem Chat. Er ist wirklich total nett und lieb, finde ich. Er ruft mich fast jeden Abend an.“

 

Erneute Ungeduld: „Wie heißt er? Wie sieht er aus?“
„Ach so, ja, ja, ist gut. Er heißt Manuel und kommt aus Frankfurt. Hm, er ist 1,75 Meter groß, schlank, ach ja braune Augen und schwarze Haare. Ich mein ich hab kein Bild von ihm, aber das hat er im Chat gesagt.“
„Wann seht ihr euch?“
„Keine Ahnung,“ sagte ich achselzuckend.
„Bist du gar nicht neugierig?“
„Ich weiß nicht. Ich finde es so gut wie es ist. Ab und zu denke ich schon darüber nach, aber dann hab ich wieder Schiss!“
„Vor was bitteschön?“
„Frag nicht so. Ich weiß es wirklich nicht. Wir wollten uns ja schon zwei oder drei Mal treffen, aber da kam dann immer was zwischen!“
„Oh. Hey, das klappt schon noch.“
„Wer weiß ob ich das überhaupt möchte!“
„Ich würde sterben vor Neugier!“
„Du bist ja auch eine Frau.“
„Na und, du bist doch auch eine Halbe!“
„Haha, sehr lustig, wirklich sehr komisch.“
Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen klingelte das Telefon. Daniela schaute mich an. Ich reagierte erst gar nicht.
„Ist er das?“, fragte sie.
„Ich hab keine Ahnung!“
„Dann geh doch endlich ran!“
„Ist ja gut, ist gut. Ich gehe ran.“
Ich richtete meinen Blick zum Telefon und griff nach dem Hörer. Es war mir irgendwie gar nicht recht, dass Daniela jetzt da war. Ich wurde nicht gern beim Telefonieren beobachtet und ich wusste sie würde mich wieder nervös machen.
„Hallo? Ist jemand dran,“ kam es von der anderen Seite.
Ich konnte erst kein Wort rauskriegen, dann begann ich aber die Konversation: „Hi, ich bin dran.“
„Schön.“

„Freut mich, dass du anrufst. Ist bei dir alles klar, Manu?
„Klar. Nur bisschen Stress mit der Wohnung.“
„Ich weiß der Umzug.“
Daniela beobachtete mich genau, was ich sprach und wie ich reagierte. Ich war voll nervös. Sie beugte sich vor und drückte den Mithör-Knopf. Ich schüttelte den Kopf und machte die Funktion wieder aus.
„Was ist denn los bei dir,“ fragte Manuel.
„Nichts. Ich hab nur Besuch.“
„Aha. Stör ich.“
„Nein, ist schon okay.“
„Na ja, ich bin ganz allein. Krieg erst später Besuch, aber auch nur vielleicht.“
„Ganz allein, oh.“
„Ja, war wieder ein anstrengender Tag im Büro. Hab vorhin schön gebadet und jetzt lieg ich auf der Couch.“
„Ich würde ja … nein!“
„Was würdest du?“
Ich wusste nicht was mir da grade durch den Kopf schoss. Ich war unsicher.

„Nichts.“
„Aha.“
„Na ja.“
„Na sag schon,“ flehte Manu.
„Ich wollte, … vielleicht, ich hätte ja vorbeikommen können.“

 

Da war es raus.

 

„Aber du hast ja keine Zeit, weil du dann Besuch bekommst!“
„Und du hast doch keine, weil du Besuch hast.“
„Oh, ich hätte schon. Ich weiß nicht.“
„Das kommt jetzt voll überraschend. Äh, klar, wenn du willst. Damit hätte ich jetzt gar nicht gerechnet. Ich kann ja für heut Abend absagen.“
„Mach dir wegen mir bitte keine Umstände.“
„Ist schon okay. Ich kauf noch Knabberzeug und Getränke und ich hol einen Film in der Videothek.“

„Äh, ja okay, wenn das okay für dich ist.“
„Okay, dann schauen wir nur Video.“
„Klar.“
„Jetzt muss ich dir wohl nur noch sagen, wie du zu mir kommst, hm?“
Auf einmal ging das alles so schnell. Wir würden uns heute treffen, ganz spontan. Ich freute mich aber auch irgendwie.
„Ja, also Frankfurt finde ich noch.“
Manu versuchte mir den Weg zu erklären, aber unsicher wie ich war musste ich öfter nachfragen. Ich machte mir einige Notizen. Wir verabredeten uns für 20 Uhr. Schnell legte ich den Hörer auf und wollte schon ins Bad.

Doch Daniela war ja auch noch da. Ich drehte mich um und sagte zu ihr: „Macht es dir was aus wenn ich jetzt ins Bad gehe?“
„Nein, kein Problem, geh du nur. Ich bleib noch ein bisschen hier und wir gehen dann gemeinsam raus, okay? Solange beschäftige ich mich allein.“
Ich hatte nichts dagegen. Ich lächelte nur, dann setzte ich meinen Weg zum Bad fort.

 

*-*-*

 

Mit der Wegbeschreibung im Kopf bretterte ich auf der Autobahn Richtung Frankfurt. Normal war ich dafür geboren mich zu verfahren, aber Dank der Beschreibung und vielleicht des Zufalls fand ich sofort diese Tankstelle, welche unser Treffpunkt darstellte.

Ich stellte mich in die Nähe des Mini Shops, so dass man mich leicht sehen konnte. Den Motor stellte ich ab und lehnte mich zurück. Es war kurz vor acht, also war noch Zeit. Die Musik ließ ich leise laufen und summte ein wenig mit der Melodie. Gegen acht öffnete ich dann schon mal den Türknopf der Beifahrertür, dann griff ich zu meinem Handy, um eine SMS an Dani zu schreiben. Ich wollte ihr mitteilen, dass ich doch etwas nervös bin.

Immerhin war das mein erstes Treffen aus dem Chat. Ich wusste nicht was auf mich zukommen sollte. Vielleicht wäre es besser gewesen wir hätten uns an einem neutralen Ort verabredet, wie in einem Restaurant.

Ich wusste nicht ob es eine gute Idee war direkt mit ihm in seine Wohnung zu fahren. Trotz der Telefonate konnte ich ihn wohl nicht so gut einschätzen. Vielleicht war er in Wirklichkeit ganz anders.

Ich hatte ja auch kein Bild von ihm. Also hatte ich absolut keine Ahnung wer sich jetzt gleich neben mich setzten würde. Kaum hatte ich die SMS, in meinen Gedanken, abgeschickt kam auch schon eine Antwort.

Sie schrieb, ich soll nicht so nervös sein, was sollte schon passieren. Recht hatte sie, ich interpretierte zu viel hier rein, zuviel Unsicherheit. Die Digitaluhr in meinem Auto zeigte jetzt 20:08 Uhr an. Ich fragte mich langsam wo er blieb.

Just in dem Moment erschien im Beifahrerfenster ein Gesicht. Ich erschreckte mich etwas. Dieser Jemand öffnete die Tür und steckte seinen Kopf herein.

 

Dann fragte er unsicher: „Bist du Christian?“

 

Ich nickte nur.

 

„Darf ich einsteigen? Ich bin Manu!“

 

Ich nickte erneut. Manuel legte eine Einkaufstüte voll mit Getränken und Essen in den Fußraum der Beifahrerseite.

 

Dann setzte er sich schwungvoll auf den Sitz neben mir und sagte: „Hi.“

 

Ich reichte ihm die Hand und begrüßte ihn ebenso. Er hatte tatsächlich alle Merkmale, wie er sich beschrieb. Ich sah diese kurzen hoch gegelten schwarze Haare und diese tiefbraunen Augen.

Er sah richtig süß aus. Ich ließ gleich den Motor an. Ich traute mich nicht ihn von oben bis unten zu begutachten. Ich beachtete ihn nur flüchtig. Aber das reichte schon um festzustellen, dass er wirklich gut aussieht.

Nun fragte ich wo ich denn lang fahren müsste.

 

Manu sagte kurz und knapp: „Fahr einfach jetzt diese Straße vor der Tankstelle, von der du gekommen bist, wieder zurück.“

 

Ich tat wie mir gesagt.

 

Dann erhob Manuel wieder seine Stimme: „Ich muss dir noch was sagen.“

 

Ich schaute ihn kurz an und fragte was denn sei.
„Ich konnte meiner Freundin, die ich heute Nachmittag erwähnte, nicht absagen. Die ist stur, die wollte einfach kommen. Also sind wir zu dritt. Ist das ein Problem für dich?“
Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Hey, kein Problem. Warum auch?“
„Ich dachte nur so.“

 

Manuel navigierte mich quer durch Frankfurt bis zu seiner Wohnung. Wir waren schon einige Zeit unterwegs wegen dem Verkehr. Nach etwa fünfzehn Minuten erreichten wir also das Ziel. Der Weg war eigentlich recht einfach, fand ich.

Nun suchten wir noch einen Parkplatz, was eigentlich kein Problem war, denn in dem Wohnpark wo er wohnte gab es genug markierte Parkflächen. Ich parkte ein und stellte den Motor ab.

Wir beide öffneten unsere Türen und verließen das Auto. Stumm lief ich ihm hinterher. Ich wusste nicht was ich jetzt sagen sollte. Er aber anscheinend auch nicht. Auch im Auto hatten wir wenig gesprochen. Na aber was sollte es, das würde schon noch kommen.

Endlich erreichten wir die Wohnung. Manuel griff in seine rechte Hosentasche, wo sich der Wohnungsschlüssel befand. Er steckte den Schlüssel in das Schloss und öffnete die Tür. Er blieb vor der Tür stehen und deutete mit seiner Hand an, dass ich doch vorgehen sollte.

Ich lächelte und folgte diesem Wunsch. In der Wohnung ertönte schon ein Fernsehgeräusch, was darauf schließen ließ, dass seine Freundin scheinbar schon da war. Ich befand mich noch im Flur.

Manuel folgte mir nun und verschloss die Tür. Er deutete wortlos auf die Tür vor mir. Ich ging auf diese zu und öffnete sie. Das Fernsehgeräusch war nun intensiver. Ich sah ein blondes Mädchen, modern gekleidet, auf der Couch liegen, die fern schaute.

Ich begrüßte sie kurz und schaute mich dann erst noch ein wenig um in dem Raum. Vor der Couch stand ein Couchtisch, allerdings völlig leer geräumt. Der Fernseher stand neben der Stereoanlage und dem Videorecorder auf einem schwarzen Regalschrank, der fast die ganze Wand ausfüllte.

Links von mir war ein großes Fenster und eine gläserne Tür, die scheinbar auf die Terrasse führte. Die Jalousien waren geschlossen. Rechts neben mir befand sich ein großer schwarzer Tisch.

Allerdings hier sah man die übliche Ordnung der Wohnung keinesfalls. Große Papierstapel und Zeitschriftenstapel verdeckten diesen Tisch nahezu vollkommen. Die Tapeten waren Gelb und die Decke leicht vergilbt, was mich darauf schließen ließ, dass hier in der Wohnung geraucht wird

Manuel verschloss die Tür hinter uns und stupste mich leicht Richtung Couch.

 

Er sagte: „Setz dich doch. Ach so ja, das ist Marie. Tschuldigung, ich hätte fast vergessen euch vorzustellen.“
Ich ging auf Marie zu, die sich während Manus Worten aufgesetzt hatte, und reichte ihr meine Hand: „Hi, ich bin Christian!“
Marie nickte nur und antwortete: „Ich weiß! Freut mich dich kennen zulernen.“

Manuel merkte man jetzt auch etwas die Nervosität an. Er ging in Richtung Couch und setzte sich. Ich tat dem gleich und platzierte mich an einer freien Stelle. Manu blieb nicht lange sitzen.

Er ging zum großen Tisch, wo er die Einkaufstüte abgestellt hatte. Er schaute mich an und fragte unsicher: „Was möchtest du trinken?“
„Was gibt es denn?“
„Ich hab alles Mögliche eingekauft: Saft, Bier, Limonade und … äh Cola, ja.“

 

Meine Wahl fiel auf Saft. Manuel griff in die Tüte und zauberte einige Flaschen auf den Couchtisch. Dann drehte er sich um und holte noch drei Gläser aus dem schwarzen Regal, welche er auch auf den Tisch stellte.

Während Manuel mir den Orangensaft einschenkte, griff Marie schon zur Cola-Flasche und schenkte sich ein. Manuel bat sie, dass sie ihm auch einschenken sollte, was sie auch tat. Als mein Glas voll war schraubte er die Flasche wieder zu und ich bedankte mich.

Jetzt setzte er sich wieder auf die Couch. Allerdings nur wenige Sekunden, dann sprang er wieder auf und ging wieder zur Einkaufstüte. Er fischte eine Packung Chips heraus und öffnete sie.

Dann legte er sie auf den Couchtisch neben die Flaschen, aber nicht ohne schon ein bisschen zu naschen. Kaum geschehen ging er wieder in Richtung Couch, machte aber gleich wieder kehrt und lief zum Videorecorder.

Manuel sprach in unsere Richtung: „Ich habe den Film ‚Eiskalte Engel‘. Ihr habt ja nichts dagegen oder?“

 

Ich hatte nichts dagegen und Marie scheinbar auch nicht. So öffnete Manu die Videohülle und schob den Film in den Recorder. Nun verdunkelte er noch das Licht und ging wieder zur Couch.

Er griff zur Fernbedienung und betätigte den ‚Play‘-Knopf. Jetzt lehnte sich meine Chat-Bekanntschaft auf der Couch zurück und es schien als würde er jetzt endlich da verharren und sitzen bleiben.

Ich empfand ihn als ein wenig nervös und zappelig. Der Film lief einige Minuten, da zappelte Manu wieder auf seiner Couch herum. Plötzlich fing er an zu reden und mich zu fragen warum ich so ruhig bin und nichts sagte.

Ich schaute ihn verdutzt an und sagte nur, dass ich nie etwas sage während eines Films, ich wollte ihn in Ruhe ansehen, da ich mitbekommen wollte worum es geht. Manu nickte nur und erwähnte noch, dass er den Film schon fünf Mal gesehen hätte und dass es sein absoluter Lieblingsfilm sei.

Plötzlich mischte sich ach Marie ein, die links von mir saß. Sie drehte sich zu Manu und bat ihn endlich ruhig zu sein.

 

Dieser erhob die Arme und sagte mit einer Unschuldsmine: „Is ja gut, ich halt jetzt endgültig die Klappe.“

 

Gesagt – getan. Manu war während des ganzen Filmes die Ruhe in Person. Wir drei saßen gespannt auf der Couch und lauschten dem Film und starrten auf die Mattscheibe. Für mich war es eine vollkommen komische Situation hier in einer fremden Wohnung zu sitzen.

Ich fühlte mich nicht direkt unwohl, aber unsicher. Ich sehnte das Ende des Filmes nicht unbedingt herbei, denn ich wusste nicht was ich sagen sollte. Eine echt komische Situation. Doch das Ende des Films ließ nicht lange auf sich warten.

 

Als der Abspann lief fing Manu schon wieder nervös an zu plappern, belangloses: „Na ja und wie war der Film.“

 

Ich sagte nur: „Gut!“

 

Während diesen Worten sprang Marie schon auf. Ich dachte sie würde jetzt schon gehen. Das dachte Manu wohl auch. Aber sie ging in Richtung Schlafzimmer, das am anderen Ende des Ganges war. Manuel schaute ihr nach. Er wusste scheinbar nicht was das sollte.

 

„Entschuldige mich für einen Moment,“ sagte er nur und lief ihr hinterher.

 

Die Wohnzimmertür verschloss er. Jetzt saß ich allein in dem Wohnzimmer. Ich schaute mich noch ein wenig um und lauschte der Abspannmelodie des Films. Dann griff ich zu meinem Glas und nippte an meinem Saft.

Es war kurz vor 23 Uhr. Sollte ich jetzt auch gehen, dachte ich mir. Ich beschloss aber schnell noch zu bleiben, denn das konnte ja nicht alles gewesen sein. Ich wollte mich doch noch ein bisschen unterhalten mit Manuel.

Ich beschloss meine Schüchternheit zu überwinden und ein Gespräch zu beginnen wenn der wieder reinkommt. Manuel öffnete unsanft die Tür schlug sie hinter sich zu, als er wieder im Raum war.

Er stand nun mitten im Raum, etwas erregt.

 

Ich schaute ihn fragend an: „Was ist den los?“

 

Ich sah in seinem Gesicht Verärgerung und so sprach er auch: „Madam ist müde. Madam bleibt hier, weil Madam zu müde ist nach Hause zu gehen. Super.“
„Und wo ist das Problem? Lass sie doch da schlafen!“
„Tja, es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Oh Mann!“
„Hey ganz ruhig, setz dich erst mal wieder.“

 

Manuel schaltete den Videorecorder ab und schaltete ins Fernsehprogramm von MTV. Dann ging er auf die Couch zu und setzte sich rechts neben mich.

Er atmete kurz und tief durch und redete auf mich ein: „Hey, vergessen wir die. Bleibst du noch ein bisschen. Ich meine wir haben uns noch gar nicht unterhalten. Oder willst du auch schon ins Bett?“
Ich schüttelte den Kopf und erwiderte: „Nein, ich bleibe noch da.“
„Hast du morgen Dienst?“
„Na ja, eigentlich schon. Ich habe Frühschicht.“
„Und wann musst du da raus?“
„Um halb sieben ist Dienstbeginn.“
„Uuups. Da hab ich es ja noch gut ich fang um 9 Uhr an zu arbeiten.“
„Tja, dafür hab ich ab und an Spätdienst und kann ausschlafen.“
„Na ja, ob das das Wahre ist.“ Er lächelte.

 

Das Gespräch entwickelte sich. Wir unterhielten uns gut und vor allen Dingen lange. Während unseres Gesprächs vergaßen wir ganz und gar die Zeit. Aber es war sicher schon weit nach Mitternacht.

Die Zeit aber war mir egal, denn ich fand das Gespräch sehr interessant. Wir unterhielten uns über seine Arbeit, über seinen Umzug und über viele andere Kleinigkeiten. Irgendwann hatte er die Idee, dass er mir sein Fotoalbum zeigen könnte. Ich war einverstanden.

Manuel stand auf und ging in Richtung des schwarzen Tisches auf der linken Seite der Couch. Er kramte in einer Schublade herum und fand das Fotoalbum. Ich derweil nippte abermals an meinem Glas Orangensaft und hatte erstmals die Gelegenheit auf die Uhr zu schauen. Ich erblickte die Digitaluhr mir roten Ziffern auf der Fensterbank zu meiner Rechten.

Sie zeigte 00:43 Uhr an. Ich schluckte kurz und dachte daran, dass ich ja früh raus musste, dann aber ließ ich meinen Blick von der Uhr ab. Ich stellte mein Glas auf den Tisch ab. Manu war wieder bei mir und setzte sich wie auch zuvor auf meine rechte Seite.

Er präsentierte mir sein Fotoalbum. Bevor er es öffnete griff er zu seiner Packung Zigaretten auf dem Couchtisch und zündete sich eine an. Dann begann er das Album aufzuschlagen. Manuel deutete wie wild auf die Bilder und erzählte.

Ich hörte ihm aufmerksam zu. Es war sehr interessant. Wir blätterten knapp eine Stunde in dem Fotoalbum herum und amüsierten uns köstlich über die Fotografien. Um mittlerweile schon knapp zwei Uhr schlug Manu das Album zu und schaute mich an.

Es war ein komischer Augenblick. Auf einmal sprachen wir gar nichts mehr. Wir beide starrten auf den Fernseher, wo immer noch MTV lief. Wir lauschten der Musik. Keiner traute sich was zu sagen.

Was als nächstes passierte konnte ich mir nicht erklären. Wir saßen schon nah beieinander, aber plötzlich legten wir fast zeitgleich unsere Köpfe aneinander. Ich genoss diesen Moment. Ich sah seine linke Hand auf der Couchlehne, die uns trennte, liegen.

Ich nahm mir allen Mut zusammen und strich mit meinen Fingerkuppen über seine Hand. Er ließ das einige Sekunden so geschehen. Ich hatte etwas Schiss, dass er mich gleich fragen würde, was das denn soll, aber das tat er nicht. Manuel hob nun seine Hand und streichelte mit seinen Fingerspitzen die meinigen.

Wir saßen schweigend da und streichelten sanft unsere Finger. Dieser Moment war so toll, ich wünschte er würde nie vorbei gehen. Doch dann ließ er ab von meinen Fingern und streichelte sanft meine Wangen.

Ich schloss die Augen und genoss diesen Moment. Manu zog sanft meinen Kopf sich. Ich öffnete die Augen und schaute ihn an. Ich sah diese tiefbraunen Augen vor mir. Ich küsste ihn zärtlich auf die Lippen. Er erwiderte diesen Kuss und legte seine Arme um mich.

Wir küssten uns intensiver. Niemals hätte ich geglaubt, dass dieser Abend so ausgehen würde. Wir tauschten Zärtlichkeiten aus, noch bis kurz vor fünf, dann musste ich wirklich gehen. Ich hatte ja Frühschicht um halb sieben und ich musste noch duschen und mich umziehen und natürlich noch zurück fahren.

Es war der Zeitpunkt des Abschiedes. Ich wusste nicht, es war seit langer Zeit mal wieder ein tolles Erlebnis, aber Liebe, Liebe war es glaube ich nicht. Ich glaube man nennt es One-Night-Stand, aber doch war es wieder irgendetwas anderes.

Aber ich wusste es nicht. Wir verabschieden uns ganz normal, ohne Abschiedskuss, der Tatsache was vorher zwischen uns war vielleicht doch außergewöhnlich. Nur ein Einfaches ‚Tschüss‘. Noch nicht einmal eine Anmerkung von Wiedersehen, nichts. Wir trennten uns einfach in dieser Nacht. Wir trennten uns von etwas, was nie geplant war, aber es war unvergesslich.

Ich überlegte doch noch tagelang, was da zwischen mir und Manuel in der letzten Woche passiert war. Ich hatte so etwas noch nie. Ich war mir vollkommen unsicher. Ich war nicht in ihn verliebt und trotzdem hatte ich eine Nacht mit ihm verbracht.

Ich dachte aber auch nicht, dass wir uns nach diesem Abend öfter sehen würden. Aber dem war so. Wir telefonierten zwar nicht mehr, ich wusste nicht warum, aber alle paar Tage schrieben wir uns SMS und verabredeten uns immer für Montags, denn nur an diesem Tag hatte er und auch ich meistens Zeit.

Wir trafen uns wie immer bei ihm, in seiner Wohnung. Wir schauten wie schon beim ersten Treffen Video, allerdings dieses Mal zu Zweit. Wir küssten uns, nach oder während des Films, und verbrachten die Nacht miteinander.

An jedem Dienstag war ich todmüde, denn die Nächte blieben so lang wie beim ersten Mal. Irgendwann diskutierten wir auch, was wir denn nun waren. Nun ja, wir waren eng befreundet und verstanden uns gut.

Außerdem tauschten wir Zärtlichkeiten aus und schliefen miteinander. Eine nicht ganz normale freundschaftliche Beziehung. Nun wir einigten uns darauf, dass wir eine lockere Beziehung hätten, eine Freundschaft mit ein klein bisschen mehr.

Wir beschlossen, dass wir diese Beziehung so fortsetzten wollten, bis wir beide einen Freund hätten, einen festen Freund. Mit dieser Vereinbarung schaltete ich alle Gefühle und Gedanken ab.

Das heißt ich dachte nicht mehr darüber nach was ich denn genau für ihn empfand. Es war ja definiert und festgelegt. Es hört e sich an wie eine Übereinkunft oder ein Vertrag. Wir gingen unseren eigenen Weg, nur der Montag gehörte uns.

Ich suchte weiterhin im Chat einen festen Freund. Ich gab dem nicht viel Hoffnung und außerdem wollte ich das auch nicht mehr so direkt. Ich sprach darüber auch mit Daniela aber die war nur neidisch, dass ich so eine lockere Beziehung gefunden hatte und sie nicht.

Ich freute mich eigentlich auf jeden Montag. Ich gab gar damit etwas an, dass ich nicht in festen Händen bin sondern eine außergewöhnlich lockere Beziehung hatte. Ich war irgendwie stolz darauf.

Doch der Wunsch nach einer festen Beziehung ließ nicht ganz locker. Es kam sogar soweit dass ich jemanden im Internet kennen lernte. Er hieß Michael. Ich hielt ihn für den perfekten Mann. Er wohnte nicht weit weg von mir, nämlich in Aschaffenburg.

Aber sehen wollte ich ihn dann doch noch nicht. Wir schrieben ellenlange E-Mails und täglich viele SMS. Ich hatte ihn noch nie gesehen, aber was er schrieb traf voll mein Interesse und meine Gefühle.

Ich war fast in diese E-Mails verliebt. Der Mann dahinter konnte nur perfekt sein. Manuel war darüber irgendwie fast vergessen, er spielte nur noch eine Nebenrolle. Ich dachte schon ich würde diese lockere Beziehung bald als erster beenden, denn Michael war scheinbar wie für mich gemacht.

Doch auch Manuel schien in einen Jungen verliebt zu sein, wenigstens deutete ich das aus seinen SMS, die er mir schrieb. Ich dachte mir, was soll es. Einige Tage später dann kam die SMS von ihm, dass er jetzt endlich einen Freund hatte.

Ich war etwas enttäuscht. Das wäre das Ende dieser außergewöhnlichen Beziehung. Aber irgendwann musste es ja soweit kommen. Nun wollte ich doch auch Michael treffen. Ich wollte wissen wer hinter diesem perfekten Mann steckte.

Also verabredete ich mich mit ihm. Ich freute mich die ganze Zeit auf dieses Treffen. Ich wusste es konnte nur in Liebe enden. Ich war voll übermütig. Wir trafen uns in Aschaffenburg im Kino.

Wir wollten einen Film ansehen. Welchen, das wollten wir spontan entscheiden. Ich fuhr also dorthin und wartete voller Ungeduld. Wie von Manu hatte ich auch von Michael kein Bild, also wartete ich ab wer denn jetzt gleich erscheinen würde.

Michi ließ auch nicht lange auf sich warten. Plötzlich stand er vor mir. Ich war etwas erschrocken. War das der Mann, den ich von seinen E-Mails und SMS als meinen Traummann deklariert hatte?

Er war etwa so groß wie ich und hatte eine Halbglatze. Die restlichen Haare waren braun und zerzaust. Seine Augen waren hellgrau und er trug eine Brille. Außerdem hatte er leichtes Übergewicht.

Allein von der Figur war er absolut nicht mein Typ. Er würde auch nicht zu mir passen. Wir hatten zwar ewige Mails geschrieben, aber meist nur über Gefühle und unser Leben. Das Aussehen spielte da keine Rolle.

Allerdings, jetzt schon. Ich sah schon jetzt mit Missmut auf diesen Abend. Wie konnte ich einen Mann wegen seinen E-Mails als perfekt abstempeln? Ich war jetzt schon froh, wenn ich ihn wieder los war.

Nun, aber der Abend war noch jung, so machte ich gute Mine zu bösem Spiel. Ich hoffte nur, dass Michael sich keine Hoffnungen machte. Leider verging der Abend nur schleppend. Prompt am anderen Tag, ich hatte die Sache schon fast abgehackt, kam eine E-Mail von Michael.

Er fragte mich, ob ich mir denn vorstellen könnte mit ihm zusammen zu sein. Ich schluckte nur und holte aus für eine lange Mail. Ich musste ihm erklären, dass ich ihn nicht liebte und das möglichst sanft.

Ich brauchte fast zwei Stunden für diese Mail. Mir tat leid, was ich da jetzt tat. Immerhin, in den langen Mail s, die Tage zuvor hatte ich nicht nur mir Hoffnungen gemacht, sondern auch ihm.

Ich hatte eine Traumwelt aufgebaut, nämlich die, dass wir uns lieben könnten. Diese wollte ich jetzt wieder schlagartig zerstören. Es gelang mir auch, aber wie geahnt war Michael sehr von mir enttäuscht. Ich konnte es aber auch verstehen.

Jetzt war die Zeit, in der ich wieder an Manuel zurückdachte. Aber das war wohl vorbei. Die nächsten Tage folgte eine Kurzmitteilung, dass er sich schon wieder getrennt hatte. Eine kurze Liebe wie ich fand.

Ich fragte nicht nach, was genau der Grund war. Ich dachte mir nur es ginge mich nichts an. Manuel fragte, ob wir uns denn jetzt wieder treffen. Er fragte auch wie es bei mir aussieht mit einem Partner.

Nun, ich erzählte ihm von Frank, aber nur kurz und dass es ein Fehlgriff war. Ich wollte Manu gern wieder sehen. Da schaute ich auf den Kalender und erblickte, dass in sechs Tagen erst wieder Montag war. Ich schlug ihm diesen Tag vor.

Er allerdings fragte, ob ich nicht schon das Wochenende Zeit hätte. Ich schaute auf dem Kalender nach und stellte fest, dass ich da Geburtstag hatte. Es war der 18. August. Ich teilte Manu dies mit.

Im gleichen Atemzug teilte ich aber auch mit, dass ich gern mit ihm den Geburtstag verbringen würde. Manu zögerte erst, war dann aber damit einverstanden. Wir verabredeten uns also für Freitag und wollten essen gehen und dann bei ihm in meinen Geburtstag reinfeiern, zu zweit.

Ich war damit einverstanden. Zum ersten Mal nun verabredeten wir uns für ein Wochenende. Die lockere Beziehung war wieder belebt. An diesem besagten Freitag fuhr ich nach Frankfurt zu Manuel.

Wir trafen uns in einem afrikanischen Restaurant in der City. Manuel saß schon draußen auf der Terrasse. Ich begrüßte ihn. Es war kurz nach 20 Uhr. Ich setzte mich. Wir begannen schnell uns die Neuigkeiten zu erzählen.

Wir hatten uns immerhin fast zwei Wochen nicht mehr gesehen. Und durch seinen Ausflug in die Liebe und meine Versuche der Liebe auf die Sprünge zu helfen, war unser SMS-Kontakt stark eingeschränkt.

Wir bestellten Essen und erzählten uns bis kurz vor Mitternacht. Irgendwann ging es ans bezahlen. Manu bestand darauf, dass er bezahlte. Es sollte mein Geschenk sein. Ich war nicht gleich einverstanden, denn die Rechnung war hoch, aber ich ließ mich dann doch überzeugen.
Manuel erwähnte, dass er eine Flasche Sekt zu Hause hätte, extra dem Anlass angemessen.

Ich war verdutzt und begeistert. So fuhren wir zu ihm. Wir schafften es gerade noch so bis Mitternacht. Wir hasteten in die Wohnung und Manuel griff die Sektflasche, die er zugleich köpfte. Der Sekt floss in Strömen aus der Flasche.

Manu hielt die Flasche mit weggesteckten Armen von seinem Körper.

 

Er schaute mich nur an und sagte: „Uuups, shit, das ging ja voll schief. Sorry.“

 

Ich lachte nur und setzte mich hin. Manuel dagegen beseitigte etwas die Sauerei bis er sich neben mich setzte. Ich hatte nun schon seit 11 Minuten Geburtstag. Das stellte auch Manu fest. Er umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf den Mund: „Alles, alles Gute. Und ich hoffe es hat dir heute etwas gefallen.“
„Klar, es war schön. Aber der Abend ist ja noch nicht vorbei.

 

Manuel grinste und erhob das Sektglas, das er zuvor gefüllt hatte. Mir reichte er das Zweite. Wir stießen an und tranken einen Schluck. Wir tranken, redeten und alberten noch herum bis kurz vor 3 Uhr. Es war ein lustiger Abend.

Ich hatte Manuel lange nicht berührt. So nahm ich seine Hand und streichelte sie. Manu erwiderte dies. Wir schauten uns an und hatten uns schon bald küssend in den Armen. Es war so schön wieder hier zu sein. Es war 09:00 Uhr und ich wachte neben Manuel auf.

 

*-*-*

 

Wir befanden uns in einem Kölner Hotel. Vor einer Woche hatten wir nämlich vereinbart ein Wochenende hier in der Kölner City zu verbringen. Wir hatten längst en festen Montag verlassen und trafen uns jetzt öfter und verbrachten auch mal unsere Wochenenden zusammen, soweit dies möglich war.

 

*-*-*

 

Am Freitag direkt nach Dienstende von Manuel, so gegen siebzehn Uhr, fuhren wir los. Ich hatte sowieso frei. Gegen zwanzig Uhr waren wir dann endlich im Hotel in Köln. Den ersten Abend verbrachten wir noch im Hotel.

Wir gingen gemütlich essen im Hotelrestaurant und ab eins wechselten wir in die Hotelbar. Manuel und ich gingen erst spät schlafen. So gegen fünf waren wir eingeschlafen. Allerdings gab es Samstag um zehn Uhr wieder Frühstück, also quälten wir uns aus dem warmen Bett und begaben uns in den Speisesaal.

Viel Hunger hatten wir beide nicht. Wir verschwanden also schnell wieder aufs Zimmer. Wir trennten uns wieder von den Kleidern und legten uns wieder ins große Doppelbett. Wir kuschelten uns aneinander und schliefen ziemlich bald wieder ein.

Erst gegen 17 Uhr erwachte ich wieder. Ich blickte auf Manuel und strich ihm über den Kopf.

 

Dann dachte ich mir: „Oh Mann, wir liegen hier wie ein Liebespaar. War das normal?“ Ich küsste Manu auf die Wange.

 

Davon wachte er langsam auf. Er öffnete die Augen und knurrte. Dann lächelte er mich an und fragte unschuldig: „Was ist denn?“
„Es ist schon spät am Nachmittag.“
Ein erneutes Knurren ertönte: „Na und? Bleib noch im Bett.“

 

Ich tat dem so und drückte mich an Manuel. Dieser küsste mich erst sanft, dann wilder. Es lief alles darauf hinaus, dass wir wieder miteinander schliefen. Wir beide genossen es. Danach kuschelten wir uns wieder eng aneinander und blieben noch ein wenig im Bett liegen.

Es waren wieder zwei Stunden vergangen und es war mittlerweile kurz nach 7 Uhr am Abend. So langsam hatte ich Hunger. Trotzdem blieb ich erst noch stumm daliegen. Erst nach einiger Zeit unterbrach ich die Ruhe.

Ich nahm mir all en Mut zusammen und wollte Manuel doch endlich mal sagen was er für mich bedeutet. Ich schaute zu ihm rüber und schluckte kurz. Allerdings brachte ich nur ein ‚Ich mag dich sehr!‘ über die Lippen.

Manuel schaute zu mir rüber. Er zeigte erst keine Reaktion, dann gab er mir einen Kuss auf die Wangen, mehr nicht. Ich war etwas enttäuscht. Erwartet hätte ich wenigstens ein ‚Ich dich auch.‘ Aber nichts! Ich verharrte in Gedanken.

Ich erinnerte mich an Gespräche mit ihm zurück. Ich wusste nicht mehr was ich für ihn empfand und ob es vielleicht doch schon Liebe war. Ich war mir so unsicher wie nie zuvor. Mit meinen Worten eben wollte ich einen Anfang setzten und sehen was er denn nun von mir hält.

Ein ‚Ich liebe dich‘ fand ich selbst zu übertrieben. Ich erinnerte mich auch an Gespräche mit ihm zurück. Er sagte er würde es nicht mögen, wenn jemand diese Worte zu ihm zu schnell sagen würde.

Aber was war zu schnell? Außerdem hatten wir vereinbart, dass wir keine Liebesbeziehung hätten, sondern nur eine lockere Beziehung, eine Freundschaft, die auf Sex basiert. Vielleicht war er jetzt von mir enttäuscht, dass ich plötzlich solche Gefühle zeigte und äußerte.

Aber sollte ich sie ihm verschweigen? Ich überlegte ob ich ihn später darauf ansprechen sollte. Ich war mir wirklich nicht sicher.

Abends gegen 20 Uhr kamen wir dann endlich aus dem Haus. Wir wollten ja auch nicht die ganze Zeit auf dem Hotelzimmer verbringen. Also beschlossen wir in eine Gay-Disco zu gehen.

Zunächst allerdings wollten wir etwas essen. Wieder wichen wir auf das Hotelrestaurant aus, da wir dachten bevor wir lange suchen liegt das hier doch nahe. Hier verblieben wir knapp 2 Stunden, dann begaben wir uns zur Straßenbahn in der Nähe des Hotels. Wir warteten auf Linie 7, die uns direkt in die Nähe der Disco fahren würde. Allerdings war diese Strecke schlecht verbunden, so dass wir 20 Minuten warten mussten. Wir notierten uns ebenso, wann die letzte Bahn zurück fährt. Das war um 05:11 Uhr in der früh.

In der Straßenbahn führten wir kein Gespräch. Ich dachte nur über den Abend nach und meine Worte, bzw. Gefühle, die ich ihm offenbart hatte. Worüber er nachdachte wusste ich nicht. Manuel saß nur da und schaute wie ich aus dem Fenster. Ich blickte ab und zu auf sein Spiegelbild im Fenster. Erst gegen 23 Uhr kamen wir an der Diskothek an. Wir mussten nicht all zu weit laufen.

In der Disco passierte nichts Besonderes. Nur bemerkte ich, dass Manuel schon etwas Abstand von mir hielt und tanzte. Ich überlegte mir warum er das machte. Er war seit meinen Worten im Bett so still und nachdenklich geworden. Auch im Restaurant war er so abwesend. Dachte er auch über die Worte nach. Vielleicht bereute er, dass er nichts gesagt hatte. Ich wusste nicht was zu tun war. Ich ließ die Nacht einfach verstreifen.

Wie geplant nahmen wir die letzte Bahn zurück zum Hotel. Wir beide hatten einiges getrunken, was eine Konversation wieder vereinfachte. Dieses belanglose Blabla endete hinter der Hotelzimmertür.

Wir fielen regelrecht über uns her. Schnell war das Bett heimgesucht. Wir küssten uns intensiv, Kleidungsstück für Kleidungsstück rissen wir uns vom Leib. Diese wilde Sexphase hatten wir bis weit in den Vormittag. Es war schon fast Frühstückszeit. Wir konnten irgendwie nicht genug voneinander bekommen.

Es war etwas ungewöhnlich, da wir nahezu nichts miteinander geredet hatten an dem Tag und die Stimmung etwas geknickt war. Oder taten wir es, weil bisher jeder Tag, an dem wir uns sahen, so geendet hatte? Es war egal, in diesem Augenblick. Es war gut so. Danach lagen wir wieder eng aneinander gekuschelt da, quer im Bett, ich glaube am Fußende.

Irgendwann kam ich wieder ins Grübeln. Ich dachte wieder über meine Worte nach. Über dieses ‚Ich mag dich‘. Sollte ich in dieser Sache nochmals aktiv werden? Vielleicht sollte ich es einfach noch mal sagen. Vielleicht würde er ja dieses Mal darauf reagieren. Manuel lag müde neben mir, hatte die Augen aber noch geöffnet.

Er merkte, dass ich ihn anschaute. Er schaute mich etwas fragend an.

 

Ich nahm mir wieder allen Mut zusammen und traute mich erneut zu sagen: „Ich bin gern bei dir und ich mag dich.“
Ich sah auch Manuel schlucken, doch er brachte nur hervor: „Ja.“

 

Dann küsste er mich und drehte sich um.

Innerlich schüttelte ich den Kopf und dachte mir nur, was das soll. Warum sagte er darauf nichts? Bedeutete ich ihm etwa gar nichts? Ich machte mir noch den ganzen Morgen bis zur Frühstückszeit Gedanken. Ich konnte mir das nicht erklären und war total verwundert. So hatte ich an diesem Tag absolut nicht geschlafen. Während meiner Gedanken kraulte ich Manu den Rücken.

Die Gedanken an das vergangene Wochenende hatten mich bis heute nicht losgelassen. Ich befand mich gerade auf Arbeit. Vollkommen in Gedanken versunken erledigte ich meine Arbeit. Nachdem ich eine Bewohnerin auf den Toilettenstuhl setzte, hatte ich wieder Zeit intensiver nachzudenken.

Ich stand neben der Frau und ignorierte ihr wirres Geplapper. Ich überlegte noch immer warum Manuel nicht auf meine Worte reagiert hatte. Wie konnte ich herausfinden was er für mich empfand? War es so schwer seine Gefühle zu äußern? Ich war der Meinung, dass er hätte irgendetwas dazu sagen können, egal was.

Und wenn er mich nicht mögen würde, hätte er dann ein Wochenende mit mir verbracht oder war er so eiskalt und berechnet? Ich erinnerte mich zurück an den ersten Abend. Die Erinnerungen schweiften bis zu seinem Lieblingsfilm ‚Eiskalte Engel‘.

War er so ein eiskalter Mensch, der nur auf Sex aus war? Ich fühlte mich plötzlich so als wäre ich für ihn nur für den Sex da. War ich nur sein Betthäschen? Was habe n wir schon viel anderes gemacht?

Klar wir haben uns gut unterhalten und Video geschaut. Aber immer wieder lief es darauf hinaus, dass wir miteinander geschlafen hatten. Ich erinnerte mich zurück an unsere ersten Montage. Der Ablauf war klar.

Ich fuhr zu ihm nach Frankfurt, er schob ne Videokassette ein und dann ging’s ab in die Kiste. Ich fand daran auch Gefallen, klar. Aber ich überlegte auch, ob ich das auf Dauer so weitermachen wollte. Scheinbar fand er mich lediglich sympathisch und mehr nicht. Das war mir jetzt absolut nicht mehr genug.

Die Klarheit über seine Gefühle und auch meine hatte ich am Wochenende herausfinden wollen. Seine Reaktion war eindeutig. Ich war fest entschlossen dem in Ende zu setzten. Mir verging die Lust. So beschloss ich ihm eine SMS zu schreiben. Ich wollte mich absolut nicht ausnutzen lassen.

Ich nahm zunächst die Bewohnerin, die noch heiter vor sich her plapperte, von dem Toilettenstuhl und legte sie wieder ins Bett. Ich machte zur Sicherheit das Bettgitter hoch. Dann lehnte ich mich gegen dieses und zückte mein Handy.

Jetzt war der große Augenblick. Eineinhalb Monate lockere Beziehung sollten mit den folgenden 160 Zeichen enden. Ich überlegte nur kurz und fing schon bald an wie wild auf einen Handytasten herumzutippen.

 

„Hallo Manu. Ich möchte nicht weiter dein Betthase sein. Ich habe die Nase voll. Machs gut. Gruß Christian.“

 

Ich empfand diese Wortwahl als geeignet. Erst nach dem Absenden empfand ich sie doch als ein bisschen zu hart. Aber es war mir letztendlich egal. Ich beharrte weiterhin darauf, dass ich nicht ausgenutzt werden möchte. Ich war mir zu wertvoll für solch eine lockere Beziehung auf Dauer. Ich hatte eben plötzlich dieses Gefühl, dass ich nur Mittel zum Zweck war.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Es kam eine kurze SMS von Manu. Laut dieser Kurzmitteilung war er scheinbar schockiert über mein Denken und meine Entscheidung. Ich nahm diese SMS zur Kenntnis, aber seine Worte waren mir dann doch egal, sie waren eh nicht echt und nur gelogen.

Wer gibt schon zu, dass der andere nur das Sexobjekt war für zwischendurch? Es war aus. Ich löschte in dem Bewohnerzimmer das Licht, steckte das Handy in meine weiße Arbeitskleidung und verschloss die Tür.

Heute war ein beschissener Tag. Ich hatte geteilten Dienst, weil eine Kollegin krank wurde. Das hieß für mich um halb sieben zum Dienst erscheinen bis zum Mittag arbeiten und abends ab halb 6 wieder auftauchen.

Von der Nachtschicht sollte ich auch noch einen Part übernehmen, da die Nachtwache ihr Kind vom Flughafen abholen musste. Alles wunderbar, mit mir konnte man es ja machen. Und das nicht nur heute, sondern auch morgen.

Aber morgen wenigstens nicht bis 23:30, sondern nur bis regulär 20:3 0 Uhr . Jetzt war es 10 Uhr und alle Bewohner waren aus den Betten. Den letzten brachte ich gerade zum Aufzug, um ihn in den Speisesaal zu fahren.
Als ich da am Aufzug stand klingelte plötzlich mein Handy. Ich griff in meine Hosentasche und ging ran.
„Ja?“
„Hallo. Du kennst mich nur sehr flüchtig.“

 

Es war eine Frauenstimme.
„Äh … wer bist du?“
„Marie,“ sagte sie kurz und knapp.
„Hm, die Marie von damals bei dem Videoabend bei Manu?“

 

„Ja, genau die!“
„Was ist los?“
„Ich muss dringend mit dir reden.“
„Warum?“ fragte ich uneinsichtig.

 

„Es geht um Manu.“
„Was ist mit ihm?“
„Es geht ihm nicht gut. Mehr sag ich dir persönlich.“
„Jetzt sag schon.“
„Wann hast du Zeit?“ fragte sie, meine Frage ignorierend.
„Ich hab Dienst.“

 

„Erneut fragte sie: „Wann hast du Zeit?“
„Na ja ab 12!“
„Wo können wir uns treffen?“
„In einem Café?“
„Ja klar, okay, kein Problem. Hier in Darmstadt?“

 

„Ja.“

„Okay, kennt du das ‚NewAge‘?
„Klar.“

„Dann komm da hin. Ich bin kurz nach zwölf dort“
„Alles klar!“
Wir beendeten das Gespräch. Ich wusste zwar nicht um was es ging, aber neugierig war ich schon. Sorgen machte ich mir außerdem, irgendwie. Der Fahrstuhl öffnete sich und ich fuhr mit dem Bewohner hinein.

Wie verabredet betrat ich um kurz nach zwölf das ‚NewAge‘ in der Darmstädter City. Ich blickte suchend durch den Raum. Da sah ich Marie schon winken. Ich ging auf sie zu und setzte mich an den Tisch. Die Jacke streifte ich aus und hängte sie über die Rückenlehne. Dann reichte ich Marie die Hand und begrüßte sie.
„Hi, Christian. Ich will es nicht zu lang machen. Ich weiß noch nicht mal ob es dich interessiert.“

„Natürlich interessiert es mich,“ erwiderte ich.
„Okay, Manu geht es nicht gut. Er hat mit mir geredet. Über dich.“
„Über mich? Dann weißt du Bescheid, dass wir uns nicht mehr sehen?“
„Ja. Er hat mir diese SMS von dir gezeigt. Unter Tränen!“
„Tränen? Verstehe ich nicht.“
„Na ja, er hat nie etwas von dir erzählt. Ich hab dich ja auch nur einen Abend gesehen. Nach deiner SMS aber rief er mich an. Er wollte mit mir reden. Er hat sich voll verzweifelt angehört.“

Ich hörte ihr gespannt zu.
„Als ich bei ihm ankam hatte er schon ein paar Gläser Wein intus. Eine Flasche war ganz leer und die zweite fast. Ich war etwas geschockt von dem Anblick. Er saß nur in Morgenmantel da, unrasiert und vollkommen aufgedunsen von den Tränen. Dann erzählte er mir langsam, aber seine Zustand angepasst, von dir und von den Ereignissen. Ich reimte mir nun so halbwegs zusammen was er meinte. Dann betonte er ich solle nichts unternehmen. Er brauchte nur mal jemanden zum reden.“
„Was hat er gesagt?“
„Willst du das wirklich wissen?“
„Ja!“ sagte ich sicher.
„Er liebt dich.“
„Was?“ Das kam selbst für mich überraschend.
Eine Kellnerin unterbrach uns und fragte mich, ob ich einen Wunsch hätte. Ich bestellte eine Apfelsaftschorle. Marie hatte schon etwas zu trinken. Die Kellnerin verließ uns wieder.

Marie fuhr fort: „Ja, das hat er gesagt.“
„Aber warum hat er mir das nicht gesagt?“
„Darauf sagte er nur, dass du ihn nicht liebst, sondern nur magst und nicht mehr.“
„Ich hab ihm meine Gefühle gesagt.“
„Ja, so wie ich das verstanden habe hast du in Köln gesagt, dass du ihn magst. Aber er wollte was anderes hören.“
„Nämlich?“

„Dass du ihn liebst.“
„Aber ich sage doch nicht aus heiterem Himmel diese Worte.“
„Das weißt du und das weiß ich. Aber er hat eine andere Ansicht. Bei ihm ist das wie ein Memoryspiel. Deckst du das Liebes-Kärtchen auf, hätte er sich auch geöffnet, aber deckst du das Mögen-Kärtchen auf hält er sich bedeckt. Blödes Beispiel, ich weiß.“
„Ja, das ist lächerlich.“

 

„Ich weiß, aber so ist er nun mal.“
Ich lehnte mich zurück und atmete tief ein.
Marie beugte sich dagegen vor und schaute mich intensiv an.

 

Dann fragte sie vorsichtig: „Liebst du ihn?“
Ich schaute die an und nickte nur.
„Dann ruf ihn an. Am besten jetzt.“
„Ist er nicht arbeiten?“
„Nein, er ist daheim. Er konnte heute früh nicht ins Büro. Sein Zustand, du weißt!“
„Ich würde am liebsten zu ihm fahren!“
„Tu es!“
„Ich kann nicht, ich muss arbeiten.“
„Ruf ihn an.“

 

Ich atmete tief durch und zückte mein Handy. Die Kellnerin derweil brachte mein Getränk und ich bedankte mich. Im Telefonbuchverzeichnis meines Handys wählte ich Manus Namen aus. Ich hielt das Handy an mein rechtes Ohr und atmete noch mal tief durch.

Es tutete eine ganze Zeit, bis er endlich ranging. Es ertönte nur ein flüchtiges ‚Hallo‘.

„Manu, bist du es?“ fragte ich.
„Ja, was?“ kam es von der Gegenseite. In seiner Stimme hörte ich, dass er betrunken war.

„Hast du getrunken?“
„Ja.“

„Warum?“

„Nur so.“
„Hör auf damit.“
„Nein, ich trinke weiter,“ sagte Manu unvernünftig.
„Und was hast du davon?“
„Weiß nicht!“
„Lass es einfach, mir zu liebe.“
„Was hab ich davon, du magst mich ja nur.“
„Was willst du damit sagen?“
„Nichts!“

„Wann können wir reden?“
„Du, Betthäschen, ich hab nix mit dir zu bereden, du wolltest mich nicht.“

„Lass das. Es ist mir ernst. Ich will dich sehen. Allerdings heute kann ich nicht. Ich muss arbeiten.“

„Schön für dich, Betthäschen,“ sagte er spottend.
Es hatte wenig Sinn mit Manu ein normales Gespräch zu führen. Er war vollkommen betrunken. Ich bedauerte schon jetzt, dass ich heute nicht mehr nach Frankfurt fahren konnte. Es würde zu spät werden.

Ich bat Manuel immer wieder nicht weiter zu trinken und, dass er schlafen sollte. Aber er widersprach immer wieder. Egal was ich sagte es prallte an seiner Uneinsichtigkeit und Unvernunft ab.
„Hör zu, Manu, ich komme morgen Abend zu dir. Heute würde es zu spät werden.“

„Mir egal.“
„Wie?“

„Ich weiß noch nicht ob ich dich reinlasse.“
„Jetzt werd nicht unvernünftig. Wir werden morgen reden. Und morgen bist du bitte nüchtern.“

„Ja. Ist gut. War’s das?“
„Nein. Du legst dich jetzt hin und schläfst ne Runde. Und wenn du morgen aufwachst meldest du dich kurz per SMS, dass ich weiß ob es dir gut geht. Hast du verstanden?“

„Warum sollte ich auf dich hören?“
„Mach einfach. Ich denk ich liebe dich, hörst du?“
„Ohhh, der Herr liebt mich. Das wollte ich allerdings am Wochenende hören.“
„Darüber diskutiere ich nicht jetzt mit dir. Geh schlafen.“
„Lass mich.“

 

Mit diesen, seinen Worten dachte ich es wäre vielleicht wirklich das Beste ihn in Ruhe zu lassen. Ich hatte alles gesagt. Jedes weitere Wort wäre Verschwendung. Er würde eh nicht auf mich hören.

Ich wiederholte trotzdem noch einmal, aus Sorge, dass er aufhören soll zu saufen. Dann beendete ich das Gespräch auch. Verzweifelt schaute ich Marie an und fragte sie ob ich denn richtig reagiert hätte.

 

Sie nickte nur und sagte zu meiner Beruhigung: „Es wird schon alles gut. Ich schau dann noch mal bei ihm vorbei.“
„Das wäre nett Ich mach mir jetzt echt Sorgen.“
„Ganz entspannt sein. Ich weiß das ist leicht gesagt, aber es bringt dir nichts wenn du dir jetzt Gedanken machst und ihm auch nicht.“
„Ich weiß.“
„Na siehst du.“
„Danke, dass du mich informiert hast.“
„Ich empfand das für selbstverständlich.“
„Woher hast du überhaupt meine Nummer?“
„Na ja, trickreich muss die Frau sein. Irgendwann musste er kotzen und da lag sein Handy auf dem Tisch, na ja, deinen Namen kannte ich ja …“
Ich grinste nur.

 

*-*-*
Ich hatte noch ein wenig Zeit bis zur zweiten Hälfte meines Dienstes. Also unterhielt ich mich noch ein wenig mit Marie. Ich erzählte ihr, aus meiner Sicht, von Manu und mir.

Er hatte sich tatsächlich an meine Worte gehalten. Obwohl ich dachte er hätte in seinem Zustand nichts aufnehmen können, hatte er sich heute früh per SMS gemeldet und mir mitgeteilt wie es ihm geht.

Er war zum Glück nüchtern und hatte lang geschlafen, aber er schrieb, er hätte viel nachgedacht. Ja, das hatte ich aber auch. Ich war mittlerweile auf dem Weg nach Frankfurt. Von der Arbeit konnte ich doch schon ein bisschen früher weg, so dass ich gegen halb neun bei ihm sein konnte.

Angekommen im Wohnpark, wo er seine Wohnung hatte suchte ich mir einen Parkplatz und eilte dann zur Eingangstür. Ich klingelte und wartete ab bis er mir öffnete. Als der Summer ertönte und die Tür sich öffnen ließ trat ich ein und stieg die Treppen empor bis zu seiner Wohnungstür.

Diese war einen Spalt breit geöffnet. Ich schob sie weiter auf und trat ein, dann schloss ich sie. Die Jacke zog ich aus und hängte sie in die Garderobe. Jetzt ging ich in das Wohnzimmer, wo Manuel eine Zigarette rauchend auf der Couch saß.

Ich begrüßte ihn. Doch er nuschelte nur ein leises ‚Hallo‘ ohne mich anzusehen. Darauf setzte ich mich neben ihn und wartete ab, bis er was sagte. Aber kein Wort kam über seine Lippen. So atmete ich tief ein und lehnte mich zurück.

Nach außen sah es so aus als würde ich alles im Griff haben und die Sache ganz locker angehen, aber innerlich war ich unsicher. Nach außen versuchte ich immer Stärke auszustrahlen, egal wie es in mir aussah.

Das sollte auch jetzt so sein. So begann ich ein Gespräch.
„Manuel, willst du nicht mit mir reden?“
Ohne mich anzuschauen sagte er: „Doch.“
Mit einer fürsorglichen Stimme erwiderte ich: „Ja, dann sprich mit mir. Mir kannst du alles sagen. Was ist los mit dir?“
„Weiß nicht.“
„Nun ich denke es ist wegen Köln und es geht um uns, ja?“
Er nickte nur.
„Okay. Geht es um den Nachmittag, als ich dir sagte, dass ich dich mag?“

„Auch.“

„Viel sagst du ja nicht dazu,“ sprach ich von oben herab.
„Mir fällt es schwer. Ich hab viel nachgedacht.“
„Und viel getrunken,“ rutschte mir raus.
„Ja, ich weiß.“
„Also worüber hast du nachgedacht?“
„Na ja über uns und wie lange das noch so geht mit unserer lockeren Beziehung. Ich hatte Angst dich zu verlieren.“
„Warum hast du nichts gesagt auf meine Worte im Hotel.“
„Weil es nicht die Worte waren, die ich hören wollte.“
Jetzt vergrub er sich mit seinem Kopf im Sessel. Er wollte mir nicht ins Gesicht schauen. Ich fragte kurz was das soll, er solle mich doch anschauen, aber Manu rührte sich nicht. Also fuhr ich fort.

Ich holte aus für einen langen Monolog.
„Aber das ist doch lächerlich, Manu. Ich wollte dir mitteilen, dass ich dich sehr mag und von dir kommt keine Erwiderung, was soll ich da denken. Ich sag dir was ich dachte. Ich dachte, der mag mich nicht. Der braucht mich nur fürs Bett.

Aber ich empfand mehr für dich, deshalb wollte ich das letztens abbrechen. Ich fühlte mich ausgenutzt. Jetzt weiß auch ich, dass das ein Fehler war und dass ich dir nicht egal bin. Das ist doch so?“
Manuel nickte wieder nur.
„Hey, Manu, willst du jetzt da an der Sessellehne hängen bleiben? Komm zu mir, bitte.“ sagte ich sanft.

 

Manuel rappelte sich langsam auf und schaute mir kurz mit seinen verweinten Augen ins Gesicht, dann klammerte er sich an mich. Ich strich mit meinen Händen über seinen Rücken und lehnte mich zurück.

Es war jetzt Totenstille im Raum. Aber geklärt war noch gar nichts. Ich hatte zwar kurz vorgebracht, was ich empfand und wie ich alles sah, aber sonst auch nichts. Ein Gespräch war mit ihm ja nicht anzufangen.

So überlegte ich was ich jetzt tun sollte. Währenddessen kraulte ich noch immer seinen Rücken. Es war ein tolles Gefühl ihn in meinen Armen zu halten. Es war Zeit ihm endlich zu sagen was ich wirklich für ihn empfand.

So störte ich jetzt wieder die Stille und suchte nach folgenden Worten:

„Du, willst du mir noch etwas sagen?“
Manuel blieb mit seinem Kopf an meiner Brust und schüttelte sanft den Kopf und erwiderte:

 

„Nein.“

Ich dachte mir nur, das kann es doch nicht sein, also ergriff ich die Initiative. Ich packte ihn sanft mit beiden Händen an den Schultern und drückte ihn von mir weg, so dass sein Gesicht vor meinem war und dass er gezwungen war mir in die Augen zu schauen.

 

Jetzt lächelte ich Manuel etwas verkrampft an und sagte überzeugt: „Aber ich, ich möchte dir noch etwas sagen!“
Manu schaute mich an und fragte leise und unsicher: „Und was?“
Jetzt war meine Zeit die Zeit der Wahrheit. Ich atmete tief durch und sagte: „Ich liebe dich, Manuel, ich liebe dich.“
Es zuckte ein Lächeln über sein Gesicht. Er fragte unsicher nach: „Wirklich?“
Ich lächelte und nickte zufrieden.
Jetzt sagte Manuel: „Ich liebe dich auch, Christian.“
Mit diesen Worten drückte er sich wieder fest an mich. Ich legte meinen Kopf auf seinen. So verharrten wir kurz, dann packte ich ihn wieder sanft an den Schultern und drückte ihn zurück. Manuel und ich schauten uns tief in die Augen.

Ich zog ihn langsam vor zu meinem Gesicht. Ich drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Dieser Kuss wurde bald intensiver. Ich legte meine Arme um Manuel und drückte ihn an mich. Es war ein magischer Moment, den ich nie vergessen werde. Es war raus, ausgesprochen, wir liebten uns. Die Worte waren gesagt. Ich war so glücklich.

Aus der Vergangenheit mit Manu, also die Zeit vor unserer offiziellen Liebeserklärung, konnte ich nur schwach vorausahnen was für einen Chaot ich da liebte. Die Zeit nach diesem unvergesslichen Kuss war niemals langweilig.

Unsere Liebe war ein Auf und Ab. Auch wenn es immer wieder mal kriselte hatte ich nie genug von ihm. Vielleicht brauchte ich das. Es war keine Liebe voll nur mit Harmonie, nein es war das Gegenteil. Immer wieder war er hier eifersüchtig und da unsicher ob ich ihn wirklich liebte.

Aber ich schmetterte seine Vorwürfe immer wieder mit Argumenten nieder. Ich möchte nicht sagen, dass ich mich auf solche Streitigkeiten freute, aber es gehörte dazu. Ich hätte es vermisst wenn es einmal tagelang zu glatt gelaufen wäre. Es gab auch so richtige Tiefs und auch absolute Unsicherheit, auch auf meiner Seite. So bekam ich eines Abends wieder an den Kopf geworfen, ich würde ihn doch nicht wirklich lieben, weil ich es ja auch nie sagte. Ich konnte nichts dazu sagen. Er wusste schon, dass ich gleich wieder anfangen würde mit Gegenargumenten oder mit Erklärungen. So ließ er mich alleine im Schlafzimmer zurück und dackelte in das Wohnzimmer. Ich konnte nur den Kopf schütteln. Ich lief ihm hinterher und fragte was das sollte.

Er sagte nur: „Du willst mich ja nicht mehr.“
„Wie kommst du darauf?“
„Du sagst mir nie, dass du mich liebst.“
„Muss ich das ständig sagen. Hör zu, so lang ich nicht sage, dass ich dich nicht mehr liebe, bleibt es dabei, dass ich dich liebe. Obwohl ich bin mir im Moment wirklich nicht mehr sicher. Immer wieder so eine Scheiße hier.“
„Siehst du, du machst Schluss.“
„Hab ich das gesagt? Nein. Ich sagte ich bin unsicher.“
„Das ist schon die Vorstufe.“
„Schwachsinn.“

„Willst du Schluss machen?“

 

Ich war genervt und das zeigte ich auch. Länger anhören wollte ich mir das nicht, so dampfte ich grummelnd ab zurück ins Schlafzimmer. Die Tür ließ ich zuknallen. Ich schmiss mich heulend aufs Bett.

So lag ich da und es schossen mir viele Gedanken in den Kopf. Kurz hatte ich vorhin wirklich vor das Chaos zu beenden und Schluss zu machen. Aber ich konnte und wollte nicht. Ich liebte ihn und hätte ihn jetzt am liebsten in den Armen.

Ich hatte nur kurz diese Unsicherheit. Immerhin es gab immer wieder Probleme zwischen uns, nie gab es mal so richtig lange Harmonie. Vielleicht vermisste ich doch auch das. Auch wenn ich mich an das Chaos schnell gewohnt hatte, das plötzlich da war, sehnte ich mich doch auch mal nach Ruhe.

Heute dachte ich es würde nie zur Ruhe kommen, deshalb diese Ungewissheit. Nach unserer Liebesbekenntnis wurde alles komplizierter. Es kamen Dinge in unser Leben mit denen wir uns vorher nicht rumschlagen mussten in unserer lockeren Beziehung.

Der größte neue Faktor war die Eifersucht. Vorher durften wir nicht eifersüchtig sein, nicht offiziell, denn wir waren nicht zusammen. Klar war ich eifersüchtig und er sicher auch wenn ein anderer Mann nur erwähnte wurde.

Das konnte immer heißen es ist vorbei und es war ja fast soweit als er kurz mit Markus zusammen war. Trotzdem, die Zeit vor unserer Liebe war einfacher und jetzt vermisste ich diese Zeit schon ein bisschen.

Wir hatten uns genauso oft gesehen wie heute, aber nie gab es Krach. Wir hatten uns immer gut verstanden. Warum jetzt nicht mehr? Waren es die goldenen Worte ‚Ich liebe dich‘, die alles komplizierter machten? Wir waren jetzt schon in zwei Räumen.

War das schon das Zeichen für eine Trennung? Warum dachte er nur ich liebe ihn nicht? Ich wusste, dass ich ihm nur einmal gesagt habe, dass ich ihn liebe und das war beim ersten Mal. Aber ich hatte mich getraut es zu sagen.

Ich wusste nicht, ob es von ihm gekommen wäre, damals, wenn ich nichts gesagt hätte. Ich wollte mich nicht von ihm trennen, das wusste ich. Am liebsten wäre ich jetzt ins Wohnzimmer gegangen und hätte ihn in den Arm genommen.

Aber ich traute mich nicht. Plötzlich wurde ich vom Piepsen meines Handys aus den Gedanken gerissen. Eigentlich wollte ich die Kurzmitteilung, die gerade einging, ignorieren, aber irgendwie griff ich dann doch zum Mobiltelefon.

Es war Manuel. Ich war etwas verdutzt und las. Es waren wieder diese Worte, die mich vorhin so genervt hatten. Wieder die Frage warum ich ihn nicht mehr liebte. Ich seufzte und nahm mir vor zu antworten. Aber ich hatte keine Ahnung was ich schreiben sollte.

Nun schrieb ich ihm dass ich ihn liebe und wieso er darauf kam, dass ich es nicht tun würde. Klar, ich wusste was jetzt gleich kam, er hatte es ja schon oft genug gesagt, aber mir fiel nichts Besseres ein. Ich fand es etwas lächerlich, dass er im Nachbarzimmer war und wir jetzt simsten.

Aber vielleicht traute er sich ja auch nicht zu mir ins Schlafzimmer zu kommen, dachte ich mir. Wir schrieben noch eine ganze Weile SMS. Seine Antworten dauerten immer ewig. Ich war immer gespannt was er schrieb.

Ich hoffte, dass das alles hier gut ausgehen würde. Irgendwann hatte ich genug von dem Geschreibe und ich vermisste seine Nähe immer mehr. So schrieb ich ihm nun folgende Worte: „Manu, bitte komm zu mir. Du musst wissen ich liege hier in Tränen und vermisse dich. Ich will keine weitere SMS, ich will dich!“ Dann wartete ich ab. Ich lauschte was sich im Wohnzimmer tat. Ich nahm aber kaum Geräusche war.

Ganz vertieft in mein Lauschen ging die Tür auf und ich erkannte die Silhouette von Manu Ich atmete auf und mir schossen erneut Tränen ins Gesicht. Manuel blieb einige Sekunden da stehen. Dann bewegte er sich auf das Bett zu.

Er legte sich neben mich und blieb auf seiner Seite liegen.

 

Ich drehte meinen Kopf zu ihm, dann sagte ich: „Komm zu mir. Ich will dich spüren.“

 

Manuel drehte sich zu mir und griff mit seinen Armen nach mir. Ich tat dem gleich. Auch ich kam ihm etwas entgegen und rutschte auf seine Seite. Meine Arme waren jetzt um seinen Körper geschlungen und seine um meinen Körper.

Wir drückten uns fest aneinander und ich spürte seine Wärme. Ich war froh, dass er wieder da war. Ich liebte es wenn wir uns versöhnten. Es war ja nicht die erste Versöhnung, die ich mit ihm erleben durfte, aber heute war es extremer als sonst.

Aber wir rafften uns immer wieder zusammen und nach jeder Versöhnung kamen wir uns ein Stück weit näher. Es gab nie große Aussprachen, wir nahmen uns meist nur in den Arm und alles war wieder okay.

Ich betonte noch heute Abend, dass ich ihn wirklich liebte Ich wollte diese Worte noch mal wiederholen. Ich wollte, dass er sicher ist.

Manus Unsicherheit in Bezug auf meine Liebe zu ihm war noch lange nicht vorbei. Aber es kam, der Tag an dem ich ihm beweisen konnte wie sehr ich ihn liebte. Es war an einem Wochenende, das er bei mir verbrachte.

Wir verlebten eine romantische Nacht und schliefen lange aus am Sonntag. Es war schon Nachmittag, als wir aufwachten. Wir nahmen uns vor gemeinsam zu duschen, wie so oft. Ich ging schon vor ins Badezimmer, um schon mal Zähne zu putzen.

Manu lag noch faul im Bett und versprach mir nachzukommen.

Nach dem Zähneputzen hüpfte ich schon mal unter die Dusche. Ich stellte das Wasser ein und wartete ab bis es wärmer wurde. Ich prüfte ab und an mit der Handfläche die Temperatur. Wenig später stand auch Manu im Badezimmer.

Ohne viel zu sagen wollte er zu mir in die Dusche kommen. Doch irgendwie machte er eine zu schnelle Bewegung und bevor er die Dusche erreichte rutschte er auf dem Boden aus, scheinbar war etwas Wasser aus der Dusche geflossen.

Ich sah ihn mit dem Kopf an die Toilette fallen. Blut spritzte auf die weiße Badgarnitur.

 

So lag er da, blutverschmiert, und schwach sagte er die Worte: „Aua, hilf mir. Hilf mir.“

 

Ich war voll panisch. Nackt wie ich war sprang ich aus der Dusche und beugte mich zu ihm runter. Jede Erste-Hilfe-Übung war in diesem Moment vergessen. Ich wusste nicht was zu tun war. Er war noch bei Bewusstsein.

Immer wieder bettelte er um Hilfe. Aber ich kniete zunächst rührungslos neben ihm. Dann schossen wieder Gedanken in meinen Kopf und ich handelte. Ich wollte ein en Druckverband machen. Ich hielt dies für angemessen.

Aber zunächst griff ich zu meinem Handy und wählte die Nummer des Notdienstes.

 

Manu sah das und beobachtete mich, dann sagte er leise und schwach: „Kein Arzt, bitte. Ich will nicht ins Krankenhaus.“

 

Ich bat ihn den Mund zu halten. Ich sagte der Rettungsleitstelle was passiert war und wo sie hinzukommen hatten, dann griff ich in den Verbandsschrank und wählte eine Packung mit Druckverband. Jetzt begab ich mich zu meinem Freund, der auf dem Boden lag.

Ich sah nur noch Blut und hatte Angst um ihn. Der Druckverband war schnell gemacht, ich war jetzt voll in meinem Element als Pfleger. Die Rettungsmannschaft ließ auch nicht lange auf sich warten.

Es ging jetzt alles so schnell. Die Sanitäter lobten meinen Verband und hoben anschließend den nackten Manu auf eine Trage. Sie deckten ihn zu und transportierten ihn zum Krankenwagen, der im Hof stand.

Ich durfte nicht mitfahren. Aber ich wollte bei ihm sein. So zog ich mich an, sobald die Sanitäter weg waren und fuhr in das Krankenhaus nach. Nachdem ich von der Krankenhausinformation erfahren hatte, dass Manu genäht wurde und in Zimmer 207 lag, betrat ich den Aufzug und fuhr in den zweiten. Stock, wo sich dieses Zimmer befand.

Dort angekommen schritt ich suchend nach dieser Zimmernummer durch den langen Gang. Dann fand ich das Zimmer. Es lag fast am Ende des Ganges. Ich stellte mich vor die große Tür und klopfte an. Ich wartete nicht ab, bis jemand ‚Herein‘ sagte, stattdessen trat ich einfach ein.

Im Raum gab es vier Betten, aber nur drei Betten waren belegt. Ich erblickte die ersten zwei Betten und nahm einen alten Mann mit Gipsbein wahr und gegenüber einen jungen Mann, etwa in meinem Alter.

Was er hatte konnte ich nicht ersehen, er schlief. Am Fenster sah ich Manu in seinem Krankenbett liegen. Er drehte sich zu mir und lächelte. Ich lächelte zurück. Ich ging zu ihm und setzte mich auf die Bettkante.

Er sah noch sehr schwach aus und hatte einen riesigen Verband auf dem Kopf. Scheinbar war die Verletzung nicht all zu schlimm, denn eine Gehirnerschütterung schien er nicht davon zu haben.

 

Manuel ergriff das Wort: „Du hast wirklich nur Sorgen mit mir.“
Ich lächelte nur und antwortete: „Mach dir keine Sorgen.“
„Danke, was du für mich getan hast.“
„Was meinst du?“
„Dass du mir geholfen hast vorhin. Ich dachte schon ich muss sterben!“
„Na, hey, so schnell geht das nicht.“
„Außerdem war es voll unangenehm, dass die mich nackt gesehen haben.“
Ich lachte nur und erwiderte: „Na, wenn das dein einziges Problem ist.“
Manu lächelte. Dann bat er mich, dass ich näher kommen sollte. Er wollte mir was mitteilen, was die anderen Zwei nicht hören sollten. Ich folgte seiner Bitte und ging mit meinem rechten Ohr nah an seinen Mund.

 

Dann fing Manu an zu sprechen: „Du, ich weiß jetzt, dass du mich liebst. Nach all dem was du heute getan hast. Danke. Ich weiß, dass du mich liebst.“
Ich bewegte meinen Kopf zurück und lächelte zufrieden. Ich nahm kurz seine Hand und streichelte sie. Es war mir im Moment egal ob das jemand sieht. Ich war so glücklich über diese Worte.

Nach diesem Krankenhauserlebnis wägte ich unsere Liebe in Sicherheit. Eine Woche lang war jetzt auch keine Meinungsverschiedenheit mehr. Ich war wirklich glücklich. Doch dieses Glück sollte wider unterbrochen werden und ausgerechnet wieder von dem Mann, den ich doch so liebte.

Diesmal stellte er nicht meine Liebe zu ihm in Frage, sondern war eifersüchtig auf Daniela. Er behauptete ich würde viel mehr Zeit mit ihr verbringen. Ich fragte ihn nur, was das jetzt wieder sollte.

Er war voll eingeschnappt deswegen und trotzig. Ich begründete mein Häufiges Treffen mit Daniela, dass sie ja meine beste Freundin war und dass sie in meiner Nachbarschaft wohnt. Ich verstand nicht warum er auf meine beste Freundin eifersüchtig war.

Er schien wieder seine verrückten fünf Minuten zu haben. So führte ich eine zweistündige Diskussion mit ihm über dieses Thema. Wir redeten in unserer Beziehung wirklich nicht viel, aber streiten konnten wir.

Mir ging es wieder gegen den Strich, dass er mir während des Gesprächs nicht in die Augen schaute. Ich sollte seine Tränen nicht sehen. Ich war wirklich aufgebracht und jetzt auch beleidigt. Ich verstand nicht warum er unserer Glück jetzt mit so einer Lächerlichkeit wieder zerbrach.

Er stellte mir fast ein Ultimatum. Er oder sie. Ich war fast am ausrasten. Es ging hier nicht um einen Mann, der sein Territorium betrat, sondern immer noch um meine beste Freundin, mit der ich gern die Zeit verbrachte.

Das wollte er nicht einsehen. Ebenso wenig wollte er sehen, dass doch er wegen seines Jobs nur ein bis zweimal die Woche für mich Zeit hatte. Aber ich hatte mich nie beschwert. Er lag da, an die Wand schauend, heulend und brachte immer wieder lächerliche Argumente hervor. Irgendwann reagierte ich gar nicht mehr.

Ich versuchte einen Kompromiss zu finden, dass er sich wieder wohl fühlte. Es war schwer und ich wollte auch nicht nachgeben. Dann hatte ich aber einen Einfall. Ich wollte ihm versprechen mehr Zeit für ihn zu haben, was ich ja eigentlich eh schon hatte.

Ich wollte ihn ruhig stellen. Aber ich gab eigentlich nur Versprechungen, die ich von meiner Seite nicht direkt halten konnte. Ich sagte, ich würde ein Treffen mit ihm einem Treffen mit Daniela vorziehen.

Außerdem sagte ich ihm, dass das Wochenende nur ihm gehört und wir da etwas zusammen unternehmen würden. Ich schwang Versprechungen, ohne lange nachzudenken. Doch auf diese beruhigenden Worte sprang er scheinbar an und drehte sich dann tatsächlich wieder zu mir.

Ich fand mich in diesem Gefühlswirrwarr, diesem Auf und Ab, nicht mehr zurecht. Ich spielte dieses Spiel schon ganze vier Wochen mit. Als wir so da lagen prägte sich in Gedanken meine Unsicherheit. Ich überlegte ob es nicht doch besser wäre Schluss zu machen.

Gerade war ich am Kochen in meiner Küche, ich hatte frei an diesem Montag, da piepste das Handy. Es war mein Ex. Seit sich mein Nachfolger von ihm getrennt hatte meldete er sich wieder regelmäßig. Er schrieb mir, dass er mich vermissen würde. Plötzlich kamen mir wieder die Gedanken an unsere Beziehung damals.

Ich erinnerte mich an die schönen Momente mit ihm. Er war einfach der perfekte Mann für mich. So waren meine Empfindungen. Bevor ich die Nudeln aufstellte wollte ich ihm erst noch antworten. Wir schrieben uns noch lange hin und her.

Frank, so sein Name, heulte sich bei mir aus. Er war sehr traurig und ich fühlte mit ihm. Ich versprach ihm immer für ihn da zu sein. Es war scheinbar schwer für ihn über die Trennung hinweg zu kommen.

Ich erinnerte mich auch zurück wie er damals mit mir Schluss machte. Meine Schmerzen sah ich, denn ich hatte in so geliebt und dann plötzlich dieser Stich mit dem Dolch in den Rücken. Frank sah aber heute auch ein, dass er zu hart war mit den Worten mir gegenüber damals.

Ich verstand nicht, warum er sich jetzt ausgerechnet vor ein paar Tagen wieder bei mir gemeldet hatte. Frank begründete es damit, indem er sagte er würde mir sehr vertrauen. Der Kontakt, so er, hätte ihm sehr gefehlt.

Immer wieder klagte er über seine gescheiterte Beziehung und betonte doch wie glücklich er im Gegensatz, mit mir war. Ich erinnerte mich auch gerne zurück. Es gab fast nie Streit. Just in dem Moment schoss mir wieder Manu in den Kopf.

Streit, das war mein Stichwort. Nach all dem was passierte in letzter Zeit wusste ich nicht mehr ob ich glücklich war oder nicht. Ich vermisste Manuel aber nicht. Wieder piepste das Handy.

Wieder war es Frank. Er fragte ob ich denn glücklich sei in meiner Beziehung. Jetzt wusste ich nicht was ich antworten sollte. So schrieb ich eben, dass ich mir nicht sicher war. Ich schickte die Nachricht ab und lehnte mich zurück.

Ich versank in Gedanken. Dass es kurz darauf wieder piepste nahm ich nicht wahr. Dieses ‚Bin ich glücklich‘ wollte ich jetzt genau durchdenken Ich dachte zuerst an die perfekte Beziehung mit Frank zurück.

Alles war so einfach. Wir hatten viel Spaß. Wir verstanden uns super. Ich hatte in dieser Beziehung vielleicht Beruf und Freunde vernachlässigt, weil ich voll in seiner Liebe aufging, aber das war wohl der einzige Kritikpunkt.

Ich war die ganzen fünf Monate überglücklich. Deshalb zog mich auch die Trennung so runter. Ich versuchte ihn zu hassen aber ich konnte es nicht. Ich liebte ihn, vielleicht noch bis heute. Jetzt dachte ich an Manu.

Ich dachte an die vielen Schreitereien, an die Eifersucht, an die kleinen Problemchen, die er aufpuschte bis zum Maximum. Ich dachte an unseren Start und stellte fest, dass eine Beziehung die mit Sex anfing sicher nie lange halten würde.

War jetzt der Endpunkt? Hatte ich mich geirrt? Liebte ich Manu nicht und war nur mit ihm zusammen um unsere sexuelle Beziehung aufrecht zu erhalten? Ich sah, dass wir eigentlich nie was anderes gemacht hatten, außer Sex.

Wir trafen uns, hielten uns in der Wohnung auf und fielen irgendwann übereinander her. Wir waren kaum aus, selten mal was essen oder einfach nur im Kino. Ich erinnere mich nur noch an Köln und das Essen im afrikanischen Restaurant vor meinem Geburtstag.

Sonst war da nichts. Nichts was mir in Erinnerung blieb. Im Gegensatz zu Frank. Dieser nahm mich sogar mit auf Familienfeste. Manu nicht. In Gedanken ließ ich kein gutes Haar an Manuel. Ich schluckte und hatte einen Entschluss gefasst.

Eigentlich war ich unsicher. Ich lief in er Wohnung auf und ab. Was sollte ich tun. Di e Entscheidung oder die Idee mit Manu Schluss zu machen war ja schon ab und zu mal vorhanden und vor allem seit diesem Streit um Daniela.

Meine Gedanken waren auf dem Nullpunkt. Plötzlich tat ich etwas, ich glaube man nennt es aus dem Bauch heraus handeln oder frei nach den Gefühlen. Ich konnte mich kaum mehr richtig kontrollieren.

 

Ich griff nach dem Handy und schrieb Frank eine Nachricht: „Wegen meiner Beziehung … Bitte steh mir bei, ich werde jetzt handeln.“

 

Ich wartete keine Antwort ab. Stattdessen griff ich zum Telefonhörer und wählte Manuels Nummer. Ich musste es lange klingeln lassen bis er ranging. Ich meldete mich wie in Trance mit meinem Namen und teilte ihm mit, dass ich ihn dringend sprechen wollte.

Ich sagte, dass ich in einer Stunde da sein würde. Manuel verstand nicht worum es gehen sollte, also fragte er noch nach. Ich sagte nur noch: „Es wird dir nicht gefallen.“ Dann beendete ich das Gespräch.

Manuel war gerade von der Arbeit gekommen, als ich bei ihm eintraf. Er öffnete mir die Tür und ich trat ein. Ich lief an ihm vorbei und setzte mich auf die Couch. Er setzte sich rechts neben mich. Manuel sah noch etwas vom Stress der Arbeit mitgenommen aus. Aber das interessierte mich nicht.

 

Er begann das Gespräch: „Hast du irgendeinen Entschluss gefasst? Willst du mit mir Schluss machen? Du hast mir zur Begrüßung noch nicht mal einen Kuss gegeben.“

 

Das mit dem Kuss fiel mir auch jetzt erst richtig auf. Hatte ich es nur vergessen oder hatte ich wirklich schon mit Manuel abgeschlossen. Ich konnte mir darauf selbst keine wirklich gute Antwort geben.

So ignorierte ich diese Tatsache. Ich setzte nun das Gespräch fort, indem ich Manuel erklärte, dass ich mir wirklich vorgenommen hatte Schluss zu machen. Diese Worte nahm er irgendwie sehr gelassen auf.

Wie in vergangenen Gesprächen schaute er mich kaum an, aber er brach weder in Tränen aus, noch vergrub er sich in der Couch. Er nahm diese Worte wirklich scheinbar eiskalt auf. Ich rang nach Erklärungen warum denn Schluss sein sollte.

Ich zählte all unsere Streits und Meinungsverschiedenheiten auf. Ich wusste nicht ob er mir zuhörte aber ich redete weiter. Ich fühlte, als wäre ich ihm dies schuldig, eine Erklärung. Wie ein Buch plapperte ich um mich zu rechtfertigen, doch was ich da sagte nahm ich nicht wirklich war.

 

Manuel unterbrach mich urplötzlich und sagte: „Es ist okay. Du hast den Entschluss gefasst. Ich wusste ja immer, dass du mich nicht wirklich liebst. Jetzt hab ich den Beweis dafür. Wir werden uns wohl trennen müssen. Ich möchte aber nach einer solchen Trennung keinen weiteren Kontakt mehr mit dir.“

 

Eigentlich hätten mir diese Worte egal sein können, aber ich musste jetzt weinen. Mir schossen die Träne in die Augen. Ich wollte nicht, dass Manu diese sieht so drehte ich mich zur Seite.

Ich wischte mir die Augen und drehte mich dann wieder in seine Richtung. Wieder versuchte ich mich zu rechtfertigen. Ich widersprach seinen Worten, dass ich ihn doch nie geliebt hätte. Diese Diskussion hatten wir ja oft, immer wieder. Manuel hörte meinen Erklärungen glaube ich gar nicht richtig zu.

Er fummelte nur an der Fernbedienung rum.

 

Doch dann unterbrach er meinen Redefuß erneut: „Hast du einen anderen?“
Mir schossen die Gedanken an Frank wieder hoch und die positiven Erinnerungen an damals. Ich dachte plötzlich, es würde alles wieder gut mit meinem Ex werden.

 

Ich ignorierte diese Gedanken aber gleich wieder und dementierte: „Nein, habe ich nicht. Hier geht es nur um mich und dich und um unsere Probleme.“

 

Ich glaubte selbst nicht daran, was ich da sagte. Wie sollte Manuel es dann glauben. Ich wollte Schluss machen. Eigentlich aus heiterem Himmel. Meine Gefühle spielten ein böses Spiel mit mir.

Ich wollte dem Gefühl in meinem Bauch folgen, welches mir sagte, dass ich mit irgend etwas in meinem Leben nicht zufrieden war. Ich übertrug diese negativen Gefühle irgendwie auf meine Beziehung zu Manuel.

Ich interpretierte es so als wäre ich hier nicht glücklich und nach einer Trennung würde es mir besser gehen. Außerdem war da wieder Frank, der dieser Unsicherheit den letzten Schliff gab. Ich erhoffte mir vielleicht von seinem plötzlichen Wiederauftauchen aus der Vergessenheit zuviel.

Ich wusste es nicht. Ich wusste gar nichts mehr. Was ich wusste ist, dass ich es nicht länger in dieser Wohnung aushalten konnte, so stand ich auf und lief zur Tür.

 

Ich schaute zu Manuel und sagte: „Tschüss, Manuel. Ich denk wir hörn voneinander.“
„Christian, mach es uns nicht zu schwer. Es ist aus. Ich möchte keinen Kontakt mehr. Es würde mir zu wehtun dich wieder zu sehn. Ich habe dich geliebt. Und ich werde dich immer lieben.“

 

Diese Worte waren unerträglich für mich. Ich öffnete die Tür und rannte die Treppen hinunter zum Auto. Ich weinte unaufhörlich. Was hatte ich nur getan? War das die richtige Entscheidung?

Ich hatte den Menschen verletzt, den ich doch so sehr liebte oder geliebt habe? Und alles nur aus einer Unsicherheit heraus oder war es der richtige Weg endlich glücklich zu werden. Ich fühlte mich doch etwas befreit.

Am Auto angekommen rief ich sofort Daniela an und bat sie in 30 Minuten bei mir vorbeizukommen, dann wäre ich Zuhause. Sie verstand nicht was los war aber sie versprach sofort zu kommen.

Ich legte auf. In Tränen aufgelöst setzte ich mich in das Auto und wollte losfahren, da kam eine SMS. Es war Manu. Ich las sie sofort.

 

Er schrieb nur: „Auf nimmer Wiedersehen, mein Ex-Schatz, in ewiger Liebe Manu.“

 

Ich schmiss das Handy zur Seite und fuhr unter Tränen los. Während der Fahrt piepste es erneut, aber ich konnte nicht nachsehen. Ich war zu sehr mit dem Kampf der Gefühle und der Tränen beschäftigt.

Erst als ich Zuhause ankam und ich das Auto eingeparkt hatte widmete ich mich dem Handy. Es war wieder Manuel. Diese SMS machte mich nun endgültig sprachlos. Ich war vollkommen am Ende.

Mir war schlecht. Daniela öffnete meine Fahrertür, Sie war längst da, und fragte mich was denn los sei und warum ich nicht ausstieg. Ich schaute sie mit meinem verweinten Gesicht an und schnallte mich ab.

Jetzt stieg ich aus und umarmte sie. Ich war froh, dass sie da war. Sie fragte erneut was los war. Wir verharrten noch immer in der Umarmung. Ich wollte sie gar nicht mehr los lassen. Als ich sie losließ zückte ich mein Handy, auf dessen Display noch immer diese schockierende Kurzmitteilung von Manu stand, und reichte es ihr zum Lesen.

 

Sie hielt das Handy und las kopfschüttelnd: „Christian, ich hasse dich jetzt schon. Ich streiche dich aus meinem Leben.“

 

Ich lag auf meiner Couch und war wieder mal am simsen mit Frank, meinem ersten Freund. Seit ich mich von Manu gelöst hatte fühlte ich mich irgendwie auch wieder richtig frei. Nun bildete ich mir wieder ein, dass mein Ex, nachdem er jetzt auch solo war, wieder mit mir zusammenkam.

In dem Moment war das mein größter Traum. Ich dachte nur noch selten an Manu zurück. Ich hatte eine Entscheidung getroffen und mit der war ich einverstanden. Ich kannte mein Ziel und dieses war, Frank zurück zu erobern.

Nun es blieb bei den SMS. Ich hätte ihn zwar sehr gerne gesehen, aber er hatte kaum Zeit. Er hatte viel zu lernen für sein BWL-Studium. Aber ich war zufrieden mit dem Kontakt per SMS.

Hauptsache ich wusste wie es ihm geht und was er gerade so machte. Ich fühlte mich zurückkatapultiert in alte Zeiten. Wir waren beide einsam und verstanden uns gut. Es war wie eh und je.

Ich vergaß die Trennung von damals und ich versuchte zu vergessen, dass er monatelang einen anderen hatte. Er war wieder da und er sollte mein sein. Ich machte mir tatsächlich total die Hoffnungen.

In unseren Kurzmitteilungen sprachen wir aber lediglich über Alltag, Freunde und Beruf. Nie sprachen wir über einen Versuch der Revision unserer Beziehung. Ich war aber froh über jedes ‚Bussi‘ und jedes ‚hdl (Hab dich lieb!)‘, das er mir in seinen Mitteilungen beifügte. Je häufiger diese Worte die SMS verzierten, desto mehr Hoffnungen machte ich mir.

Daniela kannte ihn ja auch gut, aber sie glaubte nicht daran, dass Frank je wieder mit mir zusammenkommt. Zuviel sei passiert, sagte sie. Ich zeigte ihr fröhlich die Kurzmitteilungen, die er mir seit Tagen schrieb.

Sie war trotzdem wenig überzeugt. Ich ließ mich von ihrer Einstellung kaum beeindrucken. So beschloss ich ihr gar nichts mehr zu darüber zu sagen. Ich ließ mir doch meine Fröhlichkeit nicht zerstören.

Anfang November meldete sich Manu kurz per SMS. Ich erinnerte mich blitzartig an unsere Zeit. Ich spürte die Tränen in meinen Augen. Dann dachte ich wieder an Frank. Ich dachte mir, Manu, wer war das schon.

Auf jeden Fall kein Mann für mich. Auf seine SMS, mit dem Inhalt: „Ich bin verzweifelt, was soll ich tun, hilf mir Chris.“, antwortete ich nur eiskalt, dass er stark sein sollte. Plötzlich spürte ich eine Schwäche in mir.

Beim Abschicken dieser Nachricht wurde mir etwas schwindelig. Auf meine Antwort kam keine Reaktion mehr.

Es war ein langweiliger Novemberabend. Es war dunkel und es regnete in Strömen. Ich lag wieder auf der Couch und hatte das Handy in der Hand. Ich wollte Frank schreiben. Wir hatten einige Tage nichts voneinander gehört.

Eigentlich komisch, denn wir hatten ja eigentlich fast täglich Kontakt, außer die letzten Tage. Ich ignorierte dies, weil ich sowieso Nachtdienst hatte und tagsüber schlief. Nachdem ich eine Kurzmitteilung an Frank losgeschickt hatte griff ich zur Fernbedienung und schalte den Fernseher an.

Ich zappte ungeduldig durch das Programm und schaute nervös auf das Handydisplay. Aber es kam keine Nachricht. Ich fand das komisch. Ich überlegte ob ich anrufen sollte. Dann beschloss ich es zu lassen.

Wir hatten immerhin schon ewig nicht mehr telefoniert, es lief ja alles über SMS. Mein Schiss siegte und ich blieb rührungslos liegen, müde abwartend wann eine SMS kam. Plötzlich piepste es auch, na endlich.

Voller Vorfreude nahm ich das Handy und wollte die eingehende Nachricht lesen. Es war aber nicht Frank. Es war Daniela. Sie teilte mir mit, dass sie beleidigt sei, weil ich mich solange nicht gemeldet hatte.

Ich war einfach sauer auf sie, weil sie meine Fröhlichkeit um Frank zerstörte. Das wollte ich nicht zulassen. Ich antwortete ihr, dass es mir leid tat und ob sie wüsste was mit Frank los sei, da er sich nicht meldete.

Ich musste nicht lange auf eine Antwort warten. Sie schrieb wieder betont, dass sie sauer war und was ich als nächstes lesen musste war für mich erschütternd: „… Frank ist bei seinem neuen Freund in Mainz.

Und ich fahre für sieben Tage zu meiner Familie. Bis dann. Machs gut!“ Ich legte das Handy zur Seite und grübelte: Was hatte ich getan?

Daniela sollte zu Recht sauer auf mich sein. Ich hatte mich tagelang nicht bei ihr gemeldet. Ich hatte mir meine Traumwelt aufgebaut. Diese Traumwelt war zwar nicht real, aber ich fühlte mich dort verdammt wohl.

Ich lebte gut mit der Illusion, dass Frank und ich wieder ein Paar sein könnten. Damit hatte ich Daniela vergessen und meine Gefühle zu Manu hatte ich miss interpretiert. Ich handelte aus dem Bauch raus, so hab ich schon oft Menschen verletzt.

Aber jetzt war der Höhepunkt erreicht. Jetzt hatte ich viel Zeit zum Nachdenken, denn Daniela war weg, weit weg bei ihrer Familie. Sie war es mit der ich die meiste Zeit verbrachte. Und Manuel, liebte ich ihn?

Ich zweifelte erneut an mir selbst. Ich erinnerte mich zurück an den Abend als ich Schluss machte. Ich hatte geweint. Warum hatte ich geweint? Hat mein Bauch mir gesagt, dass ich es beenden soll und dass es mir dann besser geht.

Und sagte mir mein Verstand oder irgendein anderes Gefühl gleichzeitig mit den Tränen, dass es der falsche Weg war? War ich vorhin noch müde, so war ich nun wieder hellwach. Ich war tief in Gedanken.

Meine Gedanken kreisten auch um Frank. Ich konnte schwören, dass jede einzelne SMS so rüber kam, als wäre auch er noch oder wieder in mich verliebt. Es kam mir nun vor als hätte er mir etwas vorgespielt.

Es war ein böses Spiel, aber ich hatte mich ja darauf eingelassen. Ich ließ mich täuschen. Ich sah unsere gute Zeiten und ich sah meinen Traummann zurück an meiner Seite. Aber das wäre ja auch zu einfach gewesen.

Im Gegen teil, diese Situation sollte mir die Augen öffnen. Ich liebte Manu. Musste das alles erst passieren, dass ich das raffte. Kurz sehnte ich mich nach Manuel. Ich erinnerte mich an unsere kurze Beziehung und seine harten Worte am Schluss.

Er hasste mich und wie ich im nächsten Augenblick beschloss, auch zu Recht. Ich war ein Arsch. Ich hatte mich durch meine falschen Gefühle leiten lassen. Ich hatte jetzt alles verloren.

Ich war allein. Ich verlor Frank, aber das war mir plötzlich egal. Ich hatte wieder diese rosa rote Brille auf, ich war blind. Aber jetzt war ich erwacht und sah mit klareren Augen. Ich sah meine Fehler. Ich verärgerte Daniela.

Meine beste Freundin habe ich ignoriert für diese falsche Liebe. Sie konnte zu Recht sauer sein. Ich hatte es nicht anders verdient, dass ich se jetzt eine Woche nicht sah. Es war eine gerechte Strafe. Ich wollte nur noch nachdenken und bereuen.

Und das wichtigste was ich für immer verlor war Manuel. Ich konnte mir nicht erklären, warum ich mich auf diese Art von ihm trennte und ihn damit sicher tief verletzt hatte. Außerdem hatte ich seinen Hilferuf ignoriert.

Ich wäre so gern für ihn da gewesen. Was hatte ich nur getan. Konnte ich mich durch mein Bauchgefühl so täuschen lassen. Die Fassade war gefallen und die Bauchschmerzen noch viel schlimmer geworden.

Von Tag zu Tag ging es mir immer schlechter. Ich verkroch mich in meinen vier Wänden. Ich war sauer auf mich. Ich konnte doch niemandem mehr unter die Augen treten. Ich war mir nicht sicher, was die Menschen, die ich verletzt hatte jetzt von mir dachten.

Ich traute mich aber auch nicht Daniela zu schreiben. Aber meine Gedanken kreisten darum Manu zu schreiben. Ich hatte ja nichts zu verlieren. Ich griff zu meinem Handy und überlegte was ich ihm schreiben könnte.

Wir hatten jetzt schon seit vier Wochen keinen Kontakt und er hatte mich sicher schon längst aus seinem Gedächtnis gestrichen. Ich wollte es aber versuchen. Ich wollte ihm versteckt mitteilen, was ich für ihn empfand.

Ich ließ mein Finger über die Tastatur gleiten und gab Texte ein, löschte sie wieder und korrigierte. Nach einer halben Stunde hatte ich eine Kurzmitteilung geschrieben und ich bestätigte. Die SMS wurde versendet. Der Inhalt, wie ich im nach hinein fand, war lächerlich und erbärmlich. Der Text lautete: „Hallo, Manu, mir geht es nicht sehr gut. Wie geht es dir. Bitte melde dich mal wieder.“ Es war ein versteckter Hilferuf, ein Betteln, aber es gab keine Antwort für mich. Ich brach erneut in Tränen aus.

 

*-*-*

 

Es war schon spät am Nachmittag als es an der Tür klingelte. Es war meine beste Freundin Daniela. Wir verstanden uns jetzt wieder ganz gut. Ich hatte ihr erklärt wie es mir in dieser Zeit ging und sie verstand es.

Ich war froh wenigstens sie wieder zu haben. Ich erzählte ihr außerdem von meinen Gefühlen zu Manu und ich berichtete über meinen großen Fehler und meine Blindheit. In diesem Gespräch hatte sie mir offenbart, dass sie es wohl nicht so lang mit Manuel ausgehalten hätte. Sie hatte ja alle Phasen dieser Beziehung berichtet bekommen und von daher konnte sie gut darüber urteilen.

Aber ich vermisste diesen Chaot. Ich wusste jetzt, dass ich ihn liebte. Aber ich konnte nichts mehr tun. Ich hatte verloren. Daniela verließ mich erst spät am Abend. Wir hatten lang geredet.

Kaum war sie weg setzte ich mich an den PC um etwas im Internet zu surfen. Plötzlich hatte ich nach langer Zeit auch mal wieder Lust auf den Chat. Hier hatte ich Manuel gefunden. Ich schwelgte während der Ladezeit des Chats noch etwas in Erinnerungen.

Nachdem der Chat geladen war piepste just mein Handy. Etwas aus den Gedanken gerissen blickte ich auf mein Handy. Ich wählte den ‚Anzeigen‘-Knopf meines Nokia-Handys und war erstaunt. Manuel hatte mir geschrieben.

Er sagte mir lediglich, dass es ihm gut ging. Ich war etwas überrascht, er hatte sich immerhin seit Tagen nicht auf meine SMS gemeldet. Ich wollte sofort antworten, aber ich wusste wieder nicht was. Ich entschied mich dann zu schreiben, dass es mir noch immer nicht so gut geht. Aber darauf hatte er ja dieses Mal schon nicht reagiert.

Ich konnte ihm aber kaum meine wahren Gefühle nennen, dafür war es zu spät. Ich wollte ihn wenigstens als guten Freund behalten, auch wenn mir das viel zu wenig war. Plötzlich piepste es erneut.

Wieder Manuel. Er fragte, was ich denn für Probleme habe. Ich antwortete, allerdings wollte ich natürlich nicht den wahren Grund nennen. Wir schrieben noch eine ganze Weile. Seit diesem Tag hörte ich wieder täglich kurz von ihm.

Der Kontakt war wieder da, wenn auch nicht so wie ich es mir erhofft hatte. Eine Woche später beschloss ich einkaufen zu gehen. Ich wollte mir ein paar Klamotten kaufen. So fuhr ich mit der Straßenbahn in die Innenstadt. Ich trottete durch die Innenstadt und schlenderte an den Schaufenstern vorbei.

Mit meinen Gedanken war ich nicht bei der Sache, noch immer dachte ich darüber nach ob es für mich und Manu doch noch eine Möglichkeit der Zusammenkunft geben könnte. Ich malte mir das schön aus. Ich überlegte mir die verschiedensten Möglichkeiten eines Happy Ends. Doch ich konnte ihm nicht sagen, dass ich ihn noch liebte.

Er würde es nicht verstehen. Wer verstand das schon? Ich trennte mich von ihm obwohl ich ihn liebte. Es war zu verwirrend. Doch irgendwann hatte ich mir das so weit schön ausgemalt, dass ich zu meinem Handy griff und Manu eine SMS schrieb.

Ich wollte ihm jetzt ein deutlicheres Zeichen meiner Liebe geben: „Hi, Manu, vielleicht mag ich dich noch mehr als ich zugebe.“ Ich war mir aber nicht sicher ob er es verstehen würde. Ich spazierte weiter durch die Innenstadt und wartete ab. Nach einer viertel Stunde fing das Mobiltelefon tatsächlich an zu piepsen.

Es war Manuel. Ich schloss kurz die Augen und drückte mir selbst die Daumen für eine positive Reaktion. Ich ließ mir die Kurzmitteilung anzeigen: „Hi, Chris. Was meinst du?“ Ich wusste irgendwie, dass er das nicht versteht oder nicht verstehen wollte.

So nahm ich meinen Mut zusammen und wollte noch deutlicher werden. Bei Eingabe des Textes fühlte ich Tränen in meinen Augen: „Vielleicht liebe ich dich noch.“ Deutlicher konnte ich nicht werden.

Jetzt war ich mir allerdings vollkommen unsicher, wie er reagieren würde. Ich konnte nicht mehr laufen, deshalb setzte ich mich auf eine Bank vor dem Luisen-Center. Ich hielt das Handy in der rechten Hand und wartete ab.

Wieder vergingen Minuten bis zur Antwort. Aber ich war schon froh, dass überhaupt eine Reaktion folgte. Wieder ließ ich mir die Nachricht anzeigen: „Aber hey du hast dich von mir getrennt…“

Ich bestätigte dies und schrieb, dass das mein größter Fehler war und dass ich es gar nicht glaubhaft erklären könnte. Manuel ahnte jetzt scheinbar irgendwie was meine Absicht war und antwortete auf meine Bekenntnis damit, dass er uns keine weitere Chance geben könnte. Ich war sehr traurig.

Das drückte ich auch in den 160 Zeichen der folgenden SMS aus. Als Antwort folgte bald: „Es tut mir leid, Chris, ich kann dir denke ich nicht mehr vertrauen.“ Ich spürte wieder Tränen in meinen Augen.

Ich wollte das Handy schon enttäuscht wieder zurück in die Tasche stecken und weiterlaufen, da piepste es erneut. Es war noch mal Manuel: „Ich liebe dich doch auch, Mann, verdammt. Ich muss jetzt voll heulen. Ich weiß nicht was ich tun soll.“

Ich war voll überrascht über diese SMS. Jetzt wusste ich gar nicht mehr was gespielt wird. Ich war einerseits froh, aber andererseits unsicher. Wir verabredeten uns noch für morgen zum Telefonat. Vielleicht würde ich da mehr erfahren.

Am anderen Abend hatte ich noch Besuch von Benno. Ihn kannte ich erst recht kurz. Ich hatte ihn auch über das Internet kennen gelernt und wir freundeten uns schnell an. An diesem Abend erzählte ich ihm zum ersten Mal von Manu.

Ich offenbarte ihm meine Gefühle. Ich holte weit aus und erzählte die ganze Geschichte dieser Liebe, die so schnell geendet hatte und eine ungewisse Zukunft hatten. Benno sprach mir Mut zu.

Er gab mir irgendwie die Kraft, dass ich wieder positiv denken konnte. Mein Optimismus wurde durch ihn wieder voll aufgebaut. Ich war gestärkt für das folgende Telefongespräch. Kaum hatte mich Benno verlassen nahm ich mir vor anzurufen.

Ich hatte weniger Angst vor dem Telefonat als noch gestern Abend und heute im Tagesverlauf. So wählte ich Manus Nummer und hielt den Hörer an mein Ohr. Manuel nahm schon bald ab und ich hörte zum ersten Mal wieder seine Stimme.

Unsicher begrüßte ich ihn. Er gab ein ‚Hallo‘ zurück. Ich fragte wie es ihm denn ginge, denn ich wusste nicht wie ich dieses Gespräch beginnen sollte.
„Mir geht es soweit gut,“ folgte als Antwort.
„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“
„Na ja, du, ich war gestern etwas über deine SMS verdutzt“
„Ja, aber es ist die Wahrheit und ich wollte es dir mitteilen.“
„Du weißt, dass ich uns keine Chance geben kann.“
„Wenn du das sagst. Ich finde es traurig. Aber ich bin ja selber Schuld.“
„Gibst du mich einfach kampflos auf?“
„Warum soll ich kämpfen, wenn du uns keine Chance mehr gibst?“
„Na ja es geht ja auch nicht mehr.“
„Was?“

„Ich hab so gut wie einen neuen Freund. Es ist in der Aufbauphase.“
„Ach so. Tja dann, hab ich eh verloren.“
„Vielleicht.“

„Werde deutlicher. Gestern noch hast du mir geschrieben, dass auch du mich liebst.“
„Ja, ich werde dich immer lieben.“
„Du hast mir auch mal geschrieben, dass du mich hasst und vergessen möchtest.“
„Ja, das war am Tag der Trennung. Da würde wohl jeder so reagieren.“
„Ich nicht.“
„Mag sein. Ich bin eben so und nicht anders.“
„Und wer ist es mit dem du zusammen bist?“
„Kennst du eh nicht. Er heißt Andy. Ich hab ihn in der Disco kennen gelernt. Ich war nämlich in den letzten Wochen öfter aus, um dich zu vergessen. Aber ich hab es bis heute nicht geschafft.“
„Liebst du ihn?“
„Ich denke schon. Er ist perfekt.“
„Niemand ist perfekt.“
„Mag sein. Er kommt jetzt 2 Tage zu mir und übernachtet bei mir.“
„Wenn du meinst.“
„Hey, Chris, denkst du ernsthaft wir hätten wieder eine Chance. Es sind Wochen vergangen. Es ist viel passiert.“
„Mag sein. Aber es gibt immer einen Weg. Aber du hast dich entschieden.“
„Ich bin mir voll unsicher, Mensch.“
„Dann sag dieses Treffen mit Andy ab! Denk erst mal nach.“
„Das geht nicht. Er hat sich extra frei genommen und kommt mit dem Zug. Ich kann das nicht mehr absagen.“
„Man kann alles.“
„Nein.“

„Ich sage dir nur noch, wenn an diesen zwei Tagen, du weißt schon was stattfindet, dass ihr miteinander schlaft, dann ist das die Entscheidung für ihn. Dann habe ich verloren. Okay?“

Manu lenkte jetzt wieder ab von Andy und entführte mich mit seinen Worten in die Vergangenheit. Wir redeten noch einige Zeit über das Positive und die schöne Momente unserer Beziehung.

Und es gab doch viel mehr davon als ich dachte. Dann beendeten wir das Gespräch. Ich wusste nicht mehr ob ich jetzt noch immer Hoffnung haben sollte.

Es vergingen vier Tage bis sich Manu wieder meldete. Scheinbar hatte er wirklich nachgedacht. Er teilte mir mit, aß Andy zu Besuch war, trotz meines Ratschlages und auch, dass er mit ihm geschlafen habe. Ich war etwas enttäuscht.

Doch außerdem teilte er mir mit, dass er sich von Andy getrennt habe, oder besser, keine Beziehung zugelassen hatte, denn die beiden waren ja noch nicht richtig zusammen. In der SMS teilte Manu mir noch immer seine Angst mit, da es mit mir und ihm nicht klappen würde.

Er hatte Angst vor einer neuen Enttäuschung. Ich tippte ohne Unterlass. Ich wollte retten was zu retten war, um ihn umzustimmen und ihm Mut zu machen. Bald betonte er wieder, dass er mich liebt, unendlich liebt, aber eine Partnerschaft käme nicht mehr in Frage.

Ich war beinahe am Verzweifeln. Ich fand plötzlich gute Worte, gute Argumente. Darauf musste er erst mal eine ganze Weile nachdenken. Ich schrieb: „Wir zwei lieben uns aber wir sind getrennt und wollen dies auch bleiben. Wenn dir das leicht fällt, mir nicht.“ Auf diese Aussage kam erst eine halbe Stunde später eine Antwort: „Ich hab nachgedacht, ich liebe dich, aber ich schaffe es nicht mehr. Lass uns Freunde sein.“

Das war’s dann wohl, dachte ich mir. Ich löschte die Kurzmitteilung und kuschelte mich fester in meine Decke. Ich konnte darauf nicht mehr antworten. Ich hatte nun endgültig verloren. Ich habe versucht irgendwie zu kämpfen mit Worten, aber ich hatte versagt.

In meinen traurigen Gedanken schlief ich bald ein.

Schon früh am anderen Morgen wollte ich Manuel schreiben. Ich hatte kaum geschlafen, denn ich konnte nicht akzeptieren, dass er nur noch ein guter Freund von mir war. Ich redete mir ein es nicht verkraften zu können wenn ich ihm begegne und wir uns freundschaftlich treffen. So wollte ich den Kontakt abbrechen.

Ich dachte das wäre der beste Weg. Nachdem ich die SMS abgeschickt hatte zog ich mich an und begab mich auf die Arbeit. Ich hatte Frühdienst. In meiner Frühstückspause kontrollierte ich mein Handy, ob Manu denn reagiert hatte.

Und tatsächlich, er teile mir aber nur folgendes mit: „Ich bedauere deine Entscheidung, Chris, aber ich muss sie akzeptieren. Ich wünsche dir ein schönes Leben, mach’s gut, in ewiger Liebe, Manu.“

Ich fand diese Worte relativ hart. Es hörte sich wie ein Abschied für immer an. Ihn nie mehr zu sehen war wohl auch nicht unbedingt was ich beabsichtigte. Aber ich ließ diese Reaktion unbeantwortet. Aber ich war doch traurig.

Ich hatte mich bis zum nächsten Tag langsam damit abgefunden, dass der Kontakt zu Manu vorbei war, mal wieder. Aber da hatte ich mich verschätzt. Irgendwann piepste das Mobiltelefon und ich bekam zu lesen: „Hast du einmal um etwas gekämpft was fast aussichtslos war?“

Ich verstand nicht was das jetzt sollte. Ich sah keinen Zusammenhang mehr. Ich beschloss Manuel anzurufen und ihn direkt damit zu konfrontieren. Er war aber etwas außer sich, weil ich nicht verstand was er meinte.
„Ich weiß wirklich nicht was du meinst.“

 

„Oh Mann, das ist doch eindeutig.“
„Das finde ich wohl gar nicht. Du sagst mir, du liebst mich, kannst dir aber keine Beziehung mehr mit mir vorstellen. Du schlägst mir vor, dass wir Freunde bleiben. Damit war ich nicht einverstanden, weil ich dachte ich verkrafte es nicht, also brach ich den Kontakt ab. Damit warst du einverstanden und hast es akzeptiert. Und jetzt meldest du dich wieder. Alles etwas verwirrend, nicht wahr?“
„Vielleicht will ich das ja doch nicht.“
„Was bitte?“
„Na ja, dass du den Kontakt abbrichst.“
„Dann hättest du das gesagt.“
„Es war aber deine Entscheidung.“
„Diese Entscheidung beruht darauf, was die letzten Tage so alles beredet wurde zwischen uns.“

„Vielleicht liebe ich dich mehr als ich zugeben kann oder möchte.“

 

„Langsam wird’s mir echt zu verwirrend.“
„Sorry.“

„Weißt du was? Wir werden uns einfach treffen. Wir treffen uns an einem neutralen Platz und reden.“

„Okay, wenn du das möchtest.“
„Du etwa nicht.“
„Klar doch, aber ich meine weil du den Kontakt abgebrochen hast oder das wolltest!“

„Jetzt tu nicht so, du weißt genau warum!“
„Ja, ist gut.“
„Wo wollen wir uns treffen? Kommst du nach Darmstadt?“
„Ich kann aber erst ab 21 Uhr da sein mit dem Zug und muss auch gegen 23 Uhr wieder zurück. Ich muss morgen früh raus.“
„Ja klar ist doch kein Problem.“
„Okay, morgen, ja?“
„Ja.“

Wir verabschiedeten uns dann ziemlich schnell. Ich war nur noch verwirrt. Mit dieser Meldung von Manu hätte ich dann doch nie gerechnet. Aber was jetzt? Wieder Hoffnungen? Spielte er mit meinen Gefühlen?

Es war ein eiskalter Nikolaustag und ich war auf der Fahrt zum Hauptbahnhof, wo um 20:54 Uhr Manuel eintreffen würde. Ich stellte mein Auto auf dem Parkplatz vorm Bahnhof ab und begab mich in das Bahnhofsgebäude.

Auf der Anzeigetafel überprüfte ich, wo der Zug aus Frankfurt ankommen würde. Ich sah, dass er auf Gleis vier ankommen würde. Mittlerweile war es 20:45 und ich ging langsam in Richtung des Gleises. Dort setzte ich mich auf die Bank und wartete. Bald kam eine Durchsage, dass der Zug Verspätung hat.

Ich verdrehte nur die Augen und stellte mich auf das längere Warten ein. Mit 10 Minuten Verspätung traf endlich der IC ein. Ich erhob mich von meinem Platz. Ich wusste gar nicht wo ich warten sollte.

So stellte ich mich an die Treppe, wo er sowieso vorbei musste. Der Zug kam zum Stillstand und eine ganze Menschenmasse stieg aus. Ich konnte aber trotz intensiver Beobachtung keinen Manuel sehen.

Als der Bahnsteig schon fast menschenleer war und der Zug abfahrtsbereit war machte ich mir Gedanken Hatte ich ihn übersehen oder war er einfach nicht gekommen. Ich lief die Treppe nach oben.

Plötzlich fiel mein Blick auf das Treppengeländer dort oben. Ich erkannte Manuel. Ich bewegte mich schneller auf ihn zu und begrüßte ihn. Er zeigte keine Freude. Er grüßte nur kurz zurück.

Ich schlug vor in die Bahnhofsgaststätte zu gehen, denn ich wollte nicht zu weit weg vom Bahnhof da wir sonst Zeit verlieren würden. Er hatte ja kaum zwei Stunden Zeit. Manu war einverstanden. Es war ihm scheinbar egal.

In seinen Reaktionen vermutete ich, dass er erneut überlegt hatte und gleich endgültig mit mir abschließen würde. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte so ein Gefühl. Auf dem ganzen Weg, durch die Bahnhofshalle, zum Restaurant sagte er kaum etwas.

Und wenn er etwas sagte, dann machte er irgendetwas schlecht. Er war irgendwie voll mies drauf. Ich hatte mich ja auf dieses Gespräch gefreut, aber plötzlich verlor ich wieder die Hoffnung und ich hatte Angst vor dem was da auf mich zukommen würde.

Im Restaurant angekommen setzten wir uns. Die Bedienung war schnell da und fragte uns nach unserer Getränkewahl. Außerdem überreichte sie uns die Speisekarte. Im Anbetracht der Tatsachen hatte ich aber kaum Hunger.

Deshalb nahm ich nur einen kleinen Salat. Manuel dagegen schlug voll zu und wählte Vorspeise und Pasta.

Wir kamen kaum ins Gespräch. Manuel kam mir so anders vor. Am Telefon noch zeigte auch er Unsicherheit und hörte sich an wie immer. Jetzt plötzlich schaute er mich an und sprach von oben herab, als wäre ich irgendwer, den er kaum kannte und sowieso gleich abschießen würde.

Er tischte mir jetzt plötzlich alles auf was ihm an mir nicht passte, jede Kleinigkeit. Er ließ kein gutes Haar an mir. Ich fühlte mich sehr unwohl. Ich ließ mich davon berauschen und versuchte mich zu verteidigen.

Doch jedes Wort von meiner Seite war zuviel. Er zerschlug meine komplette Argumentation. Ich verkroch mich nur noch in ein Loch und gab patzige Antworten. Ich war froh wenn der Abend vorbei war.

Irgendwann aber nahm der Abend eine Wende. Er redete plötzlich nicht mehr von uns sondern von sich und seinem Job und auch von Freunden. In diesem Gespräch blühte ich doch wieder etwas auf.

Er kam etwas runter von seiner Palme und mir etwas entgegen. Ich fühlte mich auf einmal ungewöhnlich wohl. Wir unterhielten uns plötzlich sehr gut und vergaßen die Zeit. Irgendwann war es tatsächlich schon kurz nach 11.

Manuel hatte seinen Zug verpasst.
„Oh, shit!“
„Was?“

„Ich hab den Zug verpasst. Wie komm ich jetzt heim.“
Ich überlegte und antwortete kurz entschlossen: „Ich weiß nicht ob du es willst, aber wenn du willst fahre ich dich nach Hause.“
Manuel überlegte kurz und nickte dann.

 

Nachdem wir gezahlt hatten liefen wir gemeinsam zum Parkplatz. Ich öffnete Manuel die Beifahrertür. Bevor er sich setzten konnte musste ich zunächst einmal den Sitz freischaufeln. Ich nutzte ihn als Ablage.

Manuel setzte sich und ich begab mich auf meine Seite. Ich startete den Motor und fuhr los in Richtung Frankfurt. Während dieser Autofahrt war es fast wie früher. Wir unterhielten uns ganz normal über dies und das, aber kaum über eine gemeinsame Zukunft.

Ich wusste nicht ob ich das schon abhaken sollte oder ob ich die Hoffnung noch aufrechterhalten sollte. Vielleicht war es ein gutes Zeichen, dass ich ihn heimfahren durfte. Als es Manu plötzlich kalt wurde bot ich ihm meine Jacke.

Er lächelte nur und nahm dankend an. Manuel kuschelt sich in die Jacke und schwieg ab jetzt. Erst als das Lied ‚Can’t Get You Out Of My Head‘ von Kilie Minogue aus dem Radio erklang lauschte Manu aufmerksam und sagte: „Während diesem Lied hast du Schluss gemacht.“

Ich erwiderte verdutzt: „Echt? Hab ich nicht bemerkt.“

 

„Ich hab es oft gehört in letzter Zeit und an dich gedacht und irgendwie passt es auch.“

Ich nickte nur und lauschte weiter dem Lied.

Es dauerte auch nicht mehr lang bis wir da waren. Wir stiegen aus und gingen zu seiner Wohnung. Manuel lud mich noch ein kurz mit rein zukommen. Ich betrat endlich wieder das alt gewohnte und fühlte mich da auch irgendwie wohl.

Manuel bot mir einen Platz an und brachte mir etwas zu trinken. Bis er sich setzte dauerte, wie ich das schon gewohnt war, eine ganze Weile. Dann schaltete er den Fernseher ein und wir schauten stumm in die Röhre. Ich war etwas müde und wir hatten heute ja auch schon viel besprochen. Da war jetzt erst mal ein Zeitpunkt der Ruhe angesagt. Es war mittlerweile schon halb eins.

Ich wusste, dass ich Frühdienst hatte, also beschloss ich auch bald zu gehen. Aber der Film im TV war so interessant, dass ich noch blieb.

Erst gegen Ende des Films traute ich mich meinen Kopf in die Nähe seiner Schulter zu legen. Ich rückte immer näher. Ich fühlte mich hier so geborgen und wollte ihm nahe sein. Ich traute mich aber nicht ganz, da ich nicht wusste, wie Manu reagieren würde.

Doch dann, eine ganze Zeit später, berührte ich seine Schultern. Ich hatte es nicht direkt geplant in diesem Augenblick, aber es geschah einfach. Ein wunderbares Gefühl, ein Kribbeln, belebte meinen Körper. I

Ich schloss die Augen und genoss diesen Augenblick. Manuel wehrte mich nicht ab. Ich fühlte mich wohl. Wenige Augenblicke später griff er nach meiner Hand und streichelte sie zärtlich. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass alles gut werden würde.

Wie damals streichelten wir sanft und minutenlang unsere Fingerspitzen. Ich löste mich aus diesem tollen Moment und drehte meinen Kopf zu Manu. Dieser griff mit seiner rechten Hand hinter meinen Kopf und kraulte mich. Dann drückte er mich sanft zu sich.

Ich berührte seine Lippen. Wir küssten uns. Ich konnte es gar nicht glaube was da im Moment passierte.

 

Nach einem intensiven Kuss löste ich mich und schaute Manu in seine tiefbraunen Augen um zu sagen: „Du, ich mache das hier nicht nur einfach so. Ich liebe dich noch!“

 

Manuel lächelte leicht und sagte unsicher und leise: „Ich dich auch.“

 

Erst dann küssten wir uns wieder. Es hatte mir gefehlt, sehr sogar. Wir streichelten und berührten uns noch eine ganze Weile, doch leider musste ich dann auch schon bald gehen. Ich musste ja arbeiten und ich wollte noch etwas schlafen.

Ich konnte mich kaum von Manu trennen. Ich war so froh, dass alles wieder gut war. Wir besiegelten unsere erneute Partnerschaft aber auch noch mit Worten und schworen uns gegenseitig, dass dieses Mal alles besser werden sollte.

Dann gab er mir einen Abschiedskuss und ich verließ die Wohnung schwebend und vollkommen glücklich. Ich war wieder sicher auf Wolke sieben angekommen.

 

*-*-*

 

Die Welt war endlich wieder heil. Es war Freitagabend und es sollte das erste Wochenende sein, das wir wieder gemeinsam verbringen wollten. Ich freute mich darauf. Ich war wie frisch verliebt in die alte Liebe. Manuel und ich lagen auf dem Bett und kuschelten.

Meine Gedanken kreisten um nichts, ich ließ mich einfach fallen. So wohl fühlte ich mich schon lange nicht mehr. Aus meinem Wohlsein gerissen dachte ich plötzlich an meinen Ex Frank.

Mein Bauch tat weh. Das hatte ich immer wenn mich etwas bedrückte. Ich sollte Manuel erzählen was ich damals fühlte, am Tag als ich Schluss machte. Ich wollte ihm meine Gefühle erklären, was damals in mir vorging.

So unterbrach ich die Stille und riss scheinbar auch Manu aus seinem Wohlbefinden und seiner Entspanntheit. Er war ganz erschrocken. Ich suchte nach Worten um mein Gespräch zu beginnen.

Kaum war ich im Erzählen fiel es mir gar nicht mehr so schwer darüber zu sprechen. Es war ja Vergangenheit, für mich. Manuel hörte mir auch aufmerksam zu. Aber er konnte es scheinbar nicht verstehen.

Das erkannte ich an seinen Blicken und seiner Reaktion. Er sagte so etwas, dass ich Frank noch immer lieben würde, auch jetzt. Ich sei nur aus einer weiteren Unsicherheit zurückgekehrt.

Ich dementierte und erklärte dies für lächerlich. Manuels Laune war wegen meiner Offenbarung sichtlich im Keller. Ich war etwas verzweifelt, weil er nicht verstand was ich damals fühlte.

Er verstand mein Gefühlschaos nicht. Ich verstand es damals und vielleicht auch heute ja selbst nicht. Ich machte ihm klar, dass das eben mal passiert ist, dass ich es nicht ändern könnte und dass diese Gefühle endgültig für Frank vorbei waren.

Als Zeichen, dass ich meinen Ex nie mehr sehen wollte oder keinen Kontakt mehr wünschte, löschte ich seine Nummer sichtlich für Manu aus meinem Handyspeicher. Aber das berührte ihn wenig. Ich war sehr traurig. Die Stimmung war plötzlich im Keller.

Manu drehte sich um und sagte er wolle nachdenken. Ich wollte das nicht zulassen und ihn zum reden zwingen. Manu aber war nicht bereit sich wieder umzudrehen. So schwieg auch ich jetzt und dachte nach.

Ich musste ihm doch davon erzählen. Warum nahm er das nur so negativ und falsch auf?

Die nächsten Tage wurden auch nicht besser. Nichts war mehr wie früher. Manu betonte immer mehr, dass ich einen Fehler gemacht hatte, nämlich mit ihm Schluss zu machen. Er sagte mir das nicht in Worten, sondern in Taten.

Er setzte mir Zeichen. Immer wieder spielte er dieses Lied, das er als unser Schlussmach-Lied definierte. Er verharrte dann stumm vor der Stereoanlage und lauschte. Ich wollte während der Spielzeit nichts sagen. Ich traute mich nicht.

Immer wieder betonte er jetzt auch den Namen ‚Frank‘. Egal zu welcher Situation. Er zeigte eine übermäßige, aber überflüssige Eifersucht meinem Ex gegenüber. Manu behandelte mich irgendwie plötzlich von oben herab.

Ich sollte bereuen, dass ich diesen Fehler gemacht hatte. Und plötzlich fügte ich mich auch diesen Vorwürfen. Ich beschloss mich unterzuordnen, wenigstens eine Zeit lang. Ich gab ihm diesen gewissen Machtfaktor, den er scheinbar brauchte.

Mein Selbstbewusstsein sackte in dieser Beziehung in den Keller. Ich traute mich kaum mehr etwas zu sagen. Es wurde plötzlich still. Ich fühlte mich sehr unwohl und überlegte wie ich aus dieser Situation wieder herauskäme.

Ich musste mit ihm reden, aber das war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Er war uneinsichtig und stur. Nun, das war er eigentlich schon immer, ein bisschen. Aber ich Moment war es wirklich extrem. Ich hasste diese Phase an ihm.

Ich sah darin keinen tieferen Sinn, keinen Grund. Nicht dass das schon extrem genug war. Manu dachte plötzlich mein Leben auch noch kontrollieren zu können. Er vermutete Macht über mich zu haben, weil ich immer nachgab und nichts sagte.

Er schien zu denken, dass ich in tiefer Reue bin und er im Recht sei. Er versuchte mir vorzuschreiben mit wem ich mich treffe oder auch andere Kleinigkeiten. Dem wollte ich aber nicht nachgeben und wehrte mich. Ich erklärte ihm, dass ich mir von niemanden so etwas vorschreiben lasse, auch nicht von ihm.

Es gab immer wieder kleinere Streits deswegen. Er trotzte nur und zeigte sich uneinsichtig mir gegenüber. Ihn zu vermissen fiel mir immer schwerer. Es herrschte keine Harmonie, es gab immer Meinungsverschiedenheiten wenn ich ihn sah Mit ihm reden, normal reden, konnte man absolut nicht.

Ich hoffte dass er endlich diese stumpfsinnige Eifersucht unterlassen würde, denn darauf basierte seine Laune total. Es war alles andere als eine friedliche Adventszeit. Unglaublich aber wahr, dieses Gefühlschaos machte ich drei Wochen mit, ohne an Schluss machen zu denken.

Es wäre der einfachste Weg gewesen endlich Frieden zu finden, aber ich liebte Manu. Ich fühlte irgendwie, dass es wieder besser werden würde. Er würde einsichtig werden und wir würden reden.

Ich plante schon die große Aussprache, immerhin war bald Weihnachten und da wollte ich ganz sicher nicht streiten.

Heute aber war Manuel mit einer Freundin aus. Sie gingen in eine Gay-Disco.

Ich wurde erst gar nicht gefragt, ob ich mit wollte, aber es war mir irgendwie auch egal. Ich hatte eh keine Lust. Ich verbrachte einen ruhigen Abend zu Hause. Ich lag auf der Couch und hörte Musik.

Ich dachte mal wieder darüber nach, warum Manuel plötzlich so reagiert hatte auf meine Erzählungen über Frank. Er schien Angst zu haben, aber vor was? Hatte er Angst mich zu verlieren?

Aber erreichte er dies nicht einfacher, indem er sich mir gegenüber so verhielt? Ich fühlte mich unfair behandelt. Ich hatte ihm gesagt, dass ich meinen Fehler einsehe und ihn bereue. Ich konnte diese merkwürdigen Bauchgefühle damals nicht kontrollieren.

Ich wusste, dass es lächerlich war, aber musste man mich deswegen so behandeln? Ich war so verliebt in Manu und durch meine Offenbarung hatte ich das scheinbar wieder Mal kaputt gemacht.

Hätte ich Frank verschweigen sollen? Ich fand, dass ich Manu immer der Wahrheit verpflichtet war und dass ich ihm alles erzählen sollte. Ich konnte auch nichts dafür, dass er ein solcher Sturkopf war und alles fehl interpretierte.

Aber ich sollte nicht klein beigeben sondern handeln, sonst würde das niemals aufhören, das Misstrauen und die Unsicherheit. Tief versunken in meinen Gedanken schlief ich ein. Es war erst 22 Uhr. Aber ich war sehr müde.

Erst am nächsten Morgen stellte ich fest, dass ich eine Kurzmitteilung mitten in der Nacht erhalten hatte. Sie war von Manu. Ich ließ sie mir anzeigen. Er teilte mir mit, dass er mit mir reden müsste. Ich überlegte was denn sein könnte.

War er endlich einsichtig geworden und wieder normal? Ich antwortete ihm kurz und fragte nach worum es ginge. Heute war ich mit Benno verabredet. Wir trafen uns bei mir. Wir wollten ein wenig Video schauen.

Benno traf gegen 20 Uhr ein. Ich hatte schon alles vorbereitet. Chips und Cola standen bereit und ich hatte eine ganze Auswahl an Videokassetten. Aber Benno interessierte sich zunächst nicht für die Videos.

Er wollte wissen wie es mit Manu und mir aussah. Ich vertraute ihm alles an. Er hörte mir immer aufmerksam zu und konnte mir wertvolle Tipps geben oder mich einfach nur beruhigen. Benno war ein echter Freund geworden.

Manu hatte sich bis jetzt noch immer nicht gemeldet. Ich verstand nicht warum. Ich wollte anrufen, aber Benno sagte ich solle abwarten, denn immerhin wollte Manu mir etwas Wichtiges mitteilen, dem sollte ich nicht hinter her rennen. Ich hörte auf Benno und schob das erste Video ein. Wir schauten ‚Charlies Angels‘.

Mitten im Film vibrierte mein Handy, eine SMS von Manu. Ich ließ natürlich vom Film ab und las. Er teilte mir mit, dass er mir es sage würde, wenn wir uns wieder sehen. Ich wusste, dass das erst an Heiligabend sein würde.

Früher war es von meiner Seite wegen der Arbeit und Weihnachtsfeier, nicht möglich. Solange aber wollte ich nicht warten, deshalb schrieb ich ihm das auch so. Ich wendete meinen Blick wieder dem Film zu und wartete ab.

Benno fragte mich nur kurz, ob alles klar sei und ob das eben Manu war. Ich nickte nur. Lange Zeit folgte keine Antwort von Manuel. Erst gegen Ende des Films vibrierte das Handy erneut.

Dieses Mal wurde er deutlicher: „Ich kann auch nicht so lange warten, deshalb teile ich es dir jetzt mit: Ich hab was Dummes gemacht in der Disco.“

Ich verstand nicht und malte mir schon das Schlimmste aus. Ich fragte nach, was denn los war. Wieder wartete ich ab. Der Film war jetzt nur noch Nebensache. Ich musste nicht lange auf die Antwort warten.

Manuel schrieb, dass er mit einem anderen Mann geknutscht hatte. Ich schluckte und war im nächsten Moment stocksauer. So schrieb ich auch, dass ich sauer war und was das denn sollte. Manu antwortete prompt: „Das erklär ich dir noch, ich bereue es aber nicht, warum sag ich dir.“

Ich verstand jetzt gar nichts mehr und machte ihm den Vorwurf, dass er mich gar nicht mehr geliebt hatte als wir am Nikolaus-Tag wieder zusammenkamen. Und darauf bekam ich auch eine Antwort.

Diese Antwort hätte ich nie erwartet. Ich verspürte kurz ein Hassgefühl für Manu und war wüten.

Er schrieb: „Tja vielleicht brauchte ich dich doch nur fürs Bett!“

 

Ich zeigte die SMS Benno. Ich war aufgebracht. Auch Benno blickte jetzt nicht mehr durch. Er konnte mich kaum beruhigen. Ich fühlte mich ausgenutzt und so formulierte ich auch meine nächste Kurzmitteilung.

Manuel sollte spüren, dass ich wütend war und dass er jetzt absolut zu weit gegangen war. Ich schrieb ihm die böseste und verletzendste SMS, die ich je jemandem schrieb. Daraufhin klingelte prompt das Handy.

Es war Manu. Vollkommen geladen ging ich ran und fragte gereizt: „Ja, was ist denn, was willst du noch?“
„Es war doch nur ein Scherz. Du verstehst gar nichts.“
„Ach nee? Ich verstehe sehr viel. Ich habe die Nase voll!“
„Lass dir doch bitte erklären, Christian.“
„Ich will keineswegs irgendwelche Erklärungen. Du bist zu weit gegangen. Dieses Mal ist es vorbei.“

Ich hörte nur noch Weinen am anderen Ende.
„Lass mir wenigstens die Chance für ein persönliches Gespräch. Ich erkläre es dir.“

„Darüber können wir nach Weihnachten reden! Ich will dich erst Mal nicht mehr sehen.“

„Du machst Schluss?“
„Was würdest du etwa an meiner Stelle tun? Du behandelst mich wegen deiner Eifersucht, deiner schwachsinnigen Eifersucht, wie Dreck und dann knutschst du mit einem anderen Kerl rum. Ist das nicht toll?“
„Ich habe jetzt auch meine Einsicht gehabt. Bei mir dauert das halt ab und zu etwas länger. Ich weiß, wie ich dich behandelt habe und ich weiß was ich getan habe. Aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen.“
„Manchmal ist es zu spät!“
„Ich hatte beschlossen Schluss mit dir zu machen, weißt du und deshalb war mir in der Disco alles egal. Erst als ich mit dem Kerl rumgeknutscht hatte wurde mir klar, dass ich nur dich liebe.“

„Ach, brauchst du immer die Zunge eines anderen in deinem Hals um festzustellen, dass du jemand anderes liebst?“

 

Ich war noch immer geladen und stocksauer und Manu war am Heulen. Aber es war mir zum ersten Mal egal.
„Chris, wir sollten nicht überreagieren. Las uns erst reden.“
„Nach Weihnachten.“
„Das ist noch so lang hin. Ich will mit dir Weihnachten verbringen.“
„Tja, dafür ist es wohl zu spät.“
Ich wollte auch nicht länger mit Manuel telefonieren. Ich beendete das Gespräch und verabschiedete mich.

 

Benno beschloss mich zu verlassen. Während meines Telefonates hatte er sich schon angezogen, bereit zum gehen.
„Du, Christian, ich geh mal. Ich glaub du willst jetzt lieber allein sein.“

„Nein, ich will die nächste Zeit gar nicht mehr allein sein. Ich will nicht zuviel nachdenken. Ich bin wieder solo. So schnell kann es gehen.“
Benno zuckte mit den Achseln und nickte: „Tja, ich finde es bedauerlich. Aber so wie der sich aufgeführt hat die letzte Zeit konnte es wohl auch nicht mehr lange gut gehen.“

 

*-*-*

 

Es war der Samstag vor Heiligabend. Heute war die letzte Möglichkeit einzukaufen, denn ich hatte noch keine Weihnachtsgeschenke. So beschloss ich in die Stadt zu fahren um einzukaufen.

Ich schlenderte gemütlich durch die Einkaufsstraße und schaute in die Schaufenster. Ich hatte noch keine richtige Idee was ich jedem schenken sollte. Ich wollte mich inspirieren lassen. Ich hatte ja Zeit. Mein Spätdienst begann erst um halb drei.

Zwischendurch schaute ich auch nach neuen Klamotten. Dafür ließ ich mir jetzt eher Zeit als für die Geschenke. Ich betrat ein Modegeschäft und schaute mich um. Plötzlich fing mein Handy ständig an zu piepsen.

Es folgten andauern neue Kurzmitteilungen. Aber ich wollte nicht nachsehen. Zum ersten weil ich in Ruhe einkaufen wollte und zum zweiten weil ich vermutete, dass es Manu war und von dem wollte ich mir die Laune erst Recht nicht vermiesen lassen.

So ignorierte ich die SMS. Ich schnappte mir einige Kleider und verschwand in der Umkleidekabine. Ich war schon dabei mir die Hose auszuziehen, da klingelte das Handy. Ich kramte es genervt aus meiner Hosentasche und schaute auf das Display.

Manuel rief mich an. Ich verdrehte die Augen und drückte den Knopf um das Gespräch anzunehmen. Desinteressiert begrüßte ich Manu.
„Hi, Chris,“ gab eine leise traurige und verzweifelte Stimme von sich.
„Was ist los? Ich bin grad beim einkaufen und es passt jetzt überhaupt nicht.“
„Ich will auch nicht stören.“
„Das tust du!“
„Sorry, aber ich kann nicht warten bis nach Weihnachten. Ich möchte mit dir reden.“
„Wir reden aber erst nach Weihnachten. Ich hab keine Zeit für dich.“
„Bitte, Chris, ich kann so nicht leben. Lass uns reden. Gib mir eine Chance es dir zu erklären.“
„Ja, nach Weihnachten. Tschüss Manu.“
Ich beendete das Gespräch und legte das Handy auf den Hocker in der Umkleide. Jetzt zog ich die Hose aus, um eine neue Jeans anzuprobieren. Wieder unterbrach das Klingeln des Handys mein Vorhaben. Es war wieder Manu.
„Chris, nicht wieder auflegen, bitte!“
„Was ist?“

 

„Kann ich mit dir telefonieren?“
„Das tust du doch gerade, … leider!“
„Ja, aber ich meine heute, heute Abend.“
„Ich muss arbeiten.“
„Danach?“
„Ich muss früh ins Bett, ich habe morgen gleich wieder geteilten Dienst ab 06:00 Uhr.“

„Okay, ich ruf um 22 Uhr an, okay?“
„Na gut, von mir aus.“
„Gut. Dann noch viel Spaß beim Einkaufen.“
„Ja, danke. Ciao.“
Ich drückte Manu weg und legte das genervt Handy wieder zurück. Dabei erblickte ich auf dem Display, das ich bereits sieben Kurzmitteilungen erhalten hatte. Ich wollte sie später checken.

Nachdem ich einige Klamotten anprobiert hatte, widmete ich meine Zeit wieder den Weihnachtseinkäufen. Ich wurde auch fündig. Ich wollte dieses Jahr nicht zuviel ausgeben, so kaufte ich nur wenig.

Dabei bedachte ich sowohl an meine Eltern, mein beste Freundin und einige andere Freunde. Das geplante Geschenk für Manu würde ja wegfallen. Ich hatte schon lang geplant ihm einen plüschigen Herzsessel zu schenken, auch wenn er ihn in letzter Zeit absolut nicht verdient hatte. Jetzt war das eh egal und ich hatte 76 Euro gespart.

Es war schon vierzehn Uhr und ich war spät dran für die Arbeit. Ich fuhr durch die verkehrsreiche City von Darmstadt. Ich war voll gestresst. Aber ich schaffte es dennoch gerade so pünktlich zu sein.

Ich zog mich in der Umkleide des Heimes schnell um und begab mich dann ganz in weiß zur Dienstübergabe.

Es war mal wieder ein stressiger Spätdienst. Wir waren wie üblich unterbesetzt. Ich war froh wenn ich mein Bett sehen würde. Ich war müde und erschöpft. Da dachte ich wieder an das Telefonat, das ich Manu zugesagt hatte. Ich war bei diesem Gedanken etwas genervt.

Zuhause angekommen setzte ich mich auf die Couch und schaltete die Musik ein. Ich hatte noch nichts gegessen, also legte ich mir einige Müsliriegel bereit, die ich dann beim Telefonieren essen wollte.

Außerdem holte ich mir noch etwas zu Trinken. Im Kopf kreiste mir vieles herum, was ich Manu sagen wollte. Ich war sehr geladen, nur das hielt mich noch wach. Manu wollte eine Aussprache, die sollte er auch bekommen, und zwar eine deftige.

Jetzt fielen mir die SMS von heute Vormittag ein. Ich schnappte mir mein Handy, legte mich hin und schaute nach. Es waren noch immer sieben Kurzmitteilungen. Sie waren alle von Manu. Ich begann zu lesen.

Die SMS hörten sich alle verzweifelt an. Er hatte Angst mich für immer verloren zu haben. Er schrieb was er für mich empfand. Manu schien aufgewacht zu sein und jetzt endlich zu wissen, was er für mich empfand.

Er gab seine Fehler der letzten Wochen zu und bat mich ihm zu verzeihen, ihm auch eine Chance zu geben. Ich war schon etwas gerührt von diesen Nachrichten. Meine Wut auf ihn ließ etwas nach und ich spürte Tränen in meinen Augen.

Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich empfand es plötzlich als zu hart wie ich ihn behandelt hatte. Ich wusste was er mir angetan hatte, aber ich war doch zu eiskalt zu ihm. Ich wollte sehen was das Gespräch bringen würde.

Im Inneren schien ich ihn wirklich noch zu lieben. Ich war nur dabei dies nicht zuzulassen, weil ich mich verletzt fühlte und alles versuchte abzublocken. Manu schien jetzt zu spüren wie ernst die Lage war und er kämpfte mit Worten.

Ich empfand das als eine gute Initiative. Nur so konnte ich wirklich sehen, dass er mich liebt. Am vorgestrigen Abend schien ich und auch er wirklich überreagiert zu haben. Es würde schwer sein ihm zu verzeihen, aber ich wollte zunächst hören was er mir zu sagen hatte.

Es wäre nur fair. Immerhin, damals hatte auch Manuel mir eine Chance gegeben, als ich diesen Fehler gemacht hatte und gedacht hatte ich sei noch in Frank verliebt. Die Chance war da, aber die Reaktion war nach meiner Eröffnung der Gefühle unfair, aber okay.

Ich schaute auf die Uhr und stellte fest, dass schon weit nach 22 Uhr war. Ich legte mich hin und beschloss noch etwas zu warten. Die Augen fielen mir fast zu. Das Telefongespräch, die Aussprache, waren Manu doch so wichtig.

Wenn mir etwas wichtig ist wäre ich pünktlich. Immerhin musste Manu ja erwarten wenn er zu spät anrufen würde, dass er mich noch mehr verärgern würde. Es war bereits 22:35 Uhr. Plötzlich hatte ich wieder diese Gleichgültigkeit.

Scheinbar war es ihm doch nicht so wichtig. Es dauerte nicht mehr sehr lange, da schlief ich ein.

Es war schon 13 Uhr als Chris am nächsten Tag wieder aufwachte. Er hatte vergessen mir den Wecker zu stellen, denn er wollte doch eigentlich seiner Mutter helfen beim Vorbereiten der Feier für heute Abend.

Die ganze Familie würde kommen. Warum hatte sie ihn auch nicht angerufen? Da fiel Christians Blick auf das Telefon. Er erblickte die Müsliriegel und erinnerte sich kurz an gestern Abend. Manu wollte doch anrufen.

Eigentlich konnte es Chris ja egal sein, er hatte damit eh schon abgeschlossen. Er war sauer. Nun aber auch das war fast wieder vorbei. Chris begann damit abzuschließen und Manu in die Vergangenheit zu verbannen.

Andere Mütter haben auch hübsche Söhne, heißt es doch immer. Er griff zum Telefonhörer und rief seine Mutter an. Er sagte ihr, dass er in etwa dreißig Minuten unten sein würde. Chris wollte zunächst noch duschen und kurz etwas essen.

Er legte den Hörer auf, griff nach einem Handtuch und begab sich ins Badezimmer.

*-*-*
Seine Mutter war schon fleißig ab Vorbereiten des Abendessens, als Christian die Wohnung hereinkam.

 

Die Mutter begrüßte ihn und fragte neugierig: „Wieso hast du denn so lang geschlafen? Das ist doch sonst nicht deine Art,“ und mit einem Zwinkern fügte sie hinzu: „War es etwa eine lange Nacht?“
Chris schüttelte nur den Kopf.
„War Manu etwa nicht bei dir?“
„Sonst fragst du doch auch nicht nach ihm?!“
„Es gibt immer ein erstes Mal. Also ist er noch oben?“
„Nein.“

„Er ist schon heim? Er hätte ruhig mit uns feiern können!“
„Nein das wird er ganz sicher nicht.“
„Stimmt. Er hat ja auch Familie. Aber morgen wenn wir essen gehen …“
Ich unterbrach meine Mutter: „Nein. Er kommt nicht. Nie mehr. Verstehst du?“
„Wieso?“

„Hör mir jetzt auf mit dem, bitte. Der kann mich mal!“
„Was war denn, Liebes?“
„Nenn mich nicht so!“
„Sprich!“

„Es ist egal was war. Es ist Schluss. Ich kann nicht mehr. Ich habe damit abgeschlossen!“

„Warum?“

„Mum, können wir jetzt weiter mit der Gans machen? Ich hab keinen Bock über den zu quatschen!“

„Na das hört sich ja wirklich nicht rosig an! Okay, vielleicht ein andermal!“
„Keineswegs. Er ist aus meinem Gedächtnis gestrichen!“
„Handelst du nicht etwas trotzig?“
„Ganz sicher nicht! Und wechsele mal den Musiksender. Dieses volksmusikalische Liebesgeblase ist ja grauenhaft!“
„Was willst du hören?“ Techno als Frust?“
„Nein, ich mach es selbst,“ damit drehte Chris am Radioknopf und stellte einen Sender ein, der ihm besser passte.

 

Die Mutter wendete sich kurz dem Backofen zu und fragte dann: „Jetzt zufriedener mit der Musik?“

Christian legte sich eine Schürze um und nickte nur, dann fragte er was er denn tun könnte um zu helfen. Seine Mutter lächelte und drückte ihm einen Salatkopf in die Hand und deutete auf das Waschbecken.
Mittlerweile war es fast 5 und die beiden standen noch immer in der Küche. Um 7 sollten die Gäste kommen. Davor wollte Christian sich noch umziehen. Die Mutter merkte, dass Chris langsam genug hatte von der Küchenarbeit und sagte ihm er könne aufhören.

Sie erinnerte ihn auch daran, dass er noch Oma und Opa abholen musste zur Feier. Chris nickte nur. Plötzlich wendete sich die Mutter ab von der Arbeit und rieb sich die fettigen Finger an der Schürze ab.

Sie lief zum Radio und betätigte den Lautstärkenregler. Während sie das Radio lauter drehte fragte sie: „Du, Christian, ist das nicht dein Freund, äh Ex-Freund mein ich natürlich!“
Auch Chris verließ jetzt seine Arbeitsstätte und lief rüber zum Radio um genauer zu lauschen.

 

Er hörte Manus Stimme und schaute seine Mutter an: „Ja, ja!“

 

„Nun, Manu, du kommst also aus Frankfurt,“ erklang es aus dem Radio.
„Ja, das bin ich!“
„Und du möchtest einen Musikwunsch loswerden?“
„Nun, eigentlich nicht direkt!“
„Was möchtest du? Jemanden grüßen?“
„So in etwa!“
„Okay, dann spann uns mal nicht länger auf die Schulter, Cowboy, sag was du zu sagen hast. Wir sind gespannt!“
„Okay, aber das kann kurz, also ne Weile dauern.“
„Warum?“

„Ich muss erst die Worte finden …“
Chris und seine Mutter schauten sich verdutzt an. Dann richteten sie wieder ihren Blick auf das laute Radio. Sie verfolgten die Worte von Manu.
„Nun ich möchte sagen … Es fällt mir nicht ganz leicht …“
Der Moderator unterbrach ihn: „Einfach raus damit!“
„Okay, ich möchte, … meine Worte gelten Chris. Ich möchte ihm sagen, dass ich ihn über alles liebe und dass es mir Leid tut, das ich mich gestern nicht melden konnte. Ich würde ihm so gerne alles erklären. Aber er hasst mich bestimmt jetzt. Chris, wenn du mich hörst, ich möchte dir sagen, ich liebe dich, mehr als du denkst. Ich brauche dich und ich will dich Wiedersehen. Wenn ich dir noch irgendetwas bedeute, dann komm zu mir. Ich … oh man jetzt muss ich wieder weinen … es tut mir Leid. Ich … ich hab diesen Weg gewählt dir zu sagen was du mir bedeutest, weil ich weiß, dass du diesen Sender gerne hörst. Ich wollte, dass jeder weiß, dass ich dich liebe und besonders du. Ich … oh man, was rede ich nur wieder. Ich möchte, dass du bei mir bist!“
Wieder unterbrach der Moderator den schluchzenden Manu: „Ganz ruhig Manu, das wird schon wieder. Also Chris, dann mal ran, dein Freund braucht dich. Ich finde das hier herzzerreißend und ich habe jetzt auch schon Tränen in den Augen. Ich hoffe du hörst gerade zu …“
Auch Chris schossen jetzt die Tränen in die Augen. Seine Mutter legte den linken Arm um ihren Jungen und drückte ihn an sich.
„Manu, als Zeichen deiner Liebe für Chris, kann ich ein Lied für dich und euch spielen?“
Manu schluchzte kurz auf und sagte überlegend: „Ja, ja, bitte. Okay!“
„Ich finde das echt super was du da gemacht hast, deine Liebeserklärung! Was darf ich spielen?“

„Sein Lieblingslied. Spiel mir ‚I Turn To You‘.“
„Okay, gleich also Mel C für Chris!“
„Ja, damit möchte ich ihm auch sagen, dass für mich die Welt sehr dunkel ist ohne ihn, ich möchte, dass er sich mir wieder zuwendet und mich aus der grauen Einsamkeit befreit! Er ist der Einzige für mich“
„Sehr schön gesagt. Also viel Glück dir, Manu …Ciao.“
Aus den Lautsprechern erklang der Song und Christian schossen immer mehr Tränen in die Augen. Auch seine Mutter konnte nun nicht mehr innehalten. Doch plötzlich griff sie auf Chris‘ Schultern und positionierte ihn vor sich. Streng sagte sie ihm: „Chris, das berührt dich doch auch, nich?“
Dieser nickte nur.
Die Mutter nickte und sagte weiter: „Also dann Schürze aus und ab nach Frankfurt!“
„Aber …“
„Nix aber, Heiligabend findet für dich woanders statt! Deine Geschenke kriegst du nach Weihnachten und jetzt geh!“
Chris schossen erneut Tränen in die Augen, dann nickte er und legte seine Schürze ab. Er umarmte nochmals kräftig seine Mutter und rannte dann aus de Wohnung, direkt zu seinem Auto.

Er ließ den Motor an und düste los auf die Autobahn. Angekommen an der Wohnung von Manuel stürzte er aus dem Auto und eilte zur Eingangstür. Chris betätigte die Klingel und wartete.

Nichts passierte. Wieder drückte er auf die Klingel und wartete. Nichts. Niemand öffnete. Chris war etwas verwundert. Manu schien nicht Zuhause zu sein. Aber wo war er? Tief versunken in Gedanken überlegte Chris was passiert sein könnte.

Er machte sich Sorgen. Dann kam er auf die Idee anzurufen. Chris wählte die Festnetznummer von Manuel und wartete ungeduldig ab. Es tutete fünf Mal, 7 Mal, 10 Mal … nichts! Chris betätigte den roten Hörer und legte auf. Er war etwas verzweifelt. Was war da los? Er musste doch Zuhause sein.

Hatte er sich was angetan. Aber das traute Chris seinem Freund nun auch wieder nicht zu. Dann am ihm die Idee auf dem Handy anzurufen. Chris wählte über das Telefonbuchverzeichnis die Nummer und nahm den Hörer ans Ohr.

Wieder nichts. Chris setzte sich auf die Treppe vor der Haustür und fing wieder an zu weinen. Er verstand nicht was los war. Manu sagte doch noch im Radio, er solle zu ihm kommen, wenn er ihn liebt.

Und da war er, aber kein Manu war da. Wo konnte er sein? Aus seinen Tränen gerissen stand plötzlich Marie vor ihm. Sie kannte Chris noch vom ersten Abend mit Manu.
„Hallo, Chris, sorry ich bin zu spät!“
„Zu spät für bitte was? Was ist passiert?“
„Was soll passiert sein?“
„Wo ist Manu? Warum ist er nicht da?“
„Deswegen bin ich ja da!“
„Wie? Ich versteh gar nichts mehr, sorry!“
„Ja, ich soll dir ne Nachricht überbringen …“
Chris unterbrach Marie: „Was für eine Nachricht denn? Ist Manu was passiert?“
„Nein. Also,“ Marie setzte sich neben Chris auf die kalte Treppe, „Manu hat mir gesagt ich soll hier stehen falls du vorbeikommst. Leider war ich zu spät!“
Chris schaute sie ungläubig an: „Ich versteh gar nichts mehr!“
„Na ja ich habe es auch kaum verstanden. Aber irgendwie sagte er ich soll dir nur sagen du sollst wieder zurückfahren.“
„Hä?“

„Mehr hat er nicht gesagt. Nur das. Er sagte, mehr bräuchte ich nicht zu wissen. Ich solle nur das sagen. Du wüsstest dann schon.“
Chris schüttelte den Kopf: „Ich hab keine Ahnung.“

 

„Tja.“

„Und nu?“
„Zurück fahren.“
„Na super. Ich denke ich warte lieber hier auf ihn.“
„Glaub das hat nicht viel Sinn!“
„Aber ich fahr doch nicht jetzt gleich wieder zurück ohne ihn gesehen zu haben. Im Radio sagte er ich soll hier her kommen!“
„Radio?“

„Ja.“

„Sorry, soweit bin ich nicht eingeweiht. Wie gesagt mir hat er nur das gesagt. Ich würde sagen fahr!“

Widerwillig und etwas enttäuscht stand Christian auf und lief in Richtung Parkplatz. Marie erhob sich auch und rief nur noch „Tschüs!“ hinterher. Christian erhob nur die Hand und stieg ins Auto ein.

Er drehte die Musik laut auf und fuhr wieder zurück auf die Autobahn.
Zuhause angekommen stellte Chris sein Auto im Hof ab und begab sich zur Haustür. Er erklomm die Treppen und öffnete die Wohnungstür seiner Eltern.

Mittlerweile war die Verwandtschaft schon längst da. Chris versuchte die Tränen zu unterdrücken und begrüßte alle. Dann bat er seine Mutter kurz mit nach draußen zu kommen. Er wollte mit ihr unter vier Augen sprechen.

Die aber blieb sitzen und schüttelte den Kopf mit den Worten: „Chris, geh bitte nach oben!“
„Aber ich wollte mit dir reden!“
Die Mutter lächelte nur und sagte sanft: „Geh hoch, Chris. Bitte!“
Chris derweil verstand jetzt gar nichts mehr und nickte ungläubig. Dann verließ er die Wohnung wieder.
Von oben hörte er leise Musik. Hatte er vergessen den CD-Player auszuschalten? Langsam stieg er die Treppen hoch und lauschte. Chris griff langsam nach dem Türgriff und öffnete leise und völlig in Gedanken die Tür.

Die Musik wurde lauter. Er erkannte die Melodie von ‚Last Christmas‘. Chris schüttelte den Kopf und bewegte sich Richtung Wohnzimmer Auch hier öffnete er die Tür. Der Blick in das Zimmer ließ ihn nicht schlecht staunen.

Alles war weihnachtlich dekoriert. Heute früh sah es hier noch vollkommen unweihnachtlich aus. Jetzt glänzten Lichter und Kerzen. Der Duft von Anis und Zimt erfüllten das Zimmer und neben der Schlafcouch stand ein prächtiger Weihnachtsbaum, hell erleuchtet.

Wer hatte das alles in der kurzen Zeit aufgebaut? Chris war überwältigt. Auf der Theke standen zwei Teller mit Gans und Nudeln und eine Salatbeilage. Das kam ihm bekannt vor, es war ein Teil des Festmenüs, das seine Mutter und er zubereitet hatten.

Chris betrat langsam das Zimmer und staunte. Er schaute sich immer wieder um in dem hell erleuchteten Zimmer. Jetzt entdeckte er auch ein 180 cm großes Gerüst, das mit einem weißen glitzernden Vorhang umzogen war und mit einer roten Schleife verziert war.

Es sah aus wie eine eingepackte Dusche mit Duschvorhang. Chris näherte sich diesem Ding und erblickte ein großes Schildchen an der Seite. Chris öffnete das Klappschildchen und las den Satz: „Pack mich aus, ich will raus!“

Chris lächelte und begriff nicht ganz. Dann aber tat er so, wie auf dem Schild stand. Er öffnete die rote Schleife und schmiss sie zu Boden. Jetzt zog er den Vorhang an dem Gerüst zur Seite und erblickte Manu hinter dem Vorhang und in dem großen zylinderartigen Geschenk.

Chris war sprachlos. Im Moment wusste er gar nicht wie er reagieren sollte.

 

Chris schritt zurück und schüttelte ungläubig den Kopf, dann brachte er die Frage heraus: „Was ist das?“
Manu trat aus dem großen Geschenk und sagte mit einem Lächeln: „Das ist für dich!“

„Aber. Ich … nun ich bin überrascht. Das ist einfach phantastisch. Was soll ich sagen?“
Manu schritt näher an Chris heran und sagte: „Nichts sagen – Küss mich einfach!“
Chris schaute etwas verlegen, denn mit der Situation hätte er jetzt nicht gerechnet. Manu legte seine Arme um Chris‘ Hüfte und drückte ihm einen sanften Kuss auf. Chris schloss die Augen und ließ diesen Kuss über sich geschehen.

Bald schon erwiderte er ihn und schloss Manu auch in seine Arme. Er drückte ihn fest an sich. Es war ein toller Moment und dank der Umgebung so romantisch. Plötzlich aber löste sich Chris aus der Umarmung und beendete den innigen Kuss.

 

Er setzte zu einer Frage an: „Warum hast du mich nach Frankfurt gelotst?“
Manu lächelte und antwortete: „Na, das ist doch wohl klar, ich brauchte Zeit das hier aufzubauen!“

„Wie bist du hereingekommen?“
„Klingel?“ sagte Manu lächelnd.
„Und warum bist du nicht ans Handy? Warum Marie? Warum hast du …?“
Manu erhob seinen Zeigefinger und hielt ihn vor Christians Mund. Dann sagte er: „Psssst. Nichts mehr sagen. Das erzähl ich dir alles dann!“
Christian lächelte und verfestigte wieder die Umarmung. Beide küssten sich wieder. Chris hatte Manu wohl falsch eingeschätzt und war froh ihn wieder in den Armen zu haben. Und Manu sowieso.
Und wie endet jede Geschichte? Wenn sie nicht gestorben sind oder keinen besseren gefunden haben, dann sind sie noch heute glücklich bis an ihr Lebensende!

 

 

 

 

 

 

 

Schwierigkeiten der Liebe

Kain lief durch die Stadt und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Er hatte am Morgen erfahren, das seine Eltern wegziehen wollen, am besten noch in den nächsten Wochen. Er sollte mit ihnen gehen, aber er wollte nicht und er konnte es auch nicht. Weiterlesen

Die zweite Chance – Teil 8

Eine viertel Stunde wartete Florian nun schon.
Florian lehnte sich auf der Holzbank zurück und scharrte nervös mit den Füßen im Kies. Je länger er hier saß, desto weniger war er von seiner Idee überzeugt. Zumindest hier alleine zu warten ließ ihn immer nervöser werden. Weiterlesen

Schöne Pfingsttage

Wer sich per Flugzeug, Zug oder Auto nicht ins Ausland abgesetzt hat und lieber Balkonien vorzieht, hat dieses Jahr Glück. Bei fast sommerlichen Temparaturen lässt es sich draußen herrlich verweilen, wenn man dann noch per wlan mit Laptop draußen Geschichten lesen kann…
Pitstories wünscht euch angenehme Pfingsten und viel Spass beim Lesen.

Hyperion – Teil 1

 Ein neuer Captain

„Und, hat schon jemand den neuen Captain gesehen?“

Die Mannschaftstransportfähre trug den wenig spektakulären Namen „MTS-II.4“, was sich aus Terminal II, Fähre 4 ableitete. Nach lösen der Andockklammern und einem kurzen Stoß der Manöverdüsen begann sich das kleine Gefährt von seinem Heimathafen zu entfernen, der Raumstation „NEOS 2“. Auch diese Namensgebung unterstrich die ausgesuchte Kreativität des obersten Flottenkommandos wenn es darum ging, einem Ding einen geeigneten Namen zu verpassen: NEOS 2 – Near Earth Orbit Station 2. Weiterlesen

Mit anderen Augen – Teil 4

22. Abschied

Die Uhr auf der Wohnzimmeranrichte schlug zur vollen Stunde. Nach dem fünften Schlag verstummte sie wieder. Doch es blieb nicht still, Max stand auf und ging zu Arco hinüber. Schnupperte, stupste ihn an und leckte ihm über die Schnauze. Dann ging sie zur Tür. Blieb stehen und drehte sich noch einmal um. Weiterlesen

Volle Dosis – Teil 2

Volle Dosis und gut

Orte: Valletta „Merchants Street“ um die Ecke
Personen: Lukas Kowalski Erzähler
Xavier Freund
…jetzt geht es mit viel Optimismus weiter….

Ich bekomme eben noch mit, wie Xavier am Telefon eine Liste vorliest mit Namen und Geldsummen auf seinem Konto, wo auch meines dabei ist. Und was von „voller Dosis“ und dass Doktor Schischang heute noch eine frische Leiche ins Kühlfach packen soll. Weiterlesen

Start der neuen Homepage

Pitstories ändert sein Gesicht. Nach zwei Jahren erfolgreicher Veröffentlichung vieler Geschichten, Zuwachs an jeder Menge neuer Autoren und Autorinnen ändert Pitstories sein Auftreten.
Die Seite wird übersichtlicher und man kann Geschichten schneller finden. Neuveröffentlichungen findet man nun jetzt immer auf der Frontpage. Auch die Shoutbox, für Kurzinfos oder das Gästebuch für persönliche Einträge bleiben erhalten. Der Chat als feste Einrichtung wird in gewohnter Form zu erreichen sein. Einzige grundlegende Erneuerung wird der Betapool, der hier demnächst bald sein zu Hause finden wird.
Noch fehlende, bereits veröffentlichte Geschichten werden noch hochgeladen. Ich wünsche euch viel Spass mit der neuen Page und weiterhin viele, viele Geschichten.
Liebe Grüße
Pit